Protokoll der Sitzung vom 15.10.2003

fließen können, können nach Hessen geholt werden. Wie Sie das im landwirtschaftlichen Bereich handhaben, wissen wir. Das haben wir gestern erneut feststellen können. Sie waren noch nicht einmal in der Lage, das zu entkräften, was wir Ihnen vorgeworfen haben. Wir haben Ihnen vorgeworfen, dass Sie mangels der Komplementärfinanzierung nicht in der Lage gewesen sind, die gesamten 24 Millionen c nach Hessen zu holen.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Frau Kollegin, warten Sie es doch einmal ab!)

Ich warte das gerne ab. Nur habe ich leider sehr wenig Hoffnung, dass Sie da einsichtig sein werden. Das ist doch die Sachlage.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das steht zu befürchten!)

Meine Damen und Herren,wir alle haben eine Aufgabe in dieser Gesellschaft zu erfüllen. Wir müssen über die Planungssicherheit und über die Rechtssicherheit reden.Auf der anderen Seite müssen wir natürlich auch darüber reden, dass das europäische Naturschutzrecht tatsächlich umgesetzt wird.Wir alle haben die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass das auch vernünftig umgesetzt wird. Leider muss ich feststellen,dass diese Vernunft in den Reihen der Mitglieder der CDU und der FDP erst sehr spät aufgekommen ist.

(Dr. Walter Arnold (CDU): Was? – Elisabeth Apel (CDU): Sie haben nichts gemacht!)

Wir haben über viele Jahre Kritik an Sie herangetragen. Wir haben Sie aufgefordert, entsprechend der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie Gebiete zu melden. Dieser Minister war aber damals immer noch der Meinung, 3,2 % der Fläche seien genug, man solle erst einmal abwarten, wie sich die EU-Kommission dazu stellt. Dass Sie endlich verstanden haben, in welche Richtung es nötig ist, freut uns.

Lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen der CDU zu?

Herr Kollege Arnold, ich weiß, was Sie fragen würden. Diese alte Litanei kenne ich. Sie würden mich jedoch nicht fragen, wer denn 1998 die Richtlinien der Europäischen Union in nationales Recht umgesetzt hat. Das war die Koalition aus CDU/CSU und FDP. Damit können Sie uns nicht vorführen. Denn das war damals auch mit Ihr Verschulden. Es war nicht das der rot-grünen Landesregierung. Die rot-grüne Landesregierung hat sehr früh gehandelt. So ist die Sachlage.

(Elisabeth Apel (CDU):Sie hat überhaupt nicht gehandelt!)

Ich werde jetzt nicht auf den unqualifizierten Zuruf der Frau Apel eingehen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das würde sich auch nicht lohnen!)

Dieses Gefecht führen wir schon seit langem. Bisher ist dies absolut ergebnislos verlaufen.

Meine Damen und Herren, Sie haben es über Jahre versäumt,eine vernünftige Meldung von Gebieten vorzunehmen. Ich akzeptiere jetzt, dass Sie dies endlich nachgeholt

haben – aber nicht, weil wir Sie immer wieder kritisiert haben, sondern weil Ihnen die EU die Pistole auf die Brust gesetzt und gesagt hat:Wenn Sie nicht adäquat melden, dann bedeutet das für Hessen den Einbehalt von Strukturfördergeldern. Das heißt, benachteiligte Gebiete und der ländliche Raum bekommen Beträge in dreistelliger Millionenhöhe entzogen.– Letztendlich gab für Herrn Minister Dietzel die Einleitung des Zwangsverfahrens am 03.04.2003 durch die EU-Kommission den Ausschlag. Das waren die eigentlichen Druckmittel, die Sie letztendlich dazu geführt haben, Recht umzusetzen.

(Heinrich Heidel (FDP): Ihre Freunde haben die Schattenrisse hingejubelt!)

Dass die FDP eine sehr krude Rechtsauffassung hat, möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal deutlich machen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Heinrich Heidel (FDP):Das ist ja wohl nicht wahr!)

Lieber Herr Kollege Heidel, wenn Sie an diesem Pult sagen: „Na ja, nicht alles, was von der EU kommt, muss man für bare Münze nehmen und gleich umsetzen“, dann weise ich darauf hin, dass Sie sehr wohl differenzieren, was Ihnen in den Kram passt und was Ihnen nicht in den Kram passt.

Sie müssen zum Ende kommen.

Ich komme gleich zum Ende. – Gestern sind wir beschimpft worden, weil Frau Künast die Gentechnikrichtlinie noch nicht umgesetzt hat,

(Heinrich Heidel (FDP): Das machen wir morgen noch einmal!)

weil sie den Verbraucherschutz hochhalten will, weil sie eine Wahlfreiheit für die Verbraucherinnen und Verbraucher haben will. Bei der Vogelschutzrichtlinie oder bei der FFH-Richtlinie ist es wohl etwas anderes, da ist es Ihnen egal.

(Heinrich Heidel (FDP): Immer den Bürgern des Landes Hessen verpflichtet!)

Ganz kurz zum Schluss:Lesen Sie doch einfach einmal die eigenen Unterlagen aus dem Ausschuss für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 26.06. Da bekommen Sie dargestellt, warum es notwendig ist, diese Gebiete zu melden. Ich fordere Sie auf: Hören Sie auf mit der Stimmungsmache.

Frau Hammann, Sie müssen zum Ende kommen.

