Protokoll der Sitzung vom 30.05.2007

Lieber Herr Kollege, die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Überweisung. Die CDU hat den Entschließungsantrag in den Innenausschuss befördert, wo wir beide Anträge hinbefördern.Widerspricht jemand der Überweisung beider Anträge, Punkt 47 und 57, an den Innenausschuss? – Das ist nicht der Fall. Dann ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Kita-Qualitätsplakette für Hessen – Bildungsauftrag des Elementarbereiches öffentlich stärken, Qualitätswettbewerb entfachen – Drucks. 16/7082 –

Wir rufen zusätzlich Tagesordnungspunkt 40:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend Erprobung des Bildungs- und Erziehungsplans ein voller Erfolg – Drucks. 16/7327 –

Tagesordnungspunkt 82:

Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend endlich Qualität in der Kinderbetreuung flächendeckend verbessern – jedem Kind die besten Startchancen ins Leben verschaffen – Drucks. 16/7402 –

und Tagesordnungspunkt 83 auf:

Dringlicher Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesregierung verweigert Fachgremien konstruktiven Dialog: Flächendeckende Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplanes ohne Verbesserung der Rahmenbedingungen nicht möglich – Drucks. 16/7403 –

Wir haben 15 Minuten Redezeit pro Fraktion vereinbart. Ich rufe zuerst die Fraktion der FDP auf und gehe dann gemäß Tagesordnungspunkten und Fraktion in der Rednerreihenfolge vor. Herr Rentsch, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In vielen Bereich des Lebens gibt es Qualitätsmerkmale, an denen sich Verbraucher orientieren können – die ISONorm, DEG, Ökoaudits. Im Bereich der Kinderbetreuung

ist das leider nicht der Fall.Wenn sich – das kennen Sie aus Ihren eigenen Bereichen – Eltern heute überlegen,in welche Betreuungseinrichtung sie ihr Kind geben, ist der Dschungel, in dem sie sich befinden, relativ groß. Man denkt darüber nach: Welches Konzept passt zu meinem Kind? Was gibt es? – Natürlich ist es in vielen Bereichen so, dass sie nicht hinter die Kulissen einer Einrichtung schauen können.Wie müsste das auch gehen?

Man kann sich von außen ein Bild machen. Man kann schauen, was es für einen äußeren Eindruck gibt, was für einen Eindruck Erzieherinnen und Erzieher machen, wie die Lage einer Betreuungseinrichtung ist.Aber mehr werden Eltern nicht erfahren. Man kann auf der anderen Seite das pädagogische Konzept hinterfragen. Es gibt Montessori. Es gibt andere Varianten. Das wird den Eltern sicherlich eine kleine Hilfestellung als Orientierung in diesem Bereich geben. Aber es ist in dem Dschungel, den wir zurzeit haben, bei Weitem nicht ausreichend.

(Beifall bei der FDP)

Es gibt heute schon im Bereich der Betreuungseinrichtungen viele Verfahren, wo intern die Qualität der Struktur und des Prozesses überprüft wird. Aber in vielen Bereichen werden die Eltern einfach nichts davon erfahren. Das wollen wir ändern.

Wir halten es für richtig, dass wir in Hessen eine KitaQualitätsplakette einführen, die genau dies kennzeichnet, um den Eltern klar und deutlich zu zeigen, welche Konzepte hinter einer Betreuungseinrichtung stehen, und ihnen eine Orientierungshilfe an die Hand gibt, damit sie sich im Angebotsdschungel nicht verlaufen, sondern frühzeitig entscheiden können, wo sie ihr Kind anmelden.

