Protokoll der Sitzung vom 27.03.2007

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Zeimetz-Lorz, mit dem CDU-Gesetzentwurf wollen Sie § 43a erweitern und das Halten gefährlicher Tiere verbieten. Neben der Frage, ob eine weitere Regelung erforderlich und notwendig ist, werden wir in der bevorstehenden Anhörung und Ausschussberatung zu klären haben,auf welche Weise und anhand welcher Kriterien die Ordnungsbehörde vor Ort Ausnahmen von dem Verbot zulassen kann – das haben Sie in Ihrem Gesetz so dargelegt – und welche Kriterien für ein berechtigtes Interesse nachzuweisen sind.

(Günter Rudolph (SPD): Das hat bei den Kampfhunden schon nicht geklappt!)

Meine Damen und Herren, das sind Fragen, die nicht einfach zu beantworten sind; aber ich stelle eine andere Frage obenan: Woher kommt die plötzliche Feststellung des dringenden Regelungsbedarfs?

(Reinhard Kahl (SPD): Eine sehr gute Frage!)

Sie haben viele Beispiele aus dem letzten Jahr genannt. Aber es kam sehr plötzlich, und daher hatten wir gedacht, es gebe ganz aktuelle Fälle. Das habe ich nicht vernommen. Dass sich die Importzahlen nach oben bewegt haben, ist in der Begründung nachzulesen, und das wissen wir auch.Aber Sie stellen auch fest – das zeigen auch Ihre Beispiele –, dass es eine hohe Dunkelziffer durch illegale Importe gibt. Diesen illegalen Importen werden wir schlecht durch weitere gesetzliche Regelungen begegnen können, schon gar nicht durch eine Änderung im hessischen Gesetz für Sicherheit und Ordnung.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Sie haben es selbst gesagt: Hessen ist keine Insel.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP):An Hessen führt kein Weg vorbei!)

In der Tat müssen solche nicht gewollten Importe geregelt werden, aber das ist Bundesangelegenheit. Ich möchte daran erinnern,dass der Bund das nicht allein entscheiden kann. Das ist nur in Absprache mit der EU möglich.

Ich sage hier noch einmal: Die illegalen Importe und den illegalen Tierhandel werden wir durch weitere gesetzliche Regelungen nicht stoppen können, sondern nur durch bessere Kontrollen.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Ich denke, hier müssen wir aktiv werden und dies fordern.

Meine Damen und Herren, ich habe mir erlaubt, in Berlin rückzufragen. Deswegen bin ich ein wenig verhalten bei Ihren Initiativen. Es gibt dort derzeit keine Erkenntnisse, dass irgendein dringender Handlungsbedarf besteht. Man sagt,über die internationalen Artenschutzabkommen hinaus gebe es akut keinen Handlungsbedarf, der eine neue – ich wiederhole: eine neue – gesetzliche Regelung notwendig macht.

Meine Damen und Herren, Sie selbst schreiben in der Begründung,dass es keine präzisen Zahlen über Einfuhr und Haltung von gefährlichen Tieren gibt. Auch daran ist zu erkennen, dass wir sicherlich nichts ins Blaue beschließen

sollten. Ich denke, dass uns da die Anhörung und die Ausschussberatung ein wenig weiterbringen.

Abschließend möchte ich sagen, dass vom Grundsatz her Regelungen zum Schutz von Menschen vor gefährlichen Tieren immer richtig sind. Doch sei an dieser Stelle noch eine Frage gestattet: Reichen die derzeitigen Regelungen nicht aus? Bereits jetzt sind die Ordnungsbehörden und die Polizei verpflichtet, im Rahmen der Gefahrenabwehr die Menschen vor bestehenden Gefahren zu schützen. Das gilt auch für gefährliche Tiere.

Sollte sich ein Bedarf erweisen, sollte eine landesgesetzliche Regelung sinnvoll sein, dann möchte ich noch einen anderen Aspekt in die Diskussion werfen, Herr Minister. Der Hinweis geht eigentlich an die CDU, wenn Frau Zeimetz-Lorz mir vielleicht kurz Aufmerksamkeit schenken würde.

