Protokoll der Sitzung vom 18.12.2003

Die Fakten sind: Nicht alle Vertretungsverträge werden verlängert.Nur 30 % der in Pension gehenden Lehrer und Lehrerinnen werden ersetzt. Da ist auch der Abschluss von BAT-Verträgen im nächsten Schulhalbjahr nicht möglich. Die Staatlichen Schulämter sind damit beschäftigt, darzustellen, wie man die Mehr- und Minderstunden an der jeweiligen Schule irgendwie in Übereinstimmung bringt, um Abordnungen vorzubereiten. Die Schulen müssen Stundenpläne ändern und müssen ihre Lehrer und Lehrerinnen auf fachfremden Unterricht vorbereiten, was auch nicht gerade zur Unterrichtsqualität beiträgt.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Das wollten Sie doch immer, den fachfremden Unterricht!)

Denn die Arbeitszeitverlängerung löst das Problem nicht, das Sie ausgelöst haben. Weniger Köpfe ergeben nicht mehr Fachunterricht. Das müsste Ihnen endlich in den Kopf gehen. Die Stundenreduzierungen einzelner Lehrer und Lehrerinnen werden nicht durch gleichwertigen Ersatz kompensiert. Auch dies haben die Eltern inzwischen festgestellt, und zu Recht protestieren die Eltern hier. Denn da geht es nicht nur um die Quantität, sondern auch um die Qualität.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Lothar Quanz (SPD))

Dass Abordnungen für die einzelnen Lehrer und Lehrerinnen Schwierigkeiten bringen, darüber könnte man noch nach dem Motto hinwegsehen: Lehrer und Lehrerinnen haben in erster Linie ihren Job zu erfüllen. – Aber dass Kinder dann auch weniger Zeit haben mit dem Ansprechpartner Lehrer, weil der zwischen den Schulen hinund hertingelt, das ist ein echtes Qualitätsproblem, und das haben die Eltern zu Recht verstanden.Deswegen protestieren sie.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist nicht auf unserem Mist gewachsen, dass es hier Probleme gibt oder dass Fragen gestellt werden. So hat z. B. das Staatliche Schulamt des Kreises Offenbach am 15. Oktober an die Schulen geschrieben:Wegen der Sparmaßnahmen im Haushalt der Landesregierung können keine Mittel zur Verlängerung bestehender BAT-Vertretungsverträge eingestellt werden. – Das kommt vom Staatlichen Schulamt Offenbach. Zu Recht gibt es dann

Fragen bei den Eltern, und zu Recht, finde ich, greifen wir Abgeordneten diese Fragen auf.

Es ist nachgerade unverschämt, wenn Staatssekretär Jacobi in einer öffentlichen Veranstaltung vor Eltern sagt: Meine Damen und Herren, Sie waren mit der Presseerklärung der Kultusministerin gar nicht gemeint, sondern die Abg. Hinz, weil die die Fragen der Eltern weiterreicht und die Landesregierung befragt. Das ist die „Hysterie“. – Meine Damen und Herren, das ist wirklich eine Unverschämtheit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Beschimpfungen vonseiten der Staatssekretäre sind völlig unangemessen, sowohl gegenüber Eltern als auch gegenüber Abgeordneten,auch wenn wir das dickere Fell haben und viel gewöhnt sind.

Wir sind der Meinung, dass Fragen gestellt werden müssen,vor allem,wenn sie bislang nicht beantwortet wurden. Ich glaube, es deutet auf Panikreaktionen innerhalb des Ministeriums und auch innerhalb der CDU-Fraktion hin, dass Sie hier zu solchen Äußerungen greifen. Denn wenn Sie nicht in Panik wären, wenn Sie nicht wüssten, dass Sie die Probleme nicht lösen können, dann müssten Sie hier nicht mit solchen Äußerungen an das Pult treten, sondern dann könnten Sie den Eltern erklären, dass alles viel besser wird.Dann würden die Eltern Ihnen das auch glauben. Aber das tun sie nicht mehr.

Frau Kollegin Hinz, die Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Schluss, meine Damen und Herren. – Die Vertretungsmittel werden im nächsten Jahr gekürzt.Wenn jetzt zwei Drittel der Vertretungsverträge weitergeführt werden, bedeutet das noch weniger Möglichkeiten, im Schuljahr 2004/05 Vertretungen einzuführen.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Können Sie sagen, wie hoch die Vertretungsmittel zu Ihrer Regierungszeit waren?)

Letzter Punkt. Die Unterrichtsgarantie wurde von der CDU versprochen.Die Eltern erwarten zu Recht,dass Sie Ihre Versprechen halten. Die Eltern haben Recht, wenn sie sich einmischen und Sie darauf hinweisen, dass Sie Ihre Versprechen brechen. Wir werden die Eltern dabei weiter unterstützen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr.Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU):Wir halten unsere Versprechen! Versprochen und gehalten!)

