Protokoll der Sitzung vom 27.09.2007

Sie haben es gemacht. Ich halte es für relativ albern, wenn ein Provinzpolitiker so etwas mit einem Bundesminister macht.Aber die Bundestagsfraktion der GRÜNEN kann dann ja diesen Antrag der FDP unterstützen. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber dieser Verteidigungsminister ist auch eher ein Provinzpolitiker – das ist ja das Problem!)

Vielen Dank, Herr Kollege Hahn. – Das Wort hat Herr Banzer für die Landesregierung.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Qualität und die Stabilität eines Systems bewähren sich in der Anfechtung und in der Belastung.

Es ist nicht zu übersehen, dass der neue Ansatz, die Angriffsrichtung des modernen Terrorismus, eine solche Herausforderung unseres Systems darstellt. Er unterscheidet sich in einem ganz wesentlichen Aspekt von dem Angriff, den die Bundesrepublik Deutschland erfolgreich abgewehrt hat: dem Angriff der RAF. Es geht jetzt nicht mehr nur darum, Symbole und Repräsentanten des Systems anzugreifen, um damit ein System zu erschüttern, sondern das Konzept lautet jetzt, möglichst viele Menschen zu töten, damit in einer freiheitlichen Gesellschaft, deren Hauptwert eben diese freiheitliche Gesamteinstellung und Lebensrealität ist, Angst einkehrt und das dann zu einer Lähmung des gesellschaftlichen Lebens und der Mobilität führt. Das ist der zentrale Angriff. Diese Bewährungsprobe hat unser System jetzt zu bestehen.

Dann halte ich es für richtig und notwendig, dass man über die Problemstellungen spricht. Dann kann man Probleme nicht als zu schwierig zu diskutieren, als nicht geeignet für die öffentliche Debatte ausgrenzen.

Ich erinnere daran – das ist immer das Problem –: Solche Diskussionen führen sich immer anders, je nachdem, ob man in der unmittelbaren Verantwortung oder in der Opposition steht.

(Günter Rudolph (SPD): Aber auf dem Boden des Grundgesetzes stehen wir alle!)

Ja, Gott sei Dank, gut, dass Sie das sagen,

(Günter Rudolph (SPD): Sagen Sie es Herrn Dr. Jung!)

insbesondere Franz Josef Jung. Das will ich auch betonen, denn das ist nicht selbstverständlich. Es ist nicht selbstverständlich, dass alle vier Redner hier betonen, dass dieses System fundamental zu verteidigen ist, in allen Werten.

(Günter Rudolph (SPD): Darin sind wir uns einig!)

Es gibt Parlamente, in denen das nicht der Fall ist. Deswegen sollten wir froh sein,dass wir diese Gemeinsamkeit haben.

Aber es muss schon erlaubt sein, über die Lösung einer Fragestellung nachzudenken, die für den Deutschen Bundestag vor nicht einmal vier Jahren Grund war, in einem verfassungsgemäßen Verfahren ein ordentliches Gesetz zu verabschieden.

(Günter Rudolph (SPD): Einverstanden!)

Das war offensichtlich ein drängendes Problem.

(Günter Rudolph (SPD): Einverstanden!)

Natürlich bin ich – so kennen Sie mich inzwischen – als Verfassungspatriot über dieses Urteil des Bundesverfassungsgerichts begeistert. Es enthält großartige Formulierungen, und jeder Mensch, der auf dem Boden dieser Gesellschaftsordnung leben darf,kann stolz darauf sein,in einer Gesellschaftsordnung zu leben, in der das Verfassungsgericht solche Formulierungen findet.

Aber damit ist das Problem nicht gelöst. Mich hat es sehr nachdenklich gemacht, dass der Berichterstatter dieses Bundesverfassungsgerichtsurteils, Herr Dieter Hömig, wie folgt zitiert wird:

Trotzdem, so sagte er, hoffe er darauf, dass es schließlich ein Verantwortlicher auf sich nehme, das Notwendige zu vollziehen und die Last eines Rechtsverstoßes persönlich auf sich zu nehmen.

Ein Verfassungsrichter also, der hofft, dass sein Urteil im Falle des Falles ignoriert wird.– Meinen Sie nicht,der Verteidigungsminister ist zu verstehen, wenn er über eine solche Fragestellung Klarheit haben will?

