Protokoll der Sitzung vom 17.12.2003

Sie stehen mit Ihrer Position völlig allein.Ein Großteil der Menschen in unserem Land will diese Technologie nicht. Ein Großteil der Menschen ist froh, dass Rot-Grün den Ausstieg aus der Kernenergie hinbekommen hat.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die wollen auch Schröder nicht!)

Das ist ein ganz großer Erfolg unserer Regierung ist. Ich bin politisch relativ froh, dass Sie bei Ihrer falschen, veralteten Position stehen bleiben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit dieser Position werden Sie bei der Bevölkerung nicht mehrheitsfähig.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Walter. – Herr Reif für die CDU-Fraktion. Fünf Minuten Redezeit stehen Ihnen zur Verfügung.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf das, was Herr Walter gesagt hat, muss doch noch eine Antwort gegeben werden. Herr Walter, erstens sagten Sie, die Kernenergie hätte in Deutschland nie einen Cent Gewinn gemacht. Das ist falsch. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die großen Energieunternehmen wie RWE, Eon, EnBW,

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber warum denn?)

die heute noch Kernkraftwerke in der Bundesrepublik betreiben,ziehen ihre Gewinne gerade aus teilabgeschriebenen Kernkraftwerken in diesem Lande. Es geht ihnen so gut, weil sie immer noch Kernkraftwerke haben.

(Beifall bei der CDU)

Das ist die Tatsache, die Sie gern verschweigen möchten, die aber den Realitäten entspricht, die die Bilanzen dieser Firmen schreiben. Sie sollten sich vielleicht hier und da eine solche Bilanz zu Gemüte führen.

Zweitens. Sie geben immer vor, dass die erneuerbaren Technologien der Stein der Weisen seien. Ich sage Ihnen: Wo ist denn in diesem Lande eine erneuerbare Technologie, die funktioniert, ohne dass sie subventioniert wird?

(Beifall bei der CDU – Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Keine einzige erneuerbare Technologie funktioniert ohne große Subventionen Ihrer Bundesregierung. Weder die Windenergie noch die Biomasse, noch irgendetwas anderes – alles hoch subventioniert und deshalb hochinteressant für Anleger, die sich daran meines Wissens die eine oder andere goldene Nase verdienen.

(Heiterkeit bei der CDU – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Walter, ein Drittes. Sie haben die Nuklearanlage in unserem Bundesland Hessen schließen lassen, weil Sie, wie Sie sagen, Sicherheitsinteressen vor Betreiberinteressen stellen.

(Jürgen Walter (SPD): Genau so ist das!)

Diese Diskussion kann man trefflich führen. Dagegen ist nichts zu sagen. Dass Sicherheitsinteressen vor Betreiberinteressen stehen, ist zweifelsohne übergreifender Konsens in diesem Hause. Wenn das so richtig ist, dann darf ein Betrieb in diesem Lande nicht erfolgen.Also stelle ich

mir und stellen wir uns die Frage: Wo sind denn Ihre Sicherheitsinteressen bei dem Export nach China?

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sicherheitsinteressen über Betreiberinteressen stehen, dann gilt das nicht nur für die Bundesrepublik Deutschland, sondern auch und gerade für die Volksrepublik China.Anders kann es doch nicht sein.

(Beifall bei der CDU)

Ein Viertes und Letztes. Mich wundert doch sehr, dass Sie nichts zu dem Vorwurf sagen,Sie seien informiert worden, und zwar frühzeitig. Ich behaupte noch einmal, die Firma Siemens hat Anfang des Jahres 2003 diesen Antrag bei den nachgeordneten Behörden des Wirtschaftsministeriums gestellt. Seit Anfang 2003 wissen in der Bundesregierung sowohl die Beamtenschaft wie auch die Spitze des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesumweltministeriums exakt Bescheid. Seit September/Oktober des Jahres 2003 weiß das hessische Umweltministerium über diese Sache genau Bescheid – übrigens ein Umweltministerium, das von einem CDU-Minister geführt wird.

Sie können mir doch nicht ernsthaft sagen, dass der Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN in diesem Haus nicht schon frühzeitig davon gewusst hat und informiert wurde. Sie können mir doch nicht sagen, dass die Vorsitzende der GRÜNEN in Hessen nicht von dem Umweltminister und ehemaligen Staatssekretär, einem grünen Parteikollegen in Hessen, informiert worden ist, bevor das Umweltministerium in Hessen informiert wurde. Dazu sollten Sie hier Stellung nehmen.Was haben Sie vorher gewusst?

