Protokoll der Sitzung vom 16.12.2003

Nachfrage, Herr Riege.

Herr Staatssekretär Landau, kann man davon ausgehen, dass die heute vorgelegte Liste der Streichungen endgültig ist, oder wird die Antwort etwas anderes enthalten?

Herr Staatssekretär Landau, bitte.

Sie wissen, dass das Wort „Streichungen“ gerade bei den gerichtlichen Strukturen nicht das Richtige ist, sondern wir haben nur wenige Schließungen, die auf völlig anderen Sachverhalten beruhen als die mit der „Operation sichere Zukunft“ zusammenhängenden. Sie beruhen auf dem Bericht des Rechnungshofes von vor etwa einem Jahr und haben bundesweite Gültigkeit.

Im Übrigen ist es zu so genannten Abteilungslösungen gekommen. Es kann durchaus sein, dass das eine oder andere bei der näheren Prüfung der Räumlichkeiten und der Örtlichkeiten, der Personalentwicklungsmöglichkeiten überdacht werden muss.Aber das Konzept als solches ist jetzt in sich schlüssig. Das wird so Gegenstand der Beantwortung der Kleinen Anfrage sein.

Wir kommen damit zur letzten Frage von Frau Hinz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Es geht um das Staatliche Umweltamt.

Ich habe eine Frage. Ich weiß nicht, wer die beantwortet, Herr Grüttner oder Herr – –

Dietzel.

(Heiterkeit)

Danke schön, Herr Landtagspräsident Quanz.

Welche Aufgaben sollen mit Schließung des Staatlichen Umweltamtes Marburg künftig wegfallen?

Wer übernimmt?

(Günter Rudolph (SPD): Keiner!)

Herr Dietzel, bitte.

Frau Abgeordnete, es soll überhaupt keine Aufgabe wegfallen, sondern die werden nur neu organisiert. Das ist auch vorhin Hintergrund der Frage von Frau Abg. Hammann gewesen, warum Hanau geschlossen worden ist. Diese etwa 120 Stellen von Hanau werden im Laufe der nächsten Jahre in das Regierungspräsidium Darmstadt integriert.Wir gehen davon aus, dass die gleichen Aufgaben auch in Zukunft hoch effizient, möglicherweise mit weniger Personal, durchgeführt werden können.

Frau Hinz, bitte.

Warum können dann die Aufgaben effizienter erledigt werden? Nur, weil dasselbe Personal beim RP sitzt und von dort aus die Aufgaben steuert und die ganzen Umweltangelegenheiten übernimmt?

Herr Minister Dietzel.

Frau Abg. Hinz, ich denke, dass Sie, was Verwaltung angeht, ein bisschen Erfahrung dadurch haben, dass Sie meine Vorgängerin waren.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Da habe ich Zweifel!)

Sie wissen, dass wir im operativen Geschäft fast das gleiche Personal brauchen, möglicherweise geringe Einsparungen vornehmen können. Sie wissen auch, wenn wir die Verwaltungsbereiche – denn jede Außenstelle braucht eine eigene Verwaltung – zu Einheiten zusammenziehen, kann in erheblichem Maße Verwaltungsaufwand gespart werden.

Vielen Dank. – Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Regierungsbefragung und kommen verabredungsgemäß zu Tagesordnungspunkt 24:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Schaffung eines Beschäftigungspaktes im öffentlichen Dienst – Drucks. 16/1477 neu –

Verabredet ist eine Redezeit von 15 Minuten je Fraktion. Für den Antragsteller darf ich Herrn Rudolph das Wort erteilen.

Herr Präsident,meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Das ungebremste Wachstum von Personalausgaben schränkt den Gestaltungsspielraum des Landes ein. Ein weiterer unverminderter Anstieg der Personalkosten in der Zukunft wird dieses Problem noch drastisch verschärfen. Der zu erwartende Anstieg der Personalausgabenquote in Verbindung mit steigenden Zinsbelastungen wird jedweden Handlungsspielraum beseitigen und zur völligen Handlungsunfähigkeit von Regierung und Parlament führen.

So nachzulesen im berühmten Suchan-Papier aus dem Jahre 1997, das zwar viele mittlerweile zitieren, aber nicht alle genau und gründlich gelesen haben.

(Zuruf des Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU))

Meine Damen und Herren, das Problem ist noch aktueller, als es damals war, weil – Herr Dr. Jung, wenn wir uns die Personalkostenentwicklung in Hessen seit 1999, seit Sie Verantwortung tragen, ansehen – die Personalkosten dramatisch gestiegen sind.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Erheblich gesunken, Herr Kollege!)

