Oder es gibt die Möglichkeit: zuerst Hauptschule, die Berufsfachschule angeschlossen, an die Fachoberstufe gewechselt und danach studiert.
(Gernot Grumbach (SPD): In welchem Jahr war das? – Andrea Ypsilanti (SPD): Unter welcher Regierung? Unter dieser nicht!)
Aber natürlich. – Der andere Weg: Man besucht die Hauptschule, man absolviert eine Ausbildung, man lässt sich zum Meister weiterbilden. Wir haben unter dieser Regierung erreicht, dass man auch mit dem Meisterbrief zum Studium zugelassen wird.
Meine Damen und Herren, es gibt viele, viele Wege, um eine qualifizierte Bildung zu erlangen.Der Hauptschulabschluss und auch der Realschulabschluss sind keine Endstationen, wie Sie es darstellen, sondern eine andere Möglichkeit, dort hinzukommen, wo man hinkommen will, wenn man die Möglichkeiten dazu hat. Das sollten wir fördern.
Gerade an den Hauptschulen hat die Kultusministerin – in den ersten Jahren mit Unterstützung von CDU und FDP, danach der CDU alleine, wobei ich nicht unterschlagen möchte,dass wir auch in den letzten fünf Jahren in den Grundsätzen in der Schulpolitik viele Übereinstimmungen mit der FDP hatten – viele Grundvoraussetzungen erst wieder geschaffen und erfolgreiche Reformen durchgeführt. Ich möchte nur an die Grundvoraussetzungen erinnern.
Das Schlimmste, was wir jungen Menschen antun können, ist, dass wir ihnen den Unterricht nicht geben, den sie brauchen. Die Regierung unter Hans Eichel mit Hartmut Holzapfel als Kultusminister hat den Schülerinnen und Schülern nur noch 80 % des Unterrichts gegeben. Das heißt, Sie haben gerade diejenigen, die am Schwächsten sind, jede Woche von vornherein 20 % ihrer Bildungschancen beraubt.
Wir haben bildungsbezogene Lehrpläne eingeführt. Sie wissen doch, wie es früher war. Da gab es einen Einheitslehrplan, und hinter den einzelnen Lehrinhalten stand: „Kann bei der Hauptschule entfallen“ oder „Muss in der Hauptschule nicht unbedingt gemacht werden“. – Es wurde einfach nur gesagt: Der Hauptschüler ist der schlechtere Realschüler.
Das haben wir geändert. Wir haben gesagt: Wir brauchen Profile und dazu passende Bildungspläne. Das haben wir über die Lehrpläne eingeführt und haben uns auf individuelle Fördermöglichkeiten eingestellt.
Wir haben die Stundentafeln für die Hauptschulen erhöht, insbesondere in den Grundfächern Mathematik und Deutsch. Ich bin immer noch sehr froh darüber, dass wir
das auch für das Fach Arbeitslehre gemacht haben, weil hier elementare Grundlagen für die spätere Berufsausbildung der Hauptschüler gelegt werden. Wir haben Vorlaufkurse für Deutsch eingeführt,um auch denjenigen,die sprachlich nicht auf dem Niveau sind, eine Schule besuchen zu können, die Möglichkeit zu geben, am Unterricht teilzunehmen.Wir fördern überall dort, wo es nötig ist.
Ich kann mich noch an die damaligen Diskussionen erinnern, Frau Habermann. Lothar Quanz war schulpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, als wir darüber gesprochen haben. Damals fiel das Wort „Zwangsgermanisierung“. Heute folgen alle Bundesländer dem Prinzip, das wir Hessen eingeführt haben.Wir haben gesagt:Wer kein Deutsch kann, kann nicht in die Grundschule gehen. Es braucht ausreichender Deutschkenntnisse, um die Kinder in der Grundschule so zu fördern, wie es nötig ist. Auch das ist eine besondere Form der Förderung, gerade der Schwächeren.
Die Frau Kultusministerin hat deutlich gemacht, dass die SchuB-Klassen unsere besondere Aufmerksamkeit verdienen. Wir haben zurzeit 82 solcher Klassen in Hessen. Diese SchuB-Klassen sind für Schüler gedacht, bei denen die Gefahr besteht, dass sie den Hauptschulabschluss nicht erreichen.Wir haben – ich möchte es wiederholen – eine Erfolgsquote von über 90 %.
