Protokoll der Sitzung vom 04.05.2007

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Da kann man nur sagen: na, endlich.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Seit vielen Jahren fordern wir von der Hessischen Landesregierung die Vorlage eines Bodenschutzgesetzes. Bereits im Jahr 1999 wurde das Bundes-Bodenschutzgesetz geändert. Das hatte zur Folge, dass unsere Gesetzeslage veraltet, überholt und ungültig war.

Wir haben Sie doch fast jedes Jahr aufgefordert, uns ein Bodenschutzgesetz vorzulegen. Bereits im Jahr 2005 haben wir einen Antrag hier in den Hessischen Landtag eingebracht, in dem wir Sie aufgefordert haben, endlich doch einmal Ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. – Fehlanzeige. Im Jahr 2003, als zum ersten Mal der internationale Tag des Bodens stattfand, agierte Umweltminister Dietzel als reiner Ankündigungsminister. Das tat er auch in den darauf folgenden Jahren.

Welches waren dann die Auswirkungen im Land Hessen? – Es fehlten in den letzten Jahren die wirksamen rechtlichen Regelungen. Die Verwaltung hat daher Einzelfallentscheidungen treffen müssen. Für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Wirtschaft und die Investoren war die Rechtslage doch wirklich kaum zu überblicken. Dies war absolut kontraproduktiv, was den notwendigen verantwortungsvollen Umgang mit dem wichtigen Umweltmedium Boden angeht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun liegt endlich der Gesetzentwurf zur ersten Lesung vor. Man könnte vermuten, dass gilt: Was lange währt,

wird endlich gut. Man könnte vermuten, es würde ein gut durchdachtes Bodenschutzgesetz vorgelegt. Das ist wieder ein Trugschluss. Diese lange Bearbeitungszeit wurde offensichtlich in keiner Weise genutzt, und es liegt eben kein innovatives Bodenschutzgesetz für Hessen vor. Allein das Beispiel der Bodenschutzgebiete zeigt recht deutlich, dass Herr Minister Dietzel die große Bedeutung des Bodens nicht erkannt hat.

So wird in Ihrem Gesetz die Festlegung auf Kleinräumigkeit vorgenommen. Das heißt, dass nur kleinräumige, besonders schützenswerte Böden als Schutzgebiete ausgewiesen werden können. Dazu sage ich ganz deutlich: Das ist falsch. Wir brauchen nur in andere Bundesländer zu schauen. Als Beispiel nenne ich Nordrhein-Westfalen. Dort ist es unerheblich, ob das Gebiet groß oder klein ist. Was einzig und allein wichtig ist, ist die Schutzwürdigkeit dieses Gebietes.

In Ihren Erläuterungen weisen Sie noch einmal darauf hin, dass Sie den Ängsten vorbeugen wollen, dass hier großflächig Gebiete ausgewiesen werden. Darum geht es nicht. Es geht darum, zu entscheiden, welcher Boden schutzwürdig ist und deshalb geschützt werden muss. Es geht nicht um die Frage groß oder klein. Sie handeln hier entgegen dem, was Sie wollen, wenn Sie ein vernünftiges Bodenschutzgesetz wollen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst dieser schwache Schutzansatz wird dann noch weiter abgeschwächt. Denn Sie sagen, die Ausweisung werde nicht als Pflichtaufgabe definiert, sondern das solle einfach im Gutdünken der Behörden liegen. Damit ist abzusehen, dass es mit diesem Gesetz bis zu einem Regierungswechsel nicht zu Veränderungen kommen wird. Die Schutzgebiete für besonders wertvolle Böden wird es nicht geben. Das heißt, dass wertvoller Boden weiter zerstört werden kann. Das ist nicht in Ordnung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich denke, in einem Punkt sind wir uns einig: Es ist wichtig, dass vernünftige Bodeninformationen vorliegen. Es muss eine richtige und ausreichende Datenbasis vorhanden sein. Da ist aber in Hessen leider Fehlanzeige. Das wird auch über dieses Gesetz in keiner Weise verbessert. Die Datenlage in Hessen ist mangelhaft. Auch hier zeigt der Blick nach NRW, dass dort die Daten in einem besseren Maßstab, damit wesentlich detaillierter und selbstverständlich digital vorliegen. Wenn wir nach Niedersachsen schauen, können wir feststellen, dass die Bodendaten dort sogar über das Internet zur Verfügung gestellt werden. Das ist in Hessen offensichtlich Luxus. Es ist in Ihrem Gesetz auch in keiner Weise geregelt. Das ist eine Fehlentwicklung, die Sie mit Ihrem Gesetz fixieren.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Kommen wir zu einem weiteren Punkt, nämlich der Altlastensanierung. Ich finde es sehr bemerkenswert, dass Herr Minister Dietzel oder auch Frau Kollegin Apel sich der Altlastensanierung rühmen.Wer hat Ihnen das Ganze denn finanziell ermöglicht? – Das war Rot-Grün über die Erhebung der Grundwasserabgabe. Sie haben trefflich von den Resten gelebt, die in der Grundwasserabgabe noch zu finden waren. Dort wurde die notwendige Sanierung angestoßen. Der Erfolg, den wir auch mit der Auszeichnung hatten, stammte ebenso von Rot-Grün. Sie schmücken sich hier also mit fremden Federn und haben im Grunde genommen recht wenig an eigenen Leistungen dazu erbracht. Aber die Sanierung der Böden ist uns ein

