Protokoll der Sitzung vom 03.05.2007

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Sie wollen denen Sand in die Augen streuen!)

dabei aber nicht bedenkend, dass die Leute auf diesen Baustellen darunter ersticken werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Die Resonanz auf dieses Landesabitur war von allen Seiten überwiegend positiv. Frau Geis vom Landeselternbeirat sagte, eigentlich ist alles ganz gut gelaufen. Die Philologen sagten, die Aufgaben seien gut zu schaffen, sie waren nicht zu leicht. Die GEW sagte interessanterweise, die Aufgaben seien eher zu einfach gewesen.

Es ist natürlich klar: Wenn Sie Landesaufgaben stellen, deren Lösungen Sie hinterher vergleichen wollen, dann haben Sie nicht die absoluten Spitzen, die Sie vielleicht hätten, wenn Sie einen Leistungskurs von zehn absoluten Top-Schülerinnen und -Schülern hätten; Sie haben aber auch nicht die Ausreißer wie bei einer Gruppe, die schlechter ist.

Ich denke, dennoch gibt es eine positive Reaktion. Die Aufgabenlösungen wurden insgesamt als gut bewertet.

Ich denke, das lag schlicht und ergreifend an der Vorbereitung. Es war ausreichend vorbereitet. Es war gut vorbereitet. 44 Fachkommissionen haben die Prüfungsaufgaben erarbeitet. Die Beispielaufgaben standen frühzeitig im Internet, sodass sich Lehrer und Schüler wirklich darauf vorbereiten konnten.Auch die Technik LUSD hat bei der Aufgabenübermittlung an alle Schulen sehr gut funktioniert. Das muss man wirklich sagen, und das war auch gut so.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Wir begrüßen auch, dass hessische Lehrkräfte die Einführung des Landesabiturs positiv begleitet haben und die Schülerinnen und Schüler dabei äußerst intensiv unterstützt haben. Besonders hervorheben möchte ich, dass die Aufgabenstellung und die Formulierung der Aufgaben mit ihnen intensiv besprochen worden sind. Das ist etwas, an dem sich zukünftig die vergleichbaren Haupt- und Realschulprüfungen ein Beispiel nehmen können; denn dort gab es manchmal bei den Aufgabenstellungen und -formulierungen Probleme.

Man muss sich bei den Lehrern wirklich herzlich bedanken.Sie hatten nicht nur durch die Vorbereitung mehr Arbeit, sondern sie haben auch durch das zusätzliche fünfte Prüfungsfach mehr Arbeit.

(Beifall bei der FDP)

Aber ich denke, auch den Schulträgern, die die Schulen bei der Umsetzung sehr stark unterstützt haben, gehört ein großer Dank. Denn die Aufwendungen rein sächlicher Art, z. B. mit den Tintenstrahldruckern oder mit Farbdruckern, waren neu und groß. Deshalb ist es wirklich gut, dass das landesweit überall ausgesprochen gut funktioniert hat.

Der gute Verlauf des Landesabiturs ist aber auch auf die inhaltliche Konstruktion dieses Abiturmodells zurückzuführen. Ich sage jetzt einmal sehr klar:An diesem Modell war die FDP sehr maßgeblich beteiligt. Da schmücken Sie sich wirklich mit fremden Federn.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe im Protokoll einer Plenardebatte vom Februar des Jahres 2001 nachgelesen;denn genau das war der Zeitpunkt, an dem wir in diesem Hause zum allerersten Mal über die heutige Form der gymnasialen Oberstufe und über die heutige Form der Abiturprüfung debattiert haben. Die damalige Opposition warf damals der CDU und der FDP vor, es gebe eine Koalitionskrise, wir seien uns nicht einig, es gebe zwei verschiedene Abiturmodelle. Damals hatte das Kultusministerium das Modell vier mal vier – vier Leistungskurse à vier Stunden – aus Baden-Württemberg ins Gespräch gebracht, und die FDP hat das jetzige Modell mit den zwei Leistungskursen à fünf Stunden und der Aufwertung von Deutsch und Mathematik als Kompromissmodell entgegengesetzt.

