Protokoll der Sitzung vom 18.02.2004

Lassen Sie mich noch einige Worte zu dem Antrag der FDP sagen. Herr Denzin, Sie haben darauf hingewiesen, dass ich nun fast ein Jahr im Amt bin. Ich bin noch nicht ganz ein Jahr im Amt; es sind erst zehn Monate. Diese Bewertung trifft dann auch – sicherlich etwas ironisch gemeint – Herrn Posch.

Aber gerade im Hinblick auf die IBH müssten Sie wissen, dass das, was in der letzten Legislaturperiode geschaffen worden ist,eine richtige Weichenstellung war und dass wir auf dem Weg zwar bereits erheblich vorangekommen sind, die Entwicklung aber noch längst nicht am Ende angekommen ist.

Herr Staatsminister, ein freundschaftlicher Hinweis: Der zwischen den Fraktionen vereinbarte Zeitrahmen ist überschritten.

Herr Präsident, es ist aber so viel angesprochen worden, dass ich mir noch etwas Zeit nehmen muss;

(Michael Denzin (FDP):Weiterentwickeln muss!)

denn die konkreten Fragen sollten schon beantwortet werden, um nicht dem Vorwurf Ihrer Seite Vorschub zu leisten, die Diskussion sei nicht konkret gewesen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Herr Denzin, um auf Ihren Antrag zur Wirtschaftsförderung noch einmal im Einzelnen einzugehen: Sie haben selbst erkannt, dass die Entwicklung, die dort stattgefunden hat, noch nicht beendet ist. Gerade aus Sicht der Unternehmen ist die Förderlandschaft in Hessen, insbesondere was ihre Institutionen angeht, noch relativ unübersichtlich.

Deswegen steht im Wahlprogramm der CDU – und damit später auch im Regierungsprogramm dieser Landesregierung –, dass die Fördereinrichtungen überarbeitet und neu konstituiert werden müssen. Es kommt nämlich darauf an, all die Fördermöglichkeiten, die es gibt – sie sind in der Tat sehr differenziert –, für einen, der auf sie Anspruch hat und darauf angewiesen ist, leicht erkennbar, transparent und überschaubar darzustellen.

Deswegen ist noch im letzten halben Jahr eine Projektgruppe unter dem Vorsitz von Herrn Staatssekretär Hirschler von mir beauftragt worden, sich dieser Aufgabe anzunehmen.

(Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Es wäre schön, wenn er es weiter machen könnte!)

Inzwischen hat diese Projektgruppe ihr erstes Ergebnis vorgelegt. Gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten haben wir die weiteren Schritte beraten. Heute darf ich Ih

nen zumindest so viel sagen: Es bleibt bei der Zielsetzung, die Bündelung der gesamten Wirtschaftsförderaktivitäten so zu gestalten, dass jeweils ein Ansprechpartner vorhanden ist.

(Zurufe der Abg. Martin Häusling (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) und Hildegard Pfaff (SPD))

Diese Förderung soll insbesondere aus Kundensicht optimiert werden. Sie soll so stattfinden, dass der Input an Fördervolumen,an Geldern,die wir zur Verfügung haben, durch wenig Kosten bei den Betrieben reduziert wird,also möglichst umfassend am Ziel ankommen soll.

Das bedeutet, dass von der Bestandsaufnahme von insgesamt 13 Einrichtungen und Institutionen ausgehend auf der Basis der Gespräche mit allen Beteiligten auch aus Kundensicht sich in Zukunft ein Zwei-Säulen-Modell entwickeln und institutionalisiert werden wird. Das beinhaltet zum einen die monetäre Förderung und zum anderen die nicht monetäre Förderung, also den Consultingbereich, wie wir heute zu sagen pflegen.

Natürlich gibt es zwischen beiden Bereichen eine Verbindung, räumlich und funktionell. Wenn es zu pekuniärer Leistung kommt, also zur Finanzierung, dann kann dies in einer optimierten Bank IBH abgewickelt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Denzin, an diesem Konzept – das sollte man der Wahrheit wegen sagen – haben alle Beteiligten mitgewirkt, auch der 50-%Partner Helaba. Der Chef der Helaba war Mitglied der Leitungsgruppe. Er steht also ebenfalls hinter diesem Konzept.

