Protokoll der Sitzung vom 14.11.2007

(Beifall bei der FDP)

Da die FDP diesen Haushalt bereits vom Grundsatz her als falsch angelegt ansieht und keine vernünftigen Sparbemühungen erkennt – ich denke, das hat Ihnen, Herr Finanzminister, Herr von Hunnius gestern sehr ausdrücklich erklärt –, haben wir zu diesem Haushalt auch keine Änderungsanträge gestellt. Die Grundstruktur muss geändert werden, und dabei muss die eigenverantwortliche Schule mehr hervorgehoben werden.

(Beifall bei der FDP)

Mit ihren Änderungsanträgen legt die CDU noch einmal im Gießkannenprinzip wünschenswerte Maßnahmen nach, die allerdings die unsolide Finanzpolitik der Landesregierung nur befördern. Zum Beispiel wollen Sie 750.000 c für die Durchführung des Pilotprojektes „Musikalische Frühförderung“ bereitstellen.Das ist zwar wünschenswert,und alle vier Fraktionen haben diesem Antrag auch inhaltlich zugestimmt. Aber Sie machen in diesem Antrag den zweiten Schritt vor dem ersten.

Denn der Landtagsbeschluss sagt sehr deutlich: Wir wollen für die musikalische Förderung in den Schulen erst einmal ein Konzept haben,

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Ja!)

und dann kann man dafür auch Geld einstellen.

(Beifall bei der FDP)

Sie wollen 1 Million c für Ganztagsschulen, um Jugendliche im freiwilligen sozialen Jahr beschäftigen zu können. Auch das ist vom Prinzip her wünschenswert,aber auch da haben wir einen ganz anderen Ansatz: Solche Mittel müssen in das Personalbudget der Schulen fließen, damit die dann eigenverantwortlich darüber entscheiden können,

(Beifall bei der FDP)

ob sie Personen im freiwilligen sozialen Jahr einstellen oder aber Schulassistenten. Auch da geben Sie wieder bis ins Detail vor, wie diese Mittel zu verwenden sind. Das aber widerspricht dem Sinn der eigenverantwortlichen Schule.

Dann haben wir sehr darüber gestaunt, dass Sie plötzlich über einen Haushaltsantrag die Genehmigung zur Führung eines Girokontos für die Schulen einführen wollen.

(Ministerin Karin Wolff:Wie denn sonst?)

Natürlich über das Schulgesetz, wie das in Niedersachsen schon längst der Fall ist.Als ich Ihnen gesagt habe, Sie sollen das wie Niedersachsen über das Schulgesetz machen, haben Sie mir entgegnet, das in Niedersachsen sei nicht ausgegoren, das müsse man erst prüfen. Und jetzt machen Sie das über einen Haushaltsantrag. Meiner Meinung nach gehört das schlicht und ergreifend ins Schulgesetz.

(Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Das nennt man Wahlkampf! Das ist doch wahr!)

Jedenfalls ist dieser Girokonten-Antrag ein halbherziger Versuch, doch noch bis zum Ende dieser Legislaturperiode den Schulen einen kleinen Schritt mehr Eigenverantwortung zu geben, als ein kleines Trostpflaster.

(Zuruf des Ministerpräsidenten Roland Koch)

Ich habe ja gar nicht gesagt, dass es Geld gibt. Ich habe nur gesagt, das Ganze gehöre in das Schulgesetz und nicht in den Haushalt.

(Ministerpräsident Roland Koch: Das gehört in den Haushalt und nicht in das Schulgesetz!)

Nein, es gehört in das Schulgesetz und nicht in den Haushalt. Herr Ministerpräsident, darüber können Sie sich einmal mit dem Kultusminister von Niedersachsen streiten. Der sagt nämlich, dass es in das Schulgesetz gehöre.

(Ministerpräsident Roland Koch: Das ist mir völlig wurscht, was der denkt!)

Außerdem nennen Sie das Ganze auch noch Landesgirokonten,obwohl es eigentlich Schulgirokonten sein sollten.

