Der Haushaltsausschuss hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung am 14. Dezember 2004 behandelt und mit den Stimmen der CDU gegen die Stimmen der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP die vorgenannte Beschlussempfehlung gefasst.
Herzlichen Dank, Herr Berichterstatter. – Ich eröffne nun die Debatte. Als erster Redner hat Herr Caspar für die Union das Wort. Herr Kollege, Sie haben zehn Minuten Redezeit.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sprechen jetzt über den Nachtragshaushalt des Jahres 2004, der leider deswegen notwendig geworden ist, weil das Land Hessen weniger Steuereinnahmen hat, als ursprünglich erwartet wurden. Hierbei muss man erwähnen, dass bei Aufstellung des Haushaltsplans 2004 kritisiert worden ist, auch seitens der Opposition, dass wir bei der Annahme, welche Steuereinnahmen das Land Hessen 2004 erzielen kann, einen anderen wirtschaftlichen Wachstumswert unterstellt haben als der Bund. Wir haben das damals aus dem Vorsichtsprinzip heraus getan. Die tatsächliche Entwicklung der Steuereinnahmen hat gezeigt, dass selbst diese Annahme noch zu optimistisch war,
insbesondere unter dem Gesichtspunkt, dass unabhängig von der Entwicklung des wirtschaftlichen Wachstums die Steuereinnahmen auch aus anderen Gründen zurückgegangen sind. Gleichwohl muss man sagen, dass dies im Nachtragshaushalt zu einer höheren Verschuldung führt, als im ursprünglichen Haushalt vorgesehen.
Es ist sehr bedauerlich, dass das der Fall ist. Das ist natürlich auf die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland insgesamt zurückzuführen.Wenn man sich das Land Hessen im Vergleich zu anderen Bundesländern anschaut, dann muss man feststellen,dass Hessen trotz der zu hohen Schulden und der zu hohen Neuverschuldung, die wir haben, im Vergleich innerhalb Deutschlands außerordentlich gut dasteht.
Wenn man das Bruttoinlandsprodukt des Jahres 2003, das abgeschlossen ist – die Zahlen liegen entsprechend vor –, in Relation zu den Schulden der einzelnen Länder setzt, dann sieht das so aus, dass Bayern eine Verschuldung von etwa 5,5 % hat. 5,5 % ist der Schuldenstand des Landes Bayern in Relation zum Bruttoinlandsprodukt des Landes Bayern. Dann kommt Baden-Württemberg mit 11,35 %. Dann kommt Hessen mit 14 %. Dann kommt Sachsen mit 14,7 %. Dann wird es schon erheblich schlechter. Dann folgt, um ein Nachbarland zu nennen, z. B. Rheinland-Pfalz mit 23,87 %. Sie kennen die Verschuldung des Bundes. Da sind es 64 %, wenn man den Schuldenstand in Relation zum Bruttosozialprodukt setzt.
Sie sehen daran, dass Hessen in dem Ranking nach Bayern und Baden-Württemberg auf dem dritten Platz liegt. Wir haben viel Verständnis dafür. Bayern wird natürlich schon viel länger gut regiert, ebenso wie Baden-Württemberg. Und Hessen
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Positive Zahlen? Das gibt es nicht! – Weitere Zurufe des Abg. Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Sie können das, was Sie meinen, hier nachher entsprechend ausführen. Ich kann nur feststellen, wie wir im Länderranking dastehen. Das habe ich Ihnen anhand der Zahlen verdeutlicht. Daran sehen Sie, dass wir außerordentlich gut dastehen.
Wie sieht hingegen die deutschlandweite Entwicklung im Vergleich in der EU aus? Dieser Entwicklung können wir uns als Hessen nicht entziehen. Da muss man erkennen, dass wir beim Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner noch vor zehn Jahren auf Platz zwei der Flächenländer lagen. Wir kamen direkt nach Dänemark. Mittlerweile werden wir in diesem Jahr auf Platz neun oder zehn der Flächenländer innerhalb der alten EU-Länder liegen. Das heißt, Deutschland ist innerhalb der EU katastrophal zurückgefallen. Das ist natürlich die Konsequenz von sechs Jahren rot-grüner Politik.
Ich möchte Ihnen noch eine andere Zahl nennen, um Ihnen zu zeigen, wie sich die Dinge in unserem Land negativ verändern – nicht nur, wenn Sie den Zehnjahreszeitraum betrachten, sondern auch, wenn Sie sich die aktuelle Entwicklung ansehen.
Wir hatten im März 2001 27,7 Millionen sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Im März dieses Jahres hatten wir nur noch 26,4 Millionen Beschäftigte. Innerhalb von drei Jahren haben wir also 1,3 Millionen Beschäftigungsverhältnisse verloren. Das ist eine Tatsache, die wir sehen müssen. Das ist die Entwicklung unseres Landes. Das ist natürlich außerordentlich bedauerlich und auf die völlig verfehlte Politik zurückzuführen, die seitens des Bundes gemacht wird.
