(Beifall bei der CDU – Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP):Es war immer so,dass es zu spät war! Das ist nie öffentlich diskutiert worden!)
Das gilt meiner Meinung nach auch für die Diskussion über die Zukunft der Kultusministerkonferenz. Auch diese Diskussion findet nicht im Jahr 1996, sondern im Jahr 2004 statt. Wenn sich bei der Kultusministerkonferenz seit 1996 wirklich nichts bewegt hätte, müsste man hier tatsächlich eine Diskussion über ihre Abschaffung führen. Aber dass sich nichts bewegt habe, will in diesem Hause niemand ernsthaft behaupten.
Frau Wagner, damit hier keine Missverständnisse aufkommen: Die KMK in ihrer jetzigen Form ist nicht sakrosankt.
Auch wir glauben, dass ihre Arbeitsweise und ihre Organisationsform immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden müssen.
Aber eine Abschaffung – das sage ich jetzt sehr deutlich; ich werde später noch einmal darauf eingehen – wäre kontraproduktiv. Gerade in den letzten fünf Jahren hat
Dass die Funktion und die Tätigkeit der Kultusministerkonferenz immer wieder diskutiert und infrage gestellt worden sind, hatte seine Berechtigung, und ich bin auch nicht geneigt, zu sagen, dass die Kultusministerkonferenz einen Idealtypus effizienten Verwaltungshandelns darstellt. Sie ist bestimmt noch nicht der rasante Sportschuh, den wir uns wünschen, aber ein Hemmschuh ist sie zumindest seit Beginn dieses Jahrhunderts auch nicht mehr.
Wenn man offen und ehrlich an die Fragestellung herangeht, die die FDP in ihrem Antrag aufgeworfen hat, kann man heute nicht mehr sagen, dass die Strukturen der KMK und die Denkweisen ihrer Mitglieder erstarrt seien. Ich sage hier ganz deutlich – Frau Wagner, Sie wissen das am besten –: Gerade in den letzten Jahren, als Sie und Frau Kultusministerin Wolff verantwortlich waren – Frau Kultusministerin Wolff war im letzten Jahr sogar Vorsitzende der KMK –, sind Fortschritte erzielt worden, von denen wir früher nur geträumt hätten.
Liebe Karin Wolff, noch nicht einmal Ihre Kritiker können bestreiten, dass im letzten Jahr unter Ihrer Präsidentschaft sehr viel in der Kultusministerkonferenz vorangegangen ist.
Ich erinnere nur an die Vereinbarung über die Bildungsstandards. Diese Übereinkunft wäre in den Neunzigerjahren noch gar nicht möglich gewesen. Das föderale Bildungswesen hat meines Erachtens mit diesem Beschluss gezeigt, dass es bereit ist, sich zu verändern und den Herausforderungen zu begegnen. Wir haben jetzt beispielsweise abschlussbezogene Profile, unabhängig von der Schulform. Das war früher undenkbar.
Wir haben jetzt ein einheitliches Profil für den Realschulabschluss, egal, ob er an einer grundständigen Realschule absolviert wurde, an einer Fachschule, an einem Realschulzweig, einer kooperativen Gesamtschule oder einer integrierten Gesamtschule: Es gilt in der gesamten Bundesrepublik der gleiche Standard. Meine Damen und Herren, wenn das kein Fortschritt ist, dann weiß ich nicht, was ein Fortschritt ist.
In der Bundesrepublik gibt es zum ersten Mal eine Übereinkunft darüber, dass sich Deutschland an international vergleichenden Tests beteiligt.
Die Teilnahme an TIMSS, IGLU und PISA wäre früher undenkbar gewesen. Ich denke nur an das Beispiel, das Hans-Jürgen Irmer hier immer wieder anführt.
Es gab früher in den SPD-Kultusministerdebatten den Hinweis darauf, solche Vergleichstest nicht zu machen, weil man davon ausgegangen ist, dass die sozialdemokratischen Bundesländer im nationalen Vergleich schlecht abschneiden. Heute ist das Gott sei Dank nicht mehr so, man hat es anerkannt und macht es gemeinsam.
Die Umsetzung des achtjährigen Gymnasiums mit all ihren Folgen und Veränderungen, die wir auch in diesem Hause immer wieder diskutiert haben, ist in fast allen Bundesländern ohne großes Gepolter über die Bühne gegangen. In den Neunzigerjahren wäre das fast unvorstellbar gewesen.
Wir haben gerade erfahren, dass sich gestern das Land Brandenburg entschlossen hat, zum achtjährigen Gymnasium überzugehen.
Meine Damen und Herren, früher hätte die KMK einen Hemmschuh auferlegt,heute macht sie es nicht mehr,sondern kümmert sich darum und überlegt, wie man das am besten umsetzen kann.
