Protokoll der Sitzung vom 25.01.2005

teil haben werden. Das gilt insbesondere deshalb, weil die Nanotechnologie eine Querschnittstechnologie ist.

Wir haben für dieses Technologiefeld einen zusätzlichen Titel zur Verfügung gestellt.Wir fördern mit 2 Millionen c Starter. Die Aktionslinie Hessen Nanotechnologie ist, analog zu anderen Aktionslinien wie Biotech oder Umwelttechnologie, eine rote Linie, an der sich die Wissenstransferentwicklungen von den Hochschulen hin in die Unternehmen vollziehen. Ich denke, dass es der richtige Ansatz bei der Wirtschaftsförderung ist, wenn die Unternehmen durch die Kooperation über die Unternehmensgrenzen hinweg und durch die Zusammenarbeit mit der Wissenschaft die Wertschöpfung erzielen, die für den Standort Hessen von größtem Vorteil ist.

Das, was wir als Wissenstransfer bezeichnen, erfordert einen hohen Einsatz aller Institutionen, gerade auch der Institutionen des Handwerks und der Industrie- und Handelskammern. Ich möchte mich herzlich dafür bedanken, dass hier insbesondere in Kooperation mit den in Hessen dicht vorhandenen Hochschulen in vorbildlicher Weise ein Netzwerk entstanden ist, das sich auch auf nationaler Ebene sehen lassen kann.

Trotz schwierigster Haushaltslage haben wir bei diesem Förderansatz keine Abstriche gemacht. Ich bin sehr dankbar, dass dies auch vom Landtag so gesehen und im Haushalt beschlossen worden ist.

Über den Finanzplatz Frankfurt ist bereits ansatzweise gesprochen worden. Der Finanzplatz Frankfurt erlebt eine neue Stärke. Die Unternehmen und die Banken haben sich weitgehend rekonstruiert. Sie stehen auf einer neuen Basis. Sie haben – wenn Sie die Geschäftsberichte lesen, erkennen Sie das – diesen Standort in ihrer Bewertung als stabil eingeschätzt.Die Landesregierung trägt mit den verschiedensten Ansätzen ihren Teil dazu bei – Herr Boddenberg hat darauf hingewiesen –, ob es nun das House of Finance oder die Förderung von bestimmten Finanzprodukten ist. Das können Sie dem Programm im Einzelnen entnehmen.

Herr Minister, ich weise Sie darauf hin, dass die Redezeit der Fraktionen abgelaufen ist.

Ich komme zum Schluss. – All das ist wichtig. Dennoch kommt es darauf an, dass wir in Hessen immer das Gemeinsame sehen. Das Erfreuliche ist, dass diese Gemeinsamkeit gerade im Ballungsraum Rhein-Main entsteht. Die neue Wirtschaftsfördergesellschaft, die mit der für ganz Hessen zuständigen Hessen-Agentur verzahnt wird, wird eine wichtige Schaltstelle sein, mit deren Hilfe wir, gemeinsam mit den hessischen Unternehmen, die Leistungsfähigkeit der hessischen Wirtschaft nicht nur im Plenarsaal feststellen, sondern sie auch in der Kooperation auf den internationalen Märkten wieder zu einer neuen Blüte führen.

Wir haben allen Grund, zuversichtlich in die Zukunft zu schauen.Wir wissen, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Wir appellieren an die Bundesregierung, endlich den Reformprozess voranzutreiben,damit die heimischen Unternehmen auf den internationalen Märkten wettbewerbsfä