Wir diskutieren in dieser Debatte zugleich über die Auswirkungen des Bildungs- und Erziehungsplans. Das zeigt doch, wie schwierig die Situation für die Eltern ist.Wir haben nicht nur in Hessen, sondern in ganz Deutschland eine Diskussion darüber, dass wir die Bildungsansätze im Elementarbereich deutlich stärken müssen. Wir wissen, dass die Bildung gerade im Alter von 0 bis 3 Jahren ein ganz erheblicher Entwicklungsbaustein ist, um die Bildungskarrieren junger Menschen auf den Weg zu bringen und zu fördern. Deshalb war es richtig, dass Hessen den Bildungs- und Erziehungsplan für die Elementarbildung aufgelegt hat – mit unserer Unterstützung und im Grundsatz mit der Unterstützung aller übrigen Fraktionen in diesem Hause.

(Beifall bei der FDP)

Fakt ist aber, dass der Bildungs- und Erziehungsplan in Hessen auf freiwilliger Basis umgesetzt werden soll. Wir werden noch ausführlich darüber diskutieren, ob die Freiwilligkeit der richtige Weg ist; denn sie wird in der Konsequenz dazu führen, dass einige Einrichtungen beim Bildungs- und Erziehungsplan mitmachen und andere nicht. Ich glaube, das ist ein gutes Beispiel dafür, dass man den Eltern klare Orientierungshilfen an die Hand geben muss, damit sie sich gut entscheiden können, in welche Einrichtung ihr Kind kommen soll, damit es keine Chance verpasst. Darum geht es.

Wir haben schon häufig gesagt, dass Bildung keine Frage ist, die „im Vorbeilaufen“ aufgenommen werden kann, sondern sie ist ein Baustein auf dem Bildungsweg eines Menschen.Wenn der Baustein Bildung im Alter zwischen 0 und 3 Jahren verpasst wird, dann ist diese verpasste Chance nicht mehr so einfach nachzuholen. Deshalb

brauchen die Eltern in Hessen Orientierungshilfen, wie sie ihr Kind in diesem Alter fördern können.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen, dass zusammen mit den Trägern von Kindertageseinrichtungen Merkmale erarbeitet werden, die zu einer Kita-Qualitätsplakette führen. Wir wollen, dass die Betreuungseinrichtungen freiwillig entscheiden können, ob sie an einer externen Evaluation teilnehmen und im Ergebnis diese Qualitätsplakette erhalten wollen. Wir wollen auch den Wettbewerb zwischen den Einrichtungen stärken. Es ist doch klar: Eine Einrichtung, die ein gutes Profil hat, die ein gutes Konzept hat, wird sich mit Sicherheit einer externen Evaluation stellen, weil sie ihre gute Arbeit nach außen präsentieren will. Einrichtungen, die das nicht machen, werden mit Sicherheit schwere Probleme auf dem Markt haben, Eltern zu finden, die ihre Kinder in diesen Einrichtungen unterbringen.

(Beifall bei der FDP)

Wir wollen aber auch, dass gute Beispiele nachgeahmt werden. Wir wollen, dass in Hessen eine repräsentative Anzahl solcher Einrichtungen ausgewählt wird und öffentlichkeitswirksam als Best-Practice-Beispiele präsentiert werden,damit andere Einrichtungen diesen Weg mitgehen können.Auf der anderen Seite wollen wir, dass die Erzieherinnen und Erzieher in den ausgezeichneten Einrichtungen hospitieren und sich weiterbilden können. Es geht nämlich darum, dass man gute Ansätze weiterträgt und sich guten Beispielen öffnet. Das wollen wir erreichen.

(Beifall bei der FDP)

Frau Ministerin, wir wollen, dass die Erkenntnisse, die in diesem Bereich erarbeitet werden – diese Erkenntnisse werden über die Ausführungen im Bildungs- und Erziehungsplan hinausreichen –, auch in die Bildungsarbeit im Elementarbereich einfließen.Wir halten es für notwendig, den Bildungs- und Erziehungsplan, der ja gemeinsam erarbeitet worden ist, jetzt nicht nur zu starten, sondern auch die Erkenntnisse, die im Laufe der Arbeit mit dem Bildungs- und Erziehungsplan erzielt werden, in die Ausrichtung der Arbeit einfließen zu lassen. Wir wollen, dass diese Erkenntnisse kontinuierlich berücksichtigt werden und in den Prozess einfließen.

