Protokoll der Sitzung vom 18.12.2003

Ich darf daran erinnern, dass das Fideikommiss-Gericht ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass es sich um ein Ensemble aus Schloss und Sammlung handelt. Auch das sind Dinge, die man einfach zur Kenntnis nehmen sollte.

(Nicola Beer (FDP):Also wirklich nicht!)

Ich bedauere, dass die zehn Jahre dauernden Verhandlungen nicht früher zu einem Abschluss geführt haben.

(Gerhard Bökel (SPD): Die waren zu Ende, mit einem anderen Ergebnis!)

Herr Bökel, entspannen Sie sich.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Wie dem auch sei, ich bedauere es ganz ausdrücklich. Sie können sich aufregen, so viel Sie wollen. Dass Sie es nicht geschafft haben, liegt an Ihnen. Jetzt sind wir in einer schwierigen Zeit, und wir zeigen den Mut, etwas für die Kultur in diesem Land zu tun. Das tun Sie nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zurufe von der SPD)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Es gibt keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist diese Aktuelle Stunde abgehalten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 35 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde (Unterricht sicherstellen statt Eltern beschimp- fen) – Drucks. 16/1684 –

Das Wort hat Frau Kollegin Habermann.

Herr Präsident,meine Damen und Herren! Die Hessische Kultusministerin steht unter Druck.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

Angesichts der wachsenden Unzufriedenheit der Eltern mit den Folgen ihrer Bildungspolitik und der massiven Elternproteste hat sie die Nerven verloren.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg.Armin Klein (Wiesbaden) (CDU))

Als Reaktion auf Protestbriefe, Presseveröffentlichungen, Podiumsdiskussionen und Demonstrationen verschickte die Hessische Kultusministerin einen Elternbrief, in dem sie im Zusammenhang mit dem für den 11.12. geplanten Aktionstag verkündete: Es muss endlich Schluss sein mit der Hysterie.

(Beifall des Abg. Michael Boddenberg (CDU))

Frau Ministerin, diese Äußerung ist haltlos, sie ist beleidigend, völlig überzogen und zeugt von wenig Bereitschaft, die Besorgnis der Eltern in Hessen ernst zu nehmen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, selbst Ihr eigener Staatssekretär war wohl nicht so ganz glücklich über diese Formulierung.Auf einer von Elternbeiräten in den vergangenen Woche organisierten Podiumsdiskussion unternahm Herr Jacobi als Reaktion auf die verärgerten Kommentare einen überaus eigenwilligen Interpretationsversuch der Worte seiner Chefin: Nicht die Eltern seien mit dem Hysterievorwurf gemeint, sondern unsere sehr verehrte Kollegin Frau Priska Hinz. Sie sei das Ziel der ministeriellen Erregung.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Frau Hinz, Sie werden mir verzeihen, dass ich Ihre „Hysterie“ auch noch einmal parlamentsöffentlich mache. Aber die Unglaubwürdigkeit dieses an den Haaren herbeigezogenen Arguments ist offensichtlich. Auch die Eltern konnte man mit dieser „brillianten“ Dialektik nicht überzeugen.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich hatte die Kultusministerin keinen Zweifel daran gelassen, dass es die Aktivitäten der Eltern sind, die ihr missfallen.

Frau Kultusministerin, sie müssen sich fragen lassen, wie Ernst es Ihnen damit ist, wenn Sie unermüdlich an die Verantwortung und die Bereitschaft der Eltern appellieren, sich im Interesse ihrer Kinder in die Schule einzubringen. Genau das, was Sie zu Recht immer erwarten, haben die Eltern in den letzten Wochen getan.Sie haben sich engagiert für die Bildungschancen ihrer Kinder, für die Schulen und gegen eine Bildungspolitik, die sich nicht an Überlegungen des Fachministeriums, sondern an den Vorgaben des Ministerpräsidenten orientiert.

(Beifall bei der SPD)

Das nehmen Sie ihnen übel, und Sie scheuen sich nicht, dieses Engagement zu diffamieren. Gleichzeitig gab es hektische Aktivitäten und Entwarnungssignale.Am 12.12. rechnete die Kultusministerin in der „Frankfurter Rundschau“ damit, dass zwei Drittel der rund 9.000 bestehenden Vertretungsverträge erhalten werden können. Wie lange, das sagte sie nicht. Wenn ich die Kürzungen überschlage, komme ich in etwa auf die gleiche Zahl für das, was am Ende übrig bleiben kann. Bereits vom 08.12. datiert ein Brief des Ministeriums, der diesmal an Eltern, Lehrer und Schulleitungen gerichtet ist. Die Aussage, es werde keine Kündigung von Vertretungsverträgen geben, ist das rhetorische Glanzlicht dieses Briefes. Wie kann man denn auch Verträge kündigen, die ohnehin befristet sind? Das ist eine Wortspielerei, die vernebelt, was wirklich gemeint ist.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Weiter steht in diesem Brief, ein Großteil der Verträge werde verlängert werden.Das wird wieder behauptet.Wie groß ist dieser Großteil? Sind das die zwei Drittel, oder was ist das nun? Wir wissen das bis heute nicht. Die Kultusministerin fügt hinzu, dies werde stets dann geschehen, wenn ihre Verlängerung notwendig ist. Da bleibt die Frage offen, wer diese Notwendigkeit definiert.

