Herr Justizminister Banzer, ich glaube aber, dass es gefährlich ist, die Beratungen in den Rahmen zu stellen, mit dem Sie Ihre Ausführungen begonnen und auch wieder geschlossen haben.
Denn allein mit der Aufzählung derartiger einzelner Namen, die wir alle mit entsprechenden Tathergängen verbinden, bedienen Sie in unseren Augen gerade die populistischen Reaktionen, die Sie selbst in derselben Rede als problematisch ansprechen, und das
an der Stelle kann ich den Unmut von Herrn Kollegen Dr. Jürgens nur teilen –, statt konkrete Opferhilfemaßnahmen zu benennen und in Hessen umzusetzen.
Herr Minister Banzer, Sie werden die FDP stets an Ihrer Seite finden, wenn es darum geht, entschlossen für die Sicherheit auch vor Sexualstraftätern einzutreten. Sie werden uns an Ihrer Seite finden, wenn es darum geht, strukturiert vorzugehen.Wir haben gerade in der vergangenen Legislaturperiode in diesem Bereich schon eine Menge erreicht.Es ist auch jetzt – Frau Kollegin Hofmann hat das im Einzelnen für die Bundesebene aktuell dargestellt – schon viel sowohl im Strafrecht als auch im Strafprozessrecht geändert worden. Wir stehen also nicht mehr am Anfang der Debatte.
Ich glaube aber, genauso deutlich muss an dieser Stelle betont werden, dass es eine absolute Sicherheit auch vor
Sexualstraftätern nicht gibt und nicht geben wird – allenfalls um den Preis der Freiheit der gesamten Gesellschaft. Aber ich glaube, diesen Preis will keiner von uns bezahlen.
Von daher kann ich für die FDP-Fraktion nur betonen, dass wir gerade in diesem Bereich, wenn es um Straftaten von Sexualstraftätern geht, mit kühlem Kopf, rational die verschiedenen Lösungsvorschläge zu betrachten haben. Lückenlose Überwachung, wie Sie sie an einer Stelle in Ihrer Rede fordern, Herr Minister Banzer, wird nicht möglich sein.Ich meine,Sie machen den Opfern und ihren Familien etwas vor, wenn Sie der Bevölkerung versprechen, dass diese mit diesem strukturierten Vorgehen, wie Sie es heute geschildert haben, jemals erreicht werden könnte.
Nun zu den einzelnen Vorschlägen und Maßnahmen, die bereits in der Umsetzung sind. Die FDP-Fraktion unterstützt die Reform der Führungsaufsicht ebenso wie die Einführung der sogenannten Sicherheitsmanager, die Sie angeführt haben,Herr Minister Banzer.Wir finden es sehr gut, wenn Sie jetzt für die CDU-Landesregierung die spezielle Betreuung und Überwachung von Straftätern unterstützen, genauso wie wir es gut finden, wenn Sie jetzt darauf eingehen, spezielle Therapien für jeden, auch für jeden Sexualstraftäter, im Vollzug anbieten zu wollen.
Wir finden es gerade als FDP gut, dass Sie in der CDUFraktion und der CDU-Landesregierung offensichtlich an dieser Stelle einen entsprechenden Sinneswandel durchsetzen konnten; denn in der Vergangenheit ist zum Thema Resozialisierung eher Schweigen denn entsprechende Angebote seitens der CDU-Fraktion zu vernehmen gewesen.
Herr Minister Banzer, dies zeigt auch, dass es ein Fehler der CDU-Landesregierung war, die Mittel gerade in diesem Bereich zu kürzen. Denn ausschlaggebend ist die Betreuungsrelation. Ich glaube, das liegt für jedermann auf der Hand, auch für diejenigen, die sich noch nicht umfangreich mit diesen Themen beschäftigt haben.
Das betrifft die Therapiemaßnahmen im Vollzug genauso wie die Betreuung nach Haftentlassung im Rahmen von Führungsaufsicht und Bewährungshilfe. Das heißt, wir brauchen sowohl eine bessere Betreuungsrelation – Herr Kollege Dr. Jürgens hat schon genannt, wie stark die Bewährungshilfe momentan belastet ist – als auch eine bessere Koordination zwischen Führungsaufsichtsstellen und Bewährungshelfern. Auch dies wird nur mit mehr Personal möglich sein. Aber in der Vergangenheit ist die CDU dadurch aufgefallen, dass sie genau an diesen sensiblen Stellen gekürzt hat.
Ein zweiter Punkt. Auch bei der Gefährdungsanalyse mit Doppelbegutachtung haben Sie die vollste Unterstützung der FDP-Fraktion. Doch muss ich an dieser Stelle eben
falls darauf hinweisen, dass wir als FDP diese Forderung stets aufgestellt haben, bislang aber auch in der gemeinsamen Regierungszeit bis 2003 stets an der CDU gescheitert sind, die auf die hiermit verbundenen Kosten hingewiesen hat. Ich bin sehr dankbar dafür, dass Sie dies hier so deutlich für die Landesregierung revidiert haben, Herr Minister.
