Protokoll der Sitzung vom 19.03.2004

ging es wohl nach dem berühmten Deutschaufsatzthema „Schreibe einen Aufsatz über den Wurm“, und weil der Schüler nur etwas über den Elefanten weiß, schreibt er: Der Elefant hat einen Wurm, und deshalb erkläre ich Folgendes.

(Heiterkeit und Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Es ist nur die Frage: Ist Herr Kahl der Elefant oder der Wurm?)

Ich glaube, es haben jetzt doch alle zusammen wieder die Kurve gekriegt. Das ist prima.Wir sind uns doch einig.

Liebe Freunde, wir werden jetzt nach den Vorabsprachen auch den Entschließungsantrag der SPD – das hat Herr Kahl signalisiert – an die Ausschüsse überweisen.Ich muss aber die einzelnen Tagesordnungspunkte vorlesen, weil es unterschiedliche Überweisungen gibt.

Tagesordnungspunkt 18: Der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Zusammenlegung von Behördenstandorten, Drucks. 16/1884, soll an den Hauptausschuss überwiesen werden.

Der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend Pläne der Landesregierung zur Schaffung einer Bodenmanagementbehörde, Drucks. 16/1899, soll an den Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr und an den Rechtsausschuss überwiesen werden.

(Reinhard Kahl (SPD):RTA federführend! – Frank Gotthardt (CDU): Nein, nicht federführend! – Reinhard Kahl (SPD): Das ist unser Antrag! – Frank Gotthardt (CDU): Ich halte das für objektiven Unfug! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Mehrheit entscheidet! Das ist immer so!)

Rechtsausschuss federführend, wird vorgeschlagen. Das wird von der antragstellenden Fraktion begehrt. Herr Kahl beantragt das. Wie war das? Rechtsausschuss feder

führend, Ausschus für Wirtschaft und Verkehr beratend? – Herr Gotthardt, haben Sie einen anderen Vorschlag?

(Frank Gotthardt (CDU): Ich halte es für einen objektiven Unfug!)

Aber Sie stellen keinen Antrag. – Dann ist das so beschlossen: Rechtsausschuss federführend, Ausschuss für Wirschaft und Verkehr beteiligt.

Dann geht es noch um den Antrag der Fraktion der SPD betreffend Offenlegung der Stellungnahme des Landesrechnungshofes zur Schließung von Amtsgerichtsstandorten, Drucks. 16/1900: Überweisung an den Rechtsausschuss.

Damit haben wir die drei Tagesordnungspunkte 18, 32 und 33 behandelt.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 22 auf:

Antrag der Fraktion der FDP betreffend Abgabe illegaler Waffen – tätige Reue auch im Waffengesetz – Drucks. 16/ 1888 –

Fünf Minuten Redezeit. Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Herr Hahn, hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Birgit Zeimetz-Lorz (CDU): Herr Hahn gibt jetzt seine Waffe ab!)

Es ist ein ernsthaftes Anliegen, das die FDP-Fraktion Ihnen heute vorträgt; aber es ist natürlich ein bisschen schwierig, an Weiberfastnacht eine Brücke zu bauen, wo es draußen jetzt gerade viele Waffen gibt, die von Sheriffs oder sonst wie Verkleideten herumgetragen werden, und das Thema zu erörtern. Lassen Sie mich deshalb in zwei oder drei kurzen Sätzen Folgendes sagen.

Mit unserer Initiative wollen wir erreichen, dass illegale Waffen unbürokratisch abgegeben werden können und so ein Anreiz entsteht, illegale Waffen abzugeben.

(Beifall bei der FDP)

Viele Menschen trauen sich nicht,ihre nunmehr illegal gewordenen Waffen abzugeben, weil sie eine Strafverfolgung fürchten. Der Hintergrund ist in der sehr ausführlichen schriftlichen Begründung unseres Antrags nachzulesen.

Im April vergangenen Jahres wurde das Waffengesetz vom Deutschen Bundestag, im Übrigen gegen die Stimmen der Union und der FDP im Deutschen Bundestag, von Rot-Grün verabschiedet. Eine Reihe von Waffen, die zum damaligen Zeitpunkt noch erlaubt waren und für die man keine Genehmigung brauchte, sind infolge dieses Gesetzes verboten bzw. erlaubnispflichtig geworden. Es gab eine Übergangsfrist bis zum 31. August 2003, diese illegal gewordenen Waffen abzugeben, da in aller Regel eine Genehmigung für diese nicht mehr zu erhalten ist.

Eine Nachfrage beim hessischen Innenministerium von uns im Herbst hat ergeben,dass zum damaligen Zeitpunkt gerade 250 Waffen in ganz Hessen abgegeben worden sind. Es ist davon auszugehen, dass sich mindestens das Zehn- bis Zwanzigfache derartiger Waffen noch in irgendwelchem Besitz befindet. Aus diesem Grund meinen wir, wir sollten einen Anreiz zur Abgabe der Waffen geben. § 306e des Strafgesetzbuchs oder § 31 BtMG hat das

Rechtssystem der tätigen Reue eingeführt. Das heißt, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich gehe davon aus,dass auch Sie mit den Liberalen der Auffassung sind, dass jede abgegebene Waffe eine gute Waffe ist. Wir sollten deshalb versuchen, Mittel und Wege zu finden, dass diese Waffen abgegeben werden, und zwar ein bisschen unter Beachtung des Legalitätsprinzips, aber auch ein bisschen unter Umgehung des Legalitätsprinzips. Deshalb gibt es ja das Institut der tätigen Reue.Ich glaube,wir können uns im Ausschuss sicherlich auf eine entsprechende Beschlussfassung einigen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die Fraktion der CDU rufe ich Herrn Rhein auf.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, insbesondere lieber Herr Hahn! Bei der Kopftuchdebatte bin ich aufgrund der wunderschönen und erfolgreichen schwarz-gelben Zeiten, die wir miteinander verbracht haben, ein bisschen sentimental geworden.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der abgeschnittene Schlips ist auch okay!)