Wir müssen aber auch erkennen, dass sich unabhängig hiervon die Situation für unser Land auf internationaler Ebene erheblich verändert hat. Das ist im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass wir im Jahr 1990 etwa 25 Länder auf dieser Welt hatten, in denen es ein marktwirtschaftliches System und gesicherte Eigentumsrechte gab und in denen Unternehmer und Unternehmen sich entschieden haben, zu investieren, zu produzieren und Dienstleistungen von dort aus international anzubieten. Diese rund 25 Länder standen noch vor zehn Jahren im Wettbewerb. Mittlerweile haben wir etwa 80 Länder auf dieser Welt,die ähnliche Rahmenbedingungen bieten.Wir befinden uns also in einem internationalen Wettbewerb darum, Unternehmen bei uns anzusiedeln und Produktionsstätten bei uns zu schaffen. Schließlich bilden die Grundlage des wirtschaftlichen Erfolgs die Standorte, wo Dienstleistungen und Waren produziert werden. Wir befinden uns dort also in einem Wettbewerb. Wenn dies so ist,müssen wir uns natürlich anschauen,wie unsere Standortbedingungen sind.
In diesem Zusammenhang möchte ich eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft erwähnen. Da wurden 145 Länder dieser Welt hinsichtlich ihrer Standortbedingungen untersucht. Das wurde gerade in dieser Woche
veröffentlicht. Man hat festgestellt, dass Deutschland mittlerweile auf Platz 24 zurückgefallen ist. Es wird Sie nicht überraschen, dass auf den Plätzen vor uns die USA, Kanada oder Hongkong liegen. Aber ich möchte einmal die europäischen Länder nennen, die in dem Standortranking vor uns liegen. Das sind Großbritannien, Norwegen, Schweden, die Niederlande, Finnland, die Schweiz, Irland, Litauen, Belgien, Dänemark, Österreich, Lettland und Spanien.
Das alles sind Länder, die in diesem Ranking vor uns liegen. Deutschland liegt, wie gesagt, auf Platz 24. Bei dieser Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft kommt – das sage ich, damit Sie einmal sehen, wo wir uns mittlerweile bewegen – auf dem nächsten Platz nach Deutschland das Land Botswana. Das ist die Situation, in die Sie unser Land geführt haben.
Wenn Sie, statt Zwischenrufe zu machen, einmal zuhören würden,würde das vielleicht auch zu Ihrer Erkenntnis beitragen. Denken Sie doch einmal daran, was Sie mit der Ökosteuer gemacht haben. Man hat sich die Frage gestellt:Was tun wir, wenn wir zu viel Energie verbrauchen, um den Energieverbrauch zu reduzieren? Dann war die Überlegung wohl doch folgende:Wir erheben zusätzliche Abgaben, nämlich die Ökosteuer, um damit die Preise zu erhöhen, mit dem Ergebnis, dass danach weniger Energie verbraucht wird. Das ist doch relativ einfach. Wenn Sie jetzt der Meinung sind, wir würden Wirtschaftskraft dadurch schaffen, dass wir unternehmerische Aktivitäten haben, dass Waren hergestellt werden und dass Dienstleistungen erbracht werden, dann könnten Sie natürlich das Gleiche machen und diejenigen, die das tun, mit Abgaben und mit Steuern belegen. Dann erreichen Sie genau das Gleiche, dass Sie nämlich diese Tätigkeit unattraktiv machen. Das ist doch die Situation, in der wir uns befinden. Das alles konnte man in einer Zeit machen, in der Deutschland mit einigen wenigen anderen Ländern im Wettbewerb stand.
Heute ist es aber aufgrund der Veränderung der Situation in Deutschland eben so, dass wir im Wettbewerb mit sehr vielen Ländern stehen und deswegen massiv die Abgabenbelastungen und die Steuern für die Unternehmen senken müssen.
Ich meine, dass die Rahmenbedingungen, die wir in Hessen in dieser Hinsicht schaffen, sehr positiv sind. Von daher werden wir dem Nachtragshaushalt 2004 unsere Zustimmung geben.
(Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Ich wäre froh, wenn Hessen so viele Diamanten hätte wie Botswana!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich muss Ihnen sagen, dass ich etwas verunsichert bin, ob wir zum gleichen Tagesordnungspunkt reden.
Ich hatte das Gefühl, der Kollege redet zur Wirtschaftspolitik im Allgemeinen, im globalen und im Weltmaßstab, dafür dann aber in verhältnismäßig kleinem Karo.
Herr Kollege Caspar, wir wollen eines festhalten:Als Mitglied einer Partei, die die Mineralölsteuer zu Ihrer Regierungstätigkeit siebenmal erhöht hat, sollten Sie an dieser Stelle nicht so große Sprüche über Rot-Grün machen.
In keinem Jahr unter Kohl lag das Wachstum auch nur annähernd in der Höhe des durchschnittlichen Wachstums in Europa. Das ist die Lebenslüge der Konservativen.
Meine Damen und Herren, das hat etwas mit der Wiedervereinigung zu tun. Es hat etwas damit zu tun, dass die Wiedervereinigung unser Sozialversicherungssystem massiv belastet hat und zu erheblichen Transferleistungen von West nach Ost geführt hat. Wer sich dieser Debatte verweigert, das verdrängt und es ausgerechnet Rot-Grün in die Schuhe schieben will,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))