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Es ist auch ganz spannend, was jemand, von dem man das nicht erwartet hätte, in der Bundestagsdebatte zu diesem Sicherungsgesetz gesagt hat, nämlich der Abg. Ströbele. Der Abg. Burgbacher formulierte:

Herr Ströbele, müssen nicht die praktischen Fälle, die hoffentlich nie eintreten werden, mit den Regeln des übergesetzlichen Notstands gelöst werden?

Dazu Zwischenruf des Abg. Ströbele: „Richtig! Das bleibt auch so!“

Wir diskutieren also über Wege bei einem objektiven,großen, schwierigen Problem, das dieser Gesellschaft hoffentlich tatsächlich erspart bleibt. Dabei halte ich Kategorien wie Verfassungsbruch und Nichteinhaltung – – Das ist einfach nicht geeignet.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Bis eben war es gut!)

Diese Diskussion muss man führen. Dabei muss man es als ein Kapital ansehen, dass alle vier Fraktionen in einem Parlament wie dem Hessischen Landtag gemeinsam der Meinung sind, dies sei im Wege unserer Verfassung zu lösen, und unsere Verfassung lohne es, verteidigt zu werden.

(Zuruf des Abg. Günter Rudolph (SPD) – Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Wer will die denn ändern?)

In einer Demokratie darf es dann kein Diskussionsverbot geben; darüber muss doch in aller Form diskutiert werden.

Herr Justizminister,die vereinbarte Redezeit für die Fraktionen ist abgelaufen.

Ich brauche noch zwei Minuten. Eine Redezeit von fünf Minuten zu diesem Thema ist leider eine unlösbare Aufgabe.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Dieses Thema eignet sich auch nicht für eine Redezeit von fünf Minuten! – Reinhard Kahl (SPD): Die Abgeordneten müssen das auch lösen!)

Es ist trotzdem richtig, dass das eine unlösbare Aufgabe ist. Es gibt in dieser Gesellschaft so viel Trennendes – Sie müssen doch nicht unbedingt jede Trennlinie betonen.

Ich erinnere daran, dass es zu Zeiten von Minister Schily Online-Durchsuchungen gegeben hat – auf, wie wir inzwischen wissen, nicht verfassungsgemäßer Grundlage.

(Günter Rudolph (SPD): Das macht es nicht besser!)

Ich bitte nur, darüber nachzudenken,

(Günter Rudolph (SPD): Einverstanden!)

nicht immer diese moralische Empörung. Man muss die Innenminister in ihrer Verantwortlichkeit für die Sicherheit dieser Gesellschaft sehen. Das ist ein verdammt schwerer Posten, ein verdammt schwerer Job.

(Minister Volker Bouffier: So ist es!)

Nun das Dritte, eine pragmatische Lösung für eine Bedrohung dieser Gesellschaft.Wer nach Pakistan fährt, sich dort darin unterweisen lässt, wie man Bomben baut, wie man Zünder baut, wie man Bomben legt, wie man sich konspirativ verhält, der gefährdet unsere Gesellschaft.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

Dann muss es erlaubt sein, dass sich eine Gesellschaft dagegen wehrt,

(Günter Rudolph (SPD): Das haben wir auch gesagt! – Dr. Andreas Jürgens (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das hat keiner bestritten!)

nüchtern, pragmatisch und wirksam.

(Beifall bei der CDU)

Jetzt haben wir das Problem.Wir kennen inzwischen doch auch die Methode der Terroristen. Die lassen sich ausbilden, kommen zurück nach Deutschland und verhalten sich völlig unauffällig. Sie haben auch noch keinen kon

kreten Plan. Sie sind als potenzielle Instrumente des Terrors ausgebildet.

Nach Frau Zypries sind sie damit straflos. Aber in Wirklichkeit belasten diese Schläfer die Sicherheitslage unserer Gesellschaft. Denn was muss ein Innenminister tun? Er muss sie rund um die Uhr bewachen – denn sie könnten jeden Moment geweckt werden, und am nächsten Tag könnten sie einen schrecklichen Terroranschlag verüben. Für jeden solchen Schläfer muss zur Sicherheit praktisch eine Polizeistation rund um die Uhr zur Verfügung stehen – damit einer potenziell unsere Gesellschaft gefährden darf.

Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass wir in rechtsstaatlicher Weise eine Regelung vorschlagen, aus der sich ergeben kann,dass,wer sich zum Terror gegen unsere Gesellschaft, zur Gefährdung von Menschenleben ausbilden lässt, unter Strafe gestellt wird.

(Beifall bei der CDU)