Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Meine Damen und Herren! Ich eröffne die Sitzung und heiße Sie alle sehr herzlich willkommen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest.

Zur Tagesordnung: Noch offen sind die Punkte 24, 26 bis 35, 37 und 38, 40, 43 und 46, 48 und 49, 58 bis 61, 74 und 76.

Noch eingegangen ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Verpackungsverordnung im Ganzen ändern statt kleine Brötchen backen, Drucks. 16/8214. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist der Fall. Dann wird dieser Dringliche Antrag zu Tagesordnungspunkt 79 und kann mit Tagesordnungspunkt 46 zu diesem Thema aufgerufen werden.

Vereinbarungsgemäß tagen wir heute bis 13 Uhr. Wir beginnen mit den Anträgen für eine Aktuelle Stunde, den Tagesordnungspunkten 58 bis 61. Die Fraktionen haben sich auf eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion und je Aktuelle Stunde geeinigt.

Nach Tagesordnungspunkt 60 wird Tagesordnungspunkt 74, ein Dringlicher Entschließungsantrag zum Thema, ohne Aussprache aufgerufen und sofort abgestimmt.

Entschuldigt fehlt heute Herr Staatsminister Karlheinz Weimar.

Im Anschluss an die Plenarsitzung, gegen 13 Uhr, trifft sich der Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr im Raum 118 S im Landtagsgebäude.

Seinen Geburtstag begeht heute unser Freund, der Abg. Frank Gotthardt. Er wird 37 Jahre alt. Herzlichen Glückwunsch.

(Allgemeiner Beifall – Vizepräsident Frank Lortz übergibt einen Blumenstrauß.)

Wir wünschen ihm alles Gute und dass er all das bekommt, was ihm fehlt.

Meine Damen und Herren, damit treten wir in die Tagesordnung ein. Ich rufe Tagesordnungspunkt 58 auf:

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Nachtflugverbot – „Schmie- rentheater der Wortbrecher“) – Drucks. 16/8093 –

Es ist eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion vereinbart. Das Wort hat der Vorsitzende der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herr Al-Wazir.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gab einmal eine Zeit, es ist noch gar nicht lange her, da war Roland Koch sehr kraftvoll.

(Zuruf von der CDU: Das ist er immer noch!)

Am 28. Juli 2002 schrieb Roland Koch einem Bürger – ich zitiere –:

Die Anwohnerinnen und Anwohner des Flughafens erwarten zu Recht einen wirksamen Ausgleich für zunehmende Flugbewegungen am Tage, und deshalb bin ich in dieser Frage zu keinerlei Kompromissen bereit. Ein Nachtflugverbot wird zwar in der Tat nicht von allen Beteiligten begrüßt, weshalb

dessen Umsetzung auch auf Widerstände stoßen wird. In Anbetracht der geltenden Rechtslage sehe ich jedoch keine grundsätzlichen Hindernisse, die der Einführung eines Nachtflugverbotes im Wege stehen könnten.

(Zurufe von der CDU)

Im Wahlprogramm der CDU aus dem Jahre 2002 steht der schöne Satz: „... und garantieren, dass die Inbetriebnahme einer neuen Landebahn zwingend mit der Einführung eines Nachtflugverbots von 23 Uhr bis 5 Uhr einhergehen wird.“ – Das war der kraftvolle Roland Koch vor der letzten Landtagswahl.

Im August 2007 fing der Ministerpräsident an, eine Kurve wie ein Brummkreisel zu nehmen. Es begann im August 2007 in einem Interview mit der „Frankfurter Neuen Presse“. Zitat:

Nach den neuesten Lärmberechnungen, die ausdrücklich nicht von der Landesregierung stammen, kann jedoch sogar eine zunehmende Zahl von Starts und Landungen in der Nachtkernzeit stattfinden, ohne dass es für die Menschen in der Nachbarschaft des Flughafens lauter wird.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das eine war der kraftvolle Koch, und das andere ist der Roland Koch, der sagt: Es wird kein Nachtflugverbot geben.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Boddenberg (CDU): Quatsch!)

Wir haben die Situation, dass die Entscheidung über die Planfeststellung näher rückt. Je näher diese Entscheidung rückt, desto mehr bemüht sich dieser Ministerpräsident, zu verschleiern, dass er dabei ist, sein Wort zu brechen. Wir haben Anfang dieser Woche im „Spiegel“ Folgendes lesen müssen:

... regierungsintern ist längst klar: Ein Verbot aller nächtlichen Starts und Landungen hat gegen die bereits angekündigten Klagen diverser Fluggesellschaften keine Chance.Vermutlich, das zeigen Gutachten im Hessischen Verkehrsministerium, wird nach dem Ausbau sogar noch häufiger nachts geflogen als heute.

Weiter steht dort:

Die „Garantie“ des Regierungschefs für ein Nachtflugverbot sei juristisch nie viel wert gewesen, sagt auch Kochs ehemaliger Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP)... das habe er Koch immer gesagt.

