Mit unserem Antrag fordern wir daher die Landesregierung auf, sich für ein Verbandsklagerecht im Tierschutz einzusetzen. Denn wir wollen, dass die Tiere endlich auch eine Stimme bekommen. Denn das ist der Sinn eines Verbandsklagerechts.Wir GRÜNEN halten dies für dringend notwendig und auch für sinnvoll.
Viele Kritiker fragen sich, warum dies notwendig ist, es gibt doch ein Tierschutzgesetz. Wer sich mit der Materie
auseinander gesetzt hat, weiß aber, dass die Antwort eigentlich klar auf der Hand liegt. Denn die Tiere haben keine eigenständigen Vertreter ihrer Rechte. Der Tierschutz ist zwar mittlerweile auf die Ebene des Verfassungsrangs erhoben, es gibt aber tatsächlich dafür kein eigenes Vertretungsrecht. Das ist das Manko der bisherigen Regelung.
Zwar besteht der Schutz der Tiere um ihrer selbst willen, es besteht aber keine Möglichkeit, wenn gegen den Tierschutz verstoßen wird, dann dagegen Klage zu erheben. Das möchte ich auch an Beispielen darstellen. Zurzeit besteht die Möglichkeit, Klage zu erheben, wenn jemand meint, es werde zu viel Tierschutz betrieben. Aber es besteht keine Möglichkeit, Klage zu erheben, wenn man den Eindruck hat, dass zu wenig Tierschutz betrieben wird.
Aufgrund dieses Schutzes durch die Verfassung besteht eine Verpflichtung. Das heißt, wir müssen vor einer nicht artgemäßen Haltung, vor vermeidbarem Leid und vor der Zerstörung der Lebensräume der Tiere schützen.
Am Beispiel der Tierexperimente möchte ich noch einmal verdeutlichen, was es heißt, Leid zu vermeiden. Die Wissenschaftler haben zurzeit die Möglichkeit, vor Gericht zu gehen, wenn ihnen die Genehmigung verweigert wird, wenn ihnen von der Behörde untersagt wird, ein bestimmtes Experiment durchzuführen – mit der Begründung, dass die Freiheit der Wissenschaft verletzt wird. Das ist auch der Grund der Klage.Aber weder Personen noch Organisationen ist es möglich, im Namen der Tiere gerichtlich prüfen zu lassen, ob ein Experiment z. B. gegen den Grundsatz verstößt, Leiden für Tiere zu vermeiden. Die Tierschutzverbände können bisher lediglich die Staatsanwaltschaften über Verstöße informieren und hoffen, dass die Staatsanwaltschaft dann vor Gericht Klage erhebt. Natürlich kann die Staatsanwaltschaft aber die Ermittlungen auch einstellen. Auch eine Beschwerde dagegen kann zurückgewiesen werden. Damit ist dann das Ende der rechtlich möglichen Handlungen erreicht.
Was würde das Verbandsklagerecht erreichen? Mit dem Verbandsklagerecht würde erreicht, dass anerkannte Tierschutzverbände die Möglichkeit bekämen, behördliche Entscheidungen vor unabhängigen Gerichten hinsichtlich Tierschutzaspekten überprüfen zu lassen. Natürlich muss auch dann die Voraussetzung gegeben sein, dass ein begründeter Verdacht besteht.
Ich möchte das auch noch einmal an einem weiteren Beispiel verdeutlichen. Es gab die Diskussion um nicht artgerechte Tierhaltung im Zirkus. Es müsste der Landesregierung doch recht sein, wenn anerkannte Tierschutzverbände die Möglichkeit erhielten, vor Gericht zu klagen, wenn es zu Unstimmigkeiten kommt oder die Tiere tierschutzwidrig gehalten werden. Es würde also nicht nur den Tieren selbst nützen. Vielmehr hätte es auch zur Folge, dass Schutzinteressen vor Gericht besser durchgesetzt werden könnten.
Natürlich wollen wir auch, dass die Klagebefugnis bestimmte Bereiche umfasst. Zum Beispiel betrifft dies die Ausnahmegenehmigungen für das Schlachten ohne Betäubung. Das betrifft z. B. auch die Genehmigung für die Durchführung von Experimenten mit Tieren. Das sagte ich bereits eingangs. Es geht darum, dass auch gegen Ausnahmegenehmigungen bei bestimmten Eingriffen vorgegangen werden kann. Ich denke dabei gerade an das Kür
zen der Schnäbel beim Nutzgeflügel. Dabei geht es auch um die Genehmigung für das Halten, Züchten, Handeln und Ausstellen von Tieren.
