Protokoll der Sitzung vom 04.05.2007

Die FDP-Fraktion möchte das RDF und insbesondere Herrn Prof. Wörner ermutigen, diese Diskussion fortzusetzen und nicht nachzulassen, den einmal beschrittenen Weg konsequent fortzusetzen, auch wenn die gegenwärtige Diskussion neue Hürden aufgebaut hat.

Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Die FDP-Fraktion in diesem Hause hat zu rot-grüner Regierungzeit das Thema Ausbau des Frankfurter Flughafens zur Sprache gebracht. Die FDP-Fraktion hat die Mediation, die ebenfalls in der damaligen Zeit initiiert worden ist, begrüßt, nicht erst, als die Ergebnisse der Mediation vorlagen, sondern sie hat von vornherein diesen Weg akzeptiert und es befürwortet, dies zusätzlich zu den üblichen genehmigungsrechtlichen Verfahren zu machen.

Deshalb wäre es schade, wenn der eingeschlagene Weg, der durch vorzeitige Veröffentlichungen und was auch immer verändert worden ist, nicht zu einem positiven Ende führen würde. Ich betone noch einmal: Es besteht kein Verhandlungsverbot. Es besteht auch kein Denkverbot in dem Sinne, wie das eine Fraktion hier versucht, uns einzureden. Dies ist nicht der Fall. Wir wünschen dem RDF in dieser Auseinandersetzung viel Erfolg. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Michael Bod- denberg (CDU))

Meine Damen und Herren, bevor wir in der Debatte weiterfahren, begrüße ich auf der Besuchertribüne den Kommandeur des Landeskommandos der Bundeswehr, Herrn Oberst Wilhelm F. Hundsdörfer, der hier heute seinen Antrittsbesuch macht. Herzlich willkommen.

(Beifall)

Das Wort hat der Wirtschaftsminister,Herr Staatsminister Dr. Rhiel.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Landesregierung begrüßt nachdrücklich die Bemühungen des Regionalen Dialogforums zur Vereinbarung eines Anti-Lärm-Paktes. Die Suche nach einem austarierten Lärmentlastungspaket liegt – das ist heute hier sehr deutlich geworden – im Interesse der ganzen Region. Dem Vorsitzenden Prof. Wörner ist für seine Initiative und für sein Engagement zu danken. Mein Dank gilt nicht weniger den beteiligten Kommunen und den Vertretern der Luftfahrtseite in der Arbeitsgruppe Verhandlung – so heißt die Arbeitsgruppe – des Regionalen Dialogforums, die die nun veröffentlichte vorliegende Absichtserklärung erarbeitet haben.

Lassen Sie mich zu dieser vorliegenden Absichtserklärung Folgendes feststellen. In der Mediendiskussion der letzten Tage wird aus unserer Sicht gelegentlich übersehen, dass das Regionale Dialogforum keineswegs, wie es gesagt wurde, geheime Verhandlungen führt, sondern sowohl einen Auftrag aus der Mediation als auch einen selbst auferlegten Auftrag einlöst. Die Forderung nach einem Anti-Lärm-Pakt geht nämlich schon auf die Mediationsgruppe zurück, die den Anti-Lärm-Pakt als eine der fünf voneinander untrennbaren Komponenten des Mediationspaketes im Jahre 2000 gefordert hat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Mediationsgruppe verstand darunter ein verbindliches Programm zur Lärmminderung und zur Lärmvermeidung, dessen Erarbeitung sie dem Regionalen Dialogforum – übrigens eine weitere der fünf untrennbar miteinander verbundenen Komponenten – zugedacht hat.Wie Sie wissen – daran möchte ich aber noch einmal erinnern –, haben Landesregierung und Landtag sich das ausgewogene Mediationspaket zu eigen gemacht. Die Hessische Landesregierung hat am 20. Juni 2000 die Konzeption des Regionalen Dialogforums beschlossen. Schon in der Konzeption des RDF war klar,dass dieses Gremium die Chancen insbesondere für die von einer Kapazitätserweiterung Betroffenen nutzen und ergreifen sollte. Das RDF hat im Laufe seiner siebenjährigen Existenz viele relevante

Sachkomplexe im Zusammenhang mit dem Flughafenausbau beleuchtet.