(Günter Rudolph (SPD): Sie hört schon die ganze Zeit nicht zu!)

Sie wollen diese gesetzliche Regelung im HSOG am Ende des Zweiten Abschnittes, der die Eingriffsbefugnisse der Polizei regelt, ansetzen. § 43 regelt die Herausgabe sichergestellter Sachen und Erlöse und die in diesem Zusammenhang stehende Kostentragungspflicht.

Meine Damen und Herren, das hat wenig mit der Haltung gefährlicher Tiere zu tun. Daher unser Vorschlag, es gegebenenfalls vor die Klammer zu ziehen und es im Ersten Teil hinter § 7 zu regeln. Da ist von der Verantwortlichkeit für den Zustand von Tieren und Sachen die Rede. Man könnte das z. B. in einem § 7a machen.

Noch besser wäre es – damit haben Sie Erfahrung –, man schafft am Ende des Ersten Teils im Rahmen der Ermächtigungsregelung für Gefahrenverordnungen, ähnlich wie bei der Kampfhundeverordnung nach § 71a, in einem § 71b oder wie auch immer, die gesetzliche Voraussetzung zur Regelung des privaten Haltens gefährlicher Tiere. Ich denke, an der Ecke, wo Sie es vorgeschlagen haben – § 43 –, hat es keinen Sinn.

Anders als in anderen Ländern – auch diesen Hinweis möchte ich noch loswerden – –

Frau Kollegin Hofmeyer, Sie müssen dann aber zum Schluss kommen.

Ich komme mit diesem Satz auch zum Schluss. – Beispielsweise in Schleswig-Holstein kommt der Aspekt des Arten- und Naturschutzes sehr deutlich zum Tragen. Die Forderung nach der artgerechten Haltung ist dort ausdrücklich erwähnt.Das geht hier völlig unter.Dass dies im Polizeirecht nichts zu tun hat, weiß ich auch. Aber ich wünschte mir eher eine hessische Regelung, und zwar nicht nur im Bereich der Gefahrenabwehr.

Herr Präsident, ganz zum Schluss noch ein Satz, und dann komme ich zum Ende: Eine Liste gefährlicher Tiere zu erstellen – diese Diskussion hatten wir auch bei den Kampfhunden geführt.

(Günter Rudolph (SPD): Da hat es auch schon nicht geklappt!)

Sie wissen, es gibt immer Hunderassen, die auf der Liste stehen. Aber das sind nicht die Hunde, die kraft Geburt gefährlich sind. Herr Minister, es gibt auch Hunderassen, die nicht auf der Liste stehen, aber in der Beißstatistik ganz oben sind. Da müssen wir schauen, wie wir die Kuh vom Eis kriegen. In diesem Sinne freuen wir uns auf die Ausschussberatung. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Hahn, Vorsitzender der FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss mich bei der Union bedanken, dass sie das Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat. Es war uns nicht bewusst, dass es ein so gravierendes Thema ist, dass es im hessischen Polizeigesetz eine Änderung erfahren muss. Herr Innenminister,ich sage es auch sehr offen:Es ist sehr vernünftig, dass dieser Gesetzentwurf nicht von der Landesregierung eingebracht worden ist

(Günter Rudolph (SPD): Obwohl die ihn vorbereitet hat!)

das lassen wir erst einmal weg, Herr Kollege Rudolph –, sondern dass die Landesregierung sich nicht daran beteiligt hat, einen solchen Gesetzentwurf jetzt in die parlamentarische Debatte zu bringen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben derzeit heftige Diskussionen z. B. über die Frage, ob die Rasterfahndung oder die akustische Raumüberwachung, wie sie im Polizeigesetz geregelt sind, verfassungsgemäß sind.