Damals waren Herr Quanz und Frau Hinz die schulpolitischen Sprecher von SPD und GRÜNEN.

(Mark Weinmeister (CDU): Lang ists her!)

Sie waren vehement gegen jede Änderung. Es hieß, alles muss so bleiben, wie es ist, man kann nichts verändern. Herr Quanz, es kamen die gleichen Argumente: Wir schränken die Freiheit ein, die Berufsfreiheit; man muss den Schülerinnen und Schülern mehr Entwicklungsmöglichkeiten geben. Man kann sie doch nicht auf Deutsch und Mathematik festlegen. – Das waren genau die glei

chen Argumente. Aber natürlich kam kein anderer Vorschlag.

Ich zitiere Ihnen einmal, was ich damals gesagt habe:

Im Gegensatz zu Ihnen haben wir nämlich Konzepte. Das Einzige, was Sie hier vorlegen, ist die Mottenkiste von vorgestern. Das ist Herummäkelei und Herumkritisiererei.Von keinem von Ihnen beiden

den schulpolitischen Sprechern –

hat man auch nur ein Wort darüber gehört, wie sie die Oberstufe reformieren, verändern oder modernisieren wollen. Dann sagen Sie doch wenigstens ehrlich: Wir wollen, dass alles so bleibt, wie es ist. Wir hören gar nicht auf die Kritik von außen, wir lassen es weiter so, wie es 30 Jahre war.

Meine Damen und Herren, zurück in die Zeit vor 30 Jahren – ich habe das Gefühl, das wollen Sie auch heute. Denn heute sind Sie genauso konzeptionslos. Frau Habermann hat als Einziges gesagt: Das Landesabitur abschaffen; so wie es jetzt läuft, ist es nicht in Ordnung. – Aber Sie haben kein Gegenmodell vorgestellt.

(Beifall bei der FDP und der Abg. Gottfried Milde (Griesheim) und Frank Gotthardt (CDU))

Auch bei Ihnen kam wieder das Argument, man würde doch nicht genug auf die Begabungen und Neigungen der einzelnen Kinder eingehen. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Das Abitur ist nicht die Spezialisierung für das Berufsleben. Das erfolgt auf der Berufsfachschule oder auf der Hochschule.Das Abitur verleiht die allgemeine Hochschulreife.

(Zuruf der Abg. Heike Habermann (SPD))

Das heißt,jemand,der Abitur hat,muss alle Fächer,die an hessischen oder deutschen Universitäten angeboten werden, studieren können. Darauf muss er vorbereitet sein. Da kann es nicht sein, dass jemand, der in Darmstadt beginnt, Wirtschaftswissenschaften zu studieren, als Erstes Sonderförderkurse in Mathematik der Universität durchlaufen muss, weil es die Schule nicht geschafft hat, ihm das notwendige Grundwissen beizubringen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Wir haben damals dieses Kompromissmodell gemeinsam entwickelt.Das heißt,wir haben kein Zentralabitur eingeführt, wie es in Bayern oder in Baden-Württemberg geschehen ist, sondern wir haben ein sogenanntes Landesabitur umgesetzt. Die erste Durchführung hat dieser Entscheidung recht gegeben.

Wir haben immer gesagt, es kann nicht sein, dass es zentral vorgegebene Aufgaben gibt, dass der Lehrer am Morgen der Abiturprüfung den Umschlag öffnet und drei Aufgaben vorfindet, die er stellen muss. Wir haben gesagt, es muss einen Blumenstrauß an den Lehrer geben, aus dem er sich Aufgaben aussuchen kann, von denen er der Meinung ist, die passen zu dem, was er mit seinen Schülern erarbeitet hat. So ist es gemacht worden. Es gibt weiterhin Wahlmöglichkeiten für die Schülerinnen und Schüler, die sich dann aus den Aufgabensätzen wiederum Aufgaben auswählen können.

