Protokoll der Sitzung vom 15.10.2003

Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. – Den Frauen begegnen so viele Schranken, an die diese Hessische Landesregierung nicht herangeht.

Meine Damen und Herren, der Worte sind genug geredet. Wir möchten gerne Taten sehen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der CDU hat Frau Ravensburg noch einmal das Wort.

Frau Dr. Pauly-Bender, ich finde es sehr erfreulich, wenn Sie sagen, Sie wollen sich die Äußerungen der CDU sehr wohl anhören. Frau Hölldobler-Heumüller, es wäre sehr

schön, wenn Sie auch meinen Äußerungen zugehört hätten. Ich habe eindeutig zu Gender Mainstreaming gesprochen. Die Ministerin hat auch ganz eindeutig zu der Arbeit der Hessischen Landesregierung im Bereich Gender Mainstreaming gesprochen, was alles auf dem Weg ist. Sie hat dies an vielen Beispielen festgemacht.

Ich möchte ganz klar zurückweisen, dass Sie hier in den Raum stellen, die Hessische Landesregierung würde nicht im Sinne des deutschen Grundgesetzes handeln. Das ist ein Unding, eine Unverschämtheit. Das möchte ich hier ganz klar zurückweisen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen, verehrte Herren, zu beiden Anträgen – darf ich das einmal anmerken? – haben alle Rednerinnen einschließlich der Regierung angemerkt, dass das Wort „Gender Mainstreaming“ nicht angemessen ist:Vergessen Sie es, und schreiben Sie „Gleichstellung von Männern und Frauen“. Darf ich das als Präsidentin sagen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Der Antrag unter Tagesordnungspunkt 9 der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Verankerung von Gender Mainstreaming in allen Politikfeldern, Drucks. 16/438, und der Antrag unter Tagesordnungspunkt 20 der Abg. Fuhrmann, Dr. Pauly-Bender, Eckhardt, Habermann, Schäfer-Gümbel, Dr. Spies (SPD) und Fraktion betreffend Gleichstellung von Männern und Frauen in allen Lebensbereichen: Verankerung der Gender-Mainstreaming-Methode in allen Politikbereichen, Drucks. 16/625, sollen an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen werden. Gibt es Widerspruch dagegen? – Das ist nicht der Fall.

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zu Tagesordnungspunkt 10:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend „Umsetzung der FFH-Richtlinie – Vogelschutzrichtlinie“ – Drucks. 16/467 –

Ich darf fragen, wer den Antrag begründet. – Herr Heidel, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion betreffend „Umsetzung der FFH-Richtlinie – Vogelschutzrichtlinie“ ist so hochaktuell wie nie zuvor. Denn wie Sie alle wissen und wahrscheinlich in Ihrer Region erfahren haben, finden derzeit die Abstimmungsgespräche auf den einzelnen Kreisebenen statt.

Bevor ich in die eigentliche Thematik einsteige, will ich zwei Zahlen in den Raum werfen.Wenn wir über das Regierungspräsidium in Kassel reden, reden wir über eine Fläche von 160.000 ha, die für FFH- und Vogelschutzgebiete in Zukunft ausgewiesen werden. Das sind 20 % der Fläche des RP Kassel, die dann unter dem besonderen Schutz dieser beiden Richtlinien stehen werden. Meine Damen und Herren, das sorgt im Moment in der allgemeinen Diskussion für sehr viel Unsicherheit. Es herrscht Unwissenheit auch aufgrund dessen, dass in einer relativ kurzen Frist die Stellungnahmen abgegeben werden sollen.

(Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung vorab. Ich denke, wir müssen uns als Hessischer Landtag und auch als Landesregierung davon losmachen, dass das, was aus Brüssel kommt – FFH kommt letztendlich aus Brüssel –, alles gottgegeben ist. Das kann es nicht sein. Die Entwicklung geht weiter. Das, was vor 13 Jahren beschlossen wurde – ob es Töpfer oder Merkel war, weiß ich gar nicht; vielleicht waren auch beide daran beteiligt –, muss überarbeitet werden. Es müssen neue Regelungen und Entscheidungsebenen gefunden werden,

(Beifall bei der FDP)

um den Regionen heute und am Tage X, vielleicht in drei Jahren, gerecht zu werden.

Worum geht es bei der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie? – Es geht darum, einen beabsichtigten Bestandsschutz des Naturerbes für die Zukunft sicherzustellen. Es geht um nicht mehr als darum, diesen Bestandsschutz im derzeitigen Stadium sicherzustellen.