Ich komme sofort zum Ende,noch einen Satz.– Tragen Sie dazu bei, dass das Naturerbe geschützt wird. Herr Minister Dietzel, setzen Sie die Meldung um, und melden Sie die Gebiete, die notwendig sind. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nächste Rednerin, Frau Apel für die CDU.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Was wir eben wieder erlebt haben, war ein weiteres Beispiel der selektiven Wahrnehmung von Frau Hammann. Die ganze Regierungsverantwortung unter Rot-Grün bis zum Jahr 1999 wird hier vollkommen ausgeblendet.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Es wird nicht erwähnt, dass die FFH-Richtlinie schon längst in Kraft war, dass Sie bis 1998 hätten melden müssen und nichts gemacht haben.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wie lange regieren Sie schon? – Zuruf der Abg. Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Sie haben nichts gemacht, und Sie schieben Ihre Verantwortung auf die damalige Bundesregierung.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Die musste nationales Recht daraus machen!)

Frau Hammann, es ist unredlich, was Sie hier immer wieder versuchen zu praktizieren.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das Wenige, was Sie in Ihrer Regierungsverantwortung gemacht haben, haben Sie auch noch falsch gemacht. Ich erinnere an die Biotopkartierung.Da haben Sie Millionen in den Sand gesetzt. Sie haben Daten erhoben, die keinen Menschen interessiert haben und die für die Anwendung der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie nicht oder nur teilweise verwendbar waren. Hätten Sie das damals entsprechend der FFH- und der Vogelschutzrichtlinie ordentlich gemacht, könnten wir uns heute die 28 Millionen c für die Grunddatenerhebung sparen.Bedenken Sie endlich einmal, was Sie in Ihrer Regierungsverantwortung an dem Wenigen, was Sie gemacht haben, auch noch falsch gemacht haben.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren von der FDP,ich habe versucht zu verstehen, was mit dem Antrag erreicht werden soll.

(Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das war schwer genug!)

Was Sie nach meiner Auffassung mit dem Antrag erreichen wollen, nämlich dass bei der Anwendung von FFHund Vogelschutzrichtlinie ein Umdenken stattfindet, geht allerdings nicht so klar aus Ihrem Antrag hervor. Dann müssen wir im Landtag den Beschluss fassen, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, gegenüber der EUKommission tätig zu werden. Sie wollen erreichen – meiner Meinung nach mit gutem Recht –,dass heute im Landtag über Hoffnungen entschieden wird. Dazu ist Ihr Antrag aber nicht geeignet.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Inhaltlich falsch!)

Was in dem FDP-Antrag zu Recht angesprochen wird, ist, dass es offensichtlich erhebliche rechtliche Unsicherheiten hinsichtlich der Zeitspanne zwischen einem Gebietsvorschlag und der endgültigen Ausweisung der Gebiete

durch die EU-Kommission gibt. Wie hat man in dieser Zeit mit diesen Gebieten umzugehen? Stehen sie faktisch schon zum Zeitpunkt des Vorschlags unter dem Schutz von FFH- und Vogelschutzrichtlinie, oder wirken diese Regelungen bis zur Ausweisung der Gebiete noch nicht? Hier gibt es noch erheblichen Klärungsbedarf. Meine Bitte an das Ministerium ist, noch einmal sehr genau rechtlich zu prüfen, ob es hier Ermessenspielräume gibt, und, wenn es Ermessensspielräume gibt, diese auch auszunutzen.

Punkt 2 des FDP-Antrags – „Die Landesregierung wird aufgefordert, den betroffenen Kommunen sämtliche gutachterlichen Grundlagen... zu überlassen“ – ist eine Selbstverständlichkeit. Wir wollen Transparenz in diesem unvermeidlichen Prozess. Transparenz ist notwendig, um Akzeptanz zu erreichen. Mit der öffentlichen Diskussion in den Regionalkonferenzen und mit den beteiligten Verbänden haben wir ein beispielhaftes Vorgehen der Landesregierung zu verzeichnen. Sehen Sie sich einmal an, wie in anderen Bundesländern mit der Umsetzung von FFH- und Vogelschutzrichtlinie umgegangen wird. In vielen Bundesländern wird dieses Verfahren als Closed Box angesehen.

(Heinrich Heidel (FDP):Wie bei Rot-Grün!)

Meine Damen und Herren, zu Punkt 4 des FDP-Antrags. Die Kommunen sind für die Hessische Landesregierung und für die CDU-Landtagsfraktion ein unverzichtbarer Partner in diesem unerfreulichen Prozess. Selbstverständlich werden ihnen alle erforderlichen Daten und Planungen mitgeteilt. Wir arbeiten in diesem Prozess mit und nicht gegen die Kommunen.

Notwendig wäre eine Klärung hinsichtlich der Umsetzung. Hierfür scheint hilfreich zu sein, dass die nachgeordneten Behörden noch einmal entsprechende Mitteilungen und Anweisungen seitens des Ministeriums bekommen.Aber ich bin überzeugt davon, dass wir hier auf einem sehr guten Weg sind. Wir haben in unserer Regierungsverantwortung – auch mit dem Koalitionspartner FDP – sehr viel erreicht, ein Mehrfaches dessen, was RotGrün in seiner achtjährigen Regierungsverantwortung erreicht hat.Aber wir haben auch noch sehr viel zu tun.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Vielen Dank, Frau Apel. – Herr Grumbach für die SPDFraktion.