(Beifall bei der FDP)

Wie kann das geschehen? Wie kann man die Prozesse und die Strukturqualität einer Einrichtung überprüfen? Es gibt diese Idee in anderen Bundesländern schon länger. Insofern kann man sich anschauen, wie das dort gemacht wird. Das ist ein relativ einfaches Konzept, das von den Eltern ganz hervorragend angenommen wird. Man kann z. B. Fortschritte im Sprachgebrauch prüfen, man kann den Umfang der Förderung prüfen, z. B. über die Entwicklung fein- und grobmotorischer Fähigkeiten, musische und kognitive Fähigkeiten können berücksichtigt werden. Man kann die Zusammenarbeit, die „Verzahnung“ zwischen den Eltern und den Einrichtungen prüfen. Man kann im Rahmen der Strukturqualität natürlich auch die personelle und sächliche Ausstattung sowie die Ausstattung der Räumlichkeiten prüfen. All das können Merkmale sein,die in eine Überprüfung zur Erlangung einer Kita-Qualitätsplakette einfließen.

Das sind überwiegend Faktoren, die die Eltern von außen eben nicht sehen können. Wie wollen denn die Eltern in Erfahrung bringen, wie der Betreuungsschlüssel einer Einrichtung ist? Wie wollen sie in Erfahrung bringen, ob

eine inhaltliche Zusammenarbeit zwischen Schule und Kindergarten wirklich stattfindet? Deshalb ist es sinnvoll, das von Fachleuten evaluieren und die Ergebnisse in eine Qualifizierung einfließen zu lassen. Das ist für die Eltern ein deutlich einfacherer Weg, als wenn sie sich vor Ort separat informieren müssen.

(Beifall bei der FDP)

Die Kita-Qualitätsplakette, sollte sie umgesetzt werden – davon gehen wir aus, die Landesregierung hat sich noch nie sinnvollen Anträgen verschlossen –, wird in Hessen den Dschungel an Betreuungsangeboten, den es wirklich gibt, das wissen die Menschen, die sich in diesem Bereich umtun, ein Stück weit lichten.

Lassen Sie mich zu Fragen des Bildungs- und Erziehungsplans übergehen, den wir bei den Anträgen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diskutieren werden. Ich muss sagen, dass ich vieles von dem, was ich in den Anträgen lese, unterstützen kann. Wir haben in Hessen eine Diskussion über Bildungskriterien im Elementarbereich eingeleitet, wie wir es erreichen, dass der Kindergarten nicht mehr nur Betreuungseinrichtung ist, sondern eine Bildungseinrichtung wird. Wir sind uns einig, dass dieser Bereich außerordentlich wichtig ist. Das haben die Forschungen gezeigt.

Frau Wolff, Frau Lautenschläger, Fakt ist, dass der Bildungs- und Erziehungsplan nach Ihren Vorstellungen auf freiwilliger Basis umgesetzt werden soll. Man kann natürlich sagen: Jede Einrichtung hat die Chance, sich auszuzeichnen, wenn sie die Kriterien des Bildungs- und Erziehungsplans übernimmt. Wenn wir aber sagen, dass ein Kindergarten heutzutage nicht mehr nur eine Betreuungseinrichtung, sondern eine Bildungsstätte ist, dann müssen alle Kinder in Hessen an den tatsächlichen Fähigkeiten der Kindergärten teilhaben können.

(Beifall bei der FDP)

Wenn wir sagen, Kindergärten sind Bildungseinrichtungen, darf kein Kind mehr von den Vorgaben des Bildungsund Erziehungsplans ausgeschlossen werden. Dieser Bildungs- und Erziehungsplan ist ein zahnloser Tiger, wenn er nur fakultativ umgesetzt wird. Das ist die Kritik der FDP-Fraktion. Frau Kollegin Henzler hat das mit ihrer Großen Anfrage zum Bildungs- und Erziehungsplan noch einmal herausgearbeitet.