Es gibt viele Kritiker, die fürchten, das könnte zu einer Flut von Prozessen führen. Die Angst, die da besteht, hat aber keine reale Grundlage. Wir wissen, dass bei den Naturschutzverbänden ein Verbandsklagerecht besteht. Wir können sehen, dass dort mit diesem Instrument sehr verantwortungsvoll umgegangen wird.
Mit diesem Instrument wurde dort sehr verantwortungsvoll umgegangen. Diese Verbände zeichnen sich durch Sachverstand und Engagement aus. Wir können auch sehen, dass sie mit ihren Klagen durchaus Erfolg hatten.
Ich sage auch noch Folgendes: Dort ist ein Bewusstsein der Verantwortung erkennbar. Das implizieren wir auch bei den Tierschutzverbänden. Wir haben eine hohe Erwartungshaltung. Wir sind davon überzeugt, dass auch diese anerkannten Tierschutzverbände unsere Erwartungshaltung erfüllen werden.
An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal auf die sehr sachliche Diskussion hinweisen, die dazu in SchleswigHolstein geführt wurde.Hier gab es über das Thema „Einführung der Verbandsklage zum Tierschutz“ eine sehr gute Diskussion. Ich möchte mich damit insbesondere auch noch einmal an die Adresse der FDP richten. Dort haben sich die Vertreter der FDP in der Diskussion sehr sachlich verhalten und die Einführung eines Verbandsklagerechts für diesen Bereich unterstützt. Ich sage das explizit. Denn auch hier hat die FDP einen Vertreter der Landwirtschaft in ihren Reihen. Ich hoffe deshalb, auch von Ihrer Seite Unterstützung zu bekommen.
Ich möchte Ihnen einfach noch einmal etwas deutlich machen: Menschlichkeit zeigt sich nicht nur im Umgang mit unseren Mitmenschen. Menschlichkeit zeigt sich auch im Umgang mit unseren Mitgeschöpfen, den Tieren.
Ich hoffe, dass Sie unseren Antrag unterstützen. Sie würden damit auch die Bundesratsinitiative von SchleswigHolstein unterstützen. – Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zuerst einige grundsätzliche Bemerkungen zur Tierschutzpolitik in Deutschland machen.
Von 1982 bis 1998 wurde unter der Regierungsverantwortung der CDU auf Bundesebene der Tierschutz systematisch ausgebaut. Nie zuvor wurde so viel für den Tierschutz in unserem Land getan.
Durch die erzielten Fortschritte nimmt Deutschland im internationalen Vergleich auf dem Gebiet des Tierschutzes einen Spitzenplatz ein. Ebenfalls haben wir uns auf europäischer Ebene sehr stark für den Tierschutz eingesetzt.
Ein besonderer Erfolg war z. B. die europaweit geltende Tierschutztransportverordnung, mit der die Dauer des Transports von Schlachtvieh auf acht Stunden begrenzt wurde. Die Erfolge in der Tierschutzpolitik in Deutschland sind auf eine starke,kompetente und zielstrebige von der CDU geführten Bundesregierung unter Helmut Kohl zurückzuführen. Auf diese Regierung können wir sehr stolz sein.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Dr. Franz Jo- sef Jung (Rheingau) (CDU): Das war noch ein Kanzler!)
Zu dem vorliegenden Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist Folgendes zu sagen: Der Antrag führt schlichtweg in die falsche Richtung.
Wir brauchen kein Verbandsklagerecht der Tierschutzverbände bei Tierversuchen. Denn nach dem Tierschutzgesetz sind die Tierschützer sowieso in den entsprechenden Kommissionen vertreten. Frau Hammann, das vorhandene Tierschutzgesetz gehört zu den strengsten der Welt. Außerdem wird es hier in Deutschland am besten in der Welt kontrolliert. Dieses Tierschutzgesetz reicht zum Schutz der Tiere aus.
