Protokoll der Sitzung vom 13.05.2004

(Reinhard Kahl (SPD): Das waren die Fakten!)

Ich will Ihnen wenigstens zwei Punkte nennen, zu denen Sie knochenhart behauptet haben, das sei so, bei denen Ihre Behauptungen aber völlig falsch waren.

Sie sagten, wir hätten den Kommunalen Finanzausgleich um 18 % gekürzt.

(Reinhard Kahl (SPD): Die Schlüsselzuweisungen!)

Wir haben beim Kommunalen Finanzausgleich gar nichts gekürzt. Vielmehr griff schlichtweg ein Automatismus. Die Kommunen bekommen 23 %. Dementsprechend wurde das auch mit den Mindereinnahmen im Haushalt umgesetzt. Was wollen sie denn? Die Kommunen leiden doch auch unter der grottenschlechten Politik dieser Bundesregierung.Wir haben doch nicht gekürzt.Vielmehr war das Steueraufkommen entsprechend zu verteilen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zweitens. Seien Sie ein bisschen vorsichtig mit der Aussage, die Finanzkraft des Landes Hessen sei schlecht. Im ersten Quartal 2004 lagen wir Lichtjahre vor allen anderen Ländern. Hessen ist mit Abstand das steuerstärkste Land in der Bundesrepublik Deutschland. Wir werden nachher noch darüber reden. Das hat sich dann natürlich auch dementsprechend wieder im Länderfinanzausgleich ausgewirkt.

(Reinhard Kahl (SPD): Die Zahlungen in den Länderfinanzausgleich sind im letzten Jahr zurückgegangen!)

Meine Damen und Herren,seien Sie ein bisschen stolz auf die Leistungsfähigkeit Hessens. Reden Sie hier nicht dauernd so einen Unsinn.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir sollten es uns nicht selbst schwer machen. Man kann sehen,dass hessische Unternehmen mit Abstand die meisten Auftragseingänge in Deutschland im ersten Quartal 2004 hatten.

(Reinhard Kahl (SPD): Ja!)

Hessen lag da mit Abstand vorne. So viel wollte ich zum Thema wirtschaftliche Entwicklung in Hessen sagen.

Ich glaube, wir könnten alle gemeinsam ein wenig stolz darauf sein, wie das Land Hessen diese schwierigen Zeiten übersteht. Da brauchen wir eigentlich keine Opposition, die mangels sonstiger Themen Hessen auch noch herunterredet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte drei kurze Zitate anführen. „2004 sinkt das Haushaltsdefizit auf nahezu null.“ Das sagte Herr Eichel

am 12. Februar 2002. „2006 sinkt das Haushaltsdefizit auf nahezu null.“ Das sagte Herr Eichel im Dezember 2002. „2008 sinkt das Haushaltsdefizit auf nahezu null.“ Das sagte Herr Eichel im November 2003. Wenn die Perspektive darin bestehen würde, dass diese Bundesregierung weitermacht, würden wir auch im Jahre 2048 noch keinen Haushalt haben, der nahezu ausgeglichen ist. Das ist eines der entscheidenden Probleme unseres Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Heiterkeit des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Meine Damen und Herren, Sie sollten sich die Fakten ansehen. Alle Ziele, die die Bundesregierung zu verfolgen hat,wurden verfehlt.Weltweit ist in diesem Jahr mit einem wirtschaftlichen Wachstum von 4,5 % zu rechnen. Trotz des hohen Ölpreises und trotz der überhitzten Konjunktur in Asien, die derzeit eher dämpfende Elemente benötigt, ist mit einer eher noch leicht steigenden Tendenz zu rechnen. In den USA wird mit einem Wirtschaftswachstum von 4,7 % gerechnet. In Deutschland geht man jetzt nur noch von einem Wachstum von 1,5 % aus. Ich bin mir nicht sicher, ob diese 1,5 % tatsächlich erreicht werden.