Dritter Punkt: Sexualstraftäterdatei. Wir unterstützen als FDP-Fraktion eine solche Datei für den internen Gebrauch. Wir halten es auch für sinnvoll, dass eine solche Datei bundesweit vernetzt ist, um für staatliche Behörden aus der Vollzugspraxis auch später noch entsprechende Erkenntnisse zugänglich zu machen.
Herr Minister, wir lehnen aber entschieden ab, dass auch Privaten der Zugriff auf solche Dateien ermöglicht werden soll. Sie gehen in Ihren Ausführungen zwar nicht so weit, jedermann einen Zugriff auf diese bundesweite Datei zu erlauben, doch möchten Sie auch Privaten entsprechende Informationen der Datei zur Kenntnis geben. Sie haben Kindergärten genannt, die nicht per se öffentliche Einrichtungen sind, sondern es gibt eben auch private Einrichtungen. Wir glauben, dass ein solches Vorgehen weder verfassungsgemäß noch an dieser Stelle notwendig ist.
Ich glaube nicht, dass es sich mit unserer Verfassung vereinbaren lässt, dass so detaillierte Vollzugskenntnisse wie die Gefährdungsanalyse, die Einschätzungen und Maßnahmen des Sicherheitsmanagers sowie Aufenthaltsorte den jeweiligen Privaten zur Verfügung gestellt werden sollten – quasi als teilöffentlicher Pranger. Ich glaube aber vor allem nicht,dass es notwendig ist,diese Informationen weiterzugeben, wenn bereits die Erteilung eines polizeilichen Führungszeugnisses – vom Kindergarten bis zur Schule – für potenzielle Arbeitgeber ausreicht, um darauf aufmerksam zu machen, dass eventuell Vorstrafen bestehen und dass deswegen eine Einstellung nicht erfolgen sollte.
Herr Minister, zudem bin ich der festen Überzeugung, dass Sie mit einem solchen teilöffentlichen Pranger die Resozialisierung und Integration derartiger Straftäter in die Gesellschaft gefährden. Sie würden damit wiederum der Gesellschaft Steine statt Brot geben, weil diese nämlich weit besser dadurch geschützt würde, wenn eine Resozialisierung erfolgreich gelänge.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Heike Hof- mann (SPD) und Margaretha Hölldobler-Heumüller (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Lassen Sie mich abschließend noch die Sicherheitsverwahrung ansprechen, da ich der Meinung bin, dass Sie an dieser Stelle vielfach über das Ziel hinausschießen. Es ist bereits ausgeführt worden, dass wir in den letzten Jahren – und in diesen Wochen auch wieder aktuell – auf Bundesebene bereits viel getan haben, um Gesetzeslücken zu schließen. Wir haben mittlerweile sehr detaillierte Regularien – von der Sicherungsverwahrung im Urteil über die vorbehaltene Sicherungsverwahrung bis hin zur nachträglichen Sicherungsverwahrung. Auch die Gesetzeslücke der Altfälle der ehemaligen DDR wird in diesen Tagen geschlossen.
Herr Minister, umso zurückhaltender müssen wir in diesem Bereich mit weiteren, neuen Regelungen umgehen. Lassen Sie mich an dieser Stelle gerade das Beispiel der
nachträglichen Sicherungsverwahrung von Jugendlichen aufgreifen, das auch die CDU-Fraktion in ihrem begleitenden Antrag fordert.
Für die FDP-Fraktion bin ich der Meinung, dass wir, bevor wir die nachträgliche Sicherungsverwahrung von Jugendlichen fordern, vielmehr das Ausnahmeverhältnis bei Heranwachsenden so zu regeln hätten, dass nämlich Heranwachsende ab 18 Jahren regelmäßig unter das Erwachsenenstrafrecht fallen würden; dann wäre dieser Täterkreis allen Regelungen der Sicherungsverwahrung zugänglich.Wir würden aber die 14- bis 18-Jährigen von derartigen belastenden Möglichkeit freihalten, die in ihrer Entwicklung noch nicht so weit gefestigt sind, dass hier schon eine endgültige Entscheidung – wie Sie sie jetzt in Bezug auf die Jugendlichen einführen wollen – möglich wäre. Ich glaube, so herum würde ein Schuh daraus.
Es ist sicherlich nicht sinnvoll, schon Jugendliche im Alter von 14, 15 oder 16 Jahren mit der nachträglichen Sicherungsverwahrung zu konfrontieren. Als FDP-Fraktion ziehen wir das Fazit: Wir sagen Ja dazu, in einem so wichtigen und vor allem sensiblen Bereich strukturiert vorzugehen. Aber ich bitte darum, alle Maßnahmen, die hier diskutiert werden, sehr rational zu betrachten und nicht jeder populistischen Betrachtung nachzugeben. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Beer, Rationalität – das war zum Schluss sicherlich das richtige Stichwort.Ich finde aber,dass wir uns bei dieser Debatte noch einmal vergegenwärtigen müssen – das ist durch die wortreichen Beiträge der Kolleginnen und Kollegen an der einen oder anderen Stelle ein wenig verschwommen –, worum es eigentlich geht.
