Dritter Punkt. Frau Müller-Klepper und die Pressestelle des Hessischen Sozialministeriums behaupten, dass Hessen eine Betreuungsquote von 11,54 % für Kinder unter drei Jahren habe und damit an der Spitze der westdeutschen Flächenländer liege.
Fakt ist jedoch: Die öffentlichen Statistiken weisen für 2005 und 2006 für Hessen einen Versorgungsgrad von 3 bis 6 % aus. Das ist eine Studie des DIW.
Die von der CDU genannte Betreuungsquote von 11,5 % – Frau Ministerin, das haben Sie gerade erhärtet – rechnet jeden Tagesbetreuungsplatz in Hessen mit ein, unabhängig davon, wie viele Stunden dort abgedeckt werden können. Rheinland-Pfalz hingegen hat echte Krippenplätze für 10 % aller Kinder unter drei Jahren.
Frau Müller-Klepper behauptet, dass das verpflichtende letzte Kindergartenjahr nicht notwendig sei, da bereits 96 % aller Kinder in die Kita gingen. Fakt ist: Damit steht sie im Gegensatz zur CDU-Bundesfamilienministerin, die zu Recht festgestellt hat, dass genau diese Kinder in der Schule Probleme bekommen.
Ein letzter Satz: Frau Ravensburg behauptet, die rotgrüne Landesregierung habe für die Offensive für Kinderbetreuung 1,5 Millionen c ausgegeben. Damit widerspricht sie wiederum Frau Müller-Klepper. So viel zu diesem Thema. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Fuhrmann. Ich habe noch zwei Wortmeldungen vorliegen. Herr Rentsch als Nächster, bitte.
(Michael Boddenberg (CDU): Hat er nicht heute Geburtstag? – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann singt doch einmal!)
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! – Vielen Dank. Ich freue mich, dass es Ihnen aufgefallen ist.
Meine Damen und Herren, wir haben heute eine sehr lebhafte Debatte zum Thema Familienpolitik. Alle Kolleginnen und Kollegen versuchen – sofern sie es nicht schon getan haben –, sich in diesem Bereich zu profilieren. Frau Ypsilanti ist ganz wild auf das Thema Familienpolitik, das neue Zukunftsthema der hessischen SPD.
Meine Damen und Herren, ich will im Vorfeld eine Anmerkung machen. Ich finde es interessant und lustig. CDU und SPD sind zwei Parteien, die auf Bundesebene zusammen regieren und die die Menschen in Deutschland mit Rekordsteuern belasten. Das belastet auch Familien in Deutschland.
Sie erzählen heute hier, Sie seien beide die größten Familienparteien, die es auf der Welt jemals gegeben habe. Diese Debatte ist abstrus.
Herr Kollege Schmitt, das, was Rot-Grün in Berlin mit Rekordsteuererhöhungen begonnen hat, hat sich Schwarz-Rot dann auf die Fahnen geschrieben.
Die SPD ist mit dem Versprechen in die Wahl gegangen, mit ihr werde es keine Mehrwertsteuererhöhung geben. Und was hat es gegeben? Eine Mehrwertsteuererhöhung.
Frau Ypsilanti, deshalb müssen die Bürger in Hessen sehr genau aufpassen, was Sie versprechen. Denn sie können nicht damit rechnen, dass Sie das auch umsetzen, wenn Sie regieren. Wenn Sie es genauso machen wie auf Bundesebene, werden Sie den Leuten in Hessen viel versprechen, und es wird wenig dabei herauskommen.
Das unterscheidet Sie im Übrigen genauso wenig von der CDU wie andere Parteien hier im Haus, wie die GRÜNEN. Meine Damen und Herren, deshalb finde ich es erstaunlich, dass Sie sich heute hier in ein Wettrennen begeben haben, und zwar nach dem Motto: Wer ist die bessere Familienpartei? Fragen Sie doch einmal, was Familien heute belastet. Natürlich ist die Frage der Kinderbetreuungsplätze ein Problem. Für Menschen, die berufstätig sind, für junge und ältere Paare, ist es eine Frage, ob sie ihre Kinder gut untergebracht wissen.
Aber natürlich sind die Steuerbelastung und die Belastung durch Gebühren auf kommunaler Ebene auch ein Problem. Wenn Menschen von ihrem Lohn einen großen Betrag abgeben müssen, wenn dann noch Müllgebühren und hohe Mieten auf sie zukommen, haben sie weniger in der Tasche und haben auch als Familie ein Problem. Bei Familienpolitik geht es nicht nur isoliert um Betreuungsplätze. Es sind ganz viele Faktoren, über die wir reden müssen. Deshalb sollten wir nicht eine so isolierte Debatte führen.
