Protokoll der Sitzung vom 18.12.2003

Dann kam die Wahl 1999. Da haben die Eltern sehr deutlich eine andere Regierung gewählt, und sie haben auch eine andere Schulpolitik bekommen. Es gab die Wahlversprechen und die Umsetzung der Unterrichtsgarantie. In den folgenden vier Jahren wurde auch sehr sensibel auf alle Beschwerden der Eltern reagiert, wenn irgendwo Stunden ausgefallen sind. Dann gab es einen Elternbrief. Man wollte Erziehungsverträge mit Eltern schließen.Wir haben die Eltern mit in die Verantwortung einbezogen. Da müssen Sie sich nicht wundern, wenn die Eltern jetzt mitreden wollen. Sie wollen mit ihren Protesten auch gehört werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Hier wäre ein offenes Bekenntnis und ein Werben um Verständnis für die Situation vonseiten der Kultusministerin besser gewesen, als einfach nach der Holzhammermethode zu sagen: „So ist es nicht“. Auswirkungen muss es geben. Sonst wären das ganze Sparpaket und die Änderung sinnlos gewesen.

Wenn Sie mit den Schulen sprechen – in der jetzigen Situation, in der die Schulen wirklich belastet sind und sehr brav ihre Hausaufgaben machen, indem sie die Lehrerzahlen und die Stundenzahlen erfassen –,dann werden Sie große Bedenken hören.Kleine Grundschulen sagen,es sei überhaupt nicht machbar, diese zusätzlichen Stunden umzusetzen, es sei denn, sie gingen in den Nachmittagsunterricht. Bei großen Gymnasien wird ein erheblicher Fachlehrerwechsel zum Halbjahr stattfinden. Denn diejenigen Lehrer, die mehr Englisch geben, werden natürlich in

Englisch eingesetzt werden, und diejenigen Lehrer, die mehr Deutsch geben, werden dann eben mehr Deutsch geben müssen. Das heißt, es gibt zum Halbjahr in den Klassen einen Fachlehrerwechsel. Dieser ist mit Sicherheit weder für die Kinder noch für die Benotung gut.

Der dichte Stundenplan, der jetzt entsteht, lässt für die Lehrer keinen Spielraum für Vertretungen mehr. Es sind keine Freistunden mehr da, sodass die Lehrer nicht mehr füreinander als Vertretung im Krankheitsfall einspringen können. Nun soll ein Großteil der Verträge verlängert werden – da, wo es notwendig ist. Da frage ich mich doch: War es denn früher nicht notwendig, Vertretungsverträge abzuschließen? Vor allen Dingen waren die Vertretungsverträge früher mit deutlich mehr Geld unterlegt worden. Auch dieses Geld ist komplett ausgegeben worden. Also muss es weniger Vertretungsverträge geben, da nämlich weniger Geld da ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Äußerst kurzsichtig ist es, das Ganze zum Schulhalbjahr einzuführen. Sie wissen ganz genau, dass es neue Stundenpläne geben wird. Diese einfach übergangslos, ohne Ferien zum Schulhalbjahr einzuführen, bedeutet für die Schulen außerordentlich viel Unruhe. Es wäre sinnvoller gewesen,die ganze Operation wirklich erst nach den Sommerferien zu beginnen.

Dann werden die Neueinstellungen kleingeredet. Es heißt, es würden immerhin 30 % der Stellen wiederbesetzt. Eine Wiederbesetzung von 30 % bedeutet aber einen Wegfall von 70 % bei den Neubesetzungen.

(Beifall bei der FDP)

Wenn Sie mit den Schulleitungen sprechen, sagen sie Ihnen: Wir hatten Referendare, die jetzt fertig geworden sind oder im nächsten Frühjahr fertig werden, und die hoch qualifiziert sind.Sie passen hervorragend in das Lehrerkollegium. Wir haben Ihnen gesagt, dass wir sie dringend behalten möchten und dass wir uns dafür einsetzen werden, dass sie behalten werden. Und was ist jetzt? – Jetzt stehen sie auf der Straße und bekommen natürlich auch keine Vertretungsverträge, weil es keine langfristigen Verträge mehr gibt.

