Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich könnte ich genauso wie Frau Kollegin KühneHörmann mit einem Satz sagen, dass die Vorredner im Prinzip alles gesagt haben und dem nicht zu widersprechen sei. Dennoch muss ich einen kleinen Wermutstropfen in diesen Wein schütten, weil ich nicht mit allem einverstanden bin, was Herr Kollege Dr. Jürgens und Herr Kollege Rentsch dargestellt haben.
Es stimmt, dass der Landeswohlfahrtsverband in der Vergangenheit große Fortschritte bei der Bewältigung der Aufgaben, aber auch bei der Kontrolle der Kosten gemacht hat. Dem kann man nicht widersprechen. Aber so ganz – das ist der Wermutstropfen – ist die Rechnung mit dem Wirt nicht aufgegangen; denn die Pressemeldungen der vergangenen Tage kündigen an, dass die Kosten pro Jahr um 2,5 % auf 32,3 Millionen c steigen.
Die Rücklagen sind aufgebraucht, und die Fallzahlen steigen. Deshalb kommen erhebliche Mehrkosten auf die Kommunen zu. Die Zahler sind nun einmal – über den Landkreis – die Kommunen.
(Reinhard Kahl (SPD): Das hat etwas mit den Fallzahlen zu tun! Ohne betreutes Wohnen wäre es noch teurer!)
Dann sollten wir zumindest denjenigen, die letztlich die Rechnung zu bezahlen haben, entsprechende Rechte einräumen, aber nicht im Vorfeld durch Gesetzesvorlagen Tatsachen schaffen, wobei man dann dazu gezwungen ist, danach zu verfahren.
Wir haben gehört, dass Gespräche zwischen den Kommunalen Spitzenverbänden und dem Landeswohlfahrtsverband stattfinden werden.Wir sollten diese Gespräche und deren Ergebnisse abwarten. Dann sollten wir uns darüber unterhalten, ob eine geänderte Gesetzeslage geschaffen werden muss oder ob die getroffene Vereinbarung, die alle unterschrieben haben, ausreichend ist.
Deshalb bitte ich, nicht den zweiten vor dem ersten Schritt zu machen. Es sollte abgewartet werden, was die Gespräche ergeben.
Es ist nicht so, dass der Landeswohlfahrtsverband das Nonplusultra in der Betreuung vorhält. Die Kommunen haben in den vergangenen Jahren erhebliche Beiträge für den Bereich des betreuten Wohnens geleistet. Außerdem hat der Landeswohlfahrtsverband gern organisatorische Unterstützungen in Anspruch genommen, um die Kosten in Schach zu halten.
Wenn das nicht gewesen wäre, wären die Kosten in den letzten Jahren noch mehr aus dem Ruder gelaufen. Vor Ort werden sehr gute Entscheidungen getroffen. Es wird auf die Aufgabe, für die man sich nach der Vereinbarung verpflichtet hat, hingearbeitet. Man sollte wirklich überlegen,ob die Vereinbarung,die getroffen ist,umgesetzt wird oder ob man sagt: Wir lassen alles beim LWV und zahlen jedes Jahr die erforderliche Umlage.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es geht um das betreute Wohnen, und das ist in der Tat, da stimme ich Herrn Kahl und den Vorrednern zu, eines der wichtigsten Instrumentarien der Behindertenhilfe in Hessen. Es ist erfreulich, dass wir in den letzten Jahren eine so starke Fallzahlsteigerung bei den Angeboten hatten. Das heißt, wir haben in Hessen mehr betreutes Wohnen, und wir haben es gleichmäßiger verteilt. Ein Blick in die Historie zeigt, dass dies nicht immer so war. Die Steigerung der Angebote ist erst in der erfreulichen Dynamik eingetreten, nachdem diese Vereinbarung im Jahr 2003 geschlossen wurde.
