Protokoll der Sitzung vom 16.12.2004

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich begrüße Sie alle sehr herzlich am vierten Tag dieser Plenarwoche. Ich hoffe, Sie sind guter Dinge und frohen Mutes. Ich möchte mit Ihnen gemeinsam in die Arbeit einsteigen.

Ich stelle die Beschlussfähigkeit des Hauses fest. Ich begrüße auch die Besucherinnen und Besucher.

Zur Tagesordnung teile ich Ihnen mit, dass noch einige Punkte offen sind: die Punkte 13, 14 a, b und c, 21, 29, 30, 32, 34, 35, 37 bis 40, 42, 43, 46 bis 53, 55, 58 bis 60, 63, 65 bis 71, 73 a und b bis 78, 82 bis 88, 90, 92, 94 bis 107.

Heute Morgen wurden noch einige Anträge auf Ihren Plätzen verteilt:

Das ist zunächst zu Tagesordnungspunkt 75 ein Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucks. 16/3435, zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Verwaltungsstrukturreformgesetz in der Fassung der Beschlussempfehlung und des zweiten Berichts, Drucks. 16/3431 zu Drucks. 16/3340 und zu Drucks. 16/2723.

Dann gibt es zu Tagesordnungspunkt 14 a sechs Änderungsanträge der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucks. 16/3437 bis 16/3442, zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Haushaltsgesetz 2005, Drucks. 16/3430 zu Drucks. 16/3193 und zu Drucks. 16/2703.

Schließlich gibt es noch einen Dringlichen Antrag der Fraktion der FDP betreffend Konversionshilfen für die durch die Schließung von Bundeswehrkasernen betroffenen Kommunen, Drucks. 16/3436.

Wird bei diesem Dringlichen Antrag die Dringlichkeit bejaht? – Ich sehe, das ist der Fall. Dann wird er Tagesordnungspunkt 107 und kann,wenn dem nicht widersprochen wird, gemeinsam mit den Tagesordnungspunkten 34, 35 und 104 aufgerufen werden. – Ich sehe allseitig freudiges Nicken. Dann machen wir das so.

Zum Ablauf der Sitzung: Wir tagen heute bis 18 Uhr bei einer Mittagspause von einer Stunde.

Wir beginnen mit den zwei Anträgen betreffend eine Aktuelle Stunde, Antrag der SPD-Fraktion und Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Danach geht es weiter mit Tagesordnungspunkt 105, Dringlicher Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP betreffend Einrichtung einer Härtefallkommission, Drucks. 16/3433.

Hierzu mit aufgerufen wird Tagesordnungspunkt 59, Antrag der Fraktion der SPD betreffend Härtefallkommission, Drucks. 16/3318.

Ich gehe davon aus, dass die Fraktionen der CDU und der FDP somit Tagesordnungspunkt 65, Drucks. 16/3329, zurückziehen.

(Frank Gotthardt (CDU): Jawohl, das ist mitgeteilt worden!)

So ist es mitgeteilt worden, dann ist es auch so. – Danach geht es mit der dritten Lesung des Nachtragshaushaltsgesetzes weiter.

Nach der Mittagspause folgen dann die dritte Lesung des Haushaltsgesetzes 2005, die dritte Lesung des Gesetzent

wurfs der Landesregierung zum Finanzausgleichsänderungsgesetz sowie die Beschlussempfehlung des Haushaltsausschusses zu dem Antrag der Landesregierung „Finanzplan für die Jahre 2004 bis 2008“.

Dann folgen noch die dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung „Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch“ sowie die dritte Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Zweites Verwaltungsstrukturreformgesetz. Hierzu liegt Ihnen der Änderungsantrag 16/3435 vor.

Noch einmal der Hinweis: Heute Abend, zum Abschluss der Plenarsitzung, wird vom Präsidenten im Umgang des Plenarsaals zu einem kleinen Umtrunk eingeladen.

Das waren die amtlichen Mitteilungen.Zur Tagesordnung ist alles klar.

Dann beginnen wir mit der Aktuellen Stunde, Tagesordnungspunkt 73 a:

Antrag der Fraktion der SPD betreffend eine Aktuelle Stunde: Keine Zerschlagung des LWV; CDU-Machtpolitik auf dem Rücken der Behinderten – Drucks. 16/3361 –

Wir haben als Redezeit einmal fünf Minuten und einmal zweieinhalb Minuten vereinbart.

Das Wort hat die Frau Kollegin Ypsilanti.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Diskussion um den LWV hat in den letzten Wochen hohe Wellen geschlagen. Der Ausgangspunkt war eher fiskalpolitisch, nämlich die Erhöhung der Verbandsumlage im neuen Haushalt 2005. Aber mittlerweile reicht die Diskussion von der kompletten Verlagerung der Eingliederungshilfe auf die örtlichen Träger bis hin zur Privatisierung LWV-eigener Einrichtungen und bis zur völligen Zerschlagung des LWV.

(Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Meine Damen und Herren, diese Diskussion hat nicht nur bei den Beschäftigten Ängste ausgelöst, sondern in erster Linie auch bei den Betroffenen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Gottfried Milde (Griesheim) (CDU))

Jetzt haben wir unschöne Verwerfungen innerhalb des Verbandes und strittige Diskussionen innerhalb der Kommunen. Meine Damen und Herren, das sind sehr schlechte Vorraussetzungen, um die anstehenden Probleme im Sinne der Behinderten und im Sinne der Qualität der Behindertenhilfe in Hessen zu lösen.

(Beifall bei der SPD – Zurufe des Abg. Hans-Jür- gen Irmer (CDU))

Deshalb einige Klarstellungen vonseiten der SPD.

Erstens. Der Privatisierung und damit der Zerschlagung des LWV erteilt die SPD eine klare Absage.

(Beifall bei der SPD)

Der hohe fachliche und qualitative Standard der Behindertenhilfe darf nicht zur Disposition stehen. Meine Damen und Herren, der Konflikt darf nicht auf dem Rücken der psychisch Kranken und der Behinderten ausgetragen werden.

Zweitens. Die Kosten sind keine Folgen schlechten Wirtschaftens des LWV.Es ist erfreulich,dass mit den besseren Lebensumständen die Lebenserwartung der behinderten Menschen aufgrund der besseren medizinischen Versorgung zugenommen hat.

(Zurufe der Abg. Michael Boddenberg und Gott- fried Milde (Griesheim) (CDU))

Das ist nicht nur in Hessen so, sondern in allen Bundesländern, und das sollte uns eigentlich freuen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der LWV hat eine solidarische Ausgleichsfunktion zwischen den starken und den schwachen Kommunen in Hessen. Darauf darf ein gerechtes Hessen auch nicht verzichten.

(Beifall bei der SPD)

Dies vorangestellt erkläre ich ausdrücklich für die SPD: Natürlich sind wir für Reformen im Landeswohlfahrtsverband offen und wollen sie weiter anpacken. Dieser Diskussion kann sich bei der finanziellen Verfasstheit der Kommunen und bei der Suche nach Einsparungsmöglichkeiten doch niemand verschließen. Meine Damen und Herren, vielleicht hätten die großen Fraktionen des LWV – das gestehe ich zu – auch mit den anderen Parteien zwischendurch reden müssen.

(Zuruf des Abg. Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN))

Aber die SPD macht es nicht mit, dass die CDU unter dem Deckmantel der Strukturreformen und zudem auf dem Rücken der Behinderten Personalpolitik austragen will.

(Beifall bei der SPD)

Wir machen es nicht mit, dass die Qualität der Betreuung Behinderter leidet. Wir machen nicht mit bei dem Versuch, eine Schieflage der Qualitätsstandards zwischen den finanziell starken und finanziell schwachen Kommunen zuzulassen. Ebenso wenig beteiligen wir uns an der Aufkündigung des Solidarausgleiches zwischen den starken und den schwachen Kommunen.

Wer wie die CDU so fest davon überzeugt ist, dass die Privatisierung und die Verlagerung von Aufgaben an die Kommunen dazu führt, dass es immer besser und billiger wird, der muss auch einmal überlegen, ob es tatsächlich Strukturprobleme löst, wenn die Verlagerung der Aufgaben auf 26 hessische Gebietskörperschaften erfolgt, der muss überlegen, ob es günstiger ist, wenn z. B. eine Einrichtung wie die Baunataler Werkstätten anstatt mit dem LWV dann mit fünf Landkreisen in finanzielle Verhandlungen und vielleicht in Verhandlungen über Qualitätsstandards treten muss. Sie müssen auch die Frage beantworten, wie es ohne den LWV und ohne zusätzliche Bürokratie zu einem sozialen und solidarischen Ausgleich zwischen den Kommunen kommt.

(Beifall bei der SPD)

Die Gefahr, dass die Behindertenhilfe darunter leidet, ist groß. Deshalb ist das Thema viel zu sensibel, um personaltaktische Spielchen zu betreiben.Alle, die einen guten Vorschlag haben – meine Damen und Herren, auch Sie von den GRÜNEN –, wenn er überlegt und nachgerechnet ist, sollten ihn auf den Tisch legen. Dann reden wir darüber. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie es in Hessen weiterhin bezahlbare und qualitativ hohe Stan

dards in der Versorgung Behinderter und psychisch kranker Menschen geht.

Meine Damen und Herren, was nicht in der Behindertenpolitik, die ein Qualitätsmerkmal hessischer Sozialpolitik ist, passieren darf: Wenn die Zerschlagung des LWV ansteht,dann ist das die Fortsetzung der düsteren Zukunft in Hessen.

(Beifall bei der SPD)