Protokoll der Sitzung vom 24.11.2004

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg.Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Der CDU fällt nichts anderes ein,als zusätzliche Schulden zu machen. Meine sehr verehrten Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen von der CDU, das ist nicht nur das Portemonnaie der jetzt lebenden Bürger, sondern Sie gehen auch an das Portemonnaie der Bürger heran, die heute noch nicht leben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das akzeptieren wir nicht.

(Beifall bei der FDP)

Sie geben in diesem Jahr – alle 56 Kollegen der Union müssen das wissen – mehr Geld aus, als Sie haben, und Sie geben mehr Geld aus, als Sie dürfen. Und das nun bereits zum zweiten Mal.

Es ist das zweite Mal, dass Sie hier einen Haushaltsentwurf verabschieden wollen und werden, in dem von Anfang an die Verfassungsgrenze überschritten wurde.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann es leider nicht mehr akzeptieren, wenn der Finanzminister – Karlheinz Weimar ist wieder hier; er kann bestimmt bestätigen, ob die „FR“ das richtig geschrieben hat –

(Michael Denzin (FDP):Er hat zwischenzeitlich ein Interview gegeben!)

in dem Interview in der „Frankfurter Rundschau“ vom Dienstag sagt:

Die Verfassungsgrenze ist in Hessen niedriger definiert als in fast allen anderen Bundesländern.

Er sagt das nicht euphorisch: „Klasse, hier wird das Geld der Enkelkinder gerettet“, sondern er sagt es traurig: Schade, ich darf nicht mehr Schulden machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist evident das Gegenteil von dem, was der Ministerpräsident gerade vorgetragen hat.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Milde, ich kann Ihnen das nicht ersparen. Sie müssen das zur Kenntnis nehmen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Lesen Sie doch meine Rede nach! Da steht es drin!)

Ich hoffe, dass Sie es verstanden haben, dass Sie bewusst, vorsätzlich gegen die Hessische Verfassung verstoßen, und das bereits zum zweiten Mal.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Lesen Sie meine Rede nach!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen, dass diese Hessische Verfassung so restriktiv bleibt, wie sie ist. Wir können es nicht akzeptieren, wenn larmoyant darüber geredet wird, in anderen Bundesländern dürfe man mehr Schulden machen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): Das haben wir ausdrücklich gesagt!)

Wir wollen, dass auch in unserem Bundesland weniger Schulden gemacht werden, und deshalb bleibt das auch so in der Hessischen Verfassung, wie es unsere Väter hineingeschrieben haben.

(Beifall bei der FDP)

Besonders überrascht bin ich – nein, sind wir Liberale, und nicht überrascht,sondern enttäuscht – über die Leichtigkeit, mit der eine CDU-Regierung die Verfassung missachtet. Mein Weltbild ist von jahrzehntelanger politischer Arbeit geprägt. In meinem Weltbild sind Konservative gerade diejenigen, die sich an Recht und Gesetz halten. Ja, es sind diejenigen, die immer wieder propagieren, wenn jemand sich nicht an Recht und Gesetz hält,muss es Sanktionen geben.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Außer bei Manfred Kanther!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren,wenn ein Autofahrer mehrfach die Straßenverkehrsordnung missachtet, verliert er die Erlaubnis, zu fahren. Wenn eine Regierung mehrfach die Verfassung missachtet, verliert sie die Erlaubnis, zu regieren. Das ist die logische Folge aus der permanenten Missachtung der Hessischen Verfassung.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Deshalb werden wir Sie immer wieder daran erinnern, dass Sie Verfassungsbruch begehen. Wir werden Sie auch daran erinnern, dass es unsere Kollegen in Berlin sind, die gerade das verhindern wollen, was in derselben Art und Weise Herr Eichel und das Bundeskabinett in Berlin machen. Es kann nicht angehen, dass man sich in Berlin beschwert, das Bundesverfassungsgericht einschaltet und sagt: „Dieser Mensch hat gegen das Grundgesetz verstoßen“,denselben Fehler,dasselbe Vergehen – nein,ich sage bewusst: denselben Rechtsbruch – aber auch in seinem eigenen Lande begeht. Das ist nicht zu akzeptieren.

(Beifall bei der FDP – Dr. Franz Josef Jung (Rhein- gau) (CDU): Da liegen Sie leider falsch, Herr Kollege!)

Lassen Sie mich zu den Vorschlägen kommen, die die FDP-Fraktion zur Sanierung dieses Haushaltes und zur strukturellen Organisation vorgelegt hat.

Wir können es nicht verstehen, warum man nicht nachdrücklich an die Veräußerung von Landeseigentum geht. Ich beginne mit der Messe Frankfurt.

Warum eigentlich hat das Land Hessen bisher seinen Anteil nicht verkauft? Die Antwort ist einfach:Weil es bisher der Oberbürgermeisterin und dem Stadtkämmerer von Frankfurt – Frau Roth und Herrn Hemzal – gelungen ist, das Land Hessen am vernünftigen Verkauf zu hindern. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich wiederhole den Satz: Sie haben uns daran gehindert, einen vernünftigen Verkauf vorzunehmen.