An manchen Schulen hat der Protest der Eltern dazu geführt, dass die Notwendigkeit sehr rasch erkannt wurde. Bei anderen war es eher der Einfluss von CDU-Wahlkreisabgeordneten. Jetzt muss ich ein bisschen aufpassen. Eine Grundschule in Hainburg erhielt vor den Blitzlichtern der Presse durch den gewichtigen und wichtigen Landtagsvizepräsidenten Lortz die Zusage, die bestehenden Verträge würden vollumfänglich verlängert.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Weihnachtsgeschenk von Lortz!)

In Offenbach verfügt Staatsminister Grüttner trotz massiver Proteste der Eltern offensichtlich nicht über so einen gewichtigen Einfluss. Bisher hat dort nämlich nur eine einzige Grundschule Klarheit über die Situation zu Beginn des zweiten Halbjahres.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie groß dieser „Großteil“ der verbleibenden Verträge am 01.02. auch sein mag, eines ist schon heute klar: Die im Haushalt eingesetzten Mittel müssen in den Staatlichen Schulämtern für das ganze Jahr reichen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wer jetzt zur Befriedung der Situation mehr Geld ausgibt, muss im nächsten Halbjahr noch mehr sparen. Diese Wahrheit sollte man den Eltern natürlich auch einmal sagen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn bisher wird nicht an der Einsparung von 8,6 Millionen c für Vertretungsunterricht gerüttelt, und es gibt auch keine Anzeichen, dass die Kultusministerin von Arbeitszeitverlängerung und Stellenstreichung bei den beamteten Lehrkräften Abstand nimmt.

(Zuruf von der CDU: Bleiben Sie bei der Wahrheit! Fünfmal so viele!)

Frau Kollegin Habermann, Sie müssten zum Schluss kommen.

Das ist sehr bedauerlich.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Das sehe ich anders!)

Frau Kultusministerin, Ihr einziges Ziel ist das Überspringen der von Roland Koch aufgestellten Hürde.Dafür nehmen Sie in Kauf, dass die Qualität an hessischen Schulen massiv leiden wird. Es ist gut, dass die Eltern sich engagieren. Sie werden es trotz der verbalen Entgleisung der Kultusministerin weiter tun. Aber es wäre besser, unsere Haushaltsanträge anzunehmen, damit die Qualität an den hessischen Schulen gewährleistet bleibt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Habermann. – Das Wort hat Frau Kollegin Henzler für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Winterzeit ist Märchenzeit. Besonders im Kultusministerium geht es zurzeit äußerst märchenhaft zu. Die Kultusministerin versucht, Eltern, Schülern, Lehrern und Referendaren in Presseerklärungen und persönlichen Briefen zu erzählen, alles bleibe ab Februar, wie es ist, bzw. es werde alles sogar noch besser,weil noch mehr Unterrichtsstunden gegeben werden sollen. Meine Damen und Herren, liebe Kultusministerin, Sie wissen ganz genau, dass das nicht so ist und dass das eine märchenhafte Erzählung ist.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Überrascht von den Protesten der Eltern gibt es erst einmal nach der Holzhammermethode die Anweisung: Schluss mit der Hysterie. – Das ist schlechter Stil, wenn man mit besorgten Eltern so umgeht. Sie sollten sich lieber einmal fragen, warum die Eltern denn jetzt beim Thema Bildung so übersensibel sind. In den Zeiten rotgrüner Regierung hatten die Eltern die Hoffnung schon längst aufgegeben, dass sich in hessischen Schulen etwas bessert.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Das stimmt aller- dings!)

Dann kam die Wahl 1999. Da haben die Eltern sehr deutlich eine andere Regierung gewählt, und sie haben auch eine andere Schulpolitik bekommen. Es gab die Wahlversprechen und die Umsetzung der Unterrichtsgarantie. In den folgenden vier Jahren wurde auch sehr sensibel auf alle Beschwerden der Eltern reagiert, wenn irgendwo Stunden ausgefallen sind. Dann gab es einen Elternbrief. Man wollte Erziehungsverträge mit Eltern schließen.Wir haben die Eltern mit in die Verantwortung einbezogen. Da müssen Sie sich nicht wundern, wenn die Eltern jetzt mitreden wollen. Sie wollen mit ihren Protesten auch gehört werden.