müssten Sie sagen: Jawohl, dann wird die gebaute Bahn wieder abgerissen. – Das habe ich noch nirgendwo gehört. Wie gesagt, das würde auch jeder für volkswirtschaftlichen Irrsinn halten. Aber das bedeutet, dass Sie die Leute mit dem Versprechen belügen, mit dem Ausbau des Flughafens komme ein Flugverbot, wenn Sie überhaupt nicht sicherstellen können, dass es kommt. Genau das ist der Punkt, auf den hinzuweisen ist.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) – Zuruf des Abg.Rüdiger Hermanns (CDU) – (Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):Die machen da eine Gokart-Bahn!)
Reden wir doch über die Qualität des Nachtflugverbots. Alle reden von einem Nachtflugverbot. Jeder stellt sich vor, in der Zeit sei Ruhe nach dem umgangssprachlichen Motto: Da fliegt keiner.
Wenn man in den Antrag hineinguckt – deswegen sage ich Ihnen, dass Sie ihn sich einmal angucken sollen –, findet man in Band A 1 auf den Seiten 39 und 40 den Antrag von Fraport. Er liest sich auf der ersten Seite, von dem Zeitfenster einmal abgesehen, auch noch ganz gut. Doch drehen wir die Seite herum. Dann steht dort die Überschrift: „Ausnahmen“ – schon im Antrag selbst.Dann können wir lesen – ich darf zitieren –:
sind verspätet oder verfrüht ankommende Luftfahrzeuge ausgenommen, die gemäß Flugplan in den durch den Flughafenkoordinator vergebenen Zeiten unter Berücksichtigung in Nr. 1 in der Zeit bis 23 Uhr Ortszeit und ab 5 Uhr Ortszeit eintreffen würden.
Das ist überhaupt nicht logisch. Das ist genau das Problem, unter dem die Region in jedem Sommer leidet, dass nämlich die Charter-Flieger später ankommen, als es im Flugplan steht.
Wenn Sie jedem ohne Einzelfallgenehmigung – so steht es hier in dem Antrag – ein verspätetes Eintreffen, das heißt eine Störung der Nachtruhe nach 23 Uhr, erlauben wollen, dann betrügen Sie mit Ihrem Wort „Nachtflugverbot“ die Bevölkerung, völlig unabhängig von den Gerichtsentscheidungen, in der gesamten Diskussion vorsätzlich.
Ein Nachtflugverbot, das den Namen verdient, erlaubt als Einziges die Ausnahme in echten Emergencyfällen. Über die braucht kein Mensch zu streiten, die sind völlig selbstverständlich. Davon gibt es aber glücklicherweise nur ganz wenige, vielleicht einen in fünf Jahren oder in ähnlicher Größenordnung. Darüber streiten wir nicht. Aber die planmäßig verspäteten, die alle noch mit 22.59 Uhr im Flugplan stehen und die dann noch zwischen 23 und 0.30 Uhr ankommen, die wollen Sie alle ohne Einzelfallgeneh
migung hereinlassen. Damit ist der Antrag von Fraport letztendlich das Begehr, eine bessere Lösung, eine leichtere Lösung für Landungen zu bekommen, als sie bislang besteht.
Meine Damen und Herren, ich muss auf die Zeit achten, deswegen kann ich nicht alles ansprechen. Ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen, der hier schon öfter Thema war, das ist die Fragestellung: Wie sieht es mit der geplanten Landebahn im Zusammenhang mit dem Störfallbetrieb Ticona aus? Sie erinnern sich, wir haben gemeinsam im Ausschuss den TÜV Pfalz und andere Gutachter dagehabt. Wir haben uns ein bisschen gestritten, aber am Ende gab es, sagen wir einmal, eine einvernehmliche Beurteilung der Risikogrößenordnung für den Fall, dass Abstürze passieren, was sich ja niemand wünscht.