Vielen Dank, Frau Hinz. – Das Wort hat Frau Ministerin Wolff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt in der Tat einzelne Eltern, die zwar von den

Staatlichen Schulämtern alle Informationen bekommen haben und sich ausdrücklich für die Lösung bedanken, dann aber draußen eine Demonstration anführen und ihrem Kind eine Entschuldigung für das Fehlen in der Schule schreiben. Diese Eltern meine ich mit meiner Kritik.

Es gibt einige Schulleiterinnen und Schulleiter, die in Elternbriefen, die sie an alle Schülerinnen und Schüler verteilt haben,die Behauptung aufgestellt haben – das nur als Antwort auf die mündliche Frage in dieser Woche –, es gebe keine Vertretungsverträge mehr im zweiten Schulhalbjahr. Diese Schulleiterinnen und Schulleiter meine ich mit meiner Kritik.

Eine ganze Reihe von Eltern war verunsichert und hatte Fragen sowie Diskussionsbedarf. Sie wollen wissen, wie es wirklich weitergeht. Mit diesen Eltern reden wir sehr intensiv darüber, wie es weitergeht.

Die meisten Schulleiterinnen und Schulleiter schauen, wie sie die durch die Arbeitszeitverlängerung gewonnene Mehrarbeit gestalten und was sie damit umsetzen können. Über die Vertretungsverträge verhandeln sie dann mit dem Staatlichen Schulamt. Mit diesen Schulleiterinnen und Schulleitern sprechen wir. Sie bekommen im Ergebnis das, was notwendig ist. Wir sind mit ihnen im Gespräch.

Frau Hinz, es gibt in der Tat Abgeordnete – dazu gehören die Rednerinnen von heute –, die in die Schulen gehen und wider besseres Wissen und unter Umgehung der Wahrheit sagen, die Vertretungsverträge würden gekündigt.

(Beifall bei der CDU)

Sie meinen das nicht – wie vermutet worden ist – in dem Sinne, dass die Vertretungsverträge nicht verlängert werden, sondern sie sagen in den Schulen ausdrücklich, dass sie gekündigt würden. Viele dieser Vertretungsverträge sind nicht nur bis zum Februar befristet, sondern gelten sogar länger. Wenn Sie sagen, die Vertretungsverträge würden gekündigt, ist das schlicht die Unwahrheit. Dafür müssen Sie auch haften.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, für die Verlängerung der Vertretungsverträge sind Sie aber Gott sei Dank nicht zuständig.Vielmehr sind wir dafür zuständig, und deswegen wird auch nicht gekündigt.Wir werden auf dem,was wir in den letzten Wochen gemacht haben, aufbauen.Wir hatten zunächst einmal landesweit zu erfassen, was die Mehrarbeit im Zusammenhang mit der Altersstruktur unserer Lehrerinnen und Lehrer bedeutet. Das haben wir gemacht. Jede einzelne Schule hatte die Aufgabe, zu berechnen, was die Mehrarbeit ganz konkret für sie bedeutet. Dann musste sie überlegen: Was kann in der eigenen Schule geleistet werden? Was kann in den Stundenplänen umgesetzt werden? Das ist geschehen.

Auf dieser Basis haben wir berechnet, wie viele Vertretungsverträge dann noch erforderlich sind. Diese Berechnungen sind erfolgt. Die Vertretungsverträge werden in diesen Tagen geschlossen. Das ist ein sauberer verwaltungstechnischer Vorgang. Dadurch wird auch wieder Ruhe in unseren Schulen einkehren. Dann werden wir über die Inhalte und die Qualität unserer Arbeit diskutieren können.

(Beifall bei der CDU)

Um diesen Sachverhalt zu klären, habe ich einen Brief an die Eltern geschrieben. Deswegen habe ich die Öffentlichkeit über diesen Prozess der Umsetzung informiert und darüber, dass wir wieder geordnete Verhältnisse haben, wenn das nächste Schulhalbjahr anfängt.

Frau Hinz, das sage ich allerdings auch: Wenn das neue Schuljahr beginnt, muss geklärt sein, dass wir die Schulen gleichmäßig versorgen. Dort gibt es noch Restanten, und es ist daher notwendig, dass es zu Umsetzungen und Versetzungen kommt. Die Staatlichen Schulämter haben meine ausdrückliche Unterstützung, wenn sie z. B. dafür sorgen, dass nicht ein Gymnasium nur zu 93 % mit Lehrern versorgt ist, ein anderes aber zu 112 %. Das geht nicht.Um einen gerechten Zustand herzustellen,sind Versetzungen notwendig. Dazu werden wir beitragen.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie wollten die Unterrichtsgarantie schon letztes Jahr erfüllen! Wieso gibt es Gymnasien, die nur zu 93 % versorgt sind?)

