Protokoll der Sitzung vom 15.10.2003

(Beifall bei der CDU – Norbert Schmitt (SPD): Textbaustein Nummer drei! – Weitere Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich verstehe, dass Sie sich an der Stelle aufregen, aber ich glaube trotzdem, dass wir die Diskussion versachlichen müssen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Einsparbetrag im Bereich der freiwilligen Leistungen ist im Sozialhaushalt genauso hoch wie in den Haushalten aller anderen Ministerien. Diese Einsparungen sind nicht einfach umzusetzen. Ich lege aber großen Wert auf die Feststellung, dass wir an der Stelle weniger als 5 % der gesamten Sparmaßnahmen umsetzen müssen und dass ich mich dazu entschlossen habe, Schwerpunkte zu setzen. Eine Schwerpunktsetzung kann ich gerade bei Ihnen nicht erkennen.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hinsichtlich der Arbeitsmarktprogramme – HARA,Ausbildung in der Migration, Ausbildung für junge allein erziehende Mütter, Ausbildung statt Sozialhilfe – habe ich mich dazu entschlossen, hier Schwerpunkte zu definieren.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben uns gemeinsam dazu entschlossen, die Kindergartenförderung und die Offensive für Kinderbetreuung als geschützte Bereiche zu definieren, weil viele junge Frauen und viele Familien auf unsere Unterstützung angewiesen sind.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht darum, sie nicht aus dem Arbeitsleben hinauszudrängen, sondern ihnen die Möglichkeit zu geben, Unterstützung anzunehmen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das gilt im Übrigen auch für die Deutschförderung in den Kindergärten. Ich meine, das ist eine ganz wichtige Aufgabe. Das hören Sie vielleicht nicht gerne, aber hier geht es darum, grundsätzlich zu definieren, dass alle Kinder frühzeitig die gleichen Chancen bekommen, damit viele Probleme, die wir gegenwärtig haben, auf Dauer gar nicht erst auftauchen können.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche gilt für die Frühförderung Behinderter. All das sind bedeutsame Aufgaben, die aus dem Haushalt des Sozialministeriums finanziert werden. Ich nenne in diesem Zusammenhang auch die Unterstützung der Altenpflegeschulen. Es geht darum, wie wir die Altenpflegeheime finanziell ausstatten. Gibt es genug Fachkräfte für die Betreuung? Werden die Menschen allein gelassen, wenn sie älter, pflegebedürftig und in einem Heim untergebracht sind? Ich habe mich dazu entschlossen, auch diesen Bereich von Kürzungen auszunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die uns gestellte Aufgabe wird dadurch nicht einfacher, denn wir müssen viele Maßnahmen, die wir in den vergangenen vier Jahren eingeführt haben, wieder streichen. Ich glaube aber nach wie vor, dass es der richtige Weg ist, Schwerpunkte zu setzen und das vor Ihnen zu verantworten, statt unseren Kindern Schulden aufzubürden.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was auf Bundesebene geschieht – schauen Sie sich nur einmal den Haushalt von Eichel und die Höhe der Verschuldung in diesem Jahr an –, halte ich für nicht vertretbar. Das ist ein ungedeckter Scheck auf die Zukunft.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich will Ihnen ganz klar sagen: Es ist keine einfache Entscheidung, einen Haushaltstitel um 30 % zu kürzen oder sich aus einer Förderung ganz zurückzuziehen. Ich führe viele Gespräche mit den Trägern, z. B. mit dem Diakonischen Werk und der Caritas. Ich verstehe sehr gut, dass es ein deutlicher Einschnitt ist, wenn man über lange Jahre hinweg mithilfe von Landesmitteln gute Arbeit geleistet hat und künftig keine Förderung mehr bekommt. Wenn man aber kein Geld mehr zu verteilen hat,dann muss man unterschiedliche Kriterien anlegen.

(Petra Fuhrmann (SPD): Es gibt Alternativen!)

Ich habe mich z. B. ganz klar von der Überlegung leiten lassen,dass die Erziehungsberatung zwar nach wie vor ein ganz wichtiger Aufgabenbereich ist, dass das Land aber nur einen geringen Anteil an der Finanzierung dieser Aufgabe hat. Wir gehen davon aus, dass trotz Einschränkungen bei den Angeboten durch eine moderate Kürzung der Öffnungszeiten oder durch die Zusammenarbeit von zwei oder drei Trägern in einer Stadt die Möglichkeit besteht, ein flächendeckendes Netz an Beratungsstellen aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn wir auf der einen Seite bei der Sucht- und Drogenhilfe Streichungen vornehmen, aber gleichzeitig sicherstellen, dass in jedem Landkreis Beratungsstellen vorhan

den sind, dann gehe ich davon aus, dass das Beratungsangebot aufrechterhalten werden kann.

