Zu Punkt 3, also zu der Vorlage der Beteiligungsberichte, kann ich sagen, dass wir dieses Anliegen positiv bewerten. Bei diesem Punkt liegt eindeutig ein Verlust der Einflussnahme und ein Verlust der Kontrollrechte der kommunalen Parlamente vor. Dieser Missstand muss nach unserer Meinung behoben werden. Ob die vorgeschlagenen Mittel aber geeignet sind, die Probleme zu beheben, darüber müssen wir uns im zuständigen Ausschuss noch intensiv unterhalten.Allerdings sind die schon vorliegenden Beteiligungsberichte des Wetteraukreises und des MainKinzig-Kreises positiv zu bewerten. Ich bin der Meinung, dass wir diesen Weg einschlagen können.
Ich denke aber auch, dass wir zu diesem gesamten Themenkomplex eine Anhörung brauchen. Denn insbesondere der Punkt, bei dem es um den Zugang der überörtlichen Prüfung zu den Beteiligungsgesellschaften geht, ist problembehaftet, bewegen wir uns da doch auch im Konfliktfeld mit dem GmbH-Gesetz und dem Aktiengesetz. Ich denke, dazu sollte man Experten anhören, wie man das, wenn man das will, kompatibel bekommt.
Nun aber zu Punkt 1, der wirtschaftlichen Betätigung von Kommunen. Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung. Es ist ein gutes Recht, Gesetzentwürfe, mit denen man in einer Koalition gescheitert ist, als Oppositionsfraktion sofort am Anfang einer Legislaturperiode wieder einzubringen. Vor dem Einbringen sollte man allerdings einmal prüfen, ob die Argumente des ehemaligen Koalitionspartners nicht doch stichhaltig waren oder ob die vorgelegten Argumente,
z. B. der Kommunalen Spitzenverbände, eine gesetzliche Regelung nicht überflüssig machen. Herr Kollege Hahn
hat hier die Handwerkskammer angesprochen. Herr Kollege Hahn hat hier verschiedene andere Institutionen angesprochen. Sie haben aber vollständig vergessen, hier z. B. die Kommunalen Spitzenverbände zu erwähnen, die gerade in diesem Punkt eine sehr kritische Auffassung haben.
Ich möchte noch einen Punkt zu bedenken geben. Sie sind sonst immer für Deregulierung.Den Entwurf,den Sie hier vorlegen, betrachte ich aber in Bezug auf die Gemeindewirtschaft ein bisschen als Aktionismus.Was sagte der Innenminister bei der damaligen Anhörung, als die Problemfälle, die Sie auch im Gesetzentwurf schildern, genannt wurden? „Die Vorfälle“ – ich zitiere den Hessischen Städtetag – „seien überzogen und eine grundsätzliche Novellierung des § 121 HGO sei nicht notwendig“.
Wenn Sie heute in Ihre Pressemappen geschaut haben, werden Sie auch eine Stellungnahme des Präsidenten des Hessischen Städtetags gesehen haben, in der er das noch einmal eindeutig sagt. Eigentlich wäre dem nichts hinzuzufügen, denn die im Gesetzentwurf geschilderten Fälle sind nicht so gravierend, dass sie eine Novellierung der Hessischen Gemeindeordnung notwendig machen. Gerade das Beispiel des städtischen Gartenamtes ist in einem ähnlich gelagerten Fall schon vom OLG Hamm durch rechtskräftiges Urteil vom 23.09.1997 untersagt worden. Auch das OLG Düsseldorf hat die Frage, ob sich ein kommunales Unternehmen frei betätigen kann, ohne die Voraussetzungen des öffentlichen Zwecks und des Öffentlichkeitsprinzips genau zu untersuchen und zu bewerten, schon entschieden. Es untersagte 1997 einer städtischen Volkshochschule, z. B. Nachhilfeunterricht zu erteilen.
Mit Verlaub, Sie schießen, wie ich meine, in diesem Punkt mit Kanonen auf Spatzen. Sie versuchen an diesem Punkt einen Zwist zwischen kommunalen Unternehmen auf der einen Seite und dem Handwerk und dem Mittelstand auf der anderen Seite zu konstruieren. Wir sollten lieber das partnerschaftliche Miteinander zwischen kommunalen Unternehmen, dem Handwerk und dem Mittelstand fördern. Dieses Miteinander brauchen wir gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Das Ziel der FDP, die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen grundsätzlich und drastisch einzuschränken, halten wir für falsch.