Ich denke, damit ist der Neigung und der Vielfalt der Schülerinnen und Schüler Rechnung getragen worden.

(Beifall bei der FDP)

Ein weiteres Verdienst aus der damaligen Zeit ist die Einführung der Präsentationsprüfung. Ich denke, das ist etwas ganz, ganz Wichtiges, denn die Fähigkeit, ein Thema zu präsentieren, ist für jeden, der die Schule verlässt, von außerordentlich großer Bedeutung. Das muss er nämlich zukünftig im Studium und im Beruf machen. Das ist ein wichtiger Bestandteil seiner künftigen Laufbahn.

(Mark Weinmeister (CDU): Und es ist hochkreativ!)

Genau, es ist hochkreativ. – Daran mangelt es noch vielen jungen Menschen. Dem muss abgeholfen werden. Die Einführung einer Präsentation in der Abschlussprüfung, sei es in der Hauptschule, in der Realschule oder im Gymnasium, verlangt im Umkehrschluss von den Lehrerinnen und Lehrern, dass sie das im Unterricht einführen und üben lassen. Das wäre ein sehr positiver Fortschritt.

Wir haben viele Verbesserungen in der Koalition gemeinsam angestoßen, die jetzt erst Wirkung zeigen. Das ist der Nachteil der Schulpolitik:Verbesserungen kommen meist erst eine Schülergeneration später zum Tragen.Aber diesmal kann man wirklich die Ernte dessen einfahren, was wir gemeinsam gesät haben.

In Punkt 4 Ihres Antrags schreiben Sie, dass Sie diese Entwicklung weiterführen. Wir erwarten, dass es so weitergeht, wie wir es damals angeleiert haben, dass Gerüchte, Sie wollen doch zu dem Vier-mal-vier-Modell zurück, jeder Grundlage entbehren. So, wie das Landesabitur jetzt ist, sollte es beibehalten werden.

(Beifall des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Die FDP steht für die verlässliche und qualitätsorientierte Weiterentwicklung eines Schulsystems, in dem alle Beteiligten mitgenommen werden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Nächste Wortmeldung, Herr Abg.Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Aus dem Antrag der CDU-Fraktion spricht tiefe Erleichterung. Wir alle in diesem Hause sind es gewohnt – und die CDUFraktion musste es öfter leidvoll erfahren –, dass immer dann, wenn Frau Kultusministerin Wolff eine Veränderung an den Schulen in Gang setzt, das in aller Regel im größtmöglichen Chaos endet. Wir kennen die Beispiele: Unterrichtsgarantie plus – ein riesiges Bürokratiemonster, ein riesiges Chaos an den Schulen;

(Zurufe von der CDU)

die Einführung der neuen Schulverwaltung, die Software LUSD – ein riesiges Chaos an den Schulen und riesige Probleme.

(Zurufe von der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, insofern verstehe ich gut, dass Sie zutiefst erleichtert sind, dass wenigstens bei dieser Reform das größtmögliche Chaos, zumindest organisatorisch, nicht ausgebrochen ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion, es ist aber kein Grund zum Jubeln, dass bei der Einführung einer Reform durch die Ministerin nicht das größtmögliche Chaos ausbricht. Das ist der Normalfall und sollte nicht die Ausnahme sein, die von Ihrer Fraktion auch noch bejubelt wird.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Weinmeister, Sie haben im ersten Absatz Ihrer Rede eigentlich alles zu diesem Thema und zur Sinnhaftigkeit Ihres Antrags gesagt. Sie haben nämlich gesagt, die Abiturprüfungen in unserem Land dauern an. Sehr richtig, Herr Kollege Weinmeister. Wie Sie dann aber davon sprechen können, dass dieses Landesabitur ein Erfolg ist, obwohl die Prüfungen noch gar nicht abgeschlossen sind, obwohl wir noch keine Ergebnisse haben, das bleibt wohl das Geheimnis einer mit absoluter Mehrheit in diesem Land regierenden CDU.