Meine Damen und Herren, wenn Sie sich angesichts der Tatsache, dass wir 10.000 fehlende Ausbildungsstellen haben,
betrachten, dass auch bei den Programmen gegen Jugendarbeitslosigkeit gekürzt wird, wenn Sie sich betrachten, dass bei der Beratung und Hilfe psychisch kranker Menschen Mittel in Höhe von knapp 1,3 Millionen c wegfallen, wenn Sie sich vergegenwärtigen, dass die Sozialberatungsstellen der großen freien Träger der Wohlfahrt, die gerade bei der Betreuung ausländischer Arbeitnehmer bisher Beratungsarbeit geleistet haben, ihre Mittel komplett verlieren – meine Damen und Herren, die werden zumachen –, auch da frage ich mich: Wo ist denn Ihr Schwerpunkt Integration geblieben?
Meine Damen und Herren, das heißt, Sie betreiben in einem Bereich Kahlschlagspolitik, für den „soziale Schieflage“ eigentlich kein treffender Ausdruck mehr ist. Was Sie hier tun, ist der größte Angriff auf die unteren 10 % der Gesellschaft, wie er bisher in der Geschichte der Bundesrepublik beispiellos ist. Frau Lautenschläger, Sie betätigen sich als Totengräberin der Sozialpolitik.
Ich möchte Ihnen einfach einmal einen Kommentar aus der „Frankfurter Rundschau“ von heute vorlesen, aus dem Frankfurt-Teil:
Es trifft die Armen, es trifft Kinder, es trifft Jugendliche, es trifft geschlagene Frauen, es trifft AidsKranke, es trifft Drogensüchtige, es trifft Eltern... Zu kurz denken jene in der Landesregierung, die offensichtlich meinen, wenn man bei den so genannten Randgruppen streicht, juckt es die gehätschelten Erfolgreichen nicht.
mehr als zehn Spiel- und Lernstuben, in denen Kinder und Jugendliche betreut werden, die ohne die Hausaufgabenhilfe die Schule vermutlich nicht schaffen würden – nur ein Beispiel dafür, dass die Wiesbadener „Giftliste“ einen bewussten Verzicht auf Prävention in allen Schlüsselfeldern bedeutet: Erziehung, Jugendsozialarbeit, Sucht, Gesundheit. Es graust einen beim Gedanken an die Folgen.
Ganz besonders deutlich werden Ihre Prioritäten ja in einem Bereich. In der letzten Woche, als wir in der Fraktion gerätselt haben, wo denn die Kürzungen stattfinden werden, habe ich bei der internen Diskussion gesagt: Sie werden nicht so dumm sein und diesen Fehler bei den Vertriebenenverbänden machen. – Ich habe festgestellt, Sie waren so dumm.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Oder aber Sie haben sich geirrt! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): 30 % ist doch eine Kürzung!)
Wenn Sie sich betrachten, dass der Landesverband des Bundes der Heimatvertriebenen 0,0 % Kürzungen erfährt, der Landesverband von pro familia jedoch 100 %, dann wird klar, wes Geistes Kind Sie sind.
Meine Damen und Herren, jetzt könnte man noch aus einer kruden Logik heraus – die nicht meine ist, aber vielleicht, wenn ich versuche, mich in einen Hessen-CDUler zu versetzen, neben dem rechts die Wand ist –
sagen:Okay,das kann man noch in irgendeiner Form in einer Logik, die nicht die meine ist, vertreten.
Aber erklären Sie mir doch einmal für den Bereich Vertriebene – der Kollege Dr. Jung hat es ja sogar angesprochen, dass auch in diesem Bereich gekürzt wird: Vertriebene,Aussiedler insgesamt –, wie Sie es fertig bringen, die Landesmittel für den Landesverband des Bundes der Vertriebenen überhaupt nicht zu kürzen, aber die Sozialarbeit bei den Aussiedlerkindern fast auf null zu fahren. Das müssen Sie mir einmal erklären.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))
Sie müssen mir einmal erklären, dass Sie z. B. in den Siedlungen in Eschwege, in Fulda-Aschenberg die Integrationsprojekte auf null fahren und gleichzeitig den Landesverband des Bundes der Vertriebenen weiter Ringelreihen mit Rudi Friedrich machen lassen. Das ist ein solcher Skandal, wie ich ihn nicht für möglich gehalten hätte.
