Protokoll der Sitzung vom 29.01.2004

Ich habe weiter ausgeführt: Die Methodenuntersuchung des TÜV Pfalz aus Kaiserslautern zeigt, dass das rechnerische Sicherheitsrisiko bei maximal einem Ereignis in 10.000 Jahren liegt. Ein solcher Wert schien mir nicht unvertretbar, sondern verantwortbar zu sein.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber genau das ist es!)

Meine Damen und Herren, das ist meine komplette Aussage hierzu, und dazu stehe ich nach wie vor.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber genau das ist es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zu einem weiteren Zitat von Herrn Posch. Und das ist jetzt auch wichtig, weil immer wieder auf das Verfahren Bezug genommen wird, insbesondere vonseiten der SPD-Fraktion. Die sagt: Im Grundsatz Ja – aber macht ihr mal, wir werden euch schon am entsprechenden Punkt kritisieren,

wenn es denn möglicherweise schief geht. – Ich wünsche mir von Ihnen mehr Mut, Bekennermut. Meine Damen und Herren, entscheiden Sie, zu welcher Variante Sie stehen.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Herr Posch hat zum Verfahren damals zumindest das gesagt, was ich heute im Sinne von Kontinuität darlegen kann und was ich genauso sehe. Ich zitiere ihn:

Das Ergebnis dieses Raumordnungsverfahrens bedarf der Umsetzung in die hessischen Raumordnungspläne.... Im Zuge dieser Änderung des Landesentwicklungsplanes... werden die sich aus dem Raumordnungsverfahren ergebenden Maßgaben und Hinweise abgearbeitet werden müssen.

Daran knüpfte meine zweite Aussage an,die ich öffentlich getan habe. Ich will auch sie noch einmal zitieren: Die Fachleute meines Hauses werden die Ergebnisse sehr sorgfältig prüfen. Dabei werden wir weiterhin externen Sachverstand nutzen. Darüber hinaus erwarten wir in Kürze die Empfehlung der Störfallkommission. – Und dann der entscheidende Satz, der mit dem bisherigen Verfahrensbeschreibungssatz von Herrn Posch deckungsgleich ist: Zum jetzigen Kenntnisstand gibt es keine Veranlassung, die bisherige Planung und Verfahrensweise zu korrigieren.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich sehe dies, was heute hier diskutiert worden ist – insbesondere auch die Polemik,die offenbar ihre Gründe hat –,sehr gelassen. Sie können versichert sein, dass ich auch sehr persönlich mit einer hohen Verantwortung dieses Verfahren vorantreibe. Darauf haben alle Verfahrensbeteiligten einen Anspruch.

In der Bewertung, ob Vorfestlegung oder Nichtvorfestlegung, habe ich einen Zeugen, auf den Sie sich immer berufen. Ich zitiere hier die „FAZ“. Sie schreibt:

Rhiel habe gesagt, dass die Nordwest-Bahn grundsätzlich verantwortbar sei, jedoch auf die notwendigen Vorkehrungen hingewiesen.

Hierzu der Vorsitzende der Störfallkommission. Er sagt, dass er in diesen Aussagen freilich keine Festlegung des Ministers sieht.Meine sehr verehrten Damen und Herren, so sehe ich es auch.

(Lachen des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Ich bitte darum, dass wir fair miteinander umgehen und die Worte so wählen, dass sie auch der Sache gemäß und verantwortbar sind. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Staatsminister, herzlichen Dank. – Meine Damen und Herren, wir haben einen hohen Gast auf der Tribüne. Ich begrüße den Präsidenten der Autonomen Region Aragón, Iglesias Ricon. Herr Präsident, seien Sie herzlich willkommen beim höchsten Verfassungsorgan des Landes Hessen.

(Allgemeiner Beifall)

Meine Damen und Herren, wir haben jetzt noch eine Runde mit Fünf-Minuten-Beiträgen. Das Wort hat der Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist so viel gesagt worden, dass man eigentlich mehr Zeit zur Replizierung haben müsste.Ich will mich auf wenige Punkte beschränken. Herr Staatsminister Rhiel, ich sehe es Ihnen nach. Sie sind noch nicht lange hier.Aber keiner der Kollegen hier im Saal würde bestätigen, dass er mich je sprachlos gesehen hat. Insoweit war diese Behauptung nachweislich falsch.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es war noch mehr falsch von dem, was Sie gesagt haben.

(Zurufe von der CDU)

Das mag daran liegen, dass Sie während der Ausschusssitzung nach draußen vor die Presse gegangen sind und nicht weiter zugehört haben. Denn wenn Sie sagen, der Gutachter aus der Pfalz habe gesagt, durch die Präzisionsanflüge könne man zusätzliche Sicherheit schaffen, dann ist das höchstens ein Drittel der Wahrheit. Er hat gesagt: Das ist die einzig erkennbare Kompensation für die Ausnahmegenehmigungen, die notwendig sind, wenn trotz der vorgeschlagenen Umbauten nach wie vor die Anflugsbegrenzungsfläche durchstoßen wird.