Das muss auch so bleiben.Ansonsten besteht nämlich die Gefahr, dass aus diesen Gebieten viele Investitionen abgezogen werden und keine Investitionen in diesen Gebieten mehr stattfinden. Ich werde das nachher an ein paar Beispielen verdeutlichen. Es muss sichergestellt werden, dass auch in Zukunft die Planungshoheit der Kommunen erhalten bleibt. Die Rechte der Grundstückseigentümer dürfen auch in Zukunft nicht beschnitten werden.

Angesichts der derzeitigen Diskussion kann man folgendes Gefühl bekommen. Es kann der Eindruck entstehen, dass hier allein unter naturschutzfachlichen Gesichtspunkten und ohne Berücksichtigung dessen, was ansonsten in der Region stattfindet, Gebiete ausgewiesen werden. Es ist wünschenswert, dass darüber nachgedacht wird, wie sich das im Sinne des Naturschutzes entwickeln kann. Das kann aber nicht Ziel der FFH-Richtlinie sein und ist es auch nicht.Vielmehr geht es dabei einzig und allein darum, Bestehendes festzuschreiben. Über den Bestandsschutz darf in keinem Fall diskutiert werden. Wir sind der Auffassung, dass das, was dazu geführt hat, dass ein Unter-Schutz-Stellen dieser Gebiete überhaupt möglich ist, auch in Zukunft noch möglich sein muss. Herr Minister, ich denke, hier ist insbesondere Ihre Verwaltung gefordert. Sie muss durch flexibles Handeln dafür Sorge tragen, dass sich nicht das, was sich hinter der FFH-Richtlinie verbirgt, wie Mehltau über das Land legt. Ich hatte das gestern in einem anderen Zusammenhang schon einmal gesagt.

(Beifall bei der FDP)

Damit würde wirklich jegliche Entwicklung des ländlichen Raums behindert werden.

In unserem Antrag weisen wir darauf hin. Wir haben heute auch schon im Zusammenhang mit anderen Tagesordnungspunkten über Beteiligung geredet.Auch wenn es formell keine Pflicht dazu gibt, die Kommunen und die privaten Grundstückseigentümer anzuhören, sollten sie dennoch vorzeitig in das Verfahren eingebunden werden. Sie sollten vor allen Dingen über all das, was auf ihren Grundstücken passiert, informiert werden. Sie sollten die Gutachten zur Verfügung gestellt bekommen,damit sie all das, was dadurch bekannt wird, in ihre Planungen einbeziehen können.

(Beifall der Abg. Roland von Hunnius und Dieter Posch (FDP))

Ich will es noch einmal sagen. Die kommunale Planungshoheit und der Schutz des Eigentums sind zwei wichtige Punkte.

Gestatten Sie mir, noch ein paar Anmerkungen zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass auch von Vertretern des Ministeriums so argumentiert wird. Seinerzeit wurde ein Merkblatt zum Thema FFH-Richtlinie herausgegeben. Darin wird in Teilen sehr dezidiert festgehalten, was möglich und was nicht möglich ist. Dennoch hat die Diskussion im Zusammenhang mit der vierten Tranche, die jetzt ausgewiesen wird, gezeigt, dass Unsicherheit bei den Menschen vorhanden ist. Dieser Unsicherheit können wir entgegentreten, wenn sich der Hessische Landtag unserem Vorschlag anschließen würde.

Des Weiteren ist auch das zu klären, was wir in unserem Antrag unter Punkt 6 aufgeführt haben. Dabei geht es um die Frage, wer die Kosten für die Gebietsidentifizierung und die Datenerhebung trägt, über die wir vielfach schon im Fachausschuss gesprochen haben.

Herr Heidel, Ihre Redezeit ist leider um.

Frau Präsidentin,lassen Sie mich noch zwei abschließende Sätze sagen. – Ich will das an zwei praktischen Beispielen verdeutlichen. Zum einen gibt es in der Landesplanung die so genannten weißen Flächen, die sich um die Kommunen herum befinden. Zu diesen muss hinsichtlich der FFH-Richtlinie etwas sichergestellt werden. Genauso muss das für diejenigen festgestellt werden, die im Außenbereich wirtschaften oder wohnen. Hier müssen weiterhin Entwicklungschancen gegeben sein. Sie dürfen keine zusätzlichen Auflagen erhalten, die auf Gutachteritis oder Weiteres hinauslaufen, also auf Dinge, die ihnen zusätzliche Kosten bereiten würden.