(Beifall bei der FDP)

Hier sitzen nicht die Blockierer, dort sitzen die Blockierer im Frankfurter Römer. Herr Ministerpräsident, ich freute mich mit Ihnen, als ich gestern oder vorgestern hörte, es sei Bewegung in die Materie gekommen. Ich hoffe, Sie haben dieselben Informationen wie ich über die Ereignisse der vergangenen Nacht im Römer. Ich jedenfalls habe erfahren,dass der Messeverkauf wieder zur Seite geschoben worden ist, weil das Viererbündnis sich darüber nicht einigen konnte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Frankfurter sollen doch bitte mit ihrem Anteil an der Messe tun, was sie politisch für richtig halten. Die Frankfurter sollen uns aber doch auch das mit unserem Anteil machen lassen, was wir meinen, was für das Land Hessen richtig ist.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Herr Milde, hier sind wir hoffentlich einer Auffassung. – Deshalb sollen uns die Frankfurter endlich in Ruhe und aus dem Konsortialvertrag herauslassen.

(Gottfried Milde (Griesheim) (CDU): So ein Blödsinn aber auch!)

Dann kann das Land Hessen seinen Anteil gewinnbringend verkaufen. Die notwendigen Vorarbeiten sind in der letzten Legislaturperiode gelegt worden, und daran hat Karlheinz Weimar heftig im Aufsichtsrat der Messe GmbH mitgearbeitet.

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, wir können neben den Einnahmen in Höhe von ungefähr 200 Millionen c aus dem Verkauf der Messeanteile weitere Einnahmen in Höhe von 350 Millionen c aus dem Landesanteil der Nassauischen Heimstätte herausholen.

Trotz Ihres Bäumchen-wechsel-dich-Spiels im vergangenen Jahr – Wohnstadt rein, Nassauische Heimstätte raus, oder war es umgekehrt?, ist mir auch egal – ist der Landesanteil immer noch 350 Millionen c wert. Die Eingeweihten in diesem Raum wissen, dass es auch Angebote zu diesem Preis gibt. Man muss es nur wollen.

(Beifall bei der FDP)

Man muss die strukturellen Probleme angehen, statt Angst davor zu haben,dass irgendwelche Mieterverbände daran herumzerren. Ich möchte noch die HIM nennen. Wir sind gesprächsbereit und geben auch gerne Auskunft über viele Beteiligungen an Unternehmen, die das Land

Hessen nicht mehr benötigt und die wir deshalb zum Verkauf – zu einem für die hessische Staatskasse guten Preis – freigeben müssen.

Lassen Sie mich nun etwas zum Thema Fraport AG sagen. Herr Kollege Al-Wazir hat das mit seinem Beitrag von vorhin provoziert. Ich halte es für keine Schande – das sage ich auch im Namen von Lothar Klemm –,Mitglied im Aufsichtsrat der Fraport AG zu sein.Wenn Sie sagen: „Sie sind ja Mitglied im Aufsichtsrat der Fraport AG“, hört es sich immer so an, als ob das eine Schande wäre. Herr Kollege, ich bin sehr selbstbewusst. Ich glaube, dass gerade Lothar Klemm und Jörg-Uwe Hahn ihren Job als Mitglieder des Aufsichtsrats der Fraport AG sehr gut machen. Deshalb ist es weder für Lothar Klemm noch für mich eine Beleidigung, wenn gesagt wird: Sie sind im Aufsichtsrat der Fraport AG.

(Beifall bei der FDP – Volker Hoff (CDU):Kein Eigenlob!)

Wir haben vor drei Jahren sehr bewusst einen Konsortialvertrag abgeschlossen. Mit „wir“ meine ich, das geschah zu der Zeit, als Dieter Posch als Verkehrsminister die Verantwortung hatte und als wir in der Koalition insgesamt die Verantwortung dafür übernommen haben.

Wir haben den Konsortialvertrag sehr bewusst abgeschlossen und gesagt: In den ersten zehn Jahren nach dem Börsengang – passen Sie jetzt auf, das war Ihr Denkfehler eben – werden die Stadt Frankfurt und das Bundesland Hessen ihre Anteile nicht verkaufen. Sollte der Bund seine Anteile verkaufen wollen, werden sie immer noch einen Anteil von über 50 % halten.

Nun wissen alle Beteiligten – Herr Kollege Al-Wazir, das wird sich auch bis zu Ihnen herumgesprochen haben –, dass sich der Bund gerade darauf vorbereitet, alle seine Anteile zu verkaufen. Deshalb kann das Land Hessen keine weiteren Anteile verkaufen; denn dann würden wir uns an die in dem Konsortialvertrag enthaltene Vorgabe nicht halten. Das darf das Land Hessen nicht tun. Der Ministerpräsident hatte völlig Recht mit dem, was er eben gesagt hat.

(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sie würden doch die Mehrheit halten! So ein Quatsch!)

Nur, Herr Ministerpräsident, eines gilt hier genauso: Wenn die Frankfurter meinen – siehe Thema Messe –, dass sie das Land gebrauchen oder missbrauchen könnten, um nach Ablauf der Zehnjahresfrist eine Sperrminorität von 25 % in der Fraport AG zu haben, kann ich nur die herzliche Bitte der FDP-Fraktion übermitteln: Lassen Sie das sein. Binden Sie das Land Hessen nicht über den Ablauf des Konsortialvertrags hinaus.

(Beifall bei der FDP)

Es muss das freie Recht derjenigen sein, die dieses Land ab 2008 regieren,darüber zu entscheiden,ob der Anteil an der Fraport AG ganz oder nur zum Teil – wie auch immer – verkauft wird.Aber sie dürfen dabei nicht zusätzlich behindert werden. Das können wir uns angesichts unserer schlechten Haushaltslage nicht leisten.

Erster Punkt. Das Schloss Erbach ist schon angesprochen worden.Bei einem Gesamtbudget von über 21 Milliarden c handelt es sich sicherlich um Beträge, die den Haushalt nur marginal berühren. Trotzdem sagen wir, dass es unverantwortlich ist, 13,5 Millionen c für das lebenslange