Aber für den zweiten Fall, der auch diskutiert wurde, den ich immer nenne „Was passiert, wenn nichts passiert?“, stellt sich die Frage: Ist ein Parallelbetrieb auf einer geplanten Nordwestbahn und des Chemiebetriebs überhaupt möglich? Dazu gibt es keine Aussage. Der TÜV Pfalz, Gutachter der Landesregierung, hat gefordert, es müsse eine nachvollziehbare Aussage, ein Nachweis geführt werden, dass das möglich ist. Ein Nachweis ist in den 60 Ordnern an keiner Stelle zu finden.
Der zweite Störfallbetrieb, der bisher nicht so recht ins Blickfeld geraten ist, ist das DEA-Tanklager. Dazu gibt es gar nichts in den Unterlagen. Da hört man jetzt, die Landesregierung habe ein Gutachten, wonach im Störungsfall, d. h. in dem Fall, den wir uns alle nicht wünschen, von einer 100 m hohen Feuerwand auszugehen ist, wenn das Unglück geschehen sollte, dass ein Flugzeug abstürzt, was sicher niemand wünscht. Man darf aber nicht vergessen, auch dieser Bereich liegt im Anflugbereich, ist also bezüglich der Risiken und der Folgen zu untersuchen. Meine Damen und Herren, all dies ist in den Unterlagen nicht drin, das scheint Fraport überhaupt nicht zu interessieren.
Sie schweigen jetzt und werden mich anschließend sicher wieder heftig beschimpfen. Natürlich wollen wir GRÜNE den Ausbau nicht. Wir wollen einen Flughafen, mit dem die Region auch leben kann, nicht einen, der uns immer mehr bedrückt in dem Sinne, dass er uns immer mehr Lasten aufdrückt, selbst die Arbeitsplätze, die versprochen sind, nicht schafft, sondern dafür sorgt, dass Arbeitsplätze, die wir gerne hätten, nicht zustande kommen. Darüber hinaus wird die gesamte Verkehrslage, die gesamte Lebenssituation im Rhein-Main-Gebiet verschlechtert. Natürlich spielen Arbeitsplätze eine Rolle. Meine Damen und Herren, Sie benutzen nur immer die falschen Größenordnungen. Das wissen Sie auch. Sie rechnen nicht mit den Arbeitsplätzen, die wegfallen und die man auch betrachten muss. Sie rechnen zweitens alle Arbeitsplätze, die in ganz Deutschland entstehen, dem Flughafen Frankfurt zu. Wenn man das verwirklichte, was wir vorschlagen, nämlich eine sinnvolle Verteilung der Flugbewegungen auf vorhandene Flughäfen,
dann wären mindestens die Arbeitsplätze, mit denen Sie außerhalb Hessens rechnen,nicht verloren,sondern trotzdem da, denn das können Sie niemandem erzählen.
Meine Damen und Herren, bis zum 2. März ist nicht mehr lange Zeit. Bis Mittwoch nächster Woche haben die Bürgerinnen und Bürger im Rhein-Main-Gebiet die Gelegenheit, ihre Einwendungen vorzubringen. Ich kann von dieser Stelle aus nur dazu auffordern, das unbedingt zu tun.Wer jetzt nicht einwendet, hat später kaum noch eine Möglichkeit, eigentlich keine mehr, wenn es ihm dann notwendig erscheint, sich rechtlich zur Wehr zu setzen, da bei dieser Landesregierung von einem fairen und transparenten Verfahren und einer sachgerechten und neutralen Entscheidung wohl kaum ausgegangen werden kann. Dafür haben wir leider schon viel zu viele Belege. Ich erinnere an die Zeitfrage bei der A-380-Halle, so jüngst geschehen. Deswegen kann man die Bürgerinnen und Bürger nur auffordern, ihr Recht zu suchen und die Einwendungen vorzutragen, denn dann werden wir bei der Erörterung und im weiteren Verfahren sehen, ob die offenen Fragen überhaupt beantwortet werden können.
