Protokoll der Sitzung vom 25.03.2004

(Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wenn wir Inhalte anbieten, bei denen die Lehrer überzeugt sind, dass sie etwas davon haben, dass sie davon für sich und ihren Unterricht, für die Schule profitieren,

(Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

dann sind die Lehrer gerne bereit, Fortbildungsmaßnahmen auch in der unterrichtsfreien Zeit zu besuchen.

(Beifall bei der CDU)

In der Vergangenheit hatten wir ein Institut namens HeLP, das Sie alle kennen. Das war Ideologie pur.

(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP): Dort habe ich gearbeitet!)

Frau Kollegin Wagner, wenn Sie in dieses Fortbildungsseminar gegangen sind, dann waren Sie schon dann ein Außenseiter, wenn Sie gesagt haben, Sie bitten darum, dass Sie auch in Zukunft mit „Sie“ angesprochen werden möchten, nicht mit „du“. Das genossenschaftliche Du war dort Usus. Sie waren Außenseiter, wenn Sie das nicht mitgemacht haben.

(Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Deshalb bin ich froh darüber, dass dieses Institut abgeschafft wird. Die genossenschaftlichen Zeiten sind vorbei. Wir kommen zu Qualität statt Ideologie, zu Fachwissenschaft statt rotem Filz.

(Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren, mein dritter Punkt: flexible Einschulung.Auch das wollen wir.

Viertens wollen wir die Möglichkeit schaffen, die Grundschule flexibel in drei bis fünf Jahren zu durchlaufen.

Fünftens wollen wir, das wissen Sie, das Abitur nach acht Jahren ermöglichen. Das bedeutet eine Verkürzung gegenüber den neun Jahren jetzt.Natürlich gibt es da Unterschiede in der grundsätzlichen Anlage – Frau Ypsilanti hat darauf hingewiesen. Darüber kann man offen reden. Wir wollen eben nicht – wie einige von Ihnen – eine Pflichtschule für alle Fünfjährigen einrichten. Wir wollen Flexibilität. Denn gerade in diesem Alter sind Kinder unglaublich unterschiedlich entwickelt. Deshalb wollen wir kindgerecht – und das heißt: flexibel – die Einschulung ermög

lichen, ob mit fünf, fünfeinhalb, sechs oder sechseinhalb Jahren, sei dahingestellt.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das fordern wir schon seit fünf Jahren!)

Im Gegensatz zu Ihnen wollen wir uns diese Flexibilität sehr bewusst erhalten. Flexible Einschulung, durchlaufen in drei bis fünf Jahren, acht Jahre bis zum Abitur, Straffung des Studiums.

Meine Damen und Herren, dazu gehört auch die Möglichkeit, zu sagen, wenn jemand, der z. B. Philologie studiert, normalerweise im neunten Semester sein Examen machen könnte – was ohnehin schon selten genug vorkommt, was aber möglich ist –: „Ich bin so weit, dass ich mein erstes Staatsexamen im achten Semester machen kann.“ Warum soll derjenige das nicht tun können? Auch diese Flexibilität wollen wir bewusst erreichen.

Um es einmal in Jahreszahlen zu sagen, heißt das im Klartext:Sie können je nach Begabung und Engagement künftig mit 17 Jahren das Abitur machen, Sie können – inklusive Referendariat, nehmen wir das Grundschullehramt – mit 22 oder 23 Jahren fertig ausgebildeter Grundschullehrer sein und in den Beruf einsteigen. Das ist Flexibilität. Alles hängt davon ab, wie sich jemand einbringt. Genau das wollen wir erreichen.

Sie sagen, Sie sind gegen die zwölf Jahre bis zum Abitur. Logischerweise sind wir von Ihnen gar nichts anderes gewöhnt als immer nur dagegen zu sein. Wir haben in Thüringen zwölf Jahre bis zum Abitur,in Sachsen,im Saarland seit dem Jahr 2001.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Unter den bestehenden Voraussetzungen sind wir dagegen!)