Mit seinem Beschluss, in einer eigens dazu gebildeten AG zu sondieren, ob und wie konkrete Vereinbarungen, etwa analog zum Wiener Beispiel – das ist schon genannt worden –, möglich sind, ist das RDF im vergangenen Jahr in eine neue Phase eingetreten. Es hat die AG Verhandlung aus seiner Mitte heraus gegründet und mit der Sondierung einer Verhandlungslösung mandatiert. Das ist der entscheidende Punkt in dieser Diskussion. Der Zeitpunkt für die Sondierung von Verhandlungslösungen war auch insofern im letzten Jahr reif, als das RDF das Stadium von Grundlagenerhebungen, sei es in Form von umfangreichen Gutachten, von Anhörungen, von Expertengesprächen oder sogar Exkursionen,bis auf wenige Restarbeiten erledigt hatte. Damit waren die Voraussetzungen für ein Anti-Lärm-Paket von der sachlichen Seite her auf jeden Fall geschaffen.

Meine Damen und Herren, die vorliegende Absichtserklärung stellt nicht nur eine Erfüllung des Auftrages aus der Mediation dar, sondern auch eine Fortschreibung des RDF-Auftrages, in der sie – das ist wichtig – den Erkenntnisfortschritt seit dem Ende des Mediationsverfahrens aktuell berücksichtigt. Denn wir sollen uns heute einmal bewusst machen,dass das Mediationspaket vom Januar 2000 auf den Erkenntnisständen der Jahre 1998/1999 basiert. Meine Damen und Herren, das ist schon fast zehn Jahre her. In dieser Zeit hat sich vieles fortentwickelt, manches verändert. Manche Erkenntnis des Jahres 1998 ist heute bereits überholt.

Ich will dafür nur ein Beispiel nennen. Im Jahre 2000 erschien der so genannte Nachtpoststern – Sie wissen, um was es sich dabei handelt –

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Nur die Älteren von uns wissen das!)

noch als unantastbar und unverzichtbar. Herr Hahn weiß, was das ist. Heute ist er weitgehend überflüssig geworden.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Dieses Problem hat sich also sozusagen erledigt. Ich will an diesem Beispiel nur deutlich machen, dass es wichtig ist, Erkenntnisfortschritte aus dem Veränderungsprozess aktuell aufzunehmen. Das tut das RDF.

Auf der anderen Seite hat das RDF mit den Gutachtern, mit den Anhörungen von Betroffenen auch eine Lücke gefüllt. Auch die wirtschaftlichen Auswirkungen eines Nachtflugverbots wurden untersucht.

(Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur am Rande möchte ich erwähnen, dass die Landesregierung das RDF in den letzten sieben Jahren mit fast 9 Millionen c ausgestattet hat. Ich denke, dass dies gut angelegtes Geld war.

Für die Landesregierung will ich alle Beteiligten in der AG Verhandlung und im RDF ermutigen, den Weg der Konkretisierung weiter zu beschreiten und sich weder durch gezielte Indiskretion noch durch manche Polemik beirren zu lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte auch deutlich machen: Noch können Vorschläge eines Anti-Lärm-Paketes auch im Rahmen des laufenden Planfeststellungsverfahrens aufgegriffen werden. Der Zeitplan des Planfeststellungsverfahrens gilt allerdings weiterhin. Ich möchte Ende dieses Jahres eine Entschei

dung treffen. Der Zeitplan steht also nicht zur Disposition.Die Bürgerinnen und Bürger des Landes,aber vor allem in der betroffenen Region, haben einen Anspruch darauf, so rasch wie möglich Klarheit über dieses wirtschaftlich und strukturpolitisch bedeutende Vorhaben des Landes Hessen zu erlangen.

Herr Staatsminister, darf ich Sie darauf hinweisen, dass die Redezeit der Fraktionen bereits abgelaufen ist.

Meine Damen und Herren, deswegen komme ich zum Schluss. – Ich möchte festhalten, dass der Zeitrahmen für den Anti-Lärm-Pakt sehr ambitioniert ist. Ich halte ihn aber für einhaltbar. Ich sehe, dass das RDF auf einem guten Weg ist und wünsche ihm bei dieser Arbeit viel Erfolg. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister Dr. Rhiel. – Meine Damen und Herren, damit ist dieser Punkt abgeschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 67 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Kapitän Koch auf der Titanic – am Ausbildungs- markt droht der Untergang) – Drucks. 16/7278 –

Das Wort hat die Kollegin Ypsilanti, SPD-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mit Ihrer Erlaubnis würde ich gerne mit einem Zitat aus der Regierungserklärung vom 28. März 2001 des Hessischen Ministerpräsidenten mit dem Titel: „Aus Chancen werden Erfolge – die neue Politik in Hessen“ anfangen. Ich zitiere:

Junge Menschen in unserem Land brauchen Ausbildungs- und Arbeitsplatzperspektiven, und die sollen sie bekommen.Wir sind ein rasanter Aufsteiger aus dem Mittelfeld.