(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dieses Vorgehen halte ich für verantwortungsvoller, als die Illusion eines Sozialbudgets zu erzeugen, die Sie heute hier wieder vorgetragen haben.

Wir brauchen mehr Wachstum auf Bundesebene. Sie wissen genau, dass die Verschuldung des Bundes weiter steigt und die Maastricht-Kriterien überhaupt keine Rolle mehr spielen. Diese Kriterien werden von Ihnen nicht einmal mehr erwähnt.

(Beifall bei der CDU – Lebhafte Zurufe von der SPD)

Herr Schmitt, schonen Sie Ihre Stimme. Ich stehe am Mikrofon und erläutere es Ihnen gern weiter.

(Zurufe von der SPD)

Ich bin davon überzeugt, dass wir hier den richtigen Weg gehen,wenn wir nicht nach der Rasenmähermethode kürzen.

(Lothar Klemm (SPD): Erläutern Sie es einmal! – Weitere lebhafte Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, was Frau Fuhrmann recht war, ist der Frau Ministerin billig.

(Lothar Klemm (SPD): Sie sagt, sie wolle es erläutern! Wir wollen ihr Gelegenheit dazu geben! Sie kann es aber nicht erläutern, das ist das Problem!)

Sie brauchen das aber nicht fünfmal zu rufen. Einmal reicht, dann steht es im Protokoll. – Bitte schön, Frau Ministerin.

Als ehemaliger Wirtschaftsminister müssten Sie, Herr Klemm, die Zusammenhänge ein wenig besser verstehen.

(Beifall bei der CDU – Lebhafte Zurufe von der SPD)

Ich nenne Ihnen ein anderes Beispiel.Schauen Sie sich die großen Reformen an, über die wir an der Stelle diskutieren: Harz III, Harz IV.

(Lothar Klemm (SPD): Sie können Ihre Politik nicht erläutern, weil Sie keine haben!)

Was machen Sie? Was sagen die großen Wirtschaftsforschungsinstitute? Das, was von Ihrer Bundesregierung am Freitag beschlossen werden soll, wird keinerlei Beschäftigungseffekte erzeugen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Das ist der eigentliche Skandal.Wir brauchen wieder Beschäftigungseffekte. Diese Effekte sollten auch für einen ehemaligen Wirtschaftsminister eine zumindest kleine Rolle spielen, wenn es darum geht, die Zukunft der Sozialpolitik zu sichern.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Das spielt bei Ihnen aber keine Rolle. Die letzten Beschäftigung fördernden Maßnahmen, die in Ihrer Reform steckten, sind inzwischen herausgenommen und weichgespült worden und haben überhaupt nichts mehr mit dem Versuch zu tun, arbeitslose Menschen wieder in Arbeit zu vermitteln. Ich bin gern bereit, Ihnen das auch an anderer Stelle noch einmal ausführlich zu erläutern.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Die Frage von Beschäftigungseffekten ist ganz entscheidend, insbesondere wenn wir über die Konsolidierung des Haushalts in Hessen sprechen. Nur dann, wenn wir es schaffen, Menschen wieder in Arbeit zu bringen, erzielen wir ein Wirtschaftswachstum. Dann wird es wieder möglich sein, mehr Geld für soziale Zwecke auszugeben.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Sehr geehrter Herr Kollege Rentsch, ich stimme Ihnen selbstverständlich zu, dass die Bildung in diesem Zusammenhang eine ganz entscheidende Rolle spielt. Eine gute Bildung und Ausbildung spielen, wenn wir auf Dauer weltweit mithalten wollen, sowohl bei der Förderung im Kindergarten als auch für den Zuständigkeitsbereich des Kultusministeriums und des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst eine entscheidende Rolle. Deshalb haben wir hier ganz klar Schwerpunkte definiert.

(Jürgen Walter (SPD): Das ist virtuell, was Sie hier machen!)

Ich will Ihnen noch einen Punkt nennen. Ich habe bereits mit vielen Verbänden gesprochen, auch mit den Trägern von Frauenhäusern. Ich weiß, dass es eine ganz schwierige Entscheidung ist, die Förderung durch das Land einzustellen. Gleichzeitig müssen wir uns aber genau anschauen, wie das Netzwerk der Frauenhäuser aussieht, wie die Auslastungszahlen sind und welche Kooperationsmöglichkeiten an den verschiedensten Stellen bestehen.