Protokoll der Sitzung vom 27.11.2003

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Wir können aber gern eine ernsthafte Diskussion darüber führen. Nur, nachdem ich den Beitrag Ihres Kollegen Wagner und Ihren Beitrag gehört habe, habe ich die Befürchtung, dass da noch ein bisschen Nachhilfeunterricht notwendig sein wird.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Armin Klein (Wiesbaden) (CDU) – Frank Gotthardt (CDU): An sich weiß jeder, dass es bei Steuern von 100 % am meisten Geld gibt!)

Ich möchte jetzt auf die Grundwasserabgabe zu sprechen kommen. Sie erzählen uns hier, dass durch die aus der Grundwasserabgabe eingenommenen Gelder Arbeitsplätze geschaffen wurden. Sie können doch nicht glauben, dass das im Saldo stimmt. Das ist doch ein Irrtum.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist aber wissenschaftlich untersucht und nachgewiesen!)

Es ist richtig, dass mithilfe der Zuschüsse, die aus dem Aufkommen der Grundwasserabgabe gezahlt wurden, Arbeitsplätze geschaffen wurden. Ja, das stimmt. Herr

Kollege Wagner, in der Zeit, in der Ihre Partei Verantwortung in Hessen getragen hat, sind in Hessen Tausende Arbeitsplätze insbesondere in Oberhessen und in Nordhessen in der Holzindustrie verloren gegangen, weil die Firmen, die die Grundwasserabgabe zahlen mussten, in Konkurs gegangen sind.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Dass Sie jetzt den Kopf schütteln, zeigt mir deutlich, dass Sie nicht wissen, worum es geht. Sie haben davon keine Ahnung. Fahren Sie doch z. B. einmal nach Oberhessen. Fahren Sie z. B. einmal nach Nidda oder Schotten. Lothar Klemm weiß, wovon ich rede. Eine Firma versuchten wir noch zusammen mit Dirk Pfeil zu retten. Drei Firmen gingen dort den Bach herunter, weil die Grundwasserabgabe so hoch war und weil die Befreiungstatbestände nicht vorlagen. Dadurch gingen Hunderte Arbeitsplätze verloren. Tun Sie bitte nicht so, als ob die Grundwasserabgabe im Saldo zu mehr Arbeitsplätzen geführt hätte.

Herr Kollege Hahn, Sie müssen zum Schluss Ihrer Rede kommen.

Zum Schluss meiner Rede möchte ich noch sagen: Das kann sie überhaupt nicht. Denn jede Abgabe und jede Steuer, die man einnimmt, verliert allein schon dadurch einen Teil ihres Aufkommens, dass sie durch den Filter staatlicher Bearbeitung läuft. Das ist doch vollkommen klar. Ich muss Behörden und Beamte damit beschäftigen. Die Beamten muss ich bezahlen. Sie erliegen da einem Irrtum. Sie meinen nämlich, man müsse das über den zweiten Arbeitsmarkt regulieren. Sie meinen, alles müsse durch den Staat reguliert werden. Den Menschen geht es am besten,wenn wir sie in Ruhe arbeiten lassen.Sie schaffen dann selbst Arbeitsplätze und zahlen am meisten Steuern. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU)

Herr Kollege Hahn, schönen Dank. – Mir liegt jetzt noch eine Wortmeldung vor. Es ist die des Herrn Kollegen Milde für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich dachte, mit dem Redebeitrag des Finanzministers wäre hier Sachlichkeit eingekehrt. Im Prinzip hätte man es damit belassen können. Ich will jetzt aber doch auf ein paar Dinge eingehen.

Tarek Al-Wazir, ich finde es richtig, dass wir dieses Thema ernsthaft diskutieren wollen.Ich möchte den Hinweis,den Herr Kollege Hahn eben gegeben hat, aufgreifen. Man kann nicht sagen, wir müssten dieses Thema ernsthaft und sachlich diskutieren,wenn man danach behauptet,aus der Aussage „Je niedriger die Steuersätze sind, desto besser ist das für den Staat“, wäre konsequenterweise zu schlussfolgern, man müsse die Steuern auf null setzen. Ich möchte das jetzt einmal umdrehen und auch in Richtung

der Mitglieder der SPD fragen: Ist es dann umgekehrt folgerichtig, dass es das Beste für den Staat wäre, wenn man diese Steuersätze auf 100 % setzen würde? – Das ist doch auch Quatsch. Ist es nicht so?

(Beifall des Abg. Roland von Hunnius (FDP))

Das wäre eine vergleichbare Schlussfolgerung. Ich will jetzt noch einmal Folgendes sagen. Auf den Redebeitrag des Herrn Grumbach kann man kaum eingehen. Aber zu der Rede des Herrn Wagner muss man schon etwas sagen. Ich hatte wirklich den Eindruck, dass die Ursachen für die Wirtschafts- und Finanzkrise, die wir in Deutschland haben, in der Tat nicht verstanden wurden

(Beifall der Abg. Jörg-Uwe Hahn und Michael Denzin (FDP))

da kann man klatschen –, wenn uns vorgeworfen wird, dass wir im eigenen Lande Konsequenzen ziehen, um den Steuerausfällen zu begegnen.Das Gegenteil von dem,was Sie gesagt haben, ist richtig. Wir haben in Deutschland eine zu hohe Belastung,die dazu geführt hat,dass wir jetzt in dieser Wirtschaftskrise stecken.Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt, und wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass wir das Geld aus dem Land getrieben haben.

