Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Fuhrmann, von Marathon und Durchpeitschen kann nun wirklich keine Rede sein.
Es wurde bereits darauf hingewiesen: Das Hessische Altenpflegegesetz tritt am 31. Dezember 2007 außer Kraft. Denn zu diesem Zeitpunkt wird der letzte noch nach hessischem Recht durchgeführte dreijährige Ausbildungsjahrgang zur Altenpflegerin bzw. zum Altenpfleger abgeschlossen sein.
Auch das wurde schon gesagt:Wir wissen, dass seit dem 1. August 2003 die Ausbildung hinsichtlich der Altenpflege durch das Bundesaltenpflegegesetz geregelt wird. Die Ausbildung hinsichtlich der Altenpflegehilfe ist aber in der Zuständigkeit der Länder verblieben.
Auch das wurde schon dargelegt: Mit dem Gesetzentwurf sollen Anpassungen an das Bundesaltenpflegegesetz und an das Hessische Krankenpflegehilfegesetz vorgenommen werden.Ich will auch nur auf einige Änderungen eingehen. Denn die Frau Ministerin hat das schon ausführlich dargestellt.
Wichtig ist mir die Klarstellung, dass die Anleitung in der Praxis durch pädagogisch geeignete Fachkräfte sicherzustellen ist und dass die Rahmenlehrpläne für die praktische Ausbildung im Gesetz verankert werden sollen. Wie auch im Hessischen Krankenpflegehilfegesetz soll die Stundenzahl sowohl des theoretischen als auch des praktischen Unterrichts von 600 auf 700 Stunden erhöht werden.
Es wurde schon darauf hingewiesen, dass der Gesetzentwurf auch die Umsetzung der Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft betreffend die für die Ausübung der Berufstätigkeit erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse enthält. Das ist mit Sicherheit ein sinnvoller Aspekt. Ebenso ist die Anerkennung einer in einem anderen Bundesland erteilten Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung ein sinnvoller Aspekt.
Weiterhin soll klargestellt werden, dass die Altenpflegeschulen nicht dem Schulrecht unterliegen sollen, sondern Ausbildungseinrichtungen eigener Art sein sollen.
Das wurde bereits von meinem Vorredner bzw. meinen Vorrednerinnen gesagt:Durch die zunehmende Zahl älterer pflegebedürftiger Menschen wird die Nachfrage nach qualifizierten Pflegekräften weiter ansteigen. Man muss aber natürlich auch zur Kenntnis nehmen, dass unter RotGrün die Finanzierung der Altenpflegeausbildung ein mehr als kümmerliches Dasein geführt hat – abgesehen davon, dass es rechtliche Schwierigkeiten mit der Umlage zur Finanzierung der Ausbildungsvergütung gab.
Die Landesregierung hat hieraus die Konsequenzen gezogen. Mit Beginn des Jahres 2000 hat sie für die dann beginnenden neuen Ausbildungskurse ein anderes Finanzierungssystem eingeführt.
Zur Finanzierung der Kosten, die durch die Schulen entstehen, wurden wieder Mittel in den Landeshaushalt eingestellt. Hören Sie sich bitte jetzt die Zahlen an. Damals, im Jahr 2000, waren es 4,6 Millionen c. Das waren 3,12 Millionen c mehr – Sie können Sich ausrechnen, wie viel unter Rot-Grün zur Verfügung stand –, was die damalige Landesregierung im Haushalt stehen hatte. Die Mittel für diesen Ansatz wurden stetig gesteigert: zuletzt in diesem Jahr auf mehr als 12,5 Millionen c. Hierfür sprechen wir unserer Sozialministerin und den anderen Mitgliedern der Landesregierung einen ganz herzlichen Dank aus.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Petra Fuhr- mann (SPD): Wer klatscht denn jetzt endlich einmal?)
Frau Fuhrmann, dass zukunftsweisende Politik für die Altenpflege gemacht wird, mögen Sie auch daran erkennen, dass zurzeit der hessische Pflegemonitor entwickelt wird, ein webbasiertes Informations- und Prognosesystem. Dort sollen regelmäßig und flächendeckend Informationen über den Stand des Angebots an Pflegekräften und den Stand der Nachfrage nach Pflegekräften zur Verfügung gestellt werden. Somit wird sichergestellt, dass es zukünftig in allen Regionen Hessens eine ausreichende Zahl an qualifizierten Pflegekräften gibt.