Der Schlips ist auch elegant, ich weiß. Das war Frau Klümper aus der CDU-Fraktion.

Aber bei dem Thema, das wir heute diskutieren, muss ich feststellen, dass Ihnen die Koalitionsabstinenz nicht sonderlich gut tut. Im Ansatz ist die in Ihrem Antrag formulierte Idee gar nicht einmal so schlecht. Deswegen ist dieser Gedanke auch in § 58 des Waffengesetzes eingeflossen. Die Fristen sind am 31. August bzw. am 30. September abgelaufen, und das Ergebnis ist – Sie haben es auch dargestellt, Herr Hahn – nicht nur enttäuschend, sondern es ist außergewöhnlich mager, und das bundesweit.Wir haben in Hessen – diese Zahl liegt mir vor – 409 abgegebene Waffen. In Berlin waren es gerade einmal 100, in München 251, in manchen Landratsämtern sind nicht mehr als 20 abgegeben worden. In Frankfurt – so sagt uns die Polizei – seien gerade einmal zwei Mülleimer voll zusammengekommen. Die Zahlen sind umso trauriger, als wir wissen, dass – Sie haben es auch gesagt, Herr Hahn – 40- oder 50-mal so viele Waffen unterwegs sind, dass also wirklich Tausende von Waffen noch unterwegs sind. Da manche Personen gleich mehrere Waffen abgegeben haben, ist die Zahl derer, die wir erreicht haben, noch geringer. Da wir eine riesige öffentliche Werbekampagne zur Waffenabgabe gestartet haben, kann sich keiner herausreden, er habe nichts davon gewusst.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Stimmt!)

Herr Hahn, ich bin der Auffassung, dass Ihr Vorschlag kein echter Beitrag zur Erhöhung der inneren Sicherheit ist. Ich finde ihn im Übrigen auch in rechtlicher Hinsicht in einigen Punkten äußerst problematisch. Bei aller Sympathie und bei aller Sentimentalität, die ich insbesondere Ihnen und der FDP gegenüber habe – nehmen Sie es mir nicht übel, wenn ich sage: Herr Hahn, vieles von dem, was Sie in diesem Antrag vorschlagen, ist unüberlegt und unausgegoren, weil die wichtigsten Fragen unbeantwortet bleiben.

Da ist beispielsweise die Frage: Was geschieht eigentlich, wenn sich Kriminelle auf diesem Wege ihrer Tatwaffen

entledigen – anonym und ohne das Risiko der Strafverfolgung? Die zweite wichtige Frage ist: Was ist eigentlich mit dem Sicherheitsrisiko, das ein mit Waffen gefüllter Container darstellt, der nach Ihren Vorstellungen auch noch anonym zugänglich sein müsste? Die dritte und wichtigste Frage ist:Was ist das eigentlich für ein Staat,der ein strafbares Verhalten, nämlich den illegalen Besitz von Waffen, billigt, und was hat dieser Staat für ein Selbstverständnis, wenn er nach dem Ablauf einer Abgabefrist eine neue,sogar unbegrenzte Frist einführt,wie Sie es fordern?

(Nicola Beer (FDP): Es geht um tätige Reue!)

Ganz abgesehen von den technischen Unklarheiten in Ihrem Antrag, z. B. der Festlegung, wer die Unbrauchbarmachung der Waffen kontrollieren soll, frage ich Sie: Haben wir im April 2002 nach den schrecklichen Ereignissen in Erfurt das Waffenrecht verschärft, um am Ende das Legalitätsprinzip und das Gewaltmonopol des Staates infrage zu stellen?

Meine Damen und Herren, wer illegal Waffen besitzt,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Der hat sie schon abgegeben!)

der ist ein Sicherheitsrisiko, der ist eine Gefahr für die innere Sicherheit. Deswegen sind wir, die Abgeordneten, deswegen ist der Staat gefordert,

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Waffen einzusammeln!)

das Gewaltmonopol des Staates durchzusetzen, das unter anderem durch das Waffenrecht gesichert wird. Deswegen:Übergangsfrist ist Übergangsfrist,und diese Übergangsfrist ist abgelaufen.

Herr Hahn, ich will mit Ihnen gar nicht so hart ins Gericht gehen wie der Fraktionsvorsitzende der Wiesbadener FDP, der gesagt hat:

Wer so etwas fordert, der hätte besser erst gedacht und dann geredet.

Er sagt weiter:

Wer das staatliche Gewaltmonopol oder das Legalitätsprinzip im Strafprozessrecht infrage stellt, der versagt im liberalen Wächteramt für den Rechtsstaat.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Helau!)

Aus Sympathie will ich mit Ihnen nicht so hart ins Gericht gehen. Das müssen Sie in der liberalen Familie, die ja überschaubar groß ist, selbst regeln. Mit uns wird es aber keine weitere Frist nach der Frist geben.

Erlauben Sie mir noch eine kurze Anmerkung, denn ich glaube, ich habe noch ein bisschen Redezeit, Frau Präsidentin.

Deshalb frage ich Sie, ob Sie eine Zwischenfrage meiner Kollegin Beer erlauben, Herr Kollege.

(Heiterkeit)