Ein ganz wichtiger Punkt ist dabei die Erbschaftsteuer. Ich habe es gestern schon einmal angesprochen, es ist einfach völliger Unsinn. Natürlich, wir haben nie bestritten, dass es eine Erbschaftsteuer an sich geben soll. Die gibt es aber auch. Das hat Herr Kollege Hahn eben noch gesagt. Die gibt es, insofern haben wir den Tories nichts entgegenzusetzen.

Die Frage ist aber, in welcher Höhe, und die Frage ist, wie man sie berechnet. Da ist es schon ein Thema, ob ich Immobilien und Geld gleich behandle. Denn wenn man Immobilien genauso besteuert wie Geld, dann zwingt man den normalen Erbenden, der ein Einfamilienhaus erbt, dazu, eine Schuld aufzunehmen, um die Steuern zu bezahlen. Es kann doch nicht wahr sein, dass Substanz verkauft werden muss, um Steuern zu bezahlen.

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Genau das ist das Problem bei Vermögen- und Erbschaftsteuer. Deswegen müssen wir wirklich sehr ernsthaft darüber reden, warum ein Familienunternehmen wie das von Herrn Müller von Müller-Milch in die Schweiz geht.Denn er sagt:Wenn ich die Erbschaftsteuer bezahlen muss, geht mein Unternehmen in Konkurs.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch Quatsch!)

Genau darüber müssen wir ernsthaft reden. Es geht nicht um eine Neidkampagne, es geht um die Frage, ob die Erbschaftsteuer dazu führt, dass ein Unternehmen Pleite geht, wenn ein Unternehmer sein Unternehmen in Deutschland überträgt. Dann gehen die lieber vorher ins Ausland, und das müssen wir verhindern. Denn wir brauchen Wirtschaftsaufschwung in Deutschland und nicht in der Schweiz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist diese Aktuelle Stunde behandelt.

(Dr.Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU):Um 10.40 Uhr!)

Wir fahren fort mit der unterbrochenen Etatberatung 2004, Tagesordnungspunkt 7.

Ich rufe

Einzelplan 04 – Hessisches Kultusministerium –

auf, der mit den Tagesordnungspunkten 14, 15 und 39 behandelt werden soll.

Die Redezeit beträgt zehn Minuten pro Fraktion. Die erste Wortmeldung stammt von Frau Kollegin Habermann von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Als die ersten Schnitte der „Amputation Zukunft“ in die Öffentlichkeit kamen, beeilte sich die Kultusministerin, in einer Presseerklärung bekannt zu geben, dass der Bildungsbereich als Priorität dieser Landesregierung fast unberührt davonkommt.

(Norbert Schmitt (SPD): Da lachen ja die Hühner!)

„Karin Wolff klammert bildungspolitische Schwerpunktsetzungen bei Kürzungen aus“ – so lautete die Überschrift am 13. September dieses Jahres. In dieser Presseerklärung ist lediglich von 4,3 Millionen c Kürzungen bei den freiwilligen Leistungen im Einzelplan 04 die Rede. Kein Wort über die Auswirkungen der Arbeitszeitverlängerung, kein Wort über die geplanten Stellenstreichungen, kein Wort darüber, dass mit der Vorlage dieses Etats zentrale Wahlversprechung zur Lehrerversorgung, zur Unterrichtsqualität und für bessere Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte gebrochen werden.

(Beifall bei der SPD)

Was wollten Sie der Öffentlichkeit mit dieser Presseerklärung eigentlich vorgaukeln? Frau Ministerin, ich bin bisher davon ausgegangen,dass Lehrerversorgung eine Ihrer zentralen bildungspolitischen Schwerpunktsetzungen ist. Mit der Erfüllung der Sparvorgaben rücken Sie dagegen von dieser zentralen Aussage ab.

(Mark Weinmeister (CDU): Das stimmt nicht!)

Sie sollten deshalb den Mut haben, zuzugestehen, dass die tiefen Einschnitte im Bildungsbereich nicht nur eine Abkehr von Ihrer eigenen Schwerpunktsetzung sind,

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das ist schlicht falsch!)

sondern schlechtere Bildung für die junge Generation in diesem Land bedeuten wird.

(Beifall bei der SPD)

Das Hochrechnen des so genannten Produktivitätsgewinns der durch Arbeitszeitverlängerung rechnerisch zusätzlichen Unterrichtsstunden täuscht in diesem Lande niemanden mehr darüber hinweg, dass mit diesem Etatentwurf das Kultusministerium den bildungspolitischen Offenbarungseid leistet.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Es lohnt sich auch immer wieder, meine Damen und Herren von der CDU, einen Blick in das Regierungsprogramm Ihrer Partei zu werfen

(Michael Boddenberg (CDU): Das lohnt sich immer!)

das bereits im Bildungsbereich und in vielen anderen Bereichen nach einem halben Jahr Makulatur ist:

Die besondere Bedeutung der Bildungspolitik für die hessische CDU wird darin deutlich, dass dies der einzige Politikbereich ist, in dem wir bis zum Jahr 2008 einen Stellenzuwachs,nämlich 500 zusätzliche Lehrerstellen, vorsehen.

(Dr.Walter Lübcke (CDU): Sie haben den Kontakt zur Basis verloren!)