Wir wollen unseren Handlungsspielraum voll ausschöpfen. Herr Denzin, wenn Sie kritisch darauf hingewiesen haben, dass die Leistungsvergütung seitens des Landeshaushalts an die IBH reduziert worden ist, so ist das richtig. Aber wir müssen auch fragen, warum das so ist. Zum einen ist dies sicherlich der Reduzierung der Möglichkeiten des Landeshaushalts geschuldet. Zum anderen aber ist dies der Situation geschuldet, dass es heute noch nicht klar ist, ob der Bund auch für dieses Jahr noch Mittel aus den Gemeinschaftsaufgaben zur Verfügung stellt.

(Zuruf der Abg. Hildegard Pfaff (SPD))

Natürlich können wir in dieser Situation der IBH keine Vergütung für die Ausschüttung von GA-Förderungen zur Verfügung stellen, solange diese noch nicht geregelt sind und noch nicht zur Verfügung stehen.

Ich hoffe sehr – wir verhandeln ganz aktuell in diesen Tagen um die Fortführung der GA-Mittel mit dem Bund –, dass zumindest der Großteil dessen, was im letzten Jahr zur Verfügung stand, insgesamt also 10 Millionen c seitens des Bundes, auch für dieses Jahr noch einmal zur Verfügung gestellt wird. Derzeit diskutieren wir über eine Größenordnung von 7,5 Millionen c. Wenn diese Mittel durch Landesmittel verdoppelt sind, stehen 15 Millionen c zur Verfügung, und dann wird die IBH selbstverständlich diese Förderaufgabe übernehmen und die entsprechende Dienstleistungsvergütung zugewiesen bekommen. Herr Denzin, das also ist der sachliche Zusammenhang, nach dem Sie gefragt haben. Ich habe das eben deutlich beantwortet.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich abschließend vor allem noch auf die Daten zurückkommen.Wir wollen,dass Hessen Spitze ist.Deswegen tun wir alles, einiges habe ich eben aufgezeigt.Aber es gehört natürlich viel mehr dazu.

(Martin Häusling (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Können Sie es noch einmal wiederholen?)

Meine Damen und Herren, wir dürfen Hessen aber nicht schlechtreden. Das sage ich insbesondere an die Adresse von Rot-Grün.

(Zurufe der Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und Hildegard Pfaff (SPD))

Wenn Sie glauben, um eines kurzen optischen Erfolges willen die schlechte Situation der Arbeitslosenquote, wie sie sich aktuell darstellt, hervorkehren, isolieren und von da aus ein Werturteil formulieren zu müssen, dann tun Sie insbesondere den Unternehmen und den Menschen, die in diesen Unternehmen arbeiten, keinen Gefallen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Michael Siebel und Hildegard Pfaff (SPD))

Ich füge hinzu:Bei dieser Quote werden wir in Hessen natürlich auch nicht durch das begünstigt, was die Bundesregierung derzeit an Manipulation vorgenommen hat. Sie hat nämlich die 110.000 Arbeitslosen, die in Fortbildungsmaßnahmen sind, aus der Statistik herausgenommen. Da Hessen bei diesen Fortbildungsmaßnahmen so gut wie nicht beteiligt ist, wirkt sich das natürlich auch optisch relativ verschlechternd auf unser Bild aus.

(Widerspruch des Abg. Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, Sie werden aber Monat für Monat weniger Gelegenheit haben, auf relativ schlechte hessische Entwicklungszahlen hinzuweisen. Denn bereits jetzt hat sich der Trend wesentlich gebessert. Im Oktober des letzten Jahres lag der Zuwachs der Arbeitslosigkeit in Hessen noch bei 13,5 %, im November bei 11,5 %, im Dezember bei 9,4 %, und im Januar ist es jetzt ein Zuwachs von 6 %. Sie sehen, wie stark degressiv diese Entwicklung ist.