wichtiges Anliegen. Sie hätten erkennen müssen, dass die Grundwasserabgabe eben auch dazu notwendig ist.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Hammann, kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine Damen und Herren, wir werden eine Anhörung dazu haben.Von unserer Seite können wir das Ganze aber jetzt schon folgendermaßen bewerten. Dieses Altlastenund Bodenschutzgesetz ist nicht ambitioniert und wird den Bodenschutz in Hessen leider nicht stärken. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Vielen Dank, Frau Hammann. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Hoffmann für die SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Hessen legt nun als eines der letzten Bundesländer endlich ein Ausführungsgesetz zum Bundes-Bodenschutzgesetz vor. Frau Kollegin Hammann hat darauf schon hingewiesen. Wir haben vor etwa zwei Jahren die Diskussion dazu hier im Hause geführt. Es war damals geradezu peinlich, wie Sie, Herr Minister, sagen mussten, die Landesregierung habe sich noch nicht entschieden. Für die SPD-Fraktion begrüßen wir grundsätzlich dieses Gesetz. Aber – und das werde ich gleich ausführen und begründen –: Wo Bodenschutz draufsteht, muss auch Bodenschutz drin sein.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Minister,es ist deutlich geworden,dass Sie sich in Ihrer Rede fast ausschließlich mit der Altlastensanierung beschäftigt haben. Mit diesem Gesetz bleibt die Landesregierung hinter dem eigenen Anspruch ihres Regierungsprogramms zurück. Das enthält nämlich neben der Altlastensanierung auch den vorsorgenden Bodenschutz. Da stand auch noch viel mehr, nämlich dass Sie einen Altlastensanierungsfonds auflegen. Mit diesem sind Sie bekanntlich ebenfalls gescheitert.

Ich werde an drei Beispielen aus dem Gesetzestext deutlich machen, dass mit diesem Gesetz der vorsorgende Bodenschutz auf der Strecke bleibt.

Erstes Beispiel. Wir lesen im Vorblatt des Gesetzes unter „Finanzielle Mehraufwendungen, Kosten“: „Keine“. Da frage ich die Landesregierung, wie sie denn über die Altlastensanierung hinaus, die das Gesetz regelt, ohne zusätzliche Aufwendung vorsorgenden Bodenschutz betreiben will.

Zweites Beispiel. In den Zielvorgaben nach § 1 des Gesetzes steht:

Fehlt die Funktion des Bodens als Archiv der Natur und Kulturgeschichte und entsprechender Schutz,...

Das findet sich zwar später wieder.In späteren Paragrafen wird das auf „kleinräumig“ begrenzt.Aber gerade mit dieser Funktion des Bodens – es handelt sich hierbei häufig um besondere Bodenaufschlüsse – kann auch die Sensibilität der Öffentlichkeit für die Besonderheiten der Böden sowie ihre Schutzbedürftigkeit deutlich gemacht werden. Herr Minister, vielleicht schauen Sie einmal auf die Homepage des Bundesumweltamtes unter „Archiv der Böden“. Leider fehlt Hessen dort noch.

Drittes Beispiel. Das ist die Stellung der Bodenschutzbehörden. Da wird das besonders deutlich. Wir lesen in § 3 Abs. 3 Folgendes – ich zitiere –:

Soweit Belange des Bodenschutzes berührt sind, ist die Bodenschutzbehörde zu beteiligen.