Gerade nach PISA und vor allem PISA-E hat sich die Reformfähigkeit der KMK enorm beschleunigt. Ich erinnere dabei an die Pressemitteilung der Kultusministerin, die die aufgenommene Fahrt mit der eines ICE vergleicht. Das kann man als hohle Phrase abtun, aber es zeigt nur die Wirklichkeit. Als Kronzeuge nenne ich Jürgen Baumert – das ist der deutsche Mister PISA –, der unverdächtig ist, im deutschen Bildungswesen ein Bremser zu sein. Er hat neulich gesagt, es müsse darauf geachtet werden, dass das Tempo nicht so hoch werde, dass nicht alle auf dem eingeschlagenen Weg der KMK dem Tempo folgen könnten und somit in Gefahr gerieten, auf der Strecke zu bleiben. Das macht deutlich: Diese KMK ist bei weitem nicht so reformunfähig, wie es immer wieder dargestellt wird.
(Zuruf der Abg.Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Was soll denn jetzt eigentlich geändert werden?)
Ich verweise nur darauf: In der Zeit der Präsidentschaft von Karin Wolff ist ein Ausschuss eingesetzt worden, der sich genau mit den Fragen, die Herr Hahn eben angesprochen hat, beschäftigt.
(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Alles wunderbar, was Frau Wolff gemacht hat! Am besten sollte sie da bleiben!)
Dabei handelt es sich um Fragen der Funktion und der Strukturen. Jemand, der betriebsblind geworden ist, setzt doch nicht selbst eine Kommission ein. Das macht doch nur jemand, der etwas weiterentwickeln will und auch etwas hinterfragt.
Diese Ergebnisse sollen bis zum Ende des Jahres vorgelegt werden, sie sollten dann ernsthaft geprüft und disku
tiert werden. Herr Hahn hat das Land Niedersachsen als Kronzeugen angeführt. Wir wollen nichts anderes, als Christian Wulff gesagt hat.Er hat gesagt,er wolle nicht die Abschaffung der KMK, sondern eine Veränderung der KMK. Das wollen wir als CDU in Hessen auch.
(Beifall bei der CDU und der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) – Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Na ja!)
Was würde denn eine Abschaffung bedeuten? Ich bin der festen Überzeugung, wir hätten dann die Wahl zwischen Pest und Cholera, entweder Partikularismus oder Zentralismus.
Beides wollen wir nicht. Wir wollen nicht zurück zur Kleinstaaterei. Damit hat sich Deutschland in der Geschichte noch nie einen Dienst erwiesen. Sollen wir denn den Menschen, denen wir auf der einen Seite immer wieder vermitteln, sie sollten mobil sein, bereit sein, im Berufsleben Standorte zu verändern, sagen, wir könnten ihnen nicht garantieren, dass die Kinder in der Schule vergleichbare Inhalte lernten? Das wäre doch wirklich kontraproduktiv.
Im schlechtesten Fall hätten wir 16 verschiedene Systeme, im besten Fall wahrscheinlich zwei Systeme, eines der A-Länder und eines der B-Länder. Das kann doch keiner im Ernstfall wirklich wollen.
Die andere Variante ist aber, alles zu zentralisieren. Diese Variante ist für mich eher ein Schreckgespenst. Ein zentrales Bundeskultusministerium mit weit reichenden Kompetenzen für das Bildungswesen steht unserem Wollen, das wir in diesem Hause schon alle bekräftigt haben, diametral entgegen.Wir wollen in unserer hessischen Bildungspolitik keine weiteren Luftblasen bulmahnscher Prägung, wie wir z. B. die Eliteuniversitäten haben verschwinden sehen. Meine Damen und Herren, finden Sie nicht auch, dass es um dieses Thema sehr ruhig geworden ist?
Wir als Hessen brauchen uns bei dieser Thematik wahrlich nicht zu verstecken. Das neue TUD-Gesetz, unsere Aktivitäten in der Begabtenförderung – ich erinnere nur an BRAIN in Marburg –, die gezielte Förderung an Grundschulen und von Schloss Hansenberg untermauern doch die Tatsache, dass wir in Hessen auf dem richtigen Weg sind und uns vom Bund nichts vorschreiben zu lassen brauchen.
Meine Damen und Herren, wir haben gestern über die Juniorprofessuren gesprochen. Frau Bulmahn ist damit vollkommen auf den Hintern gefallen. Das Bundesverfassungsgericht hat deutlich gesagt, dass es nicht in Ordnung ist, dass sie sich hier Kompetenzen herausgenommen hat. Wir haben heute einen neuen Vorschlag, und dieser Vorschlag ist keinen Deut besser. Ich glaube, Frau Bulmahn hat nichts daraus gelernt. Deswegen bin ich der festen Überzeugung, das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre eine Zentralisierung von Bildungsaufgaben auf Bundesebene.
Aus diesem Grund haben wir auch im letzten Plenum vor den Sommerferien darüber gesprochen, Herr Hahn hat darauf hingewiesen, dass auch wir als CDU-Landtags