Protokoll der Sitzung vom 29.03.2007

und Erziehungsplans zu thematisieren, die während der Erprobungsphase deutlich geworden sind.

Die Erprobungsphase ist mittlerweile seit Januar abgeschlossen. Ich hätte mir gewünscht, dass dann wenigstens den zuständigen Ausschüssen die Ergebnisse der begleitenden Untersuchungen offiziell vorgelegt worden wären.

Vergleicht man die Antworten der Großen Anfrage mit den Erfahrungsberichten aus der Praxis, dann stellt man fest, dass entgegen der Aussage in der Großen Anfrage, dass von den teilnehmenden Einrichtungen keine Mängel festgestellt wurden, tatsächlich erhebliche Schwächen bestehen. Man stellt fest, dass Anspruch und Realität, das Wunschdenken der zuständigen Ministerin und die Rückmeldungen aus der Praxis, erheblich auseinanderklaffen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Der Bildungs- und Erziehungsplan wird zwar von allen Beteiligten als wichtiges und sinnvolles Orientierungsinstrument für die Arbeit in Kindertagesstätten angesehen. Er ist aber mit einem zusätzlichen bürokratischen Aufwand verbunden. Dieser Aufwand führt dazu, dass weniger Zeit für die Kinder bleibt. Die Erfahrungen aus der Praxis zeigen weiterhin,dass ein zusätzlicher Bildungsauftrag ohne zusätzliche Mittel nicht machbar ist.

Deshalb betone ich hier zum wiederholten Male: Wenn wir mehr Bildungsqualität in Kindertagesstätten und Grundschulen erreichen wollen, dann sind kleinere Gruppen und ein besserer Personalschlüssel unabdingbare Voraussetzungen.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Regierungsfraktion, haben Sie sich schon einmal mit Vertreterinnen aus den teilnehmenden Kindertagestätten und Schulen unterhalten? – Dann kriegen Sie zur Antwort, dass Unterstützungsleistungen seitens des Landes während der Erprobungsphase nicht zur Verfügung gestellt wurden.

Erst in der letzten Woche hatten wir wieder die Gelegenheit,uns in einem Gespräch mit Teilnehmerinnen aus dem Tandem zu unterhalten. Sie haben gelacht, als ich nach Unterstützungsleistungen gefragt habe. Sie haben gesagt, der Bildungs- und Erziehungsplan sei eine gute Sache. Die gestiegene Wertschätzung bei Eltern und Lehrern gegenüber der Arbeit von Erzieherinnen wird begrüßt. Aber was die Unterstützungen des Landes anbelangt, steht da ein großes Fragezeichen.

(Beifall bei der SPD)

Man darf doch nicht glauben, dass, nur weil man einen Plan vorlegt, automatisch auch mehr Bildung erzielt wird. Hier darf ich den sogenannten Vater des hessischen und des bayerischen Erziehungsplans, Herrn Prof. Dr. Dr. Fthenakis, zitieren. Er sagt:

Ein Bildungsplan ist ein Instrument, ein Werkzeug, das zwar unerlässlich ist, aber eine Reform im Elementarbereich noch nicht gewährleistet.

Recht hat er. Sie schmücken sich immer gern mit Herrn Dr. Fthenakis.Aber eine Vorlage für eine Reform im Elementarbereich vermisse ich immer noch.

(Beifall bei der SPD – Ministerin Silke Lauten- schläger: Ich glaube, Sie haben den Plan immer noch nicht verstanden!)

Frau Ministerin, ich habe den Plan sehr wohl verstanden. Nur Sie verstehen nicht, dass mit diesem Plan mehr

verbunden ist, als ein Papier, das man vorlegt und versucht,per ordre du mufti den Institutionen überzustülpen.

Lassen Sie mich deshalb auch etwas zu den Rahmenbedingungen eines solchen Planes ausführen. Einige wissen immer noch nicht, wie die Situation in Kindertagesstätten ist. Die Mindeststandards, die von Ihrer Regierung beschlossen wurden, legen fest, dass 25 Kinder, laut Personalschlüssel, von 1,5 Fachkräften betreut werden – ohne zusätzliche Ansprüche für Leiterinnentätigkeit, Elternarbeit, Praktikantinnenanleitung, Urlaub und Krankheit. Das heißt, dass es Einrichtungen gibt, wo im Normalfall eine Erzieherin mit 20 oder 25 Kindern beschäftigt ist. Dann wird erwartet, dass sie die Kinder beaufsichtigt, sie erzieht und Ihnen zusätzlich noch Bildung vermittelt.Wie stellen Sie sich das vor?

