Auf Ihren Plätzen verteilt sind mehrere Dringliche Anträge sowie ein Änderungsantrag, über deren Dringlichkeit und Platzierung wir entscheiden müssen. Mit der Drucks. 16/3557 ist der Dringliche Antrag der Fraktion der FDP betreffend Rechte der Bahnkunden stärken – jeglicher Haftungsausschluss für Ausfälle und Verspätungen von Zügen ist kundenunfreundlich – eingegangen. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Es ist vorgeschlagen worden, diesen Dringlichen Antrag mit Tagesordnungspunkt 17 aufzurufen. – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so. Dieser Dringliche Antrag wird Tagesordnungspunkt 95.
Des Weiteren ist der Dringliche Antrag der Fraktion der FDP betreffend rechtsstaatliche Nutzung der DNA-Analyse eingegangen. Wird auch hier die Dringlichkeit bejaht? – Das ist so. Dieser Dringliche Antrag wird Tagesordnungspunkt 96. Es wurde vorgeschlagen, ihn mit den Tagesordnungspunkten 57 und 88 aufzurufen.
Des Weiteren rufe ich den Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktionen der CDU, der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP betreffend Abschiebung in die von der Flutkatastrophe in Südostasien betroffenen Gebiete auf. – Auch hier wird die Dringlichkeit bejaht. Es wurde vereinbart, diesen Tagesordnungspunkt nach dem bald folgenden Tagesordnungspunkt 9, Bericht des Petitionsausschusses, ohne besondere Aussprache und Redezeit aufzurufen. – Wenn sich dagegen kein Widerspruch erhebt, dann ist das so beschlossen.
Eingegangen ist der Dringliche Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend infamer Vergleich des CDU-Generalsekretärs von Antidiskriminierungspolitik und totalitären Regimen.Wird hier die Dringlichkeit bejaht? – Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen. Dieser Dringliche Entschließungsantrag wird Tagesordnungspunkt 98. Es ist vereinbart worden, ihn nach der dritten Aktuellen Stunde am Donnerstag aufzurufen.
Es ist nicht vereinbart worden. Dann frage ich: Welche Platzierung wird gewünscht? – Zur Geschäftsordnung, Herr Kaufmann.
Frau Präsidentin,wir haben uns schon vereinbart,dass wir zwei Anträge betreffend Antidiskriminierungsgesetz nach der Aktuellen Stunde aufrufen. Insoweit kommt der Vorschlag, wenn diese zwei ohne weitere Redezeit zur Abstimmung aufgerufen werden, dass wir diesen Antrag, der sich auch mit der Materie befasst, ebenfalls ohne weitere Redezeit mit aufrufen und abstimmen.
(Jörg-Uwe Hahn (FDP):Das klingt relativ vernünftig! – Dr. Franz Josef Jung (Rheingau) (CDU): Nur abstimmen!)
Weiterhin ist der Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu dem Dringlichen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD betreffend DNA-Ana
lyse im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen, Drucks. 16/3548, eingegangen. Dieser Änderungsantrag wird mit Tagesordnungspunkt 88 aufgerufen.
Als Redezeit sind 15 Minuten pro Fraktion vereinbart worden. Als erster Redner hat sich Herr Abg. Posch für die FDP-Fraktion gemeldet.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bundespräsident hat in seiner Rede zum Tag der Deutschen Einheit Folgendes ausgeführt:
Gewiss,Westdeutschland hat 1990 viel Gutes in die Einheit eingebracht: die feste Verwurzelung in die westliche Wertegemeinschaft, das Grundgesetz, solide demokratischen Institutionen und Wirtschaftskraft.
Aber West und Ost bekamen es schnell mit demselben Übel zu tun: Das westdeutsche Regelwerk war zu stark geprägt von Selbstzufriedenheit, überzogenem Anspruchsdenken und einem alles durchdringenden Regulierungseifer. Es war viel zu üppig und viel zu umständlich geworden. Es schnürte die Kraft zur Eigeninitiative ab und hätte längst gestutzt und neu eingestellt werden müssen. Stattdessen wurde es auch in den so genannten neuen Ländern eingeführt bis fast zum letzten i-Punkt.