hig sind und damit sie sich von den Hemmschuhen befreien können, die sie hier noch tragen müssen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. – Zu einer Kurzintervention hat sich Herr Grumbach zu Wort gemeldet. Bitte sehr, Herr Grumbach, Sie haben zwei Minuten Redezeit.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister,was Ihre gesamte Rede betrifft,möchte ich sagen,dass Ihre Verehrung für die Nanotechnologie offensichtlich zu einer minimalistischen Wirtschaftspolitik führt, die lediglich aus Ankündigungen besteht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitaus mehr begeistert hat mich jedoch Ihr emphatisches Bekenntnis zur Freiheit.Als Sie nach Ihrem emphatischen Bekenntnis zur Freiheit anfingen, von den „Folterwerkzeugen“ zu sprechen, habe ich mich gefragt: Wessen Freiheit meinen Sie eigentlich? Meinten Sie, als Sie davon sprachen, das Antidiskriminierungsgesetz – die Freiheit von Frauen, Behinderten und älteren Menschen?

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Oh!)

Meinten Sie die Freiheit dieser Menschen, einen Beruf auszuüben und Zugang zu allen öffentlichen Einrichtungen zu haben? Oder meinen Sie andere Freiheiten? Als Sie von dem Folterwerkzeug bei der Pharmaindustrie sprachen, habe ich mich wiederum gefragt, wessen Freiheit Sie eigentlich meinen. Meinen Sie die Freiheit der Beitragszahlerinnen und -zahler, immer höhere Beiträge zu zahlen, um Gewinne zu erzielen, die in anderen Ländern nicht erzielt werden können? Niemand will die Pharmaunternehmen in ihrer Forschung behindern. Keiner will ihnen verbieten, Gewinne zu erzielen – nicht einmal die Sozialdemokraten.

(Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU):Aber Sie machen es!)

Aber wenn die Preise für die Medikamente in anderen Ländern 60 % niedriger sind, wollen wir, dass die Menschen in diesem Lande, die die Sozialversicherung finanzieren, auch die Freiheit haben, die gleichen Beiträge wie ihre englischen und französischen Kollegen zu zahlen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, Ihr Pathos wäre dann angebracht, wenn Sie über alle Menschen redeten und nicht nur über die, die Gewinne machen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Grumbach. – Zu einer weiteren Kurzintervention hat sich Herr Kaufmann gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Wirtschaftsminister, man kann wirtschaftliche Fragen, bei denen es sehr stark um ökonomische Interessen, Gewinninteressen und vielerlei andere Interessen geht, sicherlich unterschiedlich beurteilen.Aber Sie als Wirtschaftsminister sollten in einer Rede nie den Eindruck erwecken – das haben Sie eindeutig getan –, dass Sie den Sinn des Wirtschaftens nicht mehr verstehen, der schließlich darin besteht, den Menschen zu dienen. Das ist das Entscheidende.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Ich knüpfe an das an, was der Kollege Grumbach eben gesagt hat, gehe aber noch einen Schritt weiter: Wer meint, in dem Zusammenhang von „Folterwerkzeugen“ sprechen zu müssen, hat seine Aufgabe in der Tat nicht verstanden.

(Norbert Schmitt (SPD):Deswegen darf die Verfassung auch nicht geändert werden!)

Foltern bedeutet das Quälen von Menschen. Sehr verehrter Herr Minister, erklären Sie bitte, warum derjenige Menschen quält, dem es verboten ist, andere Menschen aus Gründen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion, der Weltanschauung, des Alters, der sexuellen Identität oder wegen einer Behinderung zu benachteiligen? Das müssen Sie hier noch einmal darlegen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Staatsminister, es liegt nahe, dass Sie einen merkwürdigen Blick auf die Realitäten haben. Das haben Sie gerade im Zusammenhang mit dem Antidiskriminierungsgesetz deutlich gemacht. Sie haben überhaupt nicht verstanden, worum es dabei geht. Sie belegen das mit völlig falschen Beispielen und ziehen dann peinliche Schlüsse. Ich kann nur sagen: Das, was wir hier unter dem Stichwort „Folterwerkzeuge“ gehört haben, ist politisch unverantwortlich und obendrein auf eine peinliche Weise dumm.