2002 erfolgte die Einführung der einjährigen Ausbildung zum staatlich anerkannten Altenpflegehelfer bzw. zur staatlichen anerkannten Altenpflegehelferin.Somit konnten neue Personengruppen für die Ausbildung erschlossen werden. Mit der Einführung der einjährigen Ausbildung erhalten insbesondere Hauptschülerinnen und Hauptschüler einen Zugang zu einem zukunftsträchtigen Gesundheitsberuf.
Es ist möglich, im Anschluss an die einjährige Ausbildung in die verkürzte Ausbildung zur Fachkraft Altenpflege überzuwechseln. Die Zahl derjenigen, die die einjährige Ausbildung machen, konnte stetig gesteigert werden: zuletzt im Jahr 2006 auf mehr als 500 Altenpflegehelferinnen und Altenpflegehelfer. Dass mittlerweile 45 % dieser Auszubildenden in die verkürzte Ausbildung zur Fachkraft Altenpflege übergewechselt sind, kann man nur als einen großartigen Erfolg bezeichnen.
Herr Kollege Bocklet,dass die Zahl noch steigerungsfähig ist – wenn er nicht zuhört oder nicht anwesend ist, muss er es nachlesen –,
bestreitet keiner. Mit dem Gesetzentwurf, der hier vorgelegt worden ist, wird deutlich, dass sich die Sozialministerin und die Hessische Landesregierung weiterhin für die Ausbildung in der Altenpflege engagieren und dass eine Finanzierung auf hohem Niveau gesichert ist. – Ich danke Ihnen.
Danke sehr, Frau Oppermann. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir sind damit am Ende der Aussprache zur ersten Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung des Altenpflegerechts und anderer Vorschriften angelangt.
Der Gesetzentwurf soll zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden. – Das ist so beschlossen.
Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst (HGöGD) – Drucks. 16/7236 –
Frau Staatsministerin Lautenschläger, Sie haben die Gelegenheit, den Gesetzentwurf in erster Lesung einzubringen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe heute den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Hessisches Gesetz über den öffentlichen Gesundheitsdienst ein. Bisher waren die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes in zahlreichen eher unübersichtlich gestalteten und veralteten Rechtsvorschriften enthalten. Die Rechtsgrundlagen für die Aufgaben des öffentlichen Gesundheitsdienstes bilden noch das Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens aus dem Jahr 1934 sowie drei dazu erlassene Durchführungsverordnungen aus dem Jahr 1935. All diese Vorschriften wurden durch die Verordnung aus dem Jahr 1949 übergeleitet und sind damit geltendes Recht geworden. Eigentlich ist das schon ein Grund dafür, dass wir für den hessischen Gesundheitsdienst ein neues Gesetz brauchen.
Diese alten Vorschriften enthalten zum Teil bürokratische Vorgaben, für die heute kein Bedarf mehr besteht. Zum Beispiel müssen die Gesundheitsämter Listen über alle Personen führen, die „in abhängiger Stellung eine Behandlung, Pflege oder gesundheitliche Fürsorge am Menschen“ durchführen. Eine solche Liste zu führen und zu aktualisieren erfordert einen ziemlich großen Verwaltungsaufwand. Heutzutage gibt es keinen Grund mehr, warum man diese Listen noch führen müsste. Hinzu kommt, dass manche Aufgaben, z. B. der Infektionsschutz, nunmehr abschließend durch Bundesgesetze geregelt sind.
Wir haben also versucht, in diesem Gesetzentwurf acht Gesetze und Rechtsverordnungen mit insgesamt 140 Paragrafen zusammenzufassen, wobei es auch darum ging, einige dieser Vorschriften aufzuheben. Vor allem haben wir einen Überblick über den öffentlichen Gesundheitsdienst gegeben, um die notwendigen Aufgaben strikt und klar zu regeln; denn eines ist klar: Nach wie vor brauchen wir für den öffentlichen Gesundheitsdienst Regelungen.
Vor allem sind das die Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung übertragbarer Krankheiten, zur Prävention und Gesundheitsförderung, zur hygienischen Überwachung von Einrichtungen, zum Schutz und zur Förderung der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen sowie für Maßnahmen im Rahmen der Aufsicht über die Gesundheitsberufe. In die Vorschriften zur Verhütung und Bekämpfung von Krankheiten wurde ein Passus aufgenommen, der es überhaupt erst ermöglicht, in besonderen Gefahrenlagen angemessen zu reagieren. Das heißt, dadurch werden im Einzelfall Weisungen durch die oberste Gesundheitsbehörde ermöglicht.