Wir sind keine Gegner des Flughafens, wir fliegen ja selber.Wir sind aus guten Gründen Gegner des Ausbaus,
weil das Ganze für den Flughafen selbst und für die Region ein Risikoprojekt ist, das sich am Ende auch ökonomisch nicht auszahlen wird.
Meine Damen und Herren, als Bürger des Rhein-MainGebiets – viele in diesem Saal sind es auch – habe ich, haben Sie vielleicht die Auseinandersetzungen um den Bau der Startbahn 18 West Anfang der Achtziger- bis Mitte der Achtzigerjahre miterlebt. Wir waren uns einmal einig, dass wir alle gemeinsam aus dieser historischen Erfahrung heraus alles tun sollten, um solche Konfrontationen mit den schlimmen Folgen nicht noch einmal eintreten zu lassen, sondern alles Mögliche dagegen zu tun.
Die Art und Weise, wie dieses Verfahren hier betrieben wird, scheint aber dem nicht zu helfen, eher im Gegenteil – auch das,was die Behörden tun.Ich kann am Schluss nur noch einmal an Sie appellieren: Wir sollten alle bei aller Unterschiedlichkeit der Auffassungen dieses Ziel, die Konfrontation nicht zu verschärfen, sondern uns gemeinsam um die Lösung der Probleme zu bemühen, nicht aus den Augen lassen.
Danke schön, Herr Kaufmann. – Ich darf als nächstem Redner Herrn Riege für die SPD-Fraktion das Wort erteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Antrag fordert uns, den Hessischen Landtag, auf, das Planfeststellungsverfahren zur Erweiterung des Flughafens Frankfurt zu kritisieren und es auszusetzen.
Man könnte sagen, das geht den Hessischen Landtag nichts an. Die Überprüfung des Planfeststellungsverfahrens obliegt den Gerichten. Für den Ablauf der Verfahren
gibt es Regeln. Vertrauen etwa die Antragsteller den Gerichten nicht und wollen uns deshalb als Landtag veranlassen, unzulässigerweise – das betone ich – in einen formalrechtlich genau definierten Verwaltungsablauf einzugreifen? Oder wollen Sie uns etwa veranlassen, der Genehmigungsbehörde vorzuschreiben, auf was sie insbesondere zu achten habe, indem Sie die Forderungen aufstellen, die hier unter Nr. 1 bis 5 aufgelistet sind?
Herr Kollege Kaufmann, wenn ich so schlau wäre wie Sie, würde ich das alles für mich behalten und mich klammheimlich freuen, dass das Gericht spätestens Ihre Erkenntnisse zum Gegenstand einer Kassierung des gesamten Verfahrens machen würde.
Das ist aber gar nicht Ihre Absicht. Sie erwecken den Eindruck, als gebe es Unzulänglichkeiten. Bei Ihrer Darstellung zum Nachtflugverbot – jeder, der das jetzt zum 100. Mal diskutiert hat, wird das bemerkt haben – stimmt es hinten und vorne nicht. Ich will nicht darauf eingehen, weil es keinen Sinn hat.
Der Hessische Landtag hat jedenfalls seine Rechte zur Diskussion in diesem Verfahren mehr als ausführlich wahrgenommen, bevor er am 13. Juni 2000 in namentlicher Abstimmung, übrigens gegen 11 Stimmen, beschlossen hat, das Mediationspaket umzusetzen. Daran ist nicht zu deuteln, und das ist jetzt auch schon eine historische Wahrheit. Deswegen ist es falsch, hier den Eindruck zu erwecken, wir würden uns mit dem Thema Flughafen nicht beschäftigen. Jetzt sind die anderen dran; ich sage Ihnen auch gleich noch einmal, warum.
Der Landtag hat eine landespolitische Festlegung für die Umsetzung des Pakets getroffen, aller fünf Teile – von denen Sie gar nicht mehr reden, sondern nur noch von den zwei Teilen, die Ihnen besonders lieb sind –: Optimierung des vorhandenen Systems, Kapazitätserweiterung durch Ausbau, Nachtflugverbot, Anti-Lärm-Pakt und Regionales Dialogforum. Was Sie besonders ärgert: Seitdem hält der Hessische Landtag an diesem Beschluss fest, auch wenn die Antragsteller in der 15. und 16.Wahlperiode insgesamt Dutzende Anträge eingebracht haben, um zu versuchen, Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieser Beschlussfassung zu wecken.