In diesem Jahr gibt es fünf Feiertage weniger. Allein das macht ein wirtschaftliches Wachstum von 0,6 % aus. Das heißt, das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland liegt tatsächlich deutlich unter 1 %.Das ist doch blamabel.Das ist eine Katastrophe für dieses Land. Dieses Land ist doch leistungsfähig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Roland von Hunnius (FDP))

Ich möchte Ihnen jetzt einen Witz erzählen, der das genau beschreibt. Was passiert, wenn Sozialisten in der Wüste regieren? Fünf Jahre lang passiert gar nichts, dann wird der Sand knapp. – Das ist doch die Realität, vor der wir in Deutschland stehen.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Es fällt doch nicht alles vom Himmel. Ich komme zu der Frage der Haushaltskonsolidierung. Man muss sich einmal ansehen, was jetzt wieder auf Bundesebene läuft. Der Haushalt, der eine Nettoneuverschuldung von 29 Milliarden c vorsieht, ist doch gefaked. Da sind Einnahmen aus dem Gewinn der Bundesbank in Höhe von 3,5 Milliarden c vorgesehen. Von diesem vorgesehenen Gewinn ist fast nichts mehr übrig geblieben. In dem Haushalt sind Einnahmen in Höhe von 2,1 Milliarden c durch die LKWMaut vorgesehen. Was geschah denn hinsichtlich der LKW-Maut? Sie haben das in den Sand gesetzt, „grandios“ in den Sand gesetzt.Das hatte den „Erfolg“,dass die Länder nunmehr kein Geld mehr für Straßenbauprojekte bekommen. Eine weitere Folge ist, dass die Infrastruktur nicht gefördert werden kann und sich deshalb das Wirtschaftswachstum in Deutschland nicht so entwickeln kann, wie es notwendig wäre.

Im Haushalt sind 1 Milliarde c zusätzlich aufgrund einer verschärften Bekämpfung der Schwarzarbeit vorgesehen. Aufgrund der Steueramnestie sollen 2 Milliarden c in den Haushalt kommen. Ich habe Ihnen gestern schon zu der Steueramnestie und diesen 2 Milliarden c gesagt: Wer wird denn sein Geld nach Deutschland zurückholen, da Sie auf der anderen Seite schon wieder von Vermögensteuer und einer höheren Erbschaftsteuer sprechen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die finanzielle Situation in Deutschland ist nun einmal so, wie sie ist. Aber ich beklage das. Wir haben das mitgetra

gen, obwohl eine Steueramnestie eine außerordentlich schwierige Angelegenheit ist. Wie Sie sehen, kommt aber kein Geld zurück.

Bei der Tabaksteuer ist ein Minus von 800 Millionen c zu verzeichnen. Die Ausgaben für den Arbeitsmarkt, also für Arbeitslosen- und Sozialhilfe, werden im Haushalt mit insgesamt 4,5 Milliarden c zu Buche schlagen. Die konjunkturbedingten Ausfälle beim Steueraufkommen werden wir heute im Laufe des Tages vom Arbeitskreis Steuerschätzung genannt bekommen.

Im Bundeshaushalt sind globale Minderausgaben in Höhe von 2,6 Milliarden c eingesetzt. Aber niemand weiß, wie dieser Betrag aufgebracht werden soll.

Herr Minister, die zwischen den Fraktionen vereinbarte Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme sofort zum Ende meiner Rede. – Die jetzt stattfindende Diskussion hinsichtlich eines Kurswechsels ist doch eine Katastrophe. Dabei geht es um die Frage, ob von der Sparpolitik Abstand genommen werden soll oder nicht. Der Hobbyfinanz- und -wirtschaftspolitiker Außenminister Fischer sagt: Wenn wir nur sparen, streichen und kürzen, wird das nicht das notwendige Wachstum erbringen. – Was für ein Unsinn.Wir müssen die Haushalte konsolidieren, damit wir dauerhaftes Wachstum bekommen. Wir dürfen da nicht einfach nachgeben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP – Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das Land Hessen hat doch ein Sparpaket, das vom September letzten Jahres stammt. Sie haben die Leute aufgerufen, gegen das Sparpaket auf die Straße zu gehen.