Dann zu dem Antrag der SV-plus-Schulen. Ich muss sagen, das ist eine überfällige Maßnahme. Darauf haben wir vier Jahre hingearbeitet.Vor vier Jahren gab es diesen einstimmigen Beschluss, die 17 SV-plus-Schulen in die Selbstständigkeit zu entlassen. Ich hatte die Hoffnung fast aufgegeben, dass wir das vor der Landtagswahl überhaupt noch hinkriegen. Aber ich muss sagen: Da hat der Wahltermin einen guten Druck ausgeübt, sodass wir diesen Beschluss jetzt doch noch einstimmig über die Bühne bekommen. Ich denke, das ist wirklich eine Freude für die Schulen. Das ist vor allem den Schulleitern zu verdanken, die mit unendlicher Arbeit zusammen mit ihren Mitarbeitern dieses Konzept im Detail erarbeitet haben und im Kulturpolitischen Ausschuss immer wieder angetreten sind und uns erklärt haben,was bisher noch nicht geht und wo die Schwierigkeiten sind.

Es haben immer alle vier Fraktionen daran weitergearbeitet, dass wir auf einen guten Weg kommen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD)

Wir sind sehr für eine Verlängerung der Probezeit dieser SV-plus-Schulen.Allerdings geistert schon jetzt durch alle Schulen die Angst, dass nach Ende dieser Probezeit sämtliche beruflichen Schulen auf SV+ umsteigen müssten.Ich denke, das ist nicht Sinn der Sache. Man sollte es allen Schulen freistellen, ob sie diesen Weg gehen oder nicht. Wir haben selbst bei den 17 SV-plus-Schulen gesehen, dass fünf bis zehn ganz vorne stehen und sagen: „Lasst uns, lasst uns!“, dass es aber auch noch etliche gibt, die sehr zurückhaltend sind und große Bedenken haben, insbesondere im Hinblick auf die Schulverfassung.

Die zentrale Forderung der FDP, die Rechtsform der Schulen schnellstmöglich zu klären und einzuführen, ist aber noch nicht erfüllt worden. Wir haben im Ausschuss mit den Stimmen von CDU und FDP einen Antrag zu den ZLLs beschlossen. Dort wird gefordert, dass die Rechtsstellung der einzelnen Schulen und der ZLLs geklärt werden soll. Leider ist dieser Antrag im Ausschuss nicht öffentlich beschlossen worden. Es wäre schön gewesen, wenn wir auch diesen Antrag und diese gemeinsame Richtung, in die wir gehen wollen, öffentlich hätten kundtun können.

(Beifall bei der FDP)

Die Anträge von SPD und GRÜNEN lehnen wir selbstverständlich ab, weil wir das Haus der Bildung oder auch die neue Schule für eine komplette Fehlkonstruktion halten.

(Beifall bei der FDP)

Längeres gemeinsames Lernen gibt es in Hessen bereits. Wir haben integrierte Gesamtschulen, und wir haben auch solche, die sehr gut arbeiten und ihre Kinder fördern.Ich sage es immer wieder:Eine gute Schule lässt sich nicht an dem Etikett über dem Schuleingang festmachen, sondern daran,wie die Lehrer mitarbeiten,wie der Unterricht gehalten wird und wie erfolgreich die Schüler diese Schule verlassen. Wir sind für Vielfalt und nicht für Einfalt. Deshalb wollen wir gerne die Vielfalt im hessischen Schulsystem beibehalten.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Dass der Run aufs Gymnasium so groß ist und dass die Eltern schlichtweg Angst um den Bildungsgang ihrer Kinder haben, haben weder FDP noch CDU zu verantworten, sondern einzig und allein Rot und Grün. Denn Sie reden den Kindern permanent ein, dass man in diesem Schulsystem weder auf der Real- noch auf der Hauptschule irgendetwas werden kann, sondern dass das einzige Ziel im Leben eines Kindes das Abitur ist, das dann auch noch auf einem Gymnasium erreicht werden muss.

(Beifall bei der FDP)

Eine kurze Bemerkung zum Antrag zum Thema LUSD. Wir haben unseren Dringlichen Berichtsantrag leider unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Ausschuss besprochen.Er ist – das habe ich da gesagt – sehr ausführlich und offen beantwortet worden. Auch die Nachfragen sind beantwortet worden. Trotzdem sage ich klipp und klar: Ich glaube nicht, dass der Kulturpolitische Ausschuss in der Lage ist, zu bewerten, wie diese Auftragsvergabe erfolgt ist und ob es machbar ist, dass man einen Rahmenvertrag schließt und sich aus diesem Rahmenvertrag weitere Aufträge in einer Größenordnung ergeben, die den Auftrag des Rahmenvertrages übersteigen. Ich denke, der Rechnungshof ist der richtige Ansprechpartner,um zu schauen, ob das so seine Richtigkeit hat.