Über 90 % der Schüler in den SchuB-Klassen machen ihren Hauptschulabschluss, obwohl vorher die Gefahr bestand, dass sie das nicht schaffen würden. Sie erreichen nicht nur den Hauptschulabschluss, sondern – die Zahlen sind schon genannt worden – sie bekommen auch eine Ausbildung in den Bereichen, die sie anstreben, bzw. in den Betrieben, wo sie gerne hingehen möchten. Das bedeutet, dass wir diesen Schülerinnen und Schülern eine Zukunft bieten können.
Wir werden in der nächsten Zeit weitere Schritte gehen. Ich erinnere an das Pilotprojekt, das wir im letzten Jahr durchgeführt haben, an die Osterferiencamps. Auch sie sind ein Mittel, gerade denjenigen, die in der Schule Schwierigkeiten haben, eine zusätzliche Förderung angedeihen zu lassen. Das, was in den letzten Jahren an zwei Pilotschulen angeboten wurde, wird in diesem Jahr an bis zu 100 Schulen im Lande Hessen umgesetzt.Wir lassen so denjenigen, die versetzungsgefährdet sind, eine besondere Förderung angedeihen.
Es ist schon bezeichnend, dass die SPD im Ausschuss dem Antrag betreffend Osterferiencamps als einzige Fraktion nicht zugestimmt hat. Das macht deutlich, dass es Ihnen gar nicht um die Sache geht, sondern einfach nur um das Dagegensein.
Wenn ich mir die Bilanz unserer Bemühungen gerade im Bereich der Hauptschulen anschaue,dann muss ich sagen: Das Senken der Quote der Schulabgänger ohne Hauptschulabschluss von 23 % auf unter 15 % in wenigen Jahren ist doch ein deutliches Zeichen dafür, dass wir erfolgreich waren.
Wir wollen die Beibehaltung des gegliederten Schulsystems. Wir wollen keine Abschaffung der Hauptschulen mit ihren berufsnahen Bildungsinhalten und der Förderung praktischer Begabung. Wir wollen Bildungsvielfalt und nicht Bildungseinfalt. Wir wollen Wahlfreiheit und keine Zwangseinheitsschulen. Jeder erfolgreiche Hauptschüler ist ein personifiziertes schlechtes Gewissen der
SPD, weil er Sie an Ihr Versagen erinnert und zeigt, dass es auch anders geht, dass auch Hauptschüler erfolgreich sein können.
Wenn ich mir den Antrag anschaue, den die SPD zu dieser Debatte eingereicht hat, dann muss ich sagen: Da steht das Wort „Schulvielfalt“.
Sie trauen sich nicht mehr wirklich zu, die von Ihnen gewünschte Zwangseinheitsschule zu thematisieren. Sie schreiben: Eine erfolgreiche und gerechte Bildungspolitik setzt deshalb ein durchlässiges Schulsystem voraus, das den Umgang mit Verschiedenheit zulässt und jedem Kind gleiche Bildungschancen gibt. – Genau das tun wir.
Weiter heißt es: Eine Schule, in der alle Schüler gemeinsam lernen, bietet dafür die besten Voraussetzungen. – Was Sie allerdings mit der „Schule, in der alle gemeinsam lernen“, meinen, weiß ich nicht. Natürlich lernen alle Kinder in der Schule gemeinsam. Aber wie das genau ausgestaltet werden soll, trauen Sie sich gar nicht mehr zu sagen, weil Sie wissen, dass es sonst einen Aufschrei in diesem Lande gäbe.
Frau Ypsilanti hat in einem Interview mit dem „Darmstädter Echo“ aber deutlich gemacht, was Sie wollen. Sie ist gefragt worden: Wollen Sie die einheitliche Schule? – Darauf hat sie gesagt: Welchen Namen das Kind bekommt, kann ich nicht sagen.Auf jeden Fall wird es so etwas wie eine Gemeinschaftsschule sein. Das heißt aber nicht, dass wir morgen alle Gymnasien in Hessen dichtmachen werden. – Nein, meine Damen und Herren, morgen nicht, aber spätestens übermorgen. Darauf sollten sich die Wähler einstellen.
Das ist auch in der Presseerklärung der SPD-Fraktion vom 2. März dieses Jahres deutlich gemacht worden, in der es um das Thema Hauptschule ging. Da schreibt Frau Ypsilanti, die Zusammenfassung von Haupt- und Realschulen sei allerdings nur ein halbherziger Schritt. – Das ist zutreffend, denn sie will alle Schulformen abschaffen, alle in die Zwangseinheitsschule packen. Meine Damen und Herren, das wollen wir nicht.