(Zuruf von der SPD)

Machen Sie doch einmal ein Praktikum in einem Kindergarten. Dann werden Sie sehen, wie die Situation vor Ort ist.

(Beifall bei der SPD)

Das ist wieder typisch für diese Landesregierung. Sie meint, etwas verordnen zu können, ohne die Voraussetzungen und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Sie erwartet auch – Konnexität lässt grüßen –, dass diejenigen, die als Träger dieser Einrichtungen in der Verantwortung sind, die Mehrauflagen, die mit diesem Bildungsund Erziehungsplan verbunden sind, einfach umsetzen – sowohl was Qualifikation von Personal betrifft, als auch was die Bereitstellung von zusätzlichem Personal anbelangt.

Frau Kollegin Hartmann, Sie müssen zum Schluss kommen.

(Zuruf von der CDU: Gott sei Dank!)

Es ist doch Fakt, dass wir, wenn wir über eine Umsetzung reden, andere Rahmenbedingungen fordern. Die drei Kommunalen Spitzenverbände haben sich gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden und den Kirchen auf eine sehr kritische Stellungnahme geeinigt. Nehmen Sie diese Stellungnahme beim Wort.Steigen Sie in einen Dialog mit den Spitzenverbänden, den Kirchen und den Wohlfahrtsverbänden ein – auch mit den Parteien.

Lassen Sie uns gemeinsam über ein zukunftsfähiges Konzept für eine flächendeckende Umsetzung des Bildungsund Erziehungsplans in Kindertagesstätten reden. Ansonsten werden Sie sich auch weiterhin Kritik gefallen lassen müssen – nicht nur von uns, sondern auch von denen, die vor Ort in der Verantwortung sind.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Kollegin Henzler für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Kollegin Hartmann,man muss doch irgendwann auch einmal etwas loben können.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Dieser Bildungs- und Erziehungsplan ist eine Grundlage, auf der man mit der Arbeit beginnen kann. Er umfasst das Alter von null bis zehn Jahren. Das ist etwas, was jetzt in der Presse und der Öffentlichkeit überhaupt erst einmal richtig ins Bewusstsein rückt.Auch wenn Herr Prof. Fthenakis sagt, das sei nur ein Plan, so ist doch wenigstens einmal ein Plan da.

(Beifall bei der FDP)

Wenn er auch nur ein Werkzeug ist,so hat man wenigstens einmal ein Werkzeug, und man hat mit der Arbeit begonnen. Ich finde es überhaupt schon sehr erfreulich, dass die vorschulische Bildung und sogar die Bildung vor dem Kindergartenalter einmal in den Mittelpunkt der Diskussion tritt und auch bei uns in Deutschland kein Tabu mehr ist.

(Beifall bei der FDP)

Unsere europäischen Nachbarländer sind da schon viel weiter. Es wird Zeit, dass wir uns jetzt endlich einmal auf den Weg machen. Es gab bereits vor der Tandembildung Zusammenarbeit und Kooperationen zwischen Grundschulen und Kindertagesstätten. Das hat man an der großen Zahl von Bewerbungen gesehen, als der Bildungsund Erziehungsplan in die Erprobungsphase ging.

Wir haben die ganze Zeit über regelmäßig Sachstandsberichte gefordert. Sie sind leider nicht erfolgt. Jetzt gibt es aufgrund der Großen Anfragen Antworten. Ich denke, jetzt, wo die Erprobungsphase vorbei ist, sollte man sich wirklich einmal gemeinsam an die Auswertung machen und sehen, wie das Ganze weitergehen soll.

Die Große Anfrage war recht aufschlussreich. Es wurde sehr deutlich, dass der Bildungs- und Erziehungsplan dazu beigetragen hat,dass die gegenseitige Wertschätzung von Erzieherinnen und Grundschulpädagogen weiter gestiegen ist.Es ist etwas ganz Wichtiges,dass endlich einmal alle Berufsgruppen, die sich mit Kindern und Jugendlichen befassen – seien es die Sozialarbeiter oder die Lehrer an den verschiedenen Schulformen – gemeinsam an einem Projekt arbeiten, nämlich an der Förderung des einzelnen Kindes, statt gegenseitig aufeinander herunterzuschauen und zu sagen: Das, was diejenigen am Anfang machen, interessiert uns nicht, denn wir sind diejenigen, die die Kinder dann erst weiterbringen. – Ich finde es sehr wichtig, dass da eine gemeinsame Kooperation zwischen den verschiedenen Berufsgruppen begonnen hat und stattfindet.