Eine Durchsetzung der Regelungen des Tierschutzgesetzes durch die Behörden bei der experimentellen Forschung mit Tieren ist gewährleistet. Deshalb ist dieser Antrag, wie so viele andere auch, leider überflüssig.
Die Behauptung, es bedürfe des Verbandsklagerechts, um sicherzustellen, dass die Behörden die Regelungen des Tierschutzgesetzes durchsetzen, kann in diesem Zusammenhang nur als Polemik gewertet werden. Die CDU-Fraktion weiß, dass viele Tierschützer und Tierfreunde vor Ort einen unverzichtbaren Beitrag zum Tierschutz leisten. Es ist deshalb allen zu danken, die sich meist ehrenamtlich mit viel Idealismus und großem persönlichen Einsatz um Tiere in Not kümmern.
Wir haben große Achtung vor Organisationen, die sich auf wissenschaftlicher Grundlage für bessere Bedingungen der Haltung der Tiere einsetzen.
Die Verbraucher müssen sensibilisiert werden, damit sie bei ihrer Kaufentscheidung darauf achten, ob die Produkte aus Betrieben mit tiergerechten Haltungssystemen stammen. Die Einführung eines Prüfsiegels für Produkte aus tiergerechten Haltungssystemen soll Verbrauchern eine zusätzliche Informationsmöglichkeit bieten. Damit würde auch der jüngsten Initiative der Tierschutzorganisationen Rechnung getragen werden.
Sie haben beim Abfassen Ihres Antrags auf Länder wie Schleswig-Holstein geschielt. Das sollten Sie nicht tun. Denn dort wurden die Hausaufgaben hinsichtlich des Tierschutzes noch lange nicht gemacht. Frau Kollegin, als Stichwort hierzu möchte ich nur „Qualzüchtungen“ nennen. Zwar ist die Züchtung von missgebildeten Tieren nach dem Tierschutzgesetz bereits seit 1986 nicht mehr erlaubt. Doch hinsichtlich des Vollzugs von § 11b Tierschutzgesetz, dem so genannten Qualzuchtparagraphen, sind die zuständigen Bundesländer bis auf Hessen weitgehend untätig geblieben. Ich wiederhole es: bis auf Hessen weitgehend untätig geblieben.
Durch die Staatszielbestimmung von Art. 20a Grundgesetz ist der ethische Tierschutz zu einem Rechtsgut mit Verfassungsrang erhoben worden.
Daraus ergibt sich für die gesetzgebenden Körperschaften, die Regierung, die Verwaltung und die Rechtsprechung, den Tierschutz bei ihren Gesetzen, bei ihrem Verwaltungshandeln und ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Das Staatsziel Tierschutz wendet sich nicht an Tierschutzverbände und gewährt den Tieren zudem keine eigenen Rechte. Rechtsträger können immer nur Personen sein.
Außerdem sind die Auswirkungen auf Wirtschaft und Forschung unabsehbar, und es würde – Sie haben es bereits angedeutet – eine aufgeblähte Bürokratie entwickelt werden, die wir so nicht wollen und die auch keinen effektiven Nutzen für die Tiere bedeuten würde.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Ursula Ham- mann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das ist doch nicht wahr!)
Deshalb setzt sich die CDU-Fraktion dafür ein, dass zumindest die Hessische Landesregierung diesen Antrag im Bundesrat nicht unterstützen wird. Die CDU-Fraktion lehnt daher auch die Einführung des Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände ab und kann Ihrem Antrag nicht folgen. Wir erteilen Ihnen eine ganz klare Absage.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Lannert, Sie haben in Ihrer Rede kurz das Lob der Vergangenheit gestreift: Nie wurde so viel für den Tierschutz getan. – Mir fällt dazu nur ein Beispiel aus dem Tierreich ein. Das ist ungefähr so, als wenn ein Hase nach einer langen Hetzjagd, bei der eine Hundemeute hinter ihm her war, sagt: Ich bin der schnellste Hase in Europa.
Nachdem viele Menschen in Deutschland den Tierschutz mit öffentlichen Initiativen so vorangebracht haben, dass keine Regierung ihm mehr ausweichen konnte,wurde viel getan. Ich glaube, wir sollten den Menschen danken, die dafür gesorgt haben, dass der Tierschutz einen solchen Stellenwert hat, und die Folgewirkungen relativieren.