(Beifall bei der FDP)

Der Hessische Datenschutzbeauftragte hat in der vergangenen Woche die Landesregierung und auch uns,den Hessischen Landtag, ausdrücklich und öffentlich aufgefordert, eine verfassungsgemäße Novellierung des hessischen Polizeigesetzes zu diesen Themen vorzunehmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, jetzt beschäftigen wir uns tatsächlich mit der Haltung von gefährlichen Wildtieren, und das im hessischen Polizeigesetz. Irgendwie sind die Gewichtungen vollkommen durcheinandergeraten. Ich glaube, wichtig ist erst einmal, dass das Polizeigesetz verfassungsgemäß ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Dann können wir uns über andere Dinge unterhalten, die nötig sind oder nicht.

Wir haben als Liberale etwas den Eindruck, dass dieser Gesetzentwurf, der von der CDU-Landtagsfraktion eingebracht worden ist, das Begleitkonzert zu dem sein soll, was der „Spiegel“ am gestrigen Tage notiert hat, dass jetzt eine Sympathieoffensive des Hessischen Ministerpräsidenten gemacht werden soll. Ich glaube, dass man mit diesem Thema sicherlich ein bisschen Sympathie erringen kann.Aber, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, die Offensive muss anders gemacht werden.

Sie wissen, dass die FDP-Fraktion begeistert über Beauftragte ist. Wir glauben deshalb, es wäre ganz wichtig, zunächst einmal einen Wildtierimportbeauftragten in Hes

sen ins Leben zu rufen, damit dieses Thema voll und ganz auf die Tagesordnung gesetzt wird.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Spaß beiseite. Es gibt natürlich Probleme, und die wollen wir überhaupt nicht karikieren. Es gab aber Gott sei Dank in Hessen in der letzten Zeit keine derartigen Probleme, jedenfalls nicht in einer verstärkten Form. Deshalb sollten wir das Thema entspannt angehen und uns in einer Anhörung im Hessischen Landtag damit beschäftigen. Wir sollten uns auch damit beschäftigen, wie die Regelungen in anderen Bundesländern sind. Haben sie Normen im Polizeigesetz, oder was muss getan werden?

Aber jetzt haben wir es mit einem Antrag der Fraktion zu tun. Der muss ganz dringlich gewesen sein. Wir alle wissen, wie Regierungshandeln läuft. Eine Regierungsfraktion gibt in aller Regel nur dann Gesetzentwürfe ins Parlament herein, wenn die Landesregierung keine Zeit mehr hatte,Anhörungen durchzuführen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, dieses Thema auf diesem Wege zu behandeln, das ist nicht angemessen. Ich fasse deshalb zusammen: Zunächst sollte sich und wird sich der Innenausschuss dieses Hauses hoffentlich damit beschäftigen, ein verfassungsgemäßes Polizeigesetz in den Bereichen zu schaffen, in denen es um den inneren Lebensbereich eines jeden Hessen und einer jeden Hessin geht.Wenn wir das fertiggebracht haben,dann können wir gerne das nächste Thema angehen. Aber wir sollten die Reihenfolge und die Wertigkeit nicht durcheinanderbringen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Das Wort hat der Innenminister, Herr Staatsminister Volker Bouffier.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie müssen den Gesetzentwurf noch um freilaufende Hähne erweitern! – Gegenruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP): Dann gehe ich zur Tierschutzbeauftragten! – Heiterkeit)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich verstehe den humorvollen Hinweis auf den Fraktionsvorsitzenden der Freien Demokraten.

Die Landesregierung ist durchaus der Auffassung – ich füge das für mich persönlich ein –, dass wir hier ein Thema haben, das bei näherer Beschäftigung durchaus erheischt, dass wir uns damit gesetzgeberisch beschäftigen. Wir haben, wie ich das jetzt festgestellt habe, ein sehr unterschiedliches Bild. Bei den Sozialdemokraten weiß ich nicht genau, ob sie dafür oder dagegen sind.

(Günter Rudolph (SPD): Wir machen erst einmal eine Anhörung!)