Das Letzte, woran ich mich noch gut erinnere, war, dass auch das Raumordnungsverfahren auf Ihren Antrag hin ausgesetzt werden sollte. Inzwischen liegt das hinter den Beteiligten. Deshalb können die verfahrensrechtlichen Schritte, die alle regelhaft vorgeschrieben sind, gegangen werden.Weil das Raumordnungsverfahren abgeschlossen ist, kommt jetzt das Planfeststellungsverfahren dran, und zwar mit dem Ziel – das weiß doch jeder der Beteiligten –, am Ende justiziable Entscheidungen zu bekommen, wo alle Ihre Bedenken Gegenstand der Untersuchungen sind. Da brauchen wir Ihre Anträge nicht, sondern das ergibt sich aus der Natur der Sache, weil die Verfahren extra dafür erfunden worden sind, um die Leute, die betroffen sind, einzubinden und ihnen nicht nur Mitsprache und Mitbestimmung zu erlauben, sondern anschließend auch noch den Klageweg zu eröffnen.
Für die SPD-Fraktion stelle ich zum wiederholten Male fest, dass die Landesregierung diese Schritte juristisch sauber und nicht so schlampig, wie gelegentlich, zu begleiten hat, um dieses für Hessen so wichtige Vorhaben nicht zu gefährden.
Ich will den Vorwurf „schlampig“, der hier schon mehrfach erhoben worden ist, an zwei Punkten belegen. Insbesondere seitdem heute Morgen die Antwort auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion endlich vorgelegt worden ist, fühle ich mich erneut bestätigt in der Auffassung, für die SPD-Fraktion bei der Mehrheit dieses Hauses vergeblich darum geworben zu haben, dieses überragende, bedeutende Ziel des Ausbaus in den Landesentwicklungsplan aufzunehmen.Das haben Sie nicht gemacht;mit den Folgen müssen Sie heute leben, und Sie müssen das nacharbeiten.
Ein zweites Beispiel. Sie haben die Vorfestlegung auf die Nordwestbahn gegen unseren Rat getroffen, was sich im Verfahren der Raumordnung als ein Fehler herausgestellt hat. Das müssen Sie jetzt auch korrigieren.Von daher bin ich überzeugt, Sie wären schneller im Verfahren gewesen, wenn Sie auf unsere Ratschläge gehört hätten. Niemand hat jemals bezweifelt, dass die Umsetzung des Mediationspaketes konfliktfrei verlaufen könnte. In mühseliger und deshalb umso lobenswerterer Arbeit kämpft Prof. Wörner mit dem RDF seit Beginn um die Entschärfung der Konflikte. Konfliktverschärfend und damit kontraproduktiv wirken allerdings solche Anträge wie diese.
Im Antrag wird von uns einerseits gefordert, das Planfeststellungsverfahren auszusetzen – was in Wirklichkeit nur der Vorhabensträger tun könnte –, andererseits werden wir dazu aufgefordert, uns an der Anhörung in eben diesem Planfeststellungsverfahren zu beteiligen. Diesen Widerspruch haben Sie nicht aufgeklärt, Herr Kaufmann. Das einzige Ziel, das Ihrer Antragsformulierung plausibel zu entnehmen ist, lautet: Sie fordern die Leute auf, Ihren Unkenrufen zu folgen und sich am Verfahren zu beteiligen, weil Sie den Gerichten offensichtlich nicht zutrauen, dass sie die von Ihnen kritisierten Mängel aufdecken,oder weil Sie glauben, dass die Leute keine Argumente haben, sich gegen das Verfahren zu wenden, wenn Sie diese scheinbaren Mängel nicht ins Gespräch bringen.