Insoweit ist das kein Gewinn an Sicherheit, sondern es ist allerhöchstens ein Aliud, um das andere überhaupt genehmigungsfähig zu machen. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dritte Bemerkung zu Ihnen, Herr Rhiel.Auf Mut kommt es in dieser Frage wahrlich nicht an, wenn Sie alle beschwören, wir leben in einem Rechtsstaat. Dann kommt es darauf an, nach Recht und Gesetz zu entscheiden, Herr Rhiel,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

ganz abgesehen davon, dass ich mein Leben lang einen Satz meines Klassenlehrers in der Oberstufe beherzigt habe, der immer gesagt hat: Mut ist lebensgefährlicher Intelligenzersatz.

(Zurufe von der CDU und der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich muss noch zwei Bemerkungen zu Herrn Ex-Staatsminister Posch machen. Herr Kollege Posch, in der Aufregung sind Sie vielleicht ein bisschen zu weit gegangen. Denken Sie darüber noch einmal nach. Jemandem nur deshalb, weil er einer anderen Auffassung in einer zugestandenermaßen sehr wichtigen Frage ist, das Recht abzusprechen, sich zu allen weiteren Fragen, die damit im Zusammenhang stehen, zu äußern, geht für einen selbst ernannten Liberalen ein bisschen zu weit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch des Abg. Dieter Posch (FDP))

Sie reden über die Glaubwürdigkeit. Die Glaubwürdigkeit von mir und uns GRÜNEN ist, denke ich, am unbeschädigtsten. Wir haben gesagt und stehen dazu, wir wollen die Diskussion hier jetzt nicht im Detail führen: Wir halten jede Variante einer Landebahn, egal in welcher

Himmelsrichtung, für falsch. Wir sind grundsätzlich der Meinung, andere Lösungen dienen der Region. – Herr Kollege Reif, es ist schon interessant, was Sie zu der Frage Ticona breit ausführen. Dort geht es, wenn man dem Ministerpräsidenten folgt, locker um mehr als 1.000 Arbeitsplätze, die dann in der Region wegfielen, wo wir doch gestern gehört haben, dass es besonders schlimm ist, dass bei uns immer mehr Produktionsarbeitsplätze wegfallen. Man hätte das zumindest einmal erwähnen dürfen, meine ich.

Herr Kollege Reif, Sie können an vielen Stellen Ihrer Rede nur Art. 95 Hessische Verfassung in Anspruch nehmen, sonst käme noch einiges auf Sie zu. Wenn Sie anderen Demagogik vorwerfen: Was Sie hier vorgetragen haben, war Demagogik in Reinkultur.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie waren im Ausschuss dabei, als die Gutachter gesagt haben:

(Zuruf von der CDU: Sie müssen es ja wissen!)

Wenn ein Flugzeug auf Ticona herunterfällt – ich sage das einmal umgangssprachlich –, ist es völlig Wurscht, ob der Tank des Flugzeugs voll oder leer ist.Von dem Verhältnis zu der Menge der explosiven Stoffe im Gelände her spielt das keine Rolle.

(Michael Boddenberg (CDU):Auch das ist falsch!)

Sie haben vorhin dargestellt,

(Michael Boddenberg (CDU): Sie sagen die Unwahrheit! – Clemens Reif (CDU): Wie es Ihnen passt!)

dass zukünftig Flugzeuge mit weniger Treibstoff weniger gefährlich und dass heutige Flugzeuge mit mehr Treibstoff viel gefährlicher seien. Das ist eindeutig eine demagogische Argumentationsweise.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, an einem Punkt muss ich auf Herrn Posch inhaltlich eingehen: die Sache mit dem Landesentwicklungsplan.

(Zurufe von der CDU)

Die Vorgabe im Landesentwicklungsplan, die auf die Schnelle und unter Ihrer Mitverantwortung gemacht wurde, hat der Verwaltungsgerichtshof gekippt – aus guten Gründen. Sie wollen und müssen jetzt Ihrer Meinung nach wieder eine Vorgabe machen, weil das demokratisch legitimierte Gremium, die Regionalversammlung, ein doch zu unzuverlässiger Partner zu sein scheint. Das heißt, man will qua Landesentwicklungsplan das Vorhaben als dringendes Ziel vorgeben. Da ist die Absicht, zu sagen: Ihr könnt gar nicht anders, sondern wir schreiben vor, dass ein Ausbau stattfindet.

Das ist der Grund. Das kann man doch ganz offen sagen. Es ist auch so. Das hat nichts damit zu tun, dass das so bedeutungsvoll wäre. Die Regionalversammlung könnte auch auf diese Idee kommen, aber denen traut keiner. In Ihren Augen gibt es aus der Vergangenheit vielleicht hinreichend Veranlassung dazu; das will ich nicht bestreiten. Deswegen: Sie schreiben es vor. Dann kann man dieses Gremium in seiner Wirkung ausschalten. Genau das machen Sie.

Ich fasse zusammen. Diejenigen, die den Ausbau betreiben, haben heute viel Lautes gerufen und viele starke

Wörter verwandt. In Wahrheit ist das doch schon der Abgesang. Das merken Sie doch auch.