(Heiterkeit bei der SPD)

Auch hier liegen wir inzwischen mit an der Spitze.... Auch in Zukunft wollen wir alles tun, um die Kräfte des Wachstums zu stimulieren. Das ist die sicherste Chance für neue Arbeits- und für neue Ausbildungsplätze in diesem Lande.

Meine Damen und Herren, heute, sechs Jahre später: Wenn 21.000 Jugendliche diesen Satz lesen würden, würden sie sich von dieser Landesregierung sehr verschaukelt vorkommen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie steuern dieses Ausbildungsschiff wie die Titanic. Das Schlimmste daran ist, Herr Ministerpräsident: Sie haben sich nicht einmal um die Rettungsboote bemüht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir stehen in Hessen bei der Anzahl der Ausbildungsplätze mittlerweile im unteren Mittelfeld und konkurrieren mit Mecklenburg-Vorpommern. Wenn Sie sich so gerne mit den südlichen Bundesländern vergleichen, sollten Sie auch an dieser Stelle den Vergleich nicht scheuen. Schauen wir einmal hin: In Baden-Württemberg kommen auf einen Bewerber 0,79 Ausbildungsplätze, in Bayern sind es 0,71, im Saarland, nicht unbedingt das wirtschaftsstärkste Land, immer noch 0,83. In Hessen liegen wir mit 0,63 noch unter dem Bundesdurchschnitt. Irgendetwas hat mit der Stimulation der Kräfte des Wachstums in Hessen offensichtlich nicht funktioniert.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Hessen sind heute – das sind die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit – noch 21.667 Jugendliche und wissen nicht,was sie am 30.September dieses Jahres machen werden. Zugegebenermaßen, es gibt auch noch etwas über 13.000 offene Stellen. Aber wir wissen auch, dass eine 1 : 1-Vermittlung nicht möglich ist. Das heißt, wir werden am Ende des Jahres mindestens noch 10.000 unversorgte Jugendliche haben. Meine Damen und Herren, das sind 10.000 Jugendliche ohne Perspektive zu viel.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es wird schlechter in Hessen. Gegenüber dem Vorjahr ist die Zahl der gemeldeten Ausbildungsplätze noch einmal um 2 % zurückgegangen – 2 % weniger auf einem ganz niedrigen Niveau. Meine Damen und Herren, hier zahlen die Jugendlichen die Zeche für die verfehlte Politik in Hessen.

(Beifall bei der SPD – Hildegard Pfaff (SPD): Katastrophale Bilanz!)

Wissen Sie, Herr Minister Rhiel, es ist gut, dass Sie jetzt in die Betriebe gehen und um Ausbildungsplätze werben.Jeder Ausbildungsplatz, für den Sie werben, ist ein guter Ausbildungsplatz, weil damit ein Jugendlicher einen Ausbildungsplatz hat. Aber ich sage Ihnen auch ganz ehrlich: Was ist denn von einem Ausbildungspakt zu halten, wenn in Hessen noch 40.000 Betriebe, die ausbilden könnten, nicht ausbilden? Was ist so ein Ausbildungspakt wert, Herr Ministerpräsident? Was ist ein Ausbildungspakt wert, wenn die Zahl noch einmal um 2 % gesunken ist? – Er ist nichts wert.

(Beifall bei der SPD)

Deshalb müssen doch auch Sie zu der Erkenntnis kommen, dass ein Ausbildungspakt verbindliche Vorgaben haben muss. Er muss Konsequenzen haben, und es müssen feste Vereinbarungen getroffen werden. Wir Sozialdemokraten haben eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, wie Jugendliche in Ausbildung zu bringen sind und die Unternehmen an ihrer Verantwortung gemessen werden müssen. Sie haben das immer abgelehnt. Aber wenn man alle Vorschläge ablehnt, dann muss man an irgendeinem Punkt auch einmal sagen, was man denn machen will. Aber das tun Sie nicht.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Viele der 8.000 bis 10.000 Jugendlichen, die am Jahresende noch unversorgt sind, bewerben sich auch schon zum zweiten oder dritten Mal. Sie werden immer weniger Chancen haben. Sie gehen in Warteschleifen, in Maßnahmen oder in die Vollzeitberufsschulausbildung. Ich denke, diesen Jugendlichen muss eine Chance gegeben werden.

Sie müssen den Betrieben auch stärker klarmachen, dass sie sich den Ast absägen, auf dem sie sitzen. Wir wissen, dass wir vor einem großen Fachkräftemangel stehen.