Herr Ministerpräsident, ich bin ernsthaft der Meinung, das ist nicht nur politisches Geplänkel. Es gibt Menschen im Rhein-Main-Gebiet, die leiden schon jetzt unter dem immer weiter zunehmenden Fluglärm. Sie aber wollen, dass diesen Menschen 200.000 bis 400.000 zusätzliche Flugbewegungen am Tage über die Köpfe donnern, und versprechen, dass es im Gegenzug nachts ruhiger werden soll. Wir wissen aber schon jetzt, Sie werden Ihr Versprechen nicht halten. Es wird am Ende weiterhin geflogen werden.

Ich finde, die Öffentlichkeit und insbesondere die Menschen im Rhein-Main-Gebiet haben einen Anspruch darauf, zu wissen, ob Ihr Verkehrsminister in der letzten Legislaturperiode Ihnen schon immer gesagt hat, dass Ihr Versprechen juristisch nicht viel wert ist. Herr Ministerpräsident, die Menschen haben einen Anspruch darauf, zu

wissen, ob dieses Versprechen noch gilt oder ob Sie als Lügner dastehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Herr Kollege Al-Wazir, das Wort „Lügner“ ist nicht parlamentarisch. Darauf haben wir uns einmal geeinigt. Wenn Sie „Lüge“ meinen, sollten Sie „Unwahrheit“ sagen.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Koch, die Menschen haben also einen Anspruch darauf, zu wissen, ob Sie die Unwahrheit verbreiten. Das macht es nicht besser.

Ich zitiere aus den Gutachten, die dem Hessischen Verkehrsministerium vorliegen. Die Fraport AG hat ein Gutachten bei Intraplan in Auftrag gegeben. In diesem Gutachten steht: „Der notwendige, unausweichliche Bedarf an Slots für den Zeitraum 23 Uhr bis 5 Uhr beträgt 37 Slots pro Nacht.“ Es gibt ein Gutachten der Technischen Universität Hamburg-Harburg, in dem es auf die Frage: „Wie sieht der Bedarf aus?“ – – Herr Rhiel, bleiben Sie sitzen. Ihr Herr Staatssekretär hat uns in vorauseilender Überlegung die Gutachten vorher zugeschickt, damit Sie sie mir nicht abnehmen müssen.

(Heiterkeit und Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Mi- nister Dr. Alois Rhiel: Keine Angst, Herr Al-Wa- zir!)

Das Gutachten der Technischen Universität HamburgHarburg kommt zu folgendem Ergebnis: In der Mediationsnacht gibt es – als Prognoseergebnis – einen Bedarf von 71 planmäßigen Flugbewegungen. Es kommen 17 verspätete bzw. verfrühte Flugbewegungen hinzu. Das macht 88 Flugbewegungen innerhalb von 360 Minuten. Das bedeutet: alle vier Minuten ein Flugzeug. Wenn Sie das „Nachtflugverbot“ nennen, dann weiß ich nicht mehr, wie Sie die deutsche Sprache verstehen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Al-Wazir, Sie müssen zum Schluss kommen.

Ich komme zum Schluss. – Diejenigen von der CDU, der SPD und der FDP, die den Ausbau immer befürwortet haben, müssen sich jetzt, hier und heute vor dem Erlass des Planfeststellungsbeschlusses die Frage stellen, ob angesichts dieser Tatsachen ein Planfeststellungsbeschluss „pro Ausbau“ noch möglich ist oder ob man nicht sagen müsste: Wir können unser Versprechen nicht halten. – Dann wäre die logische Konsequenz, auf den Ausbau zu verzichten.

Vielen herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. Ich bitte um eine ernsthafte Debatte, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat Herr Abg. Boddenberg, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Al-Wazir, Sie sind der Letzte, der uns zu einer ernsthaften Debatte auffordern sollte.

(Beifall bei der CDU)

Den Klamauk,den Sie heute Morgen hier veranstaltet haben,erleben wir im Landtag mittlerweile seit neun Jahren. Herr Al-Wazir, wenn wir beide uns vor neun Jahren hingesetzt und die Szenarios der nächsten Jahre vorausgedacht hätten, die ein solches Verfahren mit sich bringen würde, hätten wir jeden einzelnen der Verfahrensschritte schon absehen können. Auch Sie hätten das tun können. Sie haben sich aber vor neun Jahren mit Ihren Parteifreunden hingesetzt und haben überlegt, wann Sie welche Inszenierung im Verlaufe dieses Verfahrens starten. Heute hat ein weiterer Teil des Ergebnisses dieser frühzeitigen Überlegungen der GRÜNEN stattgefunden – mit dem Ziel, möglichst viel Durcheinander zu veranstalten, möglichst viele Menschen zu verunsichern und zu verängstigen.

Meine Damen und Herren, hören Sie auf, den Anspruch zu erheben, dass nur Sie das Thema ernsthaft diskutieren.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Sie auch nicht!)

Die einzigen, die über das Thema Flughafen ernsthaft diskutieren, sind die Fraktionen, die sich zum Ergebnis der Mediation bekannt haben.Meine Damen und Herren,das sind nicht die GRÜNEN, sondern die anderen Fraktionen in diesem Hause.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Florian Rentsch (FDP))