(Beifall bei der FDP)

Ich rate Ihnen, wirklich einmal die einzelnen Schulen zu besuchen. An den Schulen ist ein Stimmungswechsel eingetreten. Er hat leider nichts mit Weihnachten zu tun. Der Hoffnungsschimmer und die Aufbruchstimmung, die vier Jahre lang an den Schulen geherrscht haben, sind einer tiefen Enttäuschung gewichen. Manche Schulleiter fühlen sich in die Zeit von Herrn Holzapfel zurückversetzt, als man ihnen Dinge versprochen hat, die man hinterher nicht eingehalten hat.

(Beifall bei der FDP)

Frau Ministerin, Weihnachtsmärchen sind schön wie Seifenblasen. Aber Ihr Weihnachtsmärchen wird spätestens Anfang Februar zerplatzt sein.

(Beifall bei der FDP und bei dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Das Wort hat der Kollege Beuth für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Henzler, herzlichen Dank für das Stichwort „Winterzeit ist Märchenzeit“. Das, was wir hier heute Morgen in der Aktuellen Stunde erleben, ist tatsächlich eine Märchenstunde, allerdings eine Märchenstunde der Opposition.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren von der Opposition, Frau Kollegin Henzler, Frau Kollegin Habermann, beklagen Sie nicht die Unruhe in den Schulen, wenn Sie sie selbst schüren.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: So ist es!)

Die Eltern werden weder von der Kultusministerin noch vom Staatssekretär, der CDU oder irgendwem aus unseren Reihen beschimpft. Im Gegenteil – da gebe ich Ihnen Recht, Frau Kollegin Henzler –, wir brauchen die Eltern in den Schulen. Nicht umsonst haben wir gerade vor wenigen Tagen die so genannte Bonner Erklärung für die Erziehung und Bildung von Schülerinnen und Schülern auf den Tisch bekommen.

Es ist richtig: Wir brauchen die Eltern. Deswegen beschimpfen wir sie auch nicht. Aber das, was Sie tun, was Sie hier von diesem Rednerpult aus sagen, was Sie in den Wahlkreisen erzählen,das ist doch schlicht und ergreifend die Eltern aufgehetzt.Das ist doch das Problem,das wir in diesen Tagen zu beklagen haben.

(Beifall bei der CDU – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN): Als ob sich die Eltern aufhetzen ließen!)

Wir setzen uns deswegen auch mit denen auseinander, die aufhetzen, mit denjenigen, die die Hysterie in die Schulen hineintragen. Ich denke, das ist vernünftig und gerecht.

Frau Habermann, wenn Sie hier von Unterrichtsversorgung sprechen – das ist auch das, was im Antrag steht –, dann ist das schon eine besondere Form des politischen Masochismus: hier Anträge vorzulegen, mit denen Sie uns Gelegenheit geben, noch einmal richtig schön darzustellen, wo wir überhaupt herkommen, was wir schon erreicht haben. Es gibt in den Schulen auch keine Enttäuschung, außer in denen,zu denen sie gehen und verbreiten,dass es eine Enttäuschung geben müsse.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei dem BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und bei Abgeord- neten der SPD)

Es gibt doch gar keine Hysterie in den Schulen, sondern die Unterrichtsversorgung ist im Jahre 2003 besser als in den vergangenen Jahren, und sie wird im Jahre 2004 noch besser werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Diese Rede werden wir allenthalben verschicken!)

Wir haben durch die Erhöhung der Pflichtstundenzahl ein Plus von 33.000 Unterrichtsstunden. Das sind 1.250 Lehrerstellen. Wenn wir die Stunden, die wir für die Mehrarbeit brauchen, abziehen, bleiben unter dem Strich 8.000 Stunden mehr. Das sind 300 Stellen. Es gibt also keinen Grund für die Hysterie, die hier an den Tag gelegt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir werden im kommenden Jahr 450 bis 500 neue Lehrkräfte, Referendare einstellen. Dazu will ich Ihnen sagen: Wir sind im Bildungsland Hessen. Wenn wir schon eine solche Operation machen müssen, wie wir das tun müssen – das ist nicht unser Versagen –, dann hat Bildung Priorität. Sie hat nämlich einen größeren Einstellungskorridor als der Rest der Verwaltung. Das ist das, was wir machen. Bei uns wird bei der sicheren Zukunft insbesondere an die Bildung gedacht, und das ist gut so.