(Zuruf des Abg. Mathias Wagner (Taunus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Damit befinden wir uns auch in Übereinstimmung mit den Bundesländern, die Herr Frankenberger eben nicht genannt hat, nämlich Baden-Württemberg und Bayern. Die erleiden momentan das gleiche Schicksal.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir schon Parameter herausgreifen, dann sollten wir auch auf andere Kennziffern schauen. Dazu gehört beispielsweise das Stichwort Arbeitsplätze. Hier haben wir eine hervorragende Entwicklung, die nicht zu übersehen ist – in der Zeit von 1999 bis zum heutigen Tag. Genau in diesem Zeitraum, in dem diese Regierung die Verantwortung trägt, hat die Arbeitsplatzzahl in Hessen um 2,5 % zugenommen. Damit befinden wir uns mit Bayern an der Spitze Deutschlands.

(Beifall der Abg. Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) und Dr.Walter Lübcke (CDU))

Wenn wir heute sagen, Hessen bleibt Spitze, dann auch wegen dieser Entwicklung.

Ich möchte Ihnen gern noch eine weitere Zahl unterbreiten. Dabei geht es um einen Sachverhalt, der insgesamt bedauerlich ist, nämlich die Anzahl der Insolvenzen. Auf Hessen entfällt – neben Bayern und Baden-Württemberg – die geringste Insolvenzzahl der gesamten Bundesrepublik, nämlich 102 auf 10.000 Unternehmen. Das sind allerdings 102 zu viel, aber im Vergleich des Konzerts der Län

der haben wir die größte Robustheit, was die Unternehmen anbetrifft.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine nächste wichtige Kennzahl ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit dieses Landes. Die hessische Wirtschaft erwirtschaftet pro Kopf der Erwerbstätigen in einem Jahr 60.000 c. Wenn man vom Stadtstaat Hamburg absieht, ist dies weit und breit der Spitzenwert der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Auch das müssen wir betonen, wenn wir von unseren Chancen für die Zukunft reden. Das Gleiche gilt auch für das Vertrauen, das ausländische Unternehmen in den Wirtschaftsstandort Deutschland haben. Meine Damen und Herren, mit 20.400 c Direktinvestitionen der Erwerbstätigen ist das Land Hessen das Spitzenland in der Bundesrepublik Deutschland für ausländische Direktinvestitionen. Das zeigt, wie hoch angesehen der Wirtschaftsstandort Hessen ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren,lassen Sie mich zum Schluss kommen. So bedauerlich die derzeitige Situation hinsichtlich der Entwicklung der Arbeitslosenquote in Hessen ist, so darf nicht übersehen werden, dass diese Entwicklung langsam und deutlich spürbar zum Ende kommt. Es darf nicht übersehen werden, dass wir in der tatsächlichen Situation der Arbeitslosigkeit in Hessen nach wie vor einen hervorragenden Platz innehaben. Wir müssen ihn aber weiter verbessern.

Dazu gehört, dass wir weiterhin all die Kräfte aufbringen, die notwendig sind, um in jedem Bereich des Landes Hessen strukturelle Maßnahmen zu begünstigen und durchzuführen. Was aber das Land Hessen wie alle Bundesländer in Deutschland braucht, wäre ein Wirtschaftsförderungsprogramm, das nachhaltig und durchschlagend wäre. Es wäre der Rücktritt der Regierung Schröder.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank Herr Staatsminister. – Den Oppositionsfraktionen ist wieder Redezeit zugewachsen.Das Wort hat der Kollege Wagner, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Das ist der, der danebenschießt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Reden von Herrn Kollegen Reif und Herrn Staatsminister Rhiel haben das gesamte Problem der Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung und der sie tragenden Fraktion aufgezeigt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Reif tritt mit dem wirtschaftspolitischen Fachmagazin, genannt „Hessen-Kurier“, an das Rednerpult, in Wahrheit die Parteizeitung der hessischen CDU, trägt daraus pflichtschuldig die neuesten Textbausteine aus dem Hause Metz vor, sagt zur hessischen Wirtschaftspolitik aber reichlich wenig. Das war Ihr Beitrag, Herr Kollege Reif.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Clemens Reif (CDU))

Dann kommt Herr Staatsminister Rhiel an dieses Pult und sagt,er brauche etwas länger Zeit,um die ganze Komplexität seines Tuns darzustellen. Man kann am Ende Ihrer Rede nur sagen: Herr Staatsminister, Sie haben zwar lang geredet, aber nicht viel gesagt. – Das ist die Wirtschaftspolitik, die in diesem Lande gemacht wird.