Meine Kolleginnen und Kollegen, diese Feststellung können wir alle unterstreichen. Ich glaube selbstkritisch feststellen zu können, dass es schon fast zu einer Pflichtübung jeder Politikerrede gehört, sich dafür einzusetzen, Bürokratie abzubauen, das Regelwerk zu vereinfachen oder, wie es der Bundespräsident schlicht und einfach ausgedrückt hat, Bürokratie zurückzustutzen und neu einzustellen. Es hapert also nicht am politischen Bekenntnis, Deregulierung zu betreiben und Bürokratieabbau zu propagieren. Woran es hapert, ist die Umsetzung dieser Absicht.
Meine Damen und Herren, ich werde darauf zu sprechen kommen. Natürlich kann jede Landesregierung und kann auch der Bund für sich in Anspruch nehmen, etwas getan zu haben. Ich sage das sehr wohl auch vor dem Hintergrund dessen, was wir im Zusammenhang mit den Absichten der Bundesregierung hier häufig diskutiert haben. Ich bin aber auch der Auffassung,dass mancher Ruf in der Gesellschaft, auch von Unternehmen bzw. der Wirtschaft, nach Unterstützung oder, besser gesagt, nach Subventionen unterbleiben würde, wenn die Wirtschaft und diese Gesellschaft von Bürokratiekosten und unnötigem Regelwerk entlastet werden würden. Es macht keinen Sinn, einerseits durch die überbordenden bürokratischen Anforderungen die Belastungen der Wirtschaft zu erhöhen und andererseits anschließend mit Subventionen einen Ausgleich herbeizuführen, gewissermaßen Subventionen als Kompensation von zu hohen Bürokratiekosten, die den Unternehmen, der Wirtschaft oktroyiert worden sind.
Meine Damen und Herren, für die FDP besteht zwischen Steuerentlastung einerseits und Subventionsabbau andererseits ein unmittelbarer Zusammenhang,
so wie das auch im Verhältnis von Bürokratiekosten und Subventionen gilt. Deswegen ist dies nicht ein Thema, mit dem sich Bürokraten oder Verwaltungstechniker zu befassen haben, sondern der Abbau von Bürokratiekosten ist ein zutiefst ökonomisches, ein zutiefst wirtschaftspolitisches Thema, weil ich glaube, dass Unternehmen von diesen Belastungen befreit werden können.
Um nur einige Beispiele zu nennen: In Deutschland benötigt ein Unternehmensgründer 45 Tage zur Registrierung eines Unternehmens, in Großbritannien sind das 18 Tage und in den USA vier Tage. Ich weiß, dass jeder Vergleich hinkt und dass nicht alles übertragbar ist. Aber die Diskrepanz von 45 Tagen zu vier Tagen ist eklatant und macht deutlich, dass bei uns etwas im Argen liegt.
Nach Schätzungen des Instituts für Mittelstandsförderung entstehen der Wirtschaft Bürokratiekosten in Höhe von 46 Milliarden c, die letztendlich – das sollten wir nicht vergessen – über Produkte und Dienstleistungen immer wieder an die Bürger weitergegeben werden. Damit sind es nicht nur die Unternehmen, sondern letztendlich auch die Kunden, die diese Bürokratiekosten zu tragen haben.
Bei kleineren Unternehmen summieren sich die Bürokratiekosten nach Schätzungen aus Baden-Württemberg – aus Baden-Württemberg gibt es eine Bundesratsinitiative – auf bis zu 4.000 c im Jahr.Wir haben hier häufig Fragen der Lehrlingsausbildung diskutiert. Das sind Gelder, die sinnvoller für derartige Zwecke ausgegeben werden könnten, statt sie den Unternehmen als Bürokratiekosten zu oktroyieren.
Unser Grundproblem als Gesetzgeber – ich sage das sehr bewusst und sehr selbstkritisch an uns alle – im Nachkriegsdeutschland besteht darin, dass wir irrigerweise immer wieder geglaubt haben, mit abstrakt-generellen Regelungen im Gesetz Einzelfallgerechtigkeit herstellen zu können. Dies ist ein fundamentaler Irrtum des Gesetzgebers.