Zweite Anmerkung. Herr Kollege Reißer, dass Sie heute Herrn Mixa verteidigen, finde ich löblich. Das machen sonst nicht viele in diesem Land. Deshalb ist es gut, dass Sie es unternehmen. Ich glaube allerdings, Herr Mixa braucht gar keine Verteidigung, denn das, was er gesagt hat, hat er sehr bewusst gesagt. Es war eine gezielte Provokation. Letztendlich hat er an einem Punkt eine Debatte angestoßen, über die wir auf jeden Fall nachdenken müssen. Ich glaube, es ist hier nicht sinnvoll, immer eine typisch deutsche Debatte zu führen nach dem Motto: Es ist entweder alles schwarz, oder es ist weiß. – Wenn sich Familien heute dafür entscheiden, dass sie ihre Kinder zu Hause großziehen wollen – das haben vielleicht viele von Ihnen selbst erlebt oder machen es heute noch –,
dann müssen diese Familien auch gesellschaftliche Anerkennung erfahren. Wenn Frauen oder Männer sagen: „Ich möchte mein Kind zu Hause großziehen“, dürfen sie nicht schlechter gestellt sein als Familien, die arbeiten.
Dritte Anmerkung. Herr Kollege Reißer, Sie haben gesagt, das Konzept der „Kinderschule“, wie es die FDP bezeichnet, sei kein tragfähiges Konzept, weil es eine Pflicht kodifiziere. Zunächst einmal haben Sie recht: Schule ist Pflicht. Wenn man sie nicht zur Pflicht machte, würden nur wenige hingehen.
Karl Valentin hat einmal eine Theaterpflicht gefordert, weil sonst keiner ins Theater ginge. Aber in diesem Bereich ist es wirklich so: Wenn es keine Schulpflicht gäbe – da können Sie sicher sein –, würden wenige Kinder hingehen. Ich weiß nicht, ob Sie es sich selbst überlegt hätten. Ich hätte, glaube ich, darüber nachgedacht, ob ich jeden Tag zur Schule gehe.
Ich denke auch, wenn es keine Schulleiterkonferenzpflicht gegeben hätte, wären viele Schulleiter am Wochenende nicht gekommen. Aber das ist ein anderes Thema. Das wollen wir hier gar nicht debattieren.
Da sind wir uns einig. Aber, Herr Kollege Reißer, warum schlagen denn die FDP und die Kollegin Henzler dieses Konzept vor? Es ist doch ein Problem, dass viele Kinder im Übergang vom Kindergarten zur Schule erhebliche Defizite aufweisen. Es darf nicht erst in der Grundschule damit begonnen werden, diese Defizite zu beheben. Sie müssen früher behoben werden, damit in der Schule die Arbeit mit Bildungsinhalten begonnen werden kann.
Deshalb ist der Vorschlag von Frau von der Leyen nicht schlecht. Denken Sie einmal darüber nach. Wir werden es auf jeden Fall in den Rahmen unserer Koalitionsverhandlungen auf Landesebene mit einbringen, falls die Wähler das so wollen.
Letzter Punkt. Frau Ministerin, ich finde es erstaunlich, dass Herr Stoiber in diesem Land eine neue Debatte darüber angefangen hat, ob wir eine weitere Steuererhöhung brauchen, ob wir das Geld, nachdem wir es den Familien erst genommen haben, über einen Familienlastenausgleich wieder an sie zurückzuführen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Ich würde mir von Ihnen ein klares Signal wünschen. Ich würde mir von Ihnen wünschen, dass die erhöhten Steuereinnahmen, die das Land jetzt hat, dazu verwendet werden, den Haushalt zu konsolidieren. Denn das ist für Zukunftsaufgaben wichtig und betrifft auch Familien. Nehmen Sie das Geld und bilden Sie Schwerpunkte für Familienpolitik in Ihrem Haushalt. Dann haben Sie etwas Richtiges getan. Das tun Sie nicht, indem Sie die Menschen mit immer mehr Steuererhöhungen belasten und ihnen danach das Geld über einen Finanzausgleich sozusagen zurückgeben. Das ist der falsche Weg. – Vielen Dank.
Danke sehr, Herr Rentsch. – Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Schulz-Asche das Wort. Fünf Minuten Redezeit.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Rentsch, für eine Partei, die die Verschulung des Kindergartens und dessen Verpflichtung fordert, sollten Sie ernsthaft vorschlagen, wo das Geld dafür herkommt, statt die anderen dafür zu beschimpfen, dass sie Steuern erhöhen.