(Beifall bei der FDP)

Es wird nichts bringen, einfach zu erwarten, dass der eine oder andere beim Bildungs- und Erziehungsplan mitmacht. Nein, meine Damen und Herren, Fakt ist, dass der Bildungs- und Erziehungsplan eine personelle und finanzielle Herausforderung für die Einrichtungen darstellt. Es kostet eben Geld, wenn man dort Bildung umsetzen will. Das ist mit dem bisherigen Betreuungsschlüssel an vielen Stellen nicht zu machen. Wenn wir hier weiterkommen wollen, dann reicht es nicht, zu sagen: „Wenn ihr teilnehmen wollt, dann nehmt teil, wenn nicht, dann nicht“. Nein, wir dürfen die Einrichtungen hier nicht alleinlassen.

(Beifall bei der FDP)

Wir erwarten von dieser Debatte auch eine Antwort auf die Frage, wie das Gesamtkonzept der Landesregierung im Elementarbereich der Bildung aussieht. Es ist nicht so, dass der Bildungs- und Erziehungsplan isoliert auf der einen Seite steht, und dann kommen die Kinder in die Grundschule,nein,es muss ein Gesamtkonzept geben,wie die Kinder vom Kindergarten zur Grundschule geführt

werden. Kollegin Henzler hat das FDP-Modell der Kinderschule vorgestellt, das den Baustein zwischen dem Kindergarten und der Grundschule darstellt. Die Kinderschule ist der notwendige Baustein, um zu einem einheitlichen Niveau in der Grundschule zu kommen.

(Beifall bei der FDP)

Ich sage ausdrücklich, wir vermissen Ihr Gesamtkonzept für diesen Bereich.Wir haben Sie bei der Erarbeitung des Bildungs- und Erziehungsplans unterstützt, weil all das, was dort steht, von uns mitgetragen wird. Die Ansprüche, die dort formuliert werden, sind aber nicht so einfach auf die Betreuungseinrichtungen herunterzubrechen. Erzieherinnen und Erzieher werden nicht von null auf gleich alles umsetzen können, nur weil sie den Bildungs- und Erziehungsplan gelesen haben. Nein, das braucht eine Vorbereitung, eine Nachbereitung und eine entsprechende Ausbildung. Wir sind weit davon entfernt, dass der Plan einfach in die Realität umgesetzt werden kann.

(Beifall bei der FDP)

Wir vermissen Ihr Gesamtkonzept, und wir würden uns wünschen, dass der Plan keine fakultative Geschichte ist, an der man teilnehmen kann, wenn man denn will. Wenn wir sagen, das ist eine Bildungschance für die Kinder, dann müssen doch alle Kinder in Hessen daran partizipieren. Es darf nicht so sein, dass nur wenigen die Möglichkeit gegeben wird, daran teilzunehmen.

(Beifall bei der FDP)

Abschließend möchte ich sagen: Ich glaube, dass die KitaQualitätsplakette ein guter Einstieg wäre, um den Eltern zu zeigen, in welchen Kinderbetreuungseinrichtungen welche Konzepte umgesetzt werden, dass sie für die Eltern eine Orientierungshilfe bei der Entscheidung wäre, weil sie ihnen zeigen würde, was hinter den Betreuungseinrichtungen steckt, welche Qualitätsmerkmale dort zu finden sind. Sie würde den Eltern, die auf der Suche nach einer qualitativ hochwertigen Betreuungseinrichtung für ihre Kinder sind, die Arbeit wesentlich erleichtern. Das wollen wir als FDP-Fraktion erreichen. Dafür erbitten wir Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der FDP)

Nächste Wortmeldung, Frau Abg. Ravensburg für die Fraktion der CDU.