Mein Gott, das ist schlecht für den Blutdruck, ganz schlecht, Herr Kollege. – Also, schauen Sie sich bitte alle anderen Bundesländer in Deutschland an, die eine Härtefallkommission haben.Alle anderen Bundesländer regeln es so, wie wir es vorschlagen: fernab von der Politik.Auch Baden-Württemberg will es so regeln.
Ich bin sofort fertig. – Auch das Saarland wollte das so regeln. Nur Sie und die Niedersachsen machen den Vorschlag mit dem Petitionsausschuss – Irrsinn. Der Kollege Dr. Jürgens hat Ihnen das hier gerade nachgewiesen.
(Lebhafter Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg.Volker Hoff (CDU))
Herr Kollege Frömmrich, der heftigste Vorwurf in Ihren zwei Minuten war der der taktischen Spielchen. Der Einzige, der hier taktische Spielchen treibt, sind Sie und Ihre Fraktion mit dem, was Sie hier vorschlagen.
(Beifall bei der CDU und bei Abgeordneten der FDP – Evelin Schönhut-Keil (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): So ein Quatsch!)
Es ist doch geradezu absurd – ich habe es eben schon einmal gesagt –: als ob die Abgeordneten im Petitionsausschuss nicht schon hinreichend bewiesen hätten, dass sie in der Lage sind, vernünftige und humanitäre Lösungen zu finden.
Diese Lösungen finden Sie doch nicht dadurch, dass Sie eine Kommission einsetzen, die politikfern agiert, die jenseits von irgendwelcher Verantwortung für diesen Staat und für die Kosten, die dadurch verursacht werden, eine solche – –
Natürlich spielt das mit eine Rolle. – Ich sage: Weg von Politik heißt ein Stück weit weg von Verantwortung. Das ist nicht in Ordnung. Deswegen schlagen wir Ihnen diesen Weg vor.
Herr Kollege Frömmrich, es ist grob falsch, zu behaupten, wir könnten den medizinischen Sachverstand nur in einer politikfernen Kommission etablieren. Der medizinische Sachverstand nimmt in Gestalt der Mitarbeiter des Sozialministeriums auch an den Sitzungen des Petitionsausschusses teil. Insofern ist es eine Mär, wenn Sie behaupten, dass keine entsprechende medizinische Beratung stattfinden könne.
Herr Kollege Frömmrich, Ihre taktischen Spielchen sind aufgefallen. Ihre Darstellung zeigt, dass es die GRÜNEN sind, die derartige Spielchen betreiben.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich grüße heute ausnahmsweise auch die Mitglieder des Wanderklubs aus meinem Dorf, die mich kennen, seit ich in die Schule gehe. Herzlich willkommen.
Wir debattieren in einer sehr hitzigen Art und Weise über die Einsetzung einer Härtefallkommission. Deshalb will ich die Diskussion ein bisschen versachlichen. Meine Damen und Herren von FDP und CDU, hören Sie gut zu.
Ob die Einrichtung einer Härtefallkommission über eine Rechtsverordnung, wie es die SPD-Fraktion bereits im Mai gefordert hat und wie es auch das Zuwanderungsgesetz vorsieht, oder über einen Gesetzentwurf, wie es BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert, erfolgt, ist in meinen Augen nicht relevant. Wichtig ist aber, dass wir eine Härtefallkommission in Hessen bekommen.
Jetzt kommt der wichtige Unterschied: Der Petitionsausschuss darf sich aufgrund der Geschäftsordnung nur in einem sehr engen Rahmen gemäß den gesetzlichen Vorgaben bewegen. Für Menschen, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, können wir trotz aller Bemühungen nichts tun. Das werden Ihnen alle Kolleginnen und Kollegen, die im Petitionsausschuss arbeiten und gearbeitet haben, dezidiert bestätigen.
Mit dem mehrfach zitierten § 23a des Aufenthaltsgesetzes besteht aber erstmals die Möglichkeit, eine Härtefallkommission zu schaffen, die dezidiert die Möglichkeit hat, vollziehbar ausreisepflichtigen Menschen in Einzelfällen aus humanitären oder persönlichen Gründen zu helfen. Denn in § 23a des Aufenthaltsgesetzes heißt es – hören Sie jetzt gut zu, denn ich vermute, Sie haben das Zuwanderungsgesetz überhaupt nicht gelesen –:
Die oberste Landesbehörde darf anordnen, dass einem Ausländer, der vollziehbar ausreisepflichtig ist, abweichend von den in diesem Gesetz festgelegten Erteilungs- und Verlängerungsvoraussetzungen... eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, wenn eine von der Landesregierung durch Rechtsverordnung eingerichtete Härtefallkommission darum ersucht...
Noch einmal sehr deutlich gesagt: Nur eine Härtefallkommission hat die Möglichkeit, abweichend von der Gesetzeslage zu helfen. Deswegen hätten wir mit dem Antrag der FDP-Fraktion und auch mit dem seit zehn Minuten vorliegenden Änderungsantrag der CDU-Fraktion überhaupt nichts gewonnen,wenn die Entscheidung über Härtefälle beim Petitionsausschuss verbliebe.