Vorher ist der Ausbau des betreuten Wohnens häufig sehr kontrovers diskutiert worden. Der LWV hat sich früh um diese Aufgabe gekümmert, weil er erkannt hat, dass das ein sehr gutes Instrument für viele Menschen mit Behinderungen ist und es ihnen ermöglicht, Hilfe ortsnah zu bekommen, auch ergänzt um die komplementären Angebote der Kommunen. Manche Kommunen in Hessen und manche Sozialhilfeträger haben sich der Aufgabe gestellt und haben erfreulich gut gearbeitet.Wir hatten aber auch weiße Flecken.
Es gab Befürchtungen,der LWV wolle ein Angebot schaffen, um seine stationären Einrichtungen zu entlasten und Kosten zum Sozialhilfeträger zu transferieren. Das war eine Befürchtung, die durchaus in vielen Kommunen in Hessen, ganz egal, wie farbig sie gestrickt waren, geteilt wurde.
Auf Initiative der Kommunalen Spitzenverbände haben wir damals die Beteiligten an einen Tisch gebeten und die Vereinbarung, die heute mehrfach zitiert wurde, verhandelt. Übrigens geschah dies damals mit sehr kritischen Anmerkungen der sozialdemokratischen Fraktion in die
Ich freue mich sehr, dass wir inzwischen alle der Meinung sind, dass dieser Weg der richtige war. Es gibt gute Argumente dafür, zu sagen: Wir lassen die Zuständigkeit in einer Hand beim LWV und regeln dann auch die Finanzierung entsprechend. – Man kann aber auch durchaus zu dem Ergebnis kommen: Wir bleiben bei dem in der Vereinbarung festgelegten Weg, der dann in das Ausführungsgesetz gekommen ist, und übertragen zum 1. Januar 2009 die Zuständigkeit an den örtlichen Sozialhilfeträger.
Meiner Meinung nach hat die Verbandsversammlung des LWV einen klugen Beschluss gefasst. Sie hat nämlich gesagt: Wir wollen jetzt mit unseren Vertragspartnern darüber reden. – Genau dieser Weg ist auch im Jahr 2003 beschritten worden und hat zu diesem guten Ergebnis geführt,das wir uns heute alle erfreulich in die Bilanz schreiben.
So muss der Weg sein. Es muss zunächst einmal zwischen dem LWV und seinen Eigentümern, den örtlichen Sozialhilfeträgern, ein Einvernehmen erreicht werden. Ich bin sicher, dass der Verwaltungsausschuss auf die Kommunalen Spitzenverbände zugeht. Er muss auch mit allen örtlichen Sozialhilfeträgern – die haben das alle in ihren kommunalen Parlamenten ratifiziert und unterschrieben – und den Verwaltungsspitzen ein Einvernehmen herstellen. Das, was gegebenenfalls zu tun wäre, nämlich die Anpassung an das Ausführungsgesetz, kann, wenn der Konsens da ist, von diesem Haus relativ zügig erledigt werden.
Jetzt aber mit dem Gesetz Fakten zu schaffen, obwohl die kommunale Familie sich überhaupt noch nicht positioniert hat – Sie wissen, dass es bei vielen Landräten und Oberbürgermeistern,ganz egal,wie sie parteipolitisch stehen, noch sehr unterschiedliche Positionen gibt –, bedeutet, die Verhandlungen zu erschweren. Man würde sie nicht befruchten, sondern erschweren. Deswegen rate ich dazu, zunächst einmal die Einigungskräfte in der kommunalen Familie mit dem LWV zusammen wirken zu lassen. Ich bin sicher,dass die Ängste und Besorgnisse,die vorher auf beiden Seiten vorhanden waren, durch die erfolgreiche Praxis der letzten Jahre ausgeräumt sind und dass man zu einem vernünftigen Konsens kommt.