Hamburg, Bayern, Niedersachsen führen das jetzt ein, und,man höre und staune,sogar das rot-grüne NordrheinWestfalen wird das zwölfjährige Abitur einführen.

Dann kommt der Vorwurf,

(Zuruf des Abg. Reinhard Kahl (SPD))

bei uns würde das ein Sparmodell. – Das ist völliger Quatsch. Das wissen Sie auch. Nordrhein-Westfalen will die Stundentafel reduzieren. Rheinland-Pfalz hat um ein halbes Jahr verkürzt. Der Vorschlag der SPD-Hessen bedeutet eine Verkürzung um vier Monate, unter Wegfall entsprechender Ausgleichsmaßnahmen.

Sie wissen, dass wir die Stunden, die rein rechnerisch in Klasse 13 wegfallen, in die Grundschule und in die Sekundarstufe I umschichten.

(Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Auch das zu Ihrer bildungspolitischen Vergangenheit:Wir hatten in der Grundschule 87 Jahreswochenstunden, verteilt auf vier Jahre. Liebe Frau Hinz, das Ergebnis war, Hessen war damit bundesweit Schlusslicht.Wir haben auf jetzt 92 Jahreswochenstunden erhöht. Damit sind wir in der mittleren Kategorie.Wir werden perspektivisch auf 97 oder 98 Jahresstunden erhöhen. Das bedeutet, dass wir damit gleichzeitig ein Qualitätssteigerungsprogramm für Haupt- und Realschulen implizieren.Denn das heißt doch im Klartext:Das,was in der Grundschule mehr an Zeit zur Verfügung steht, das kommt nicht nur den Gymnasiasten zugute, sondern es kommt auch den Haupt- und Realschülern zugute. Deshalb ist auch dies ein Beitrag zur Qualitätssteigerung für Haupt- und Realschule.

Meine Damen und Herren, die GRÜNEN erklären als Vorwurf,die KGS werde auf kaltem Wege abgeschafft.Sie wissen,dass das falsch ist.Die KGS ist und bleibt ein wichtiger Bestandteil der Schulvielfalt in Hessen.

Zweite Aussage. Die SPD erklärt, die IGS sei gefährdet. Meine Damen und Herren, Frau Ypsilanti, das Gegenteil ist der Fall. Mit Sicherheit gibt es eine Reihe von Eltern, die sagen: Wir möchten für unser Kind nicht zwölf, sondern 13 Jahre haben. – Das ist doch in Ordnung. Dagegen haben wir doch nichts. Für die ist die integrierte Geamtschule die klassische Alternative. Deshalb wird das Ergebnis, das Sie prognostizieren, mit Sicherheit nicht eintreten. Ich sage Ihnen voraus, es wird möglicherweise sogar das Gegenteil eintreten.Aber auch damit kann ich leben, damit haben wir doch überhaupt kein Problem.

Ein weiterer Vorwurf der GRÜNEN: Die verbliebene Förderstufe wird faktisch abgeschafft. – Verräterischerweise haben Sie: „verbliebene“ gesagt. Viele haben sich selbst abgeschafft. Meine Damen und Herren, Sie müssen sich doch einmal die Frage stellen, warum die sich selbst abgeschafft haben. Diejenigen, die weiterhin eine Förderstufe haben wollen, mögen sie haben. Sie ist im neuen Schulgesetz enthalten. Sie bleibt, sie wird logischerweise nicht abgeschafft.

Was Sie hier produzieren, ist nur Chaos. Die chaospolitische Sprecherin lässt grüßen.

(Lachen der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

All das, dass Sie in den letzten Jahren an Kassandrarufen öffentlich haben verlauten lassen, ist nicht eingetroffen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):So viel Unsinn kann man doch gar nicht in so kurzer Zeit erzählen!)

Dann kommt der Vorwurf der Rot-Grünen: Es fehlt an Nachmittagsunterricht. – Meine Damen und Herren, ich fühle mich leicht auf den Arm genommen. Wer will denn eigentlich flächendeckend Ganztagsschulen, Ganztagsangebote eingeführt?