Ich will an dieser Stelle einen Blick auf die kommunalen Beschäftigungsgesellschaften und z.B.die Werkstätten für Behinderte legen. Ich zitiere hier den Entwurf der Kommunalen Spitzenverbände „Partnerschaft zwischen kommunaler Wirtschaft, Handwerk und Mittelstand“:
Kommunale Beschäftigungsgesellschaften bedürfen einer besonderen Betrachtung. Sie leisten einen erheblichen Beitrag zur Integration von Personen, die aufgrund geringer Qualifikation oder Leistungsfähigkeit nur schwer in den Arbeitsprozess wieder einzugliedern oder einzugliedern sind. Bei der finanziellen Förderung handelt es sich um Mittel, die in entsprechendem Umfang auch privaten Gewerbetreibenden zugewiesen werden können, wenn sie bereit sind, Arbeitnehmer aus dem angesprochenen Personenkreis zu beschäftigen.Erfahrungsgemäß verzichten jedoch die meisten Be
triebe auf entsprechende Einstellungen, da sie die Mitarbeit solcher Arbeitnehmer für ihre Betriebsabläufe für eher abträglich halten.
Mit der Einführung der echten Subsidiarität, wie Sie sie vorschlagen, wäre die Gründung solcher Beschäftigungsgesellschaften demnächst nicht mehr bzw. nur noch schwer möglich. Auch deshalb lehnen wir den Vorschlag, den Sie zu den wirtschaftlichen Betätigungen von Kommunen machen, ab.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Wirtschaftliche Betätigung der Kommunen ist mit eines der wesentlichen Instrumente und Elemente der kommunalen Selbstverwaltung.
Zwar haben sich die Rahmenbedingungen für kommunale Unternehmen geändert, an den prinzipiellen Einschätzungen der wirtschaftlichen Betätigung im Rahmen der Daseinsvorsorge mit der Anerkennung des Kommunalverfassungsrechts und des Wettbewerbsrechts hat sich aber nichts geändert.
Mit Zustimmung und im Sinne der Einordnung in die Region muss es aber gestattet sein, z. B. das Örtlichkeitsprinzip zu durchbrechen. Dies dient auch der Marktöffnung. Das Kerngeschäft ergänzende Geschäftsfelder sollten nach unserer Meinung auch möglich sein, wenn sie sich im gesetzlichen Rahmen halten.Die Einführung einer echten Subsidiarität, wie sie hier angesprochen ist, erscheint uns nicht zweckmäßig. Warten wir die Anhörung ab. Warten wir die Debatte im zuständigen Ausschuss ab. Ich glaube, dass wir da noch einige erhellende Sätze zu hören bekommen.
Ich möchte an dieser Stelle noch eine Anregung machen, die dringend notwendig wäre. Das Gemeindewirtschaftsrecht der Länder sollte insgesamt harmonisiert werden,
denn wenn man in die verschiedenen Kommunalverfassungen schaut, dann stellt man fest, dass das querbeet geht. Ich denke, da wäre durchaus Regelungsbedarf. – Herzlichen Dank.
Ich muss einen der beiden „Blumensträuße“ bezüglich der Jungfernrede zurücknehmen. Herr Kollege Kaufmann hat mir jetzt glaubhaft versichert,dass Herr Frömmrich schon einmal Mitglied des Landtags war – 1994/1995 – und damals schon Reden hielt. Seien Sie uns trotzdem nach dieser Zäsur, nach dieser Pause hier herzlich willkommen.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! In allen Städten und Gemeinden sind
die städtischen Unternehmen wie Pilze aus dem Boden geschossen. Neben den traditionell von den Städten angebotenen Dienstleistungen der Daseinsvorsorge – da will ich einmal einige nennen:Energie,Wasserversorgung,Abfallentsorgung, Abwasserentsorgung, öffentlicher Nahverkehr, Gesundheitswesen, Bereitstellung von Wohnraum – kommt immer mehr hinzu: Beratungseinrichtungen,Wirtschaftsberatung sowie Bildungs- und Kulturaktivitäten, die städtische Unternehmen wahrnehmen.
Der Hessische Städtetag schätzt, dass heute in vielen großen Städten schon etwa die Hälfte der städtischen Dienstleistungen nicht mehr von den Kernverwaltungen, sondern von den städtischen Unternehmen angeboten wird. Hinzu kommt, dass auch Beteiligungen der Kommunen zusammen mit Privaten immer mehr zunehmen und das ein zusätzliches Problem ist.
Die Rahmenbedingungen für die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen haben sich durch die gesetzlichen Regelungen der Europäischen Union und des Bundesgesetzgebers erheblich verändert. Viele Kommunen sahen und sehen in der wirtschaftlichen Betätigung ihrer Gebietskörperschaft einen guten Weg, um die anfallenden Aufgaben effizienter, kostengünstiger und kundenfreundlicher für die Bürger zu erledigen, natürlich verbunden mit der Hoffnung, auch finanziell ein Schnäppchen zu machen und den kommunalen Haushalt zu entlasten.
Hessenweit haben wir einen bunten Teppich der unterschiedlichsten Formen der wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen.Wir haben auch bisher, das muss man sagen, dank der Kommunalaufsicht keine größeren Beschwerden, was die Betätigung der Kommunen in wirtschaftlicher Art angeht.