Aufgrund des § 25 Abs. 4 Aufenthaltsgesetz könnte der Petitionsausschuss lediglich einen vorübergehenden Aufenthalt gewähren, „solange dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen“ einen vorübergehenden Aufenthalt im Bundesgebiet erfordern. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn einem Ausländer ermöglicht werden soll, seinen Schulabschluss zu machen, seine Lehre abzuschließen
oder als Zeuge vor Gericht auszusagen. Diese Möglichkeit,lieber Herr Kollege,nutzen wir im Petitionsausschuss heute schon.Aber es reicht einfach nicht aus.
(Frank Gotthardt (CDU): Wenn der Petitionsausschuss zugleich Härtefallkommission ist, dann können Sie das eben auch!)
Deswegen wird die SPD-Fraktion in diesem Hause den Antrag der FDP-Fraktion und auch den gemeinsamen Antrag der CDU- und der FDP-Fraktion ablehnen.
Es ist mehrfach zitiert worden, dass im Saarland eine Härtefallkommission bereits seit Jahren erfolgreich arbeitet. Baden-Württemberg hat angekündigt, eine solche Kommission einzurichten. Die Kirchen und Wohlfahrtsverbände in Hessen fordern das seit langem. Hören Sie jetzt gut zu: In seiner letzten Sitzung hat der Integrationsbeirat ein überwältigendes Votum für die Einrichtung einer Härtefallkommission ausgesprochen.
Dazu muss man wissen, dass der Integrationsbeirat installiert worden ist, um die Landesregierung zu beraten.
(Frank Gotthardt (CDU): Wir richten doch eine Härtefallkommission ein! Nehmen Sie das doch endlich zur Kenntnis!)
Meine Damen und Herren, die Vorsitzende des Integrationsbeirates ist ein Mitglied der Landesregierung. Die SPD-Fraktion in diesem Hause fordert daher, eine Härtefallkommission in dem Sinne einzurichten, wie es das Zuwanderungsgesetz fordert, und nicht in der Form, wie Sie das jetzt vorschlagen.
(Beifall bei der SPD – Frank Gotthardt (CDU):Die Kommission wird doch eingerichtet! – Weitere Zurufe von der CDU)
Zum Verfahren: Solange ein Fall bei der Härtefallkommission anhängig ist, muss von einer Abschiebung abgesehen werden, sonst würden wir Tatsachen schaffen, die den Menschen nicht gerecht werden.
Dass die Härtefallkommission ausschließlich im Rahmen der Selbstbefassung tätig wird, ist unstrittig. Das sieht das Zuwanderungsgesetz so vor. Allerdings müssen wir eine Geschäftsstelle vorschalten, die eine Vorauswahl aufgrund der zu beschließenden Geschäftsordnung trifft. Auch die Einrichtung einer Vorprüfungskommission, wie von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagen wird, können wir mittragen. Das ist kein Problem. Wichtig ist aber, dass die betroffenen Menschen die Möglichkeit haben, sich an die Härtefallkommission zu wenden.
Ausschlaggebend für die erfolgreiche Arbeit einer Härtefallkommission – damit komme ich zu einem wichtigen Punkt – wird die Akzeptanz bei den Ausländerbehörden und vor allen Dingen die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sein. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben Vorschläge über die Zusammensetzung der Härtefallkommission gemacht. Die von uns vorgeschlagenen Mitglieder – hören Sie gut zu, Herr Kollege Beuth – beschäftigen sich in ihrem beruflichen Umfeld mit den Problemen von Migrantinnen und Migranten. Diese Fachkompetenz sollten sie in eine Härtefallkommission einbringen.
Der Herr Kollege Beuth hat anlässlich der Einbringung unseres Antrages im Mai dieses Jahres Folgendes gesagt: „Ich denke, dass die Abgeordneten des Hessischen Landtags über ausreichende fachliche und sachliche Qualifikationen verfügen“. Er hat diese Aussage heute wiederholt. Die Qualifikationen, die Menschen mitbringen, die beruflich tagtäglich mit nichts anderem beschäftigt sind als mit den Problemen und Angelegenheiten unserer ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürger, können wir Abgeordnete – mit Verlaub – beim besten Willen nicht haben. Ich möchte niemandem absprechen, dass er seine Arbeit im Petitionsausschuss bestmöglich und umfassend erledigt. Aber wenn Sie ehrlich sind, besonders Sie auf der rechten Seite des Hauses,dann geben Sie zu,dass es schon allein aus Zeitgründen hier gewisse Unterschiede gibt.
Kollege Beuth hat außerdem gesagt: Wahrscheinlich treffen Abgeordnete „sogar bessere Entscheidungen, als sie eine Härtefallkommission treffen könnte, weil wir eine politische Einordnung vornehmen“. – Dem möchte ich an dieser Stelle ganz besonders widersprechen.
Denn wenn wir zunächst eine politische Einordnung vornehmen und dann entscheiden,werden wir den Menschen und ihren Anliegen, ihren Schicksalen nicht gerecht.
Das wiederum wäre der Vorteil einer Härtefallkommission, denn hier spielt die Humanität, also die Menschlichkeit, die entscheidende Rolle.