Protokoll der Sitzung vom 14.07.2004

Herr Kollege Hahn, um noch einmal auf Sie zurückzukommen, da Sie gesagt haben, das sei ein Problem der Stadt Frankfurt am Main und auch ein bisschen ein Problem der Landeshauptstadt Wiesbaden: Der Innenminister hat bereits darauf hingewiesen, dass es in Hessen nach der Kommunalwahl im Jahr 2001 insgesamt 129 Eine-Person-Fraktionen gab. Das ist für mich kein Einzelproblem. Ich will hier nicht näher auf die Frage der sachgemäßen fi

nanziellen Ausstattung dieser Eine-Person-Fraktionen eingehen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das muss man in der Satzung regeln!)

Sie haben das Antrags- und Rederecht konkret angesprochen. Man muss ein Stück weit darüber streiten können, ob es Sinn macht, wenn zwölf Fraktionen – die Frankfurter mögen die Zahl korrigieren –, worunter auch die EinePerson-Fraktionen zählen, mit denselben Rederechten ausgestattet werden.

(Zuruf: Zehn Fraktionen sind es!)

Zehn sind es. Das ist schon schlimm genug. – Darüber kann man streiten. Die CDU-Fraktion und die Landesregierung möchten mit diesem Gesetzentwurf einer eindringlichen Forderung aller drei Kommunalen Spitzenverbände nachkommen.

Herr Kollege Rudolph, Sie haben – das konnten wir auch der Presse entnehmen – die Wiedereinführung einer Sperrklausel von 3 % angesprochen. Ich denke, der Innenminister hat zu der Frage der Verfassungsmäßigkeit bereits Ausführungen gemacht. Wir haben im Jahr 1999 eine sehr umfassende Anhörung dazu durchgeführt. Am Ende ist der Wegfall der Sperrklausel in dem geltenden Gesetz herausgekommen. Ich darf nur darauf hinweisen, dass es sehr schwierig wäre, wenn man sich dem Vorschlag näherte, wieder eine 3-%-Klausel einzuführen.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist absurd!)

Ich darf daran erinnern,dass diese Wiedereinführung eine erhebliche Beeinträchtigung der Arbeit der Kommunalparlamente voraussetzt. Die Arbeit der Kommunalparlamente müsste derart beeinträchtigt sein, dass dies die Wiedereinführung einer Sperrklausel zwingend erforderlich macht. Eine solche Beeinträchtigung ist uns bislang nicht bekannt geworden, sodass die Landesregierung – die Fraktion der CDU sieht das genauso – aus verfassungsmäßigen Gründen bisher davon abgesehen hat. Wir wollen nicht sehenden Auges etwas in die HGO schreiben, was gegen die Verfassung verstößt.

Frau Zeimetz-Lorz, Herr Frömmrich möchte eine Zwischenfrage stellen. Gestatten Sie das?

Sonst jederzeit. Aber ich denke, diejenigen, die an der Ausstellungseröffnung teilnehmen wollen, werden es mir danken, dass ich diesmal keine Zwischenfrage gestatte.

Herr Kollege Frömmrich, Sie haben die Verkleinerung der Parlamente angesprochen. Dabei geht es insbesondere um die Verkleinerung der Parlamente in sehr kleinen Gemeinden mit bis zu 3.000 Einwohnern.Wir halten es für richtig, auch diesen Gemeinden die Chance zu geben, ihre Parlamente zu verkleinern, wenn sie es denn wollen. Es gäbe sonst ein kleines Ungleichgewicht; denn die Parlamente der etwas größeren Gemeinden wären dann ebenso klein wie die der sehr kleinen Gemeinden in Hessen. Im Übrigen ist eine Zweidrittelmehrheit dafür erforderlich.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wollen Sie 9 %, um ein Mandat zu erringen?)

Wir wollen die Verkleinerung der Parlamente auch in der Gesetzesnovelle nicht zwingend vorschreiben. Wir sind der Auffassung, dies den Gemeinden im Sinne der Kommunalfreundlichkeit der Landesregierung und der sie tragenden Fraktion nicht zwingend vorschreiben zu müssen. Im Übrigen – Herr Kollege Frömmrich hat zu Recht darauf hingewiesen – gibt es bei einem Parlament in der Größenordnung von elf Mitgliedern naturgemäß schon eine Sperrklausel von 9 %. Dies nur als Hinweis an die Kommunen, die mit der Sperrklausel Probleme haben. Mit der Verkleinerung, die sie durchführen möchten, können sie schon eine Sperrklausel einführen.

Herr Kollege Rudolph, da Sie das angesprochen haben, ein letztes Wort zu den Wahlanfechtungen. Sie möchten die Grundsätze des Landtags- und Bundestagswahlrechts gerne auf die Kommunalwahlen übertragen. Das würden wir auch gerne tun. Aber ich muss darauf hinweisen – ich denke, Sie werden noch Gelegenheit haben, dies ausführlicher zu beraten –, dass, auch wenn Sie es nicht gerne hören, im Unterschied zum Landtag und zum Deutschen Bundestag Kommunalparlamente eben keine Parlamente, sondern Verwaltung sind. Insofern ergibt sich schon aus der Sache heraus ein einschränkendes Moment.

Ich komme zum Schluss. Auch ich darf für die Fraktion der CDU sagen, dass wir uns auf eine spannende und vor allen Dingen fruchtbare Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfes freuen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU)

Danke, Frau Zeimetz-Lorz. – Meine Damen und Herren, ich darf feststellen, dass die erste Lesung des Gesetzentwurfes der Landesregierung für ein Gesetz zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung und anderer Gesetze stattgefunden hat.

