Einen Moment, bitte. Darf ich um Aufmerksamkeit bitten? Der Kollege Wagner sagt seinen letzten Satz.
(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU):Aus welchen Quellen haben Sie Informationen? – Weitere Zurufe von der CDU)
(Frank Gotthardt und Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Aus welchen Quellen? Woher haben Sie diese Informationen?)
Wir wollen im Untersuchungsausschuss prüfen und klären, ob diese Informationen richtig sind. Dann werden wir beurteilen, ob dieser Minister das Parlament belogen hat oder nicht und ob dieser Minister alle Steuereinnahmen erschlossen hat, die er hätte erschließen können. Herr Kollege Milde, darum geht es. – Vielen Dank.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Zurufe der Abg. Gottfried Milde (Griesheim) und Frank Gotthardt (CDU))
Herr Kollege Wagner, wir waren sehr großzügig bei Ihrer Redezeit und bitten doch, dass sich alle daran halten. Sonst müssten wir anders eingreifen.
Kollege Schmitt, einen Moment. Ich darf doch um etwas Aufmerksamkeit auch in der Aktuellen Stunde bitten. Es kann ja Stimmung sein, aber bitte kontrolliert.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Frage, die wir uns heute Morgen stellen müssen, lautet: Wo ist Hessen unter Roland Koch gelandet?
Ministerien und Staatskanzlei werden aufgebläht. Dafür werden Frauenhäuser, Schuldnerberatung, die Arbeiterwohlfahrt, soziale Initiativen massakriert.
Meine Damen und Herren,gleichzeitig wird bekannt,dass in Hessen Steuerhinterzieher amnestiert werden.
Das ist der kochsche Dreiklang in der Landespolitik. Das ist wenig harmonisch. Das ist in einem Maße dreist, wie wir das noch nie erlebt haben.
Ich verstehe, dass es in diesem Hause sehr munter ist. In Abwandlung eines Wortes von Heinrich Heine könnte man sagen: Denkt man an Kochs Hessen in der Nacht, ist man um den Schlaf gebracht. – Ich führe die Munterkeit in diesem Hause auch darauf zurück, dass es Ihnen auch langsam Sorge macht, was sich in Hessen entwickelt hat – dass nämlich auf der einen Seite bei sozialen Initiativen herzlos, kaltschnäuzig gekürzt wird, gleichzeitig aber bekannt wird, dass Steuerhinterziehung in Hessen praktisch nicht mehr verfolgt wird. Meine Damen und Herren, das treibt einen wirklich zur Munterkeit in diesem Hause.
Wir wissen ja, während der Ministerpräsident hier wirklich kaltschnäuzig und herzlos rangeht, hat er auf der anderen Seite natürlich ein echtes Herz: Für Schwarzgeldtransakteure und für Steuerhinterzieher hat diese Landesregierung, das muss man sagen, wirklich viel Verständnis – anscheinend mehr als für soziale Initiativen in diesem Lande.
Da war noch etwas, und damit kommen wir zu dem zentralen Punkt zurück, weswegen wir glauben, dass im Jahr 2001
nicht mit dem erforderlichen Nachdruck weitergefahndet wurde,sondern den Steuerfahndern Steine in den Weg gelegt wurden. Das war ihre eigene Auffassung. Noch im Mai dieses Jahres haben 70 Steuerfahnder aus dem Finanzamt Frankfurt V sich zusammengesetzt und kritisiert, dass sie in ihrer Arbeit behindert werden. Sie haben sich schon damals,als es diesen berühmten Weimar-Erlass gab, zusammengesetzt und gesagt: Das kann nicht sein. Wir fühlen uns in der Arbeit behindert.
Das Finanzamt Frankfurt V war die Zentrale der Steuerfahndung in ganz Deutschland. Dort sind alle wichtigen Bankenfälle bekannt geworden, weil Frankfurt auch der Sitz der Banken in Deutschland ist. Dort ist sozusagen die Arbeit. Sie haben ein ungeheures Wissen.
Auf einmal kam der Erlass, der faktisch dazu geführt hat, dass sie ihre Arbeit in dieser zentralen Frage einstellen müssen. Das hat zu dieser Kritik geführt. Deswegen muss man dieser Frage nachgehen. Das ist eine ganz zentrale Frage, über die wir uns auseinander setzen müssen.
Gleichzeitig war das auch der Höhepunkt des Schwarzgeldskandals der CDU in Hessen. Wir haben das Gefühl, dass man eine solche Unbill, wie sie Dr. Franz Josef Jung drohte oder Herrn Manfred Kanther noch droht, anderen Steuerhinterziehern und Schwarzgeldakteuren in diesem Lande ersparen wollte. Das ist sozusagen der zentrale Punkt.
Sie wollten nicht, dass die unangenehmen und penetranten Steuerfahnder vom Finanzamt V den Leuten das Handwerk legen, die in den Jahren 1992 und 1993 Hunderttausende von DM ins Ausland gebracht haben.
Das wäre Ihnen fast gelungen, hätte nicht der „Spiegel“ etwas von diesem Unmut – übrigens auch bei den Steuerfahndern – mitbekommen. Herr Minister Weimar, das ist bezeichnend. Ich möchte heute von Ihnen etwas dazu hören, dass der Amtsleiter des Finanzamts Frankfurt V am vorvergangenen Montag um 8 Uhr seine Steuerfahnder zusammengefaltet und massiv bedroht hat, damit sie sich in der Öffentlichkeit und auch intern nicht mehr länger über das, was auch im Zusammenhang mit der Amtsverfügung gelaufen ist, kritisch äußern.
(Beifall bei der SPD – Gerhard Bökel (SPD): Unerhörter Vorgang! – Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Unglaublicher Vorwurf!)
Das ist die Tatsache. Deswegen sage ich Ihnen:Wir wollen keine „schonungslose“ Aufklärung und auch keine „brutalstmögliche“ Aufklärung, sondern wir wollen die Wahrheit erfahren. Daher fordern wir einen Untersuchungsausschuss. Hessen befindet sich auf dem absteigenden Ast, nicht nur, was das Rating betrifft, sondern auch, was die Orientierung an politischen Werten in diesem Land betrifft. Deswegen wird es diesen Untersuchungsausschuss geben, und deswegen werden Sie noch viele unangenehme Fragen vonseiten der Opposition hören.
Vielen Dank, Herr Kollege Schmitt. – Ich habe jetzt nicht eingegriffen. Aber ich bitte darum, dass auch in der Aktuellen Stunde,in der bekanntermaßen nicht mit dem Florett, sondern mit dem Säbel gefochten wird, die Wortwahl beachtet wird.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schmitt, ich darf Ihnen meinen Glückwunsch aussprechen. Sie haben etwas schier Unmögliches geschafft: Sie haben Ihr eigenes Niveau noch unterboten.
Das war in der Tat ein Meisterstück, das Sie hier abgeliefert haben, nämlich ein Meisterstück der politischen Diffamierung.
Das sage ich als Vertreter einer Oppositionsfraktion, die sehr daran interessiert ist, all die Vorgänge aufzuklären, von denen hier gesprochen wird.
Ach, hören Sie doch mit diesem Blödsinn auf. Wir diskutieren hier auf einer sachlichen Ebene, wenn Sie damit einverstanden sind.