Damit trägt der Gesetzentwurf den sich ändernden Gefahren Rechnung, die sich für das Gesundheitswesen weltweit ergeben. In § 4 des vorliegenden Gesetzentwurfs wird den Aufsichtsbehörden die Möglichkeit gegeben, bei „erheblichen gesundheitlichen Gefahren“, z. B. wenn eine Influenzapandemie auszubrechen droht, nicht nur konkrete Weisungen im Einzelfall zu erteilen, sondern auch zusätzliches Personal, das von anderen Gesundheitsämtern kommt, für eine befristete Zeit in einer bestimmten Region einzusetzen. Diese wichtige Neuregelung in dem Gesetzentwurf trägt der Erkenntnis Rechnung, dass gesundheitliche Gefahren in bestimmten Gebieten erstmals auftauchen und möglicherweise ein einheitliches Handeln erfordern.
Solche Situationen werden wahrscheinlich selten vorkommen. Aber es ist durchaus vorstellbar, dass in einer Region eine ansteckende Krankheit ausbricht, sodass dieses Gebiet vorübergehend abgeriegelt werden muss.Es ist auch möglich, dass alle Menschen dieser Region geimpft und mit Medikamenten versorgt werden müssen. Mit einer solchen Situation wäre ein normales Gesundheitsamt, das seine Aufgaben im Routinefall gut erledigen kann, sicherlich überfordert.
Wir haben darauf reagiert, indem wir diese Möglichkeit in dem Gesetzentwurf verankert haben. Danach kann das Gesundheitsministerium als oberste Landesbehörde in einem Krisenfall anordnen, dass in einer bestimmten Region Personal von anderen Gesundheitsämtern eingesetzt wird. Da wir einen solchen Krisenfall nach wie vor für eine Ausnahme halten, haben wir in dem Gesetzentwurf die Kostentragungspflicht des Landes damit verbunden. Die Gesundheitsämter brauchen also nicht zu befürchten, dass ihr Personal einfach umgesetzt wird.
Es ist aber auch klar, dass jedes Gesundheitsamt das Personal vorhalten muss, das es zur Erfüllung seiner Aufgaben braucht. Es kann sich also nicht darauf verlassen, dass es sich das Personal woanders ausleihen kann. Der Krisenfall wird die Ausnahme bleiben.Aber wir müssen darauf achten, dass wir auf solche Krisen reagieren können.
Damit ist in diesem Gesetzentwurf eine Möglichkeit gefunden worden, auf die Interessen der Gesundheitsämter und damit auch auf die Interessen der Kreise und der kreisfreien Städte einzugehen und gleichzeitig sicherzustellen, dass die Bevölkerung in einem Gefahrenfall gut geschützt ist.
Auf weitere Detailregelungen will ich jetzt nicht eingehen. Ich denke, wir werden im Ausschuss genügend Zeit haben, darüber zu diskutieren.
Wir haben in den Gesetzentwurf noch keine Regelung zur Untersuchung von Kindern im Alter von drei Jahren aufgenommen. Im Bundesausschuss gibt es momentan eine sehr intensive Diskussion darüber, ob die Untersuchung für Dreijährige grundsätzlich in den Katalog der Kran
kenkassen aufgenommen werden soll. Im Vorfeld war nicht absehbar, wann die Diskussion beendet sein würde. Diese Diskussion wird uns sicherlich noch weiter begleiten.
Es wäre sinnvoll, wenn eine solche Untersuchung unter die Maßnahmen der Krankenkassen fiele. Darüber haben wir hier schon häufig gesprochen. Es handelt sich um eine klassische Präventionsaufgabe, durch die alle Kinder gefördert werden. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens werden wir sicherlich noch über manch andere Teilbereiche sprechen.
Der Gesetzentwurf bringt für die Gesundheitsämter eine Vereinfachung. Er stellt aber auch sicher, dass in einer weltweiten Gefahrenlage angemessen reagiert werden kann. Das Land Hessen liegt nun einmal in der Mitte Deutschlands.Wir haben einen großen Flughafen.All das kennen wir aus der Diskussion und aus dem Handeln.Am Beispiel der Krankheit SARS haben wir gesehen, wie schwierig es zum Teil ist, schnell einzugreifen.
Mit diesem Gesetzentwurf sind wir dagegen gewappnet und können dafür sorgen, dass wir die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung in Zukunft schneller umsetzen. Gleichzeitig werden die Gesundheitsämter auf einer klaren gesetzlichen Basis nicht nur den Aufgaben, die sie heute schon haben, sondern auch den Aufgaben, die sich auf die Prävention beziehen, besser Rechnung tragen können.