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Dann machen Sie auch gute daraus!)

Ein integraler Bestandteil davon ist, dass es Nachmittagsunterricht gibt. Sie wollten es doch haben.

Meine Damen und Herren, das heißt im Übrigen, Sie werden – ob Sie das wollen oder nicht – dadurch, dass nachmittags mehr Unterricht sein wird, zwangsweise den Druck auf die Schulträger erhöhen.Das heißt im Klartext, die Frage der Ganztagsangebote, der Mittagsbetreuung, wird sich beschleunigen. Denn natürlich sagen diejenigen, die im Nachmittagsunterricht sind, zu Recht: Ich möchte eine gewisse Arbeitsmöglichkeit, etwa in der Bibliothek, haben.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber Sie haben doch kein Geld für zusätzliches Personal, um gute Ganztagsschulen zu machen!)

Im Klartext:Das,was Sie insinuieren,ist schlicht falsch.Es wird das Gegenteil eintreten.

Meine Damen und Herren, Sie haben beklagt – letzter Punkt dazu –, mehr Unterricht bedeute abnehmende Motivation, Schulangst, Schulversagen, mehr Stunden. – Auch das ist wiederum verräterisch. Das heißt im Klartext, hier kommt Ihre wahre Ideologie zum Vorschein: Mehr Stunden bedeutet mehr Angst usw. Deshalb haben

Sie in der Vergangenheit konsequenterweise weniger Unterricht erteilt. Sie haben die Stundentafel gekürzt. Sie haben regierungsamtlich jede Woche 100.000 Stunden Unterricht ausfallen lassen – mit dem Ergebnis, dass Hessen in Deutschland Schlusslicht in der Bildungslandschaft war. Die hessische Schulpolitik war zum Gespött Deutschlands geworden. Das war das Ergebnis Ihrer Bildungspolitik, und deshalb ist jetzt damit Schluss.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Thema Landesabitur. Auch hier sage ich sehr deutlich: Dieses Landeabitur, das in den schriftlichen Fächern vergleichend durchgeführt werden wird, bedeutet mehr Vergleichbarkeit, Transparenz, Ehrlichkeit und in letzter Konsequenz auch mehr Gerechtigkeit. Es bleibt genügend Raum für Individualität, Schwerpunktsetzung und für Schulprofilbildung.

Ich setze hinzu: Es führt zu einer Verbesserung des Verhältnisses zwischen Schülern und Lehrern. Denn die sitzen im gleichen Boot. Was geschieht denn, wenn Sie als Tutor einen Leistungskurs haben und dann die Leistung Ihrer Schüler – und in letzter Konsequenz damit ihre eigene – überprüft wird? Sie sitzen im gleichen Boot, sie haben plötzlich gleiche Interessen. Das heißt, das SchülerLehrer-Verhältnis wird mit Sicherheit – als Nebenprodukt – besser.

Im Übrigen, auch das will ich deutlich sagen, bedeutet das eine Entlastung der Lehrerschaft. Meine Damen und Herren, als jemand, der selbst Abiturvorschläge einreichen musste, kann ich Ihnen sagen, welche Arbeit das ist: Erwartungshorizonte ausarbeiten, Bewertungskriterien entwickeln, erwartete Schülerleistungen definieren, Themenvorschläge begründen usw.

(Christel Hoffmann (SPD): Das ist eine gute Reflexion der eigenen Arbeit! Keine Ahnung!)

Meine Damen und Herren, all dies ist für die Kollegen in Zukunft nicht mehr notwendig. Wir reden hier also über eine berechtigte Entlastung der Lehrerschaft.

(Christel Hoffmann (SPD): Keine Ahnung von Abituraufgaben! – Zuruf der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP))

Herr Irmer, die Redezeit ist abgelaufen. Kommen Sie bitte zum Schluss.