Ich meine, wir sollten dies noch einmal in einer Debatte im Ausschuss vertiefen, um dann, so hoffe ich, hierbei zu einem für alle tragbaren Ergebnis zu kommen. – Danke.

(Beifall bei der FDP)

Nur bei Beachtung der alten Rechtschreibung, bei der überall Kommas statt Punkte gesetzt wurden, waren dies zwei Sätze. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Horst Klee (CDU))

Liebe Kolleginnen und Kollegen, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich würde dann über den Antrag ganz schnell entscheiden lassen.

(Wortmeldungen der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Gernot Grumbach (SPD))

Warum melden Sie sich eigentlich nicht früher zu Wort?

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Diese Situation ist ganz ungewöhnlich!)

Das liegt an Ihnen. – Frau Hammann, Sie haben sofort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Heidel, wer hat denn in der letzten Legislaturperiode in der Regierung mitbestimmt?

(Beifall der Abg. Jürgen Frömmrich und Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Ich bin über Ihre Worte erstaunt, die Sie hier gesagt haben. Im Grunde genommen zeigt mir das, wer die Umsetzung des europäischen Naturschutzrechtes mit verhindert hat. Das war die FDP.

(Beifall der Abg. Jürgen Frömmrich und Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU)

Das wird auch in Ihrem Antrag ganz deutlich. Sie müssen mir einmal erklären, warum wir einem Antrag unsere Zustimmung geben sollen, der fachlich und inhaltlich falsch ist. Sie suggerieren in Ihrem Antrag, Sie wollten natürlich, dass das europäische Naturschutzrecht umgesetzt wird. Deshalb wollen Sie zur Offenheit und Klarheit beitragen. So steht es in der Begründung Ihres Antrages. Auf der zweiten Seite Ihres Antrages sprechen Sie dann aber von der Gefahr, die davon ausgehen würde, dass die Naturschutzbehörden nach fachlichen Kriterien Gebiete melden.

Herr Heidel, was wollen Sie denn? – Die Fachbehörden müssen das melden, was nach der europäischen Richtlinie als meldepflichtig gilt. Ich kann deshalb nicht verstehen, dass Sie im ersten Absatz eine falsche Aussage aufgenommen haben. Denn Sie alle wissen doch, dass es schon eine ganze Reihe von Gerichtsurteilen dazu gibt. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich dazu geäußert und gesagt: Wenn man, wie es auch die FDP haben will, eine Planungs- und Rechtssicherheit haben will, dann müssen die Gebiete ausgewiesen werden. Dann kann eine Abwägung vorgenommen werden. – Das ist die Sach- und Rechtslage. Sie entspricht nicht dem, was Sie sagen. Sie sagen, es sollten nicht alle Gebiete gemeldet werden, die naturschutzfachlich wünschenswert wären. Das ist der falsche Weg. Ich sage Ihnen: Das ist ein krasser Verstoß gegen das europäische Naturschutzrecht.

(Beifall der Abg. Jürgen Frömmrich und Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Dr. Walter Arnold (CDU): Es geht ihm um die Übergangszeit!)

Es ist doch ganz deutlich, dass hier von der FDP Stimmungsmache betrieben wird. Es wird damit nicht dazu beigetragen,dass wichtige Informationen fließen und dass das transportiert wird, was die Bürgerinnen und Bürger dazu wissen müssen.

Ich habe noch einige Presseerklärungen in meinem Archiv. Eine davon habe ich mir herausgezogen. Die FDP hat in ihren Presseerklärungen immer wieder gesagt, Vogelschutz und Habitate stünden der Handlungsfreiheit entgegen,die Liberalen befürchteten,durch die geplanten Ausweisungen würde es zu gravierenden Nachteilen kommen. Meine Damen und Herren, ich sage Ihnen:Als Landespolitiker haben Sie auch die Verpflichtung, auf die Vorteile hinzuweisen, die mit der Umsetzung dieser Richtlinie einhergehen. All die Gelder, die über das Programm LIFE der Europäischen Union zum Naturschutz

fließen können, können nach Hessen geholt werden. Wie Sie das im landwirtschaftlichen Bereich handhaben, wissen wir. Das haben wir gestern erneut feststellen können. Sie waren noch nicht einmal in der Lage, das zu entkräften, was wir Ihnen vorgeworfen haben. Wir haben Ihnen vorgeworfen, dass Sie mangels der Komplementärfinanzierung nicht in der Lage gewesen sind, die gesamten 24 Millionen c nach Hessen zu holen.