Ich hoffe, wir werden auch zu diesem Gesetzentwurf im Ausschuss eine vertiefte, aber vor allem konstruktive Diskussion führen.
Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Wir eröffnen die Aussprache. Als Erste hat sich Frau Kollegin SchulzAsche, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, zu Wort gemeldet. Die vereinbarte Redezeit beträgt zehn Minuten je Fraktion.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Ministerin Lautenschläger hat zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Regelung des öffentlichen Gesundheitsdienstes in Hessen notwendig und längst überfällig ist. Die grundlegende Gesetzgebung von 1934 ist unter schlimmsten Bedingungen in Deutschland entstanden. Dann heutzutage noch mit Resten zu arbeiten ist nicht mehr zeitgemäß.Von daher ist es grundsätzlich zu begrüßen, dass jetzt ein solcher Vorstoß von der Landesregierung unternommen wird. Dies zur Einleitung.
Ich finde, dass es allerdings nicht ausreicht, was hier passiert ist. Wir haben eine sehr starke Anpassung an die Situation – das hat Frau Lautenschläger dargestellt –, wie die Gesundheitsämter auf die Vogelgrippeepidemie zu reagieren haben. Ich finde es richtig, dass man versucht, das zu regeln. Aber mit moderner und innovativer Gesundheitspolitik, wie in anderen Ländern der öffentliche Gesundheitsdienst verstanden wird, hat das ganze Gesetz leider wenig zu tun. Wir bleiben – das muss man ganz deutlich sagen – weit hinter europäischen und auch deutschen Standards im Bereich des öffentlichen Gesundheitsdienstes zurück.
Als in allen anderen Bundesländern diese Diskussion über entsprechende Gesetze geführt wurde, hat Prof. Rosenbrock, einer der wirklichen Experten in der Gesundheitspolitik, gesagt, in Deutschland würde eine nachholende Modernisierung stattfinden. Meine Damen und Herren, das war in den Neunzigerjahren. Leider erfüllt der vorliegende Gesetzentwurf noch nicht einmal die nachholende Modernisierung, die in den Neunzigerjahren stattgefunden hat.
Wir haben in Art. 28 Grundgesetz die Aufgabe der Kommunen zur Gestaltung der örtlichen Lebensverhältnisse. Deswegen haben viele Kommunen trotz der fehlenden Gesetzesgrundlage versucht, sich moderne Organisationsformen zu geben, um das, was gesetzlich nicht geregelt ist, zu gestalten. Ich befürchte, dass das, was hier vorliegt, eher die kleinen Pflänzchen, die wir in einigen Landkreisen beobachten, zerstören könnte, als sie tatsächlich voranzubringen.
Das Gesetz fällt hinter vieles zurück, was in den Kommunen bereits getan wird. Dazu gehört meiner Meinung nach, was ganz eindeutig fehlt: die Kooperation der Gesundheitsämter mit verschiedenen Trägern – wir haben hier lange und breit diskutiert – z. B. in der Frage der Kindervernachlässigung. Es fehlen praktisch alle Regelungen von Zielvorgaben, von Planung und Evaluation von modernen Instrumenten.
Wir haben andere Bundesländer, wo vor Ort ähnlich wie bei den lokalen Bündnissen für Familie Gesundheitskonferenzen auf kommunaler Ebene versuchen, Gesundheitspolitik gemeinsam zu gestalten. Es fehlt – das ist angesprochen worden,und da gibt es unter Umständen noch Bewegung – die Kindergarteneingangsuntersuchung, die wir GRÜNE seit Langem fordern. Es fehlt die Frauengesundheit. Es fehlt die Einbeziehung von anderen Zielgruppen. In dem Bereich, wo Sie Regelungsbedarf im Gesetz anerkennen, nämlich bei den älteren Menschen, bleibt es eigentlich bei sehr allgemeinen Formulierungen.
Es fehlt die Barrierefreiheit. Ich glaube, was perspektivisch von großer Bedeutung ist: Es fehlt die ganze Frage, wie man mit der abnehmenden Sicherstellung der medizinischen Versorgung, der gesundheitlichen Versorgung im ländlichen Raum, gerade in bestimmten ländlichen Regionen Hessens, umgeht. Meine Damen und Herren, auch das sollte in einer aktuellen Gesundheitsgesetzgebung endlich einen angemessenen Platz finden.