So, wie ich höre, wäre dann eine breite Mehrheit des Landtags herzustellen, um eine Gesetzgebung herbeizuführen. Jetzt aber das Gesetz zu ändern, so, wie Sie es in der Konsequenz vorschlagen, bevor die Beteiligten miteinander geredet haben, ist sicherlich der falsche Schritt, und aus diesem Grund sehen wir das sehr skeptisch.
Herzlichen Dank, Herr Krämer. – Nun hat sich Herr Dr. Jürgens von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN noch einmal zu Wort gemeldet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich wollte noch einmal ein paar Sätze zum Verständnis sagen. Frau Dörr, wir haben drei Jahre lang bis einschließlich dieses Jahr eine im absoluten Betrag nahezu unveränderte Ver
bandsumlage für den Landeswohlfahrtsverband, trotz erheblich gestiegener Fallzahlen. Ein Grund dafür, dass dies geschafft werden konnte, war die Veränderung des Verhältnisses von dem grundsätzlich teureren stationären Bereich zu dem grundsätzlich preiswerteren ambulant betreuten Wohnen. Die Zahlenentwicklung hat Herr Kahl vorhin zutreffend dargestellt. Das war einer der Gründe, weshalb die Verbandsumlage gehalten werden konnte.
Die Steigerung, die sich nach den Eckwerten 2008 für die Verbandsumlage im nächsten Jahr abzeichnet, ist vor allem deswegen absehbar, weil für die Verbandsumlage in diesem Jahr Rücklagen aufgelöst werden,die im Jahr 2008 nach der gegenwärtigen Planung nicht mehr zur Verfügung stehen – ob es tatsächlich so kommen wird, werden wir alle sehen. Um aber überhaupt die Chance zu haben, dass die Kostenentwicklung sich trotz steigender Fallzahlen in Grenzen halten lässt, ist es wichtig, dass beide Hilfen in einer Hand bleiben. Natürlich kann man sagen: Wenn ab 01.01.2009 die ambulanten Hilfen zu den kommunalen Trägern kommen, sinkt die Verbandsumlage drastisch, weil der Landeswohlfahrtsverband für einen wesentlichen Bereich nicht mehr zuständig ist. – Dafür steigen natürlich die Ausgaben der kommunalen Träger. Wie sich das entwickeln wird, hat dann keiner mehr im Blick, weil der eine das eine steuert und der andere das andere.
Ich habe in der Diskussion – solange ich mich damit beschäftige – eigentlich keine guten Argumente dafür gehört, bei der Regelung zum 01.01.2009 zu bleiben. Es hat sich in der Vergangenheit gezeigt, dass gerade die Zusammenführung in einer Hand die wesentliche Voraussetzung dafür war, dass sich das so positiv entwickelt hat.
Rechtlich gesehen haben wir die etwas komplizierte Situation, dass noch das alte Bundessozialhilfegesetz galt, als die Vereinbarung geschlossen wurde. Danach konnten die Träger durch eine Vereinbarung die Zuständigkeiten untereinander aufteilen. Nach dem neuen SGB XII muss durch Landesrecht geregelt werden, wie die Zuständigkeiten in der Sozialhilfe verteilt sind. Das war im Übrigen der Grund, weshalb das ins Hessische Ausführungsgesetz übernommen wurde. Das bedeutet aber in der Tat, da hat die SPD-Fraktion recht, dass allein eine Vereinbarung der Kommunalen Spitzenverbände mit dem LWV nicht ausreichen würde. Es muss selbstverständlich dann auch das Gesetz geändert werden.