(Beifall des Abg. Florian Rentsch (FDP))

Frau Kollegin Henzler, Ihre zehn Minuten sind um.

Die Struktur und die Schwerpunktsetzung im Einzelfall passen insgesamt nicht zu dem Ziel, die eigenverantwortliche Schule in Hessen einzuführen. Die Landesregierung tut sich nach wie vor schwer damit, die Schulen in die wirkliche Freiheit zu entlassen.Aber das wird im Februar nächsten Jahres anders werden.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Das Wort hat Frau Staatsministerin Wolff.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will noch einmal kurz, in wenigen Strichen, auf die Debatte in der Generalaussprache am heutigen Vormittag zurückkommen.

Frau Kollegin Ypsilanti hat geglaubt, uns vorwerfen zu müssen, es gebe in Hessen zu wenig Bildungsgerechtigkeit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will festhalten:Wir hatten – sie hat das auch im Rückblick auf die letzten neun Jahre gesagt – vor neun Jahren die Situation, dass Kinder aus Migrationsfamilien zu einem beachtlichen Teil später eingeschult worden sind, in der Grundschule und in der weiterführenden Schule sitzen geblieben sind, keinen Abschluss gemacht haben und in verdammt hoher Quote in die Sonderschulen unseres Landes überwiesen worden sind. Bildungsgerechtigkeit: keine.

Wir haben übernommen, dass 23 % aller Hauptschülerinnen und -schüler die Schule ohne Abschluss verlassen haben – an den integrierten Gesamtschulen übrigens ein noch viel höherer Anteil. Bildungsgerechtigkeit: Fehlanzeige.

Der dritte Punkt – dabei will ich es an dieser Stelle bewenden lassen –: Hessen war bei PISA I unter den drei Ländern, die, was den Zusammenhang von sozialer Herkunft und Leistungsvermögen betrifft, am schlechtesten abgeschnitten haben. Bildungsgerechtigkeit bei der alten, rot-grünen Regierung: Fehlanzeige.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Was wir gemacht haben in Hinblick auf neue Lehrpläne, Landesprüfungen, Projektarbeit, Lehrerbildung, frühkindliche Bildung und individuelle Förderpläne – das waren Förderung und Bildungsgerechtigkeit. Bildungsgerechtigkeit besteht darin, dass man schwache Schüler stützt und stärkere und hochbegabte Schüler laufen lässt und ihnen Anreize gibt. Das ist Bildungsgerechtigkeit in einem Land. Diese wird in Hessen Schritt für Schritt hergestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, sie hat uns vorgeworfen, im Alter von zehn Jahren würden Jugendliche aussortiert – dieses verräterische Sprechen von Aussortieren und Selektieren. Ich sage Ihnen: Die Wirklichkeit in Hessen ist – entgegen aller Ideologie der linken Seite hier im Haus –, dass nicht nur 30 % der Schülerinnen und Schüler das Abitur machen, sondern dass insgesamt 46 % eines Jahrgangs die Hochschulzugangsberechtigung haben.Wer auf dieser Basis von „Aussortieren“ redet, ignoriert, dass es andere Wege als den des Gymnasiums gibt, und sorgt explizit dafür, dass die Gymnasien von Eltern gewählt werden, die eigentlich wissen, dass ihre Kinder nicht ins Gymnasium kommen sollten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Ypsilanti hat gleichzeitig geglaubt, uns vorwerfen zu müssen, es fehlten Ganztagsschulen. Und das bei einer früheren Landesregierung, die vier Jahre lang keine einzige neue Ganztagsschule genehmigt hat, die die gebundene Ganztagsschule als eine der Möglichkeiten aus dem Gesetz gestrichen hat, die nicht dafür gesorgt hat, dass Grundschulen die Möglichkeit zu ganztägigem Arbeiten bekommen.

Meine Damen und Herren, wir selbst haben diese Möglichkeit für beide Formen vor zwei Jahren erst einmal geschaffen. Wir haben die Möglichkeit dafür geschaffen,