(Beifall bei der CDU)

Das, was Frau Kollegin Habermann eben zu den Vertretungsverträgen vorgetragen hat, sind doch die Nebelkerzen, die Sie geworfen haben mit dem Durcheinander, das Sie gemacht haben. Wo kommen wir denn her? Auch das habe ich Ihnen beim letzten Mal gesagt und vor kurzem in einer Diskussion:Wir haben im Jahre 2004 das Fünffache der Mittel für Vertretungsverträge im Vergleich zu dem, was wir 1998 im Haushalt hatten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist eine Leistung dieser Regierung, und das zeigt, dass Bildung bei uns Priorität hat.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Das war eine Leistung der Vorgängerregierung, Herr Kollege! Realitätsverlust!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind der Frau Kollegin Habermann und der SPD-Fraktion außerordentlich dankbar, dass sie uns Gelegenheit geben, auf das, was wir in den vergangenen fünf Jahren geleistet haben und was wir in den nächsten vier Jahren weiterhin leisten werden, immer wieder hinweisen zu können aufgrund Ihrer Anträge, den Unterricht sicherzustellen. Die CDU macht es. Bei Ihnen sind 100.000 Unterrichtsstunden in der Woche ausgefallen. Ich denke, das ist der beste Beweis dafür, dass in Hessen eine ordentliche Bildungspolitik gemacht wird, und das bleibt so. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat Frau Kollegin Hinz,Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Wir brauchen jetzt keine Hysterie mehr! Das hat Frau Henzler schon gemacht!)

Ich habe das schon vorher gemacht, das wurde mir auch schon erzählt. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die CDU hat eine Unterrichtsgarantie versprochen. Die CDU hat für diese Wahlperiode 500 Stellen mehr versprochen. Die CDU hat versprochen, dass es eine höhere Unterrichtsqualität gibt. Stattdessen erleben die Eltern zu große Klassen. 1.000 Stellen werden gestrichen. Immer mehr Unterrichtsstunden fallen aus. Und da wundern Sie sich, dass die Eltern sagen, dass die Landesregierung durch den Schul-TÜV fällt? Darüber muss man sich nicht wundern bei einer solchen schlechten Bilanz.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN,der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU)

Herr Beuth, der Verweis auf die letzte Wahlperiode hilft überhaupt nichts. Wir sind in dieser Wahlperiode ange

kommen, und die Eltern erwarten zu Recht, dass Sie Ihre Versprechungen einlösen.

(Michael Boddenberg (CDU): Genau das ist der Fall!)

Aber Sie haben Ihre Versprechungen innerhalb eines halben Jahres weggewischt und gebrochen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie haben doch Lehrerstellen abgebaut! – Weitere Zurufe von der CDU)

Frau Ministerin, die schönsten Zahlen- und Rechenbeispiele helfen Ihnen nicht aus dem Problem heraus, dass es im kommenden Schulhalbjahr und erst recht im nächsten Schuljahr zu Schwierigkeiten bei der Unterrichtsversorgung kommen wird.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Sie haben doch die Stundentafeln gekürzt! 50.000 Stunden haben Sie vorenthalten!)

Die Fakten sind: Nicht alle Vertretungsverträge werden verlängert.Nur 30 % der in Pension gehenden Lehrer und Lehrerinnen werden ersetzt. Da ist auch der Abschluss von BAT-Verträgen im nächsten Schulhalbjahr nicht möglich. Die Staatlichen Schulämter sind damit beschäftigt, darzustellen, wie man die Mehr- und Minderstunden an der jeweiligen Schule irgendwie in Übereinstimmung bringt, um Abordnungen vorzubereiten. Die Schulen müssen Stundenpläne ändern und müssen ihre Lehrer und Lehrerinnen auf fachfremden Unterricht vorbereiten, was auch nicht gerade zur Unterrichtsqualität beiträgt.