Zunehmend gerät aber nun die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen in die Kritik der privaten Wirtschaft. Die kommunalen Unternehmen werden als unlautere Wettbewerber wahrgenommen, die insbesondere den Mittelstand schwächen. Inzwischen – das ist eben gesagt worden – haben sich etliche Verbände gegen die kommunale Konkurrenz ausgesprochen.
Ich will nur ein Beispiel nennen. Das ist eine Resolution aus dem Herbst des Jahres 1999 des Hessischen Handwerktages zu diesem Thema, die in der Öffentlichkeit breit diskutiert worden ist. Zunehmend werden auch die Meinungsverschiedenheiten über die Zulässigkeit kommunaler wirtschaftlicher Betätigung vor Gericht ausgetragen.
Herr Kollege, Sie haben eben gesagt, die Rechtsprechung sei dort ziemlich uneinheitlich. Sie haben eine Entscheidung des OLG Hamm aus dem Jahre 1997 genommen, wenn ich das richtig gehört habe. Es gibt eine neue Entscheidung vom BGH aus dem Juni 2002, zu der ich etwas sagen will.
Es geht um wettbewerbsrechtliche Verstöße. Es ging immer um den Verstoß gegen § 1 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, weil die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit einer Gemeinde als unlauterer Wettbewerb gegenüber privaten Konkurrenten angesehen wurde.
Der BGH hat dem einen Riegel vorgeschoben. Nach Ansicht des BGH ist eine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit einer Gemeinde nicht schon deshalb als unlauterer Wettbewerb gegenüber privaten Konkurrenten anzusehen, weil sie der Gemeinde nach Kommunalrecht untersagt wird.
Das heißt,Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb richteten sich gegen unlauteres Wettbe
werbsverhalten auf dem Markt, und sie hätten nicht den Sinn – so der BGH –,Wettbewerb zu ermöglichen, andere unter Berufung darauf, dass ein Gesetz ihren Marktzutritt verbiete, vom Markt fernzuhalten.
Durch diesen Riegel des BGH ist es nun auch untersagt, allein aus diesem Grund vor die Zivilgerichte zu gehen. Also ist die Aufgabe anderen zugewiesen – dem Gesetzgeber, den Verwaltungen. Wir müssen uns damit beschäftigen.
Herr Hahn hat gesagt: Wir sind gesprächsbereit. – Es ist Aufgabe der Gesetzgebung, diesen Bereich zu regeln. Die Problembereiche, die sich daraus ergeben, sind eben angesprochen worden. Ich will sie noch einmal aufzählen. Der erste ist das Verhältnis der kommunalen Unternehmen zu privaten Wettbewerbern. Der zweite Punkt ist die Steuerung kommunaler Unternehmen durch die demokratisch legitimierten kommunalen Gremien.
In der Tat ist festzustellen, dass die einzelnen Volksvertreter in den einzelnen Beteiligungsgesellschaften nicht immer den Gesamtkonzern ihrer Stadt oder Gemeinde im Auge haben.Da sind wir uns einig.Das heißt,es geht letztlich um die Kontrolle auch der kommunalen Wirtschaftsunternehmen durch die demokratisch legitimierten kommunalen Gremien. Es ist das Problem des Örtlichkeitsprinzips, das die kommunalen Unternehmen natürlich einschränkt.
Zwischen CDU und FDP gibt es in dieser Frage keinen Streit und hat es in der Vergangenheit auch keinen Streit gegeben.Weil dieses Thema so wichtig ist und angegangen werden muss, will ich nur darstellen, dass genau dieses Thema im Regierungsprogramm zu finden ist. Mit Genehmigung des Präsidenten möchte ich das zitieren. Es steht unter der Überschrift „Förderung des hessischen Handwerks“:
Zu verbesserten Rahmenbedingungen für den Mittelstand zählt auch, dass die sich ausweitende wirtschaftliche Betätigung der Kommunen eingegrenzt wird. Wir werden daher das kommunale Wirtschaftsrecht mit dem Ziel überprüfen, dass die Gründung kommunaler Wirtschaftsunternehmen künftig nur noch unter sehr restriktiven Voraussetzungen möglich ist. Ferner wird angestrebt, dem Landesrechnungshof Einblick in bereits bestehende kommunale Gesellschaften zu geben und die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen sukzessive abzubauen.
Der Gesetzentwurf enthält das strenge Subsidiaritätsprinzip – Herr Kollege Hahn hat das ausgeführt –, dass, wenn ein Privater besser anbietet, es die Kommune nicht erledigen muss. Eine Reihe von Bundesländern hat inzwischen diese Regelung angenommen. Es ist die Frage, ob es sich auf die künftigen Unternehmen beschränkt oder ob man nicht all diejenigen einbeziehen muss, die bisher ein umfangreiches Netzwerk an solchen Unternehmen und Beteiligungen geknüpft haben.