Frau Kollegin Beer, der Minister hat deutlich gemacht, dass es bei dieser Debatte am Ende für die potenziellen Opfer keinen absoluten Schutz geben kann. Das sage ich klipp und klar. Nur, diese klare Aussage ist in den zehn Punkten, die der Minister vorgetragen hat, leider von den Kolleginnen und Kollegen nicht in der Form beantwortet worden, als dass damit die zehn Punkte klar bejaht worden wären, sondern es ist mit vielen Worten um den heißen Brei herumgesprochen worden. Ich will deshalb auch auf den heißen Brei zurückkommen.
Meine Damen und Herren, die Resozialisierung, die Frau Kollegin Beer vorhin angesprochen hat, ist in dieser Debatte ein wichtiger und wesentlicher Punkt. Es geht in Bezug auf gefährliche Sexualstraftäter aber um die Sicherheit der Allgemeinheit, und deren Schutz soll hier Rechnung getragen werden.
Herr Kollege Dr. Jürgens, da hilft es auch nicht, wenn Sie von Schaumschlägerei und Ähnlichem sprechen. Das hat nach meiner Ansicht in dieser Debatte nichts zu suchen.
Frau Kollegin Hofmann, ich möchte Sie daran erinnern, dass es schließlich ein sozialdemokratischer Politiker gewesen ist – wenn ich mich recht erinnere,dann war das der ehemalige Bundeskanzler –, der die Sensibilität, die Sie gefordert haben, nicht an den Tag gelegt hat; denn er war
derjenige, der damals erklärt hat: „Wegsperren, und zwar für immer!“ Das wird der Sache gerade nicht gerecht. Das ist zumindest unsere Auffassung.
„Gesetze schärfen – wachsam sein! Die Menschen vor Sexualstraftätern schützen“, das ist der Titel der Regierungserklärung gewesen. Herr Staatsminister, die CDUFraktion ist Ihnen dankbar,
dass Sie die Debatte in dieser Form aufgegriffen haben. Sie haben im Gegensatz zu anderen Kolleginnen und Kollegen sehr deutlich gemacht, dass es außerordentlich wichtig ist, sich diesem Thema zu widmen. Gerade aufgrund der Beispiele mit den Kindern, die Sie angeführt haben,ist es besonders wichtig,sich diesem Thema zu widmen.
Meine Damen und Herren, der Minister hat vorgetragen, dass es eine erhebliche Rückfallquote gibt, und diese hat für den Einzelfall allerschlimmste Folgen.Deswegen müssen wir angesichts des Problems, das sich in Bezug auf gefährliche Straftäter ergibt, eine angemessene Reaktion des Rechtsstaates finden. Das heißt, dass wir diese tickenden Zeitbomben,die gefährlichen Straftäter,am Ende mit rechtsstaatlichen Mitteln entschärfen müssen.
Meine Damen und Herren, am vergangenen Donnerstag ist im Deutschen Bundestag sicherlich ein Stück weit ein Meilenstein gesetzt worden, in Bezug auf die Frage, wie wir in unserem Lande auch zukünftig Führungsaufsicht und Sicherungsverwahrung organisieren. Ich denke aber – das ist auch während des Vortrags des Ministers deutlich geworden –, dass wir an dieser Stelle noch weiter gehen müssen. Wir können nicht dort stehen bleiben, wo der Deutsche Bundestag stehen geblieben ist.Deswegen ist es richtig und wichtig, dass wir uns diesem Thema auch in dieser Woche widmen und da noch weiter gehen.
Frau Kollegin Hofmann und Herr Kollege Dr. Jürgens, es war doch auch so, dass die Bundesjustizministerin an dieser Stelle zum Jagen getragen werden musste; auch das möchte ich für die CDU-Fraktion dieses Landtags feststellen.
Meine Damen und Herren, es geht um Sicherheit, die sich auf der einen Seite im Recht und auf der anderen Seite natürlich auch bei der Strafverfolgung niederschlagen muss. Da sind wir in Hessen vorbildlich. Wir leisten mit unserer Arbeit einen wichtigen Beitrag dazu, dass Hessen ein sicheres Land ist.
Herr Kollege Dr. Jürgens, nun zum Opferschutz. Es ist nun einmal so, dass wir im Hessischen Landtag im vergangenen Jahr einen Haushalt verabschiedet haben, mit dem wir für diesen Bereich mehr Mittel eingestellt haben. Ich nehme zur Kenntnis, dass Sie dies nicht zur Kenntnis nehmen. Aber es entspricht nun mal der Wahrheit, und daher will ich dies an dieser Stelle noch einmal deutlich gemacht haben.
Meine Damen und Herren, ich möchte auch noch einmal verdeutlichen, dass es um die Frage der Sicherheit geht. Wir sind dankbar, dass wir mit der Arbeit unserer Polizei, der Justiz, aber auch mit dem Strafvollzug und denjenigen, die mit den Probanden beschäftigt sind, sehr konse