Einzelfallgerechtigkeit ist durch die Umsetzung sicherzustellen; aber Einzelfallgerechtigkeit im Gesetz realisieren zu wollen, ist ein irriger Glaube, und der führt letztendlich dazu, dass Gesetze nicht mehr verständlich sind, dass sie nicht mehr praktikabel sind und dass die Bürger den Respekt vor den Normen schlicht und ergreifend verlieren. Eine Norm, die für den Bürger nicht mehr nachvollziehbar ist, ist nicht mehr in der Lage, das zu erreichen, was von einer Norm eigentlich erwartet wird. Die gute Absicht,Einzelfallgerechtigkeit zu schaffen,verkehrt sich damit letztendlich in ihr Gegenteil.
Erstens. Das Verwaltungshandeln soll klarer, einfacher, schneller werden, und finanzielle Belastungen sollen reduziert werden.
Zweitens. Genehmigungsverfahren, insbesondere im Bereich der Herstellung der Infrastruktur, sollen beschleunigt werden. Der Ministerpräsident hat das heute Morgen in seiner Regierungserklärung angesprochen.
Drittens – damit knüpfe ich an das an, was ich eingangs ausgeführt habe –: Es geht um gesetzgeberische Zurückhaltung, was nichts anderes bedeutet, als dass der Gesetzgeber nur dann wirklich etwas regeln soll, wenn dies zwingend erforderlich ist.
Meine Damen und Herren, dass die gesetzgeberische Zurückhaltung nicht immer praktiziert wird, haben wir vor kurzem erst wieder erlebt. Wir haben damit aus unserer Sicht auch feststellen müssen, dass gegen diesen hehren Grundsatz verstoßen worden ist, nämlich bei der Absicht der Fraktionen von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wonach das Vorhalten von Rauchmeldern gesetzlich vorgeschrieben werden soll – ein typisches Beispiel, wo wir für eine solche Maßnahme werben müssen, aber gesetzlicher Zwang beim besten Willen überflüssig ist.
Ich habe drei Bereiche genannt: Das Verwaltungshandeln soll einfacher, klarer, effektiver werden, die Genehmigungsverfahren sollen gestrafft werden,und wir sollen uns selbst nach Möglichkeit zurückhalten. In allen drei genannten Bereichen ist die Landesregierung in der vorigen Legislaturperiode tätig geworden.Nicht umsonst ist etwas gemacht worden, was uns viel Respekt eingebracht hat und auch konsequent umgesetzt worden ist, nämlich die Gesetze zu befristen und jeweils nach der Auszeit zu entscheiden, ob ein Gesetz überhaupt noch notwendig ist bzw. ob es nicht erheblich verändert und vereinfacht werden kann.
Der Ministerpräsident – deswegen erlauben Sie mir diesen Hinweis – hat heute Morgen mitgeteilt, dass die Landesregierung eine Bundesratsinitiative zum Genehmigungsverfahren eingebracht hat. Es wäre natürlich schön gewesen, wenn diese Initiative auch in dem zuständigen Ausschuss einmal beraten worden wäre.
Ist sie nicht. „Wird“, das mag ja sein. – Denn es gibt einen Landtagsbeschluss, in dem wir mit den Stimmen von CDU und FDP zu diesen Fragen Stellung genommen haben.
Ich will auf die einzelnen Maßnahmen, die wir damals durchgeführt haben, nicht im Detail eingehen. Es sei nur die Novellierung der Hessischen Bauordnung in Erinnerung gerufen.
Mit unserem heutigen Antrag sprechen wir das Verwaltungshandeln, die Effizienz des Verwaltungshandelns der hessischen Landesverwaltung an. Deswegen ein Wort zu dem, was heute Morgen in der Regierungserklärung noch einmal zum Thema Dokumentenverwaltung, elektronisches Grundbuch, Bodenmanagement, elektronisches Handelsregister und mehr gesagt worden ist. All das findet unsere Unterstützung.Aber das sind Managementmethoden, das sind Methoden zur Effizienzsteigerung des bisherigen Verwaltungshandelns. Was wir wollen, das soll darüber hinausgehen.