Der Gesetzentwurf soll zur weiteren Beratung an den Innenausschuss, federführend, überwiesen werden. Hier ist notiert: mitberatend an den Haushaltsausschuss.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Muss das sein? Innenausschuss reicht!)

Ich frage hierzu die Fraktionen. In meiner Vorlage ist aufgeführt:mitberatend an den Haushaltsausschuss.Wird das gewünscht?

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Wird gewünscht!)

Das wird gewünscht.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich beantrage, den Gesetzentwurf an den Haushaltsausschuss mitberatend zu überweisen!)

Es ist beantragt, den Gesetzentwurf mitberatend an den Haushaltsausschuss zu überweisen. – Das wird zustimmend zur Kenntnis genommen. Dann können wir so verfahren.

Meine Damen und Herren, es ist mehrfach darauf hingewiesen worden – ich will das jetzt auch einmal tun –: Ich würde mich zusammen mit dem Präsidenten, Herrn Kart

mann, und anderen sehr freuen, wenn sich jetzt zur Ausstellungseröffnung ganz viele versammeln würden.

Ich weise darauf hin, dass zeitgleich der Ausschuss für Wissenschaft und Kunst in Raum 118 S tagt. Ich schlage vor, dass wir uns um 15 Uhr, wie beabsichtigt, wieder treffen.

(Zuruf: 15.15 Uhr!)

Wir beraten also um 15.15 Uhr heute Nachmittag weiter.

(Unterbrechung von 13.22 Uhr bis 15.15 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir setzen die unterbrochene Plenarsitzung fort.

Noch eingegangen und auf Ihren Plätzen verteilt ist ein Dringlicher Antrag der Fraktion der CDU betreffend umsichtiges Verhalten der Landesregierung im Auswahlverfahren für die deutschen Bewerberstädte zum Titel „Kulturhauptstadt Europa 2010“, Drucks. 16/2522. Wird die Dringlichkeit bejaht?

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Jawohl!)

Ich sehe, dass dies der Fall ist. Dann wird dieser Dringliche Antrag Tagesordnungspunkt 96 und wird, wenn dem nicht widersprochen wird, zusammen mit Tagesordnungspunkt 91 aufgerufen. Die vorgesehene Redezeit beträgt, wenn niemand widerspricht, fünf Minuten pro Fraktion. – Es widerspricht niemand; dann ist das so beschlossen.

Vereinbarungsgemäß rufe ich nun Tagesordnungspunkt 42 auf:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend Landesregierung gefährdet den sozialen Frieden und ruiniert die innere Sicherheit in Hessen – Drucks. 16/2471 –

Als erster Redner zur Begründung des Antrages hat sich Herr Abg. Rudolph von der SPD-Fraktion gemeldet. Die Redezeit beträgt 15 Minuten.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Zuruf des Abg. Dr.Walter Lübcke (CDU))

Herr Kollege Dr. Lübcke, den Gefallen kann ich Ihnen nicht tun. Ich kann eine inhaltlich sicher gute Rede – das in aller Bescheidenheit vorneweg – zu einem Thema, das in der Tat wichtig ist, nämlich dazu, dass die Politik der CDU-Landesregierung die innere Sicherheit in Hessen massiv beeinträchtigt, nicht einfach zu Protokoll geben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Ihre Politik schwächt die Polizei. Die Polizei geht schweren Zeiten entgegen. Neben den massiven Belastungen durch Kürzungen beim Weihnachts- und Urlaubsgeld wirkt sich insbesondere die Arbeitszeitverlängerung aus. Beispielsweise beträgt die Mehrbelastung bei den Polizeibeamten, die im Schichtdienst arbeiten, 14 bis 15 Tage, also fast einen vollen Arbeitsmonat.Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, obwohl die Landesregierung vor den letzten Landtagswah

len, die sie völlig unverdientermaßen ohne eigenes Zutun gewonnen hat,

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CDU – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Wir können gleich wieder wählen!)

versprochen hat, bei der Vollzugspolizei würden keine Stellen abgebaut, gilt nach den gewonnenen Wahlen und dem Einfahren in die Scheuer dieses Wahlversprechen nicht mehr.

(Zuruf des Abg. Horst Klee (CDU))

968 Stellen – 360 Stellen bei der Vollzugspolizei und 608 Stellen im Angestelltenbereich – sollen in den Jahren bis 2008 gestrichen werden. Das bedeutet, es stehen zukünftig weniger Polizeibeamte zur Verfügung. Es wird weniger Polizei vor Ort sein. Es wird weniger Streifenfahrten geben. Damit wird es eine wesentlich weniger effektive Verbrechensbekämpfung geben. Das ist die Realität in den nächsten Jahren in Hessen.

(Beifall bei der SPD)

Auf Kosten der Qualität versucht die Hessische Landesregierung, dies mit der Wachpolizei und mit dem Freiwilligen Polizeidienst anstelle von gut ausgebildeten und qualifizierten Polizeibeamten zu gewährleisten. Wir sagen: Das ist der falsche Weg. Die Bürgerinnen und Bürger haben nämlich einen Anspruch auf ausreichende Sicherheit. Das können aber nur qualifiziert ausgebildete Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte leisten. Wir wollen, dass da, wo Polizei draufsteht, auch echte und gute Polizei drin ist.

(Beifall bei der SPD)