Meine Damen und Herren, ich finde es gut, dass sich die Eltern in die Diskussion einmischen. Ich finde es gut, dass wir in der Öffentlichkeit mehr als je zuvor über Bildungspolitik diskutieren. Diese Diskussion wird produktiv sein, wenn sie nicht mit dem Erstellen der neuen guten Stundenpläne stoppt.Vielmehr müssen wir in der Gesellschaft weiterhin über die Qualität des Unterrichts an unseren Schulen und über die Bildungspolitik diskutieren. Dafür wird das, was wir bisher gemacht haben und auch weiterhin im Hinblick auf eine Qualitätsgarantie betreiben wollen, eine gute Basis sein.

Dazu gehört, dass sich die Eltern, die Lehrerinnen und Lehrer sowie die Schülerinnen und Schüler darauf verlassen können, dass die Zahl der Unterrichtsstunden, die wir jetzt an unseren Schulen haben, auch in Zukunft erhalten bleibt. Sie werden sich darauf verlassen können, dass durch die jetzige Aktion den Schulen 300 zusätzliche Stellen zugeteilt werden. Sie werden sich darauf verlassen können, dass die Vertretungsmittel weiterhin fließen. Dabei geht es um mehr als das, was jetzt im Haushalt ausgewiesen ist.Wir geben in diesem Jahr nicht 34 Millionen c, sondern 100 Millionen c für Vertretungsverträge aus. Sie können sich darauf verlassen, dass es neben dem verbleibenden festen Kontingent an Unterrichtsstunden und neben den zusätzlichen 300 Stellen weitere 500 Stellen geben wird, die dazu beitragen sollen, die Qualität an unseren Schulen zu verbessern.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Weil Sie keine Lehrer einstellen!)

Das macht deutlich, dass es, anders als in anderen Ländern, dabei bleibt, dass die Bildung Priorität hat. Wenn Sie, insbesondere die Oppositionsfraktionen von SPD und GRÜNEN, Ihren Blick einmal ein bisschen über die Ländergrenzen hinaus schweifen ließen, würden Sie feststellen, dass es noch vereinzelt Länder gibt, die von der SPD und den GRÜNEN, manchmal auch unter Beteiligung der PDS,regiert werden.Schauen Sie sich einmal die Mixtur von Streichungen an, die dort gerade bei den Bildungseinrichtungen vorgenommen werden.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie werden an dem gemessen, was Sie streichen! – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Frau Wolff steht in Konkurrenz zur PDS! Das ist etwas ganz Neues!)

Schauen Sie sich an, dass in Berlin in Zukunft eine niedrigere Eingangsbesoldung gezahlt wird. Schauen Sie sich an, dass dort die Lebensarbeitszeit verlängert wird. Nehmen Sie zur Kenntnis, dass in anderen Bundesländern die Mittel für die Privatschulen, die Unterrichtsmittel und die Zahl der Religionsstunden gekürzt werden.Auch bei den Kindergärten gibt es massive Einschnitte.Angesichts dessen kann diese Landesregierung in den nächsten Jahren die Politik mit einem guten Gewissen angehen. Wir werden alle Versprechungen dieser Legislaturperiode,was die Quantität und die Qualität der Unterrichtsversorgung sowie die Bildung in unserem Land angeht, erfüllen.

(Beifall bei der CDU – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Sie werden an Ihren Versprechungen gemessen, nicht an denen der PDS! So etwas Abstruses!)

Es gibt keine Wortmeldungen mehr zu dieser Aktuellen Stunde. – Ich rufe Tagesordnungspunkt 36 auf:

Antrag der Fraktion der CDU betreffend eine Aktuelle Stunde (Kompromisse in Berlin – Hessens hartes Verhan- deln hat sich gelohnt!) – Drucks. 16/1685 –

Das Wort hat Herr Kollege Milde, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Er heißt Milde und spricht jetzt von der harten Hand! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der Name ist etwas trügerisch!)

Der Titel der Aktuellen Stunde ist genau richtig. Hessens hartes Handeln hat sich in Berlin gelohnt.

(Beifall bei der CDU)

Ich möchte Ihnen Folgendes sagen: Erstens. Es ist ein schwieriger, aber tragfähiger Kompromiss. Er belegt – das ist ganz wichtig – allen Unkenrufen zum Trotze, dass die Union keine Blockadepolitik betreibt.

Zweitens. Der Kompromiss ist ein gutes Signal an die Wirtschaft und an die Verbraucher, dass die Steuern bei einer vertretbaren Neuverschuldung sinken – darüber werden wir heute noch reden können – und dass mit den Arbeitsmarktreformen wieder begonnen worden ist. Auch das ist ein Signal an die Wirtschaft. Wenn es auch nicht ausreichend ist, so ist es doch immerhin ein Signal. Das heißt, der Kompromiss geht in die richtige Richtung.

Drittens. Bundeskanzler Schröder muss nach diesem Ergebnis eine eigene Mehrheit zustande bringen.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Warum eigentlich?)