Ich habe aber auch gesagt, es ist sinnvoll, erst einmal mit den Kommunalen Spitzenverbänden zu reden, um dann zu erreichen, dass sie damit einverstanden sind, und dann in einem möglicherweise parallel angestoßenen Gesetzgebungsverfahren zu einem Ergebnis zu kommen. Der Gesetzgeber vollzieht das unter Umständen nach. In der Sache sind wir uns einig – so habe ich es verstanden –, den Weg dahin werden wir sehen. Ich hoffe, dass die Kommunalen Spitzenverbände mitmachen. Das wäre meine Lieblingslösung, wenn sich die kommunale Familie einigt und der Gesetzgeber nachvollzieht, was dort vereinbart wurde. Die Kosten landen – da sind wir uns alle einig – auf jeden Fall bei der kommunalen Ebene über die Verbandsumlage oder das, was direkt zu zahlen ist. Insofern soll der Gesetzgeber das nachvollziehen, was die kommunale Familie vereinbart.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dörr, natürlich kennen wir die Zahlen und wissen, dass für das nächste Jahr die Verbandsumlage erhöht werden soll. Das hat aber nichts damit zu tun, wo das betreute Wohnen angesiedelt wird, sondern damit, dass wir insgesamt Kostensteigerungen in dem Bereich haben und eine deutliche Erhöhung der Fallzahlen zu erwarten haben. Eines ist doch klar: Jeder Mensch mit Behinderung, der statt in einer stationären Einrichtung im betreuten Wohnen lebt und das auch so will, trägt zu einer eindeutigen Kosteneinsparung bei.
Das dürfte doch klar sein. Schauen Sie sich einmal die Zahlen an. Fachleistungsstunden im betreuten Wohnen 2005 50,16 c, 2007 50,66 c. Sie werden sehen, dass wir hier eine sehr stabile Entwicklung haben. Die Zahlen, die Sie genannt haben, haben mit dem Thema nichts zu tun.
Die Kosten entstehen, da hat Dr. Jürgens vollkommen recht. Der Unterschied – da bin ich Herrn Dr. Jürgens auch für die Ausführungen dankbar – der gesetzlichen Grundlage, wie sie vorher durch das Bundesgesetz geregelt war und wie es jetzt geregelt ist, führt dazu, dass der Landesgesetzgeber ein Signal setzen will. Die Vereinbarungen – wir haben nichts dagegen, dass verhandelt wird – können nur zu einem Ergebnis führen, wenn der Landesgesetzgeber bereit ist, das Ausführungsgesetz so zu verändern, dass die Zuständigkeit beim überörtlichen Sozialhilfeträger liegt. Das ist eine ganz klare Geschichte.
Herr Staatssekretär, da müssten Sie schon einmal eine fachliche Meinung beziehen. Der Rechnungshof hat sehr deutlich gesagt, dass diese Form der Kostenträgerschaft beim betreuten Wohnen aus fachlichen und aus finanzpolitischen Gründen fortgeführt werden soll.
Das hat Kienbaum sehr deutlich gesagt. Deswegen können die Verhandlungen von mir aus geführt werden. Das ist gar nicht unser Thema. Trotz allem können die Verhandlungen zu keinem Ergebnis führen in Richtung einer Verlängerung des Vertrages, wenn der Landesgesetzgeber nicht bereit ist, die gesetzliche Veränderung vorzunehmen; sonst gilt die Automatik. Deswegen wäre es schon sehr hilfreich, dass das Fachministerium in dieser Frage eine Position bezieht.
Es geht darum,dass es eine fachliche Position bezieht.Aus diesem Grunde haben wir nichts dagegen, dass wir parallel die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf und die Verhandlungen haben, was innerhalb der kommunalen Familie geschieht.Aber auch der Landesgesetzgeber, die Fraktionen in diesem Haus müssen sich zu dieser fachlichen Frage eine Meinung bilden. Diese Meinung haben wir uns gebildet, und ich bin ziemlich sicher, dass es in dieser Frage eine breite Mehrheit geben wird.
Deswegen können wir in aller Ruhe die Anhörung machen. Parallel dazu können die Gespräche geführt wer
den. Aber eines ist falsch in der Situation: dass wir am Schluss zu viel Zeitdruck dabei haben. Wir müssen schon frühzeitig das Signal setzen, in welche Richtung es geht.