(Beifall bei der FDP)

Das zweite Ergebnis ist Folgendes: Die Zusammenarbeit zwischen Kindergarten und Schule hat bisher eher organisatorisch funktioniert im Sinne von „Wann betreuen wir die Kinder? Gehen sie nach der Schule wieder in die Kindertagesstätte?“ – Jetzt arbeiten Kindergarten und Schule auch inhaltlich-pädagogisch zusammen. Das ist der große Vorteil bei diesem Bildungs- und Erziehungsplan. Er richtet sich sehr stark an dem Wohl des einzelnen Kindes und an der Entwicklung aus.

Es gab in Begleitung zu dem Bildungs- und Erziehungsplan Fortbildungsveranstaltungen und Begleitveranstaltungen.Wir halten es für die Zukunft für sehr wichtig,dass insbesondere die Erzieherinnen allgemein weitergebildet werden, und zwar alle Erzieherinnen in diesem Land. Dazu – das ist die einzige Kritik, die ich unterstütze – benötigt man finanzielle Mittel.

Da kann ich die Äußerung von Frau Ravensburg in der Pressemitteilung vom 29. Juni nicht nachvollziehen, in der sie sagte, der Bildungs- und Erziehungsplan habe nichts mit Finanzen zu tun, sondern er beinhalte Bildungsziele für Eltern, Erzieher und Grundschulen. Frau Ravensburg, wenn ich ihn umsetzen will, dann hat er auch etwas mit Finanzen zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das ist nämlich zusätzliche Arbeit. Dafür brauche ich zusätzliche Fortbildungsangebote und für die Umsetzung brauche ich auch zusätzliches Personal.

Die FDP nimmt die Vorgaben des Bildungs- und Erziehungsplans sehr ernst.

(Beifall bei der FDP)

Der Inhalt stellt einen hohen Anspruch an die Einrichtungen der vorschulischen Bildung. Deshalb fordern wir, dass alle Einrichtungen zu Bildungseinrichtungen werden und dass ein entsprechendes Konzept für jede Einrichtung erarbeitet wird. Dieses Konzept muss auch bindend sein. Das ist bei so vielen verschiedenen Trägern im Kindertagesstättenbereich in Hessen schwierig. Das Land muss finanzielle Mittel zur Verfügung stellen, damit man diese Inhalte bindend machen kann.

Wir fordern die Ressortzusammenführung aller Bildungseinrichtungen im Kultusministerium, damit die Abstimmung zwischen Sozialministerium und Kultusministerium nicht erfolgen muss. Das ist schneller und unbürokratisch. Wir fordern, dass Kindergärten, die sich jetzt auch für jüngere Kinder öffnen, unterschiedliche Personalzusammensetzungen haben. Es reicht nicht aus, dass in den Kindertagesstätten – das ist übrigens ähnlich wie in den Schulen – nur Erzieherinnen und Erzieher arbeiten.Wir brauchen auch Kinderpfleger, Sozialassistenten, Hauswirtschaftlerinnen, und wir brauchen für den Bildungsteil auch Grundschullehrer in den Kindertagesstätten.

Wir brauchen außerdem Weiterqualifizierungsmöglichkeiten für Erzieherinnen. Hier gibt es bereits eine gute Zusammenarbeit zwischen einzelnen Fachhochschulen. Aber das reicht nicht aus.

Die FDP ist der Meinung, dass die Ausbildung der Erzieherinnen an den Fachschulen hohe Qualität hat. Es ist eine sehr lange Ausbildung. Wir sind nicht dafür, dass diese Ausbildung komplett an die Fachhochschulen verlegt wird. Es muss aber zukünftig Weiterbildungsmöglichkeiten und Aufstiegsmöglichkeiten für Erzieherinnen geben.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Henzler. – Das Wort hat die Frau Kollegin Ravensburg von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der hessische Bildungs- und Erziehungsplan ist wegweisend in seiner Orientierung am einzelnen Kind und an seinen Stärken unabhängig von der Institution, in der sich das Kind gerade befindet. Das hat auch die Erprobungsphase, die jetzt anderthalb Jahre gedauert hat und im Januar zu Ende gegangen ist, gezeigt.