Herr Dr. Jung, mit Ihren Rechenkünsten ist es nicht so weit her. Dazu kommen wir gleich. – Während im Jahre 1998 unter der Verantwortung von Rot-Grün die Personalausgabenquote bei 45,6 % lag, liegt sie im Jahre 2004 bei fast 50 %. Sie haben nur die Mogelpackung gemacht, indem Sie die Personalkosten für die Hochschulen herausgerechnet haben. Die sind hinzuzurechnen.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt, unter Ihrer Verantwortung sind die Personalkosten weitaus mehr gestiegen, als zu verantworten ist. Schauen Sie sich die Entwicklung der einzelnen Jahre an, beispielsweise im Jahre 2002 4 % mehr Personalausgaben. Das ist jetzt das Problem, vor dem wir an der Stelle deutlich stehen.

Sie haben z. B. die Staatskanzlei zu einem Apparat der Propaganda ausgeweitet – über 90 Stellen. Ziehen Sie einmal die Stellen für die Europaabteilung ab, was sachlich nachvollziehbar ist, so können wir sagen: 50 Stellen zusätzlich geschaffen, ohne sachliche Berechtigung. Das sind schnell und richtig gerechnet 2,5 Millionen c Belastung, für die es keine sachliche Notwendigkeit gibt.

(Beifall bei der SPD)

Diese 50 Stellen werden natürlich den Steuerzahler im Land Hessen in den nächsten Jahren nachhaltig belasten, da es zu einer enormen Personalkostensteigerung führt. Nimmt man die Steigerungen bei den Versorgungsempfängern hinzu, dann werden wir in den nächsten Jahren eine dramatische Entwicklung haben.

Ausgehend vom Suchan-Papier hatten wir im Jahre 1995 Versorgungslasten von ca. 1,1 Milliarden c. Nach Suchan hochgerechnet sind im Jahre 2020, weil wir in den nächsten Jahren eine starke Pensionierungswelle für den öffentlichen Dienst haben, 4,1 Milliarden c an Versorgungslasten zu zahlen. Dieser Betrag ist aus dem jährlichen Haushalt zu erwirtschaften. Das heißt, die Verteilungsspielräume des Landeshaushaltes werden in den nächsten Jahren fast gegen null tendieren. Hier muss reagiert werden.Auch darauf gibt es keine Antwort der Landesregierung.

(Beifall bei der SPD)

Die Personalkostenentwicklung: Sie werden sagen, im nächsten Jahr sei das alles besser, nur eine Steigerung um 0,6 % – auf einem sehr hohen Niveau.Wie haben Sie reagiert? Sie haben Ihr so genanntes Zukunftssicherungsgesetz auf den Tisch gelegt.Im Rahmen der „Aktion düstere Zukunft“ sollen bis zum Ende der Wahlperiode, d. h. bis zum Jahr 2008, 9.701 Stellen abgebaut werden. Bei etwa 150.000 Landesbediensteten ist das eine enorme Zahl. Hinter diesen Stellen stecken menschliche Schicksale und nicht einfach Kostenstellen oder -träger. Das wollen wir an der Stelle deutlich sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Warum kommt es zu dieser falschen Vorgabe? – Sie ist eindeutig das Ergebnis einer falschen Ausgabenpolitik dieses Landes, insbesondere dieses Herrn Ministerpräsidenten – damit die Verantwortung klar definiert wird.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie gehen Sie mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um?

(Petra Fuhrmann (SPD): Miserabel!)

Nicht nur miserabel. Bis zum 31.03.2004 müssen der Personalvermittlungsstelle Mitarbeiter gemeldet werden. Diese Personalvermittlungsstelle, angesiedelt beim Finanzminister, entscheidet dann über die weitere Verwendung dieser Mitarbeiter. Es geht nicht um die Vermittlung von Personal, sondern um eine ausschließliche Verwendung, ohne fachlich fundierten Hintergrund. So kann man mit Mitarbeitern, die gut ausgebildet sind, nicht umgehen.

(Beifall bei der SPD)

Aus den vielen Rückmeldungen, den Mails und Briefen, die wir bekommen, den Besuchen in den Behörden ersehen wir:Die Mitarbeiter fühlen sich stigmatisiert.– Sie haben Recht. Wenn hinter ihrer Stelle „kw“ steht – künftig wegfallend –,dann ist dies eine Herabqualifizierung vieler Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. Das haben die Mitarbeiter nicht verdient.

(Beifall bei der SPD)

Ich will das an dem Beispiel der Waldfacharbeiter deutlich machen. Es betrifft in Hessen 600 an der Zahl. Waldfacharbeiter ist ein qualifizierter Ausbildungsberuf. Denken Sie daran, wie die Mitarbeiter etwa bei den Sturmschäden in den letzten Jahren gearbeitet haben. Das war ein enormer Einsatz.Als Dankeschön bekommen sie einen Tritt in den Hintern. Sie verlieren ihren Arbeitsplatz, finden sich in der Vermittlungsbörse wieder und werden irgendwo in Hessen einen Arbeitsplatz finden. Es ist unerträglich, wie man mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der hessischen Landesverwaltung umgeht.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es ist nicht nur eine Stilfrage. Da sind wir von dieser Regierung einiges gewöhnt, bzw. uns überrascht nichts mehr.