(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP)

Das Gleiche gilt für Sie, Herr Walter. Was haben Sie vorher gewusst? Wie sind Sie, Herr Grumbach und Frau Ypsilanti aus der Ministerialbürokratie und der Partei in Berlin informiert worden? Wer hat Sie wann in Kenntnis gesetzt, und was haben Sie in Hessen getan, um dies in Ihrer Partei einer gewissen Öffentlichkeit zugänglich zu machen? Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben schnöde in Kauf genommen, Glaubwürdigkeit zu verlieren. Heute heucheln Sie uns irgendetwas vor. Sie meinen, Sie müssten nach außen hin gegen den Export einer Anlage sein, den Sie innerlich schon akzeptiert haben und von dem Sie seit Monaten gewusst haben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP)

Für die FDP-Fraktion darf ich Herrn Denzin das Wort erteilen. Herr Denzin, Sie haben fünf Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe mich wegen eines besonderen Gesichtspunkts noch einmal zu Wort gemeldet. Unser Hauptthema ist die Glaubwürdigkeit.Alle Redner, außer von den GRÜNEN und der SPD, haben dies deutlich gemacht. Meine Damen und Herren, sehen wir uns die Situation am Energiemarkt an. Nehmen wir diesen Vorgang: Herr Fischer schließt in Hessen eine Anlage,Außenminister Fischer sorgt dafür, dass diese Anlage in China wieder in Betrieb geht. Dies müssen wir vor dem Hintergrund sehen, dass unsere Energieversorgung mit bestehenden Anlagen, egal welcher Art, maximal noch 20 Jahre gesichert ist, dass wir zehn Jahre Vorlauf für

die Planung brauchen und dass wir zehn Jahre Bauzeit brauchen, dass wir nach dem vermeintlichen Energiekonsens, der tatsächlich keiner ist, keine Antwort dieser rotgrünen Bundesregierung in Sachen Energiepolitik haben,

(Zuruf des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

es sei denn, wir steigern den Anteil der Windenergie noch um 2 %, mit allen Beeinträchtigungen, die das mitbringt, oder wir steigern den Anteil des Alternativenergiemarktes um noch einmal 2, 3 %. Meine Damen und Herren, genau hier zeigt sich die Glaubwürdigkeitslücke, die wir mit dem konkreten Exportvorgang jetzt diskutieren.Dies gipfelt im Verschweigen der Energieproblematik in diesem Land. Das genau ist der energiepolitische Skandal, den wir seitens der Bundesregierung vorgesetzt kriegen.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Wir bekommen keine Antworten. Jeder weiß, dass wir maximal 10 % alternative Energien werden nutzen können und nicht mehr.

(Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie machen keine Aussage darüber, wie es weitergeht, wie wir die Kohlekraftwerke ersetzen, die ebenfalls ihrem Ende entgegengehen.

(Beifall der Abg. Nicola Beer (FDP))

Dazu gibt es überhaupt keine Aussage. Jetzt frage ich mich: Was ist das für ein Menschenverständnis, wenn Leute, wie Herr Fischer, dafür sorgen, dass wir aus einer angeblich gefährlichen Technologie aussteigen, diese Technologie für China aber für richtig halten?

(Beifall bei der FDP und der CDU – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch Quatsch!)

Sind die Chinesen denn weniger wert als wir? Haben sie weniger Sicherheitsanforderungen?

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

Meine Damen und Herren, dieser Vorgang zeigt, dass wir in diesem für unsere Lebensgrundlagen wichtigen Thema nicht mehr auf diese Regierung, nicht mehr auf Leute wie Herrn Fischer setzen dürfen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu den Tagesordnungspunkten 30 und 45.

(Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend doppelte Moral beim Verkauf der Hanauer MOX-Brennelementeanlage an die VR China, Drucks. 16/1621, soll an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr überwiesen werden. Das ist so verabredet.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Direkt abstimmen!)

Es wird direkte Abstimmung beantragt. – Dann machen wir das.Wer ist für den Antrag? – Das sind die Fraktionen der CDU und der FDP. Wer ist gegen den Antrag? – Das sind die Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geschlossen. Damit ist der Antrag angenommen.

Ich lasse über den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/1696 abstimmen. Wer ist für diesen Antrag? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN geschlossen. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind CDU und FDP geschlossen. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

(Zuruf des Abg. Norbert Schmitt (SPD))