Es geht dabei in der Sache um Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren. Diese Beteiligung ist uns zu unbestimmt. Denn bei öffentlichen Planungen müssen die Bodenschutzbehörden auch Träger öffentlicher Belange und zur Stellungnahme aufgefordert werden.

Notwendig ist auch eine Einvernehmensregelung mit den Bodenschutzbehörden, besonders bei Maßnahmen mit bestehenden schädlichen Bodenveränderungen oder auch bei Bodenflächen mit diesen besonderen Schutzfunktionen.

Über die drei Beispiele hinaus möchte ich dann noch § 13 ansprechen: „Träger der Altlastensanierung“. Diesen Paragrafen halte ich für besonders interessant. Dieser § 13 greift in Fällen, in denen Sanierungsverantwortliche aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr herangezogen werden können. Dieser Träger soll, wie bisher auch, durch Rechtsverordnung bestimmt werden.

Das ist seit 1989 die HIM. Inzwischen ist die HIM nach dem Verkauf der Landesanteile ein ausschließlich privates Unternehmen. Mit diesem Gesetz wird diesem Unternehmen eine einmalige Monopolstellung eingeräumt. – Meine Damen und Herren, Herr Minister, in das Gesetz gehören Vorschriften für die öffentliche Ausschreibung und die Vergabe.

Damit ist genügend Stoff genannt, der in einer öffentlichen Anhörung dringend erörtert werden muss. Als Fazit kann ich für die SPD-Fraktion festhalten: Der Titel des Gesetzentwurfs weist in die richtige Richtung.Aber es ist ein Altlastensanierungsgesetz ohne Finanzierung, und den Bodenschutz haben wir vergeblich gesucht. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Hoffmann. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Heidel für die FDP-Fraktion.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Das vorgelegte Bodenschutzgesetz bzw.Altlastensanierungsgesetz wird von der FDP in Teilen begrüßt, in Teilen kritisch hinterfragt. Ich will die Quintessenz vorwegnehmen: Nach unserer Auffassung muss an diesem Gesetz noch einiges verbessert werden. Das haben schon Stellungnahmen ergeben, die wir eingeholt haben.

Ich will einen Punkt zum Thema Altlastensanierung nennen. Wir begrüßen, dass jetzt die Möglichkeit geschaffen wird, im Einklang mit der Bundesgesetzgebung die Altlastensanierung in Hessen fortzusetzen. Hier sind wir auf einem guten Weg. Ich glaube, dass wir diesen Weg fortsetzen sollten. All das, was gerade vonseiten der GRÜNEN an Geplänkel kam, will ich einmal außen vor lassen. Altlastensanierung ist und bleibt eine wichtige Aufgabe des Landes Hessen.

(Beifall bei der FDP – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zum vorsorgenden Bodenschutz – auch der ist angesprochen worden – will ich nur darauf hinweisen, dass wir bereits 21 % der Landesfläche als Flora-Fauna-HabitatSchutzgebiete ausgewiesen haben. In diesen Gebieten ist der Boden nachweislich geschützt, sodass es lediglich darum geht, im Rest des Landes Flächen auszuweisen, wo Böden schützenswert sind. Hier kann ich den Vorwurf nicht verstehen, es gehe um kleine Flächen.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das steht ausdrücklich so im Gesetz!)

Wo Boden schützenswert ist, ist er zu schützen, ob das kleine oder große Flächen sind.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Elisabeth Apel (CDU) – Zuruf der Abg. Christel Hoffmann (SPD))

Beim Durchlesen des Gesetzentwurfs und von Stellungnahmen, die wir erhalten haben, ist mir allerdings aufgefallen, dass es eine harsche Kritik vonseiten der Verbände gibt. Der Handwerkstag schreibt, das sei überflüssig, Hessisches Altlastengesetz, weitere Fachgesetze, Bundes-Immissionsschutzgesetz, Naturschutzgesetz usw. reichten aus.

Der VCI schreibt, es führe zu einer Ausweitung der Bürokratie, und verweist darauf, dass europäische Rahmenrichtlinien vorbereitet werden, die dann zu einer Änderung des Bundes-Bodengesetzes führen.

Die VhU geht in dieselbe Richtung nach dem Motto:

(Hildegard Pfaff (SPD): Immer nach dem gleichen Muster!)

Wir machen jetzt etwas mit kurzer Laufzeit, weil dann EU-Recht über Bundesrecht greifen wird.