(Anhaltender Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Staatsminister Dr. Rhiel, Sie haben die Gelegenheit, zu antworten.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Politik dient den Menschen; die Wirtschaft hat das Wohlergehen der Menschen im Sinn.So muss die Ordnung gestaltet sein. Ein wichtiger Punkt im menschlichen Leben ist die Arbeit – Arbeit als Sinnerfüllung des menschlichen Lebens, sich seinen Lebensunterhalt selbst erarbeiten können. Wenn wir in Deutschland über 5 Millionen Arbeitslose haben, ist diese Sinnstiftung der Wirtschaft nicht gegeben. Dort müssen wir ansetzen.

(Beifall bei der CDU – Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nicht, indem die Arbeitslosen diskriminiert werden!)

Damit dies möglich ist, muss die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen auf den internationalen Märkten erhalten bleiben, wie Sie hier eben deutlich dargelegt haben.

Es ist für die deutschen Unternehmen in der Tat nicht wettbewerbsfördernd, wenn die EU-Richtlinien in allen EU-Ländern so umgesetzt werden, wie es die EU-Kommission empfiehlt. In Deutschland aber – nur in Deutschland; das gilt für das Gentechnologiegesetz wie für das Antidiskriminierungsgesetz – werden die Hürden für die Unternehmen wesentlich höher gelegt als in anderen Ländern. Dadurch werden Hindernisse aufgebaut, die das Schaffen von Arbeitsplätzen letztlich verhindern. Ihre Politik wird zu einer menschenfeindlichen Politik.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Petra Fuhr- mann (SPD))

Danke sehr. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Frankenberger zu Wort gemeldet. Herr Frankenberger, Ihnen stehen noch fünf Minuten Redezeit zur Verfügung.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Lübcke, wenn sich hier einer entschuldigen sollte, dann der Wirtschaftsminister Dr. Rhiel. Er sollte sich für den Ausdruck „Menschenfeindlichkeit“ entschuldigen, den er eben benutzt hat.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Wirtschaftsminister, Sie haben eben lange geredet. Aber Sie haben nicht gesagt, wie Sie die Zukunft des Landes Hessen gestalten wollen.

(Reinhard Kahl (SPD): Er hat wenig gesagt!)

In diesem Bereich vermissen wir Antworten. Ich will Ihnen einmal sagen,was Ihr Problem ist:Sie haben sich,ordnungspolitisch gesehen, einmal als Wirtschaftsliberaler bezeichnet.

(Minister Dr.Alois Rhiel: Ordoliberaler!)

Oder Ordoliberaler.– Das kann doch nicht dazu führen, dass man sozusagen überall in seinen Reden immer den Eindruck hinterlässt, als ginge es nur um eines: Man muss die Wirtschaft wirtschaften lassen, und dann richtet sich schon alles von selber. – Der Gipfel ist dann Ihr letzter Satz in Erwiderung auf die Kollegen Kaufmann und Grumbach. Herr Rhiel, das ist nicht unser Anspruch an Wirtschaft. Ich habe einmal gelernt,Wirtschaft sei für den Menschen da.

(Zuruf des Abg. Frank Gotthardt (CDU))

Deswegen braucht Wirtschaft auch ordnungspolitische Rahmenbedingungen. Darüber können wir in der Tat streiten. Aber hier vorzuwerfen, man würde menschenfeindliche Politik betreiben, das war ganz tief unten.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein Problem dieses Landes ist,dass Sie vom Tagesgeschäft leben, vom Reagieren und nicht vom Agieren. Es rächt sich, dass es in diesem Land seit nunmehr über zwei Jah

ren keine vorausschauende Wirtschaftspolitik gibt, die die Stärken dieses Landes ausbaut und vertieft.

(Helmut Peuser (CDU):Vor allem in Nordhessen!)

Ein Gemischtwarenkatalog nach dem Motto „Wir fördern einmal hier, wir fördern einmal da“, ersetzt perspektivisch keine ausgewogene und zielgerichtete Wirtschaftspolitik.