(Beifall bei der CDU)

Also, lachen Sie hier nicht.Wir haben das Notwendige gemacht. Es wäre gut, wenn die Bundesregierung einmal die Kraft hätte, so etwas zu machen.Wir haben ein Sparpaket aufgelegt. Ich sagte es bereits: Die Opposition hingegen hat hier erklärt, sie werde auf allen Ebenen Widerstand gegen das Sparen leisten.

(Reinhard Kahl (SPD): Trotzdem ist der Haushalt verfassungswidrig! Was ist denn da los?)

Wir brauchen uns nicht für irgendetwas zu entschuldigen. Der geradlinige Weg der Landesregierung in der Finanzpolitik ist in Deutschland beispielhaft.

(Beifall bei der CDU – Widerspruch bei Abgeord- neten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich möchte noch etwas ansprechen, damit Herr Kahl sieht,welchen Unsinn Sie hier in der Sache vertreten.Ausweislich einer Presseerklärung vom 3. Mai 2004 hat Ihre eigene Landesvorsitzende Folgendes erklärt – Herr Präsident, ich zitiere –:

Wir hessischen Sozialdemokraten haben bereits mehrfach gefordert, dass Haushaltskonsolidierung nicht zu jeder Zeit der Hauptzweck von Finanzpolitik sein darf.

(Norbert Schmitt (SPD): Das ist richtig!)

Als Reaktion auf eine lang anhaltende Wachstumsschwäche, wie wir sie jetzt haben, sind Sparpakete die falsche Lösung.

(Norbert Schmitt (SPD): Natürlich ist das so!)

Meine Damen und Herren, erklären Sie hier doch nicht, die Landesregierung müsse sparen. Denn Ihre Landesvorsitzende erklärt gleichzeitig, dass Sparen in diesem Land nicht mehr en vogue sei. Sie müssen also erst einmal intern klären, was Sie wollen.

(Beifall bei der CDU)

Zum Schluss möchte ich Ihnen noch Folgendes sagen. Denn jeder soll auch wissen, was die Folgen davon sind. 1990 hatten wir in Deutschland die Wiedervereinigung. In den beiden folgenden Jahren lagen wir beim Bruttoinlandsprodukt 9 % oberhalb des Durchschnitts in Europa. Derzeit liegen wir 1,5 % unter dem Durchschnitt Europas. Das heißt, dieses Land wird ärmer. Es wird immer ärmer, und zwar deshalb, weil wir eine Bundesregierung haben, die mit ihrer Politik in unerträglicher Art und Weise die Ressourcen dieses Landes verschleudert. Ich meine damit sowohl die mentalen als auch die tatsächlichen Ressourcen. Das trifft die Menschen. Das trifft aber auch die Länder und Kommunen. In erster Linie aber trifft es die Menschen.

Reden Sie nicht davon, dass Sie etwas für die Armen und Schwachen dieses Landes tun wollen.Wenn ein Land aufgrund seiner Politik insgesamt ärmer wird, sind die Leidtragenden einer solchen Politik in erster Linie die kleinen Leute und die Schwachen eines Landes.

(Beifall bei der CDU und der Abg.Dorothea Henz- ler (FDP))

Wer eine Politik des Sparens betreibt und auf Wirtschaftswachstum setzt,der handelt für diese Menschen.Sie tun es nicht. Deswegen sollten Sie ganz kleine Brötchen backen, wenn Sie die Politik der Landesregierung kritisieren.

(Anhaltender Beifall bei der CDU – Beifall der Abg. Dorothea Henzler (FDP))