Meine Damen und Herren, deswegen als Fazit: Sie lösen ein selbst verursachtes Problem. Sie haben Hessen in dieses Desaster hineingeführt. Sie tun alles, um das Finanzproblem nicht kleiner zu machen, indem Sie jeden Vorschlag von Bundesebene blockieren, der zu Mehreinnahmen führen würde. Sie brechen Ihre Wahlversprechen im Bereich des Personals. Herr Ministerpräsident, ich kann mich gut erinnern, dass Sie gesagt haben: keine Sonderopfer für Beamte.Ich habe selbst an Podiumsdiskussionen teilgenommen, bei denen der Innenminister versprochen hat, dass er die Öffnungsklausel nicht anwenden wird.
Sie zerschlagen all das, was Ihnen noch nie gepasst hat – und noch mehr. Denn das sind keine rot-grünen Spielwiesen, denen jetzt der Garaus gemacht wird, sondern das ist teilweise der Kern der sozialen Infrastruktur in Hessen.
Und das alles bei der sozialen Infrastruktur – für 30 Millionen c. Ich habe schon mehrfach gesagt, welches die Alternativen dazu wären.
Jetzt gibt es Leute, die sagen, sie haben von einer Regierung Koch nichts anderes erwartet. Die gibt es. Es gibt aber auch welche, die in den letzten Jahren gesagt haben:
So schlimm ist der Koch doch nicht. – Das ist vorbei. Das ist spätestens seit dieser Regierungserklärung heute Morgen vorbei.
Hier zeigt sich nämlich der wahre Koch:kein Macher,sondern ein Getriebener, ein Bankrotteur, der aber selbst im Bankrott noch eiskalt genug ist, um sein erzreaktionäres Weltbild umzusetzen.
Meine Damen und Herren, deswegen sage ich Ihnen:Wir werden Ihnen bei der Haushaltsdebatte im November eine Mischung aus Einsparungen an anderen Stellen, aus Einnahmeerhöhungen und aus alternativen Vorstellungen vorlegen. Es soll deutlich eingespart werden, aber zugleich sollen die schlimmsten Auswirkungen der Streichorgie verhindert werden. Dann werden Sie, die 56 Abgeordneten der CDU, sich entscheiden müssen, welche dieser Alternativen Sie vorziehen.
Ich fordere Sie auf, sich der Realität in Ihren Wahlkreisen zu stellen und genau die Einrichtungen zu besuchen, die Sie jetzt kaputtschlagen wollen, und sich einmal zu betrachten, was die eigentlich machen. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass Sie wissen, was dort für Arbeit geleistet wird, denn sonst hätten Sie solchen Kürzungsvorschlägen nicht zugestimmt.
Diese Alternativen werden wir Ihnen bieten,und Sie müssen sich dann entscheiden, was Sie machen, weil es nicht sein darf, dass es am Ende der „Operation sichere Zukunft“, wie der Herr Ministerpräsident sie genannt hat, heißt: Operation gelungen, Patient tot. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Zuruf von der CDU: Da lag ein Vorwurf drin! – Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Automatisch geht das nicht!)
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich wollte nur darauf hinweisen, dass es im Hessischen Landtag unüblich ist, dass die Redner der Fraktionen nicht nach der Reihenfolge der Antragstellung, sondern sozusagen gelost gesetzt werden.
Da das die Geschäftsführer gestern so beschlossen haben, habe ich gedacht, ich müsste mich nicht mehr melden;
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die wirtschaftliche und die finanzielle Situation ist bundesweit desolat. Die Bundesrepublik Deutschland ist auf dem Wege, zum dritten Mal nacheinander die Maastrichtkriterien zu reißen. Alle Landeshaushalte – ich sage bewusst: alle – sind mit einem dicken Minus versehen.
Es ist keine Neuigkeit – wir Liberale haben es schon im Mai in einer Pressekonferenz gesagt –: Der Hessenhaushalt brennt lichterloh, und deshalb ist es sinnvoll und notwendig und von uns seit langem gefordert, dass endlich eine Haushaltssanierung und -konsolidierung erfolgt.Aus diesem Grunde begrüßen wir Liberale, dass die Landesregierung endlich – hoffentlich nicht schon zu spät – ein entsprechendes Konsolidierungsprogramm für den Hessenhaushalt vorgelegt hat.
Meine Damen und Herren, das Ziel ist richtig. Aber darüber, ob der von Ihnen gewählte Weg immer richtig ist, möchte ich Sie aus Sicht der FDP heute informieren.