So bleibt nach dieser Debatte abschließend festzuhalten: Wir haben in Hessen viel auf den Weg gebracht. Auch in der Schulpolitik führt an Hessen kein Weg vorbei.
Eines ist deutlich geworden: Sie können hauptsächlich nur meckern. Ich habe keine Konzepte gehört, keine neuen Vorschläge, keine durchschlagenden Ideen, sondern einfach nur Plattheiten. Wenn Sie so gut meckern können, dann sollten Sie das auch ab 2008 tun, und zwar dort, wo Sie zurzeit dafür bezahlt werden: in der Opposition.
Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zur Aussprache liegen nicht vor. Damit ist die Regierungserklärung entgegengenommen.
Der ursprüngliche Dringliche Antrag der GRÜNEN ist damit erledigt. Die anderen drei sollen, habe ich gehört, an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden. Also stelle ich fest, dass die Tagesordnungspunkte 67, 70 und 71 mit den entsprechenden Anträgen an den Kulturpolitischen Ausschuss überwiesen werden.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir alle bemerken schon seit langer Zeit, dass es am Arbeitsmarkt einen Strukturwandel gibt. Immer mehr einfache, sich wiederholende Tätigkeiten werden effizienter automatisiert. Dort, wo das nicht möglich ist, wo weiterhin personalintensiv produziert werden muss, werden die Arbeitsplätze aus Kostengründen in Länder mit günstigeren Lohnstrukturen verlagert.
Diese Veränderungen strahlen erheblich auf den gewerblichen Arbeitsmarkt aus, insbesondere auf Migrantinnen und Migranten, die lediglich über geringe deutsche Sprachkenntnisse verfügen und dadurch ungünstige Ausgangsbedingungen bei der Schulbildung und damit am Arbeitsmarkt haben.
Zusammenfassend besagt dies, dass die Integrationskraft des Arbeitsmarktes stetig abnimmt. Orientiert am strukturellen Integrationsbegriff, der auf die gleichberechtigte Teilhabe der Zuwanderer am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben und auf die Respektierung ihrer jeweiligen Eigenart zielt,setzt ein dahin gehender Erfolg unter anderen Voraussetzungen vor allem den Erwerb deutscher Sprachkenntnisse voraus.
Mit dem Zuwanderungsgesetz und der Integrationsverordnung sind Möglichkeiten zur Sprachförderung formuliert. In der Praxis ist aber zu beobachten, dass die geschaffenen Angebote nicht im erforderlichen Umfang ausgeschöpft werden und vielfach mangels Nachfrage nicht aufrechterhalten werden können. Gerade bei Migranten aus ausbildungsfernen Schichten ist zu beobachten, dass von ihnen die geschaffenen Angebote zur Sprachförderung nicht im gebotenen Umfang wahrgenommen werden.
Mit der Auswertung der bislang durchgeführten Integrationskurse hat der Präsident des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge Schmid diese Entwicklungen erst kürzlich unterstrichen. Die Folgen übertragen sich, leicht nachvollziehbar, auf die Kinder der Migranteneltern. Noch immer sind meistens nicht ausreichende Deutschkenntnisse der Grund dafür, weshalb der Weg zu einem Schulabschluss oder gar zum Abitur nicht erfolgreich durchlaufen werden kann. Nachweisbare Schulabschlüsse sind aber das, was auf dem veränderten Arbeitsmarkt immer mehr zur Voraussetzung geworden ist.
Ausgehend davon ist mehr noch als in der Vergangenheit dafür zu sensibilisieren und herauszustellen, dass die Kenntnis der deutschen Sprache eine unbedingte Voraussetzung dafür sein muss, eine Zuwanderung nach Deutschland zu vollziehen. In diesem Zusammenhang kommt es jetzt erst einmal nicht darauf an, ob die Zuwanderung wirtschaftlich motiviert ist oder ob sie im Rahmen der Familienzusammenführung erfolgen soll. Die Problemstellung ist bei beidem identisch.
Deshalb halten wir von der CDU-Fraktion es für notwendig, dass vor einer Zuwanderung nach Deutschland künftig der Nachweis ausreichender Deutschkenntnisse bereits im Herkunftsland erbracht wird. Es ist nicht zu viel verlangt, dass derjenige, der dauerhaft in Deutschland bleiben möchte, über ausreichende Deutschkenntnisse bereits zum Zeitpunkt der Einreise verfügt.