Protokoll der Sitzung vom 26.04.2005

(Beifall der Abg. Ruth Wagner (Darmstadt) (FDP) und bei Abgeordneten der CDU)

Sie klatschen jetzt etwas zu früh. – Ganz anders fällt unser Urteil zu der gesamten Konstruktion der hessischen Förderung aus, wie sie sich jetzt darstellt. Gegenwärtig gibt es eine Trennung des monetären und des so genannten nicht monetären Bereichs.Auf der einen Seite geht es um die Konzeption der Förderprogramme und der Kundenberatung. Institutionell getrennt davon wird dann über die Finanzzusage entschieden und die Finanzierung abgewickelt.

Das führt zu einem erhöhten Koordinationsbedarf. Es ist jetzt schon absehbar, dass das vermehrt zu Reibungsverlusten führen wird. Insgesamt wird das zu erheblichem Mehraufwand führen. Bisher war es so, dass die Investi

tionsbank Hessen alter Prägung, so wie wir sie in der Koalition gemeinsam gebildet hatten, Anlaufstelle für die Kunden war. Demnächst werden die Kunden zwei Anlaufstellen haben. Die Hinführung zu den Programmen soll dann in der Hessen-Agentur erfolgen. Wenn ich das richtig gelesen habe, soll die Zusage der Förderung und die Abwicklung dann durch die Investitionsbank Hessen erfolgen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das heißt, Sie wollen hier Umwege einbauen, die angesichts dessen, was Frau Schönhut-Keil hier gerade eben hinsichtlich der Problematik der Finanzierung zu Recht geschildert hat, sicherlich nicht sehr hilfreich sind.

(Beifall der Abg. Dieter Posch und Roland von Hunnius (FDP))

Damit würden Sie ein Stück weit Unproduktivität hineinbringen.

Herr Minister, ich gehe davon aus, dass das Wirtschaftsministerium nach wie vor die Grundzüge der Politik der Wirtschaftsförderung bestimmt. Damit sind es letztlich drei Institutionen, die damit befasst werden sollen. Das sind die Denker im Wirtschaftsministerium und die Hessen-Agentur, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern man dann klarmachen muss, was sie entsprechend den grundlegenden Vorstellungen aufzubauen haben. Letztlich ist es auch die Investitionsbank Hessen, die die technische und finanzielle Abwicklung machen soll.

Mir erschließt sich nicht, worin da der Sinn liegen soll. Den Mitgliedern meiner Fraktion geht das insgesamt so.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben interessanterweise zwei Institute, die die finanztechnische Abwicklung durchführen.Wir haben auch noch die Landestreuhandstelle Hessen, die Bestandteil der Helaba ist. Die Landestreuhandstelle Hessen wickelt als Teil der Helaba nach wie vor die Förderung des Wohnungsbaus ab. Sie wickelt nach wie vor Teile der Förderung des Umweltbereichs ab. Außerdem beschäftigt sie sich mit der Städtebauförderung und mit der Förderung von Maßnahmen zur Energieeinsparung.

Daraus ergeben sich Gestaltungsmöglichkeiten. Sicherlich kann man sagen: Das eine lassen wir da abwickeln. – Vielleicht ergeben sich da auch irgendwelche Vorteile. Mir erschließen sie sich allerdings noch nicht. Das andere lässt man dann in einer der anderen Institutionen abwickeln.Allerdings tritt dadurch ein Stück weit mehr Unübersichtlichkeit ein.

(Beifall bei der FDP)

Herr Wirtschaftsminister, in diesem Zusammenhang wäre eines interessant. Vielleicht können Sie uns hier vortragen, wie weit denn jetzt der Aufbau der Hessen-Agentur gediehen ist. Wir haben immerhin Ende April 2005. Ich kann noch nicht erkennen, wie die Technologiestiftung Hessen GmbH und der Hessen Touristik Service dort integriert sein sollen und wie das Ganze neben den klassischen Programmen zur Förderung der Wirtschaft – das reicht von der Förderung des Mittelstands bis hin zu den Bürgschaften usw. – in der neuen Agentur überhaupt gemacht werden soll.

Ich habe jetzt ein paar Broschüren erhalten. Allerdings weisen alle diese Broschüren den Status ex ante auf. Das heißt, da steht nichts Neues drin. Wahrscheinlich wollten Sie oder Ihre dort beschäftigten Leute einmal zeigen, dass

sie da sind. Deswegen haben sie ein paar Broschüren mit ihrem Bild aufgelegt. Das ist aber keine Weiterentwicklung.

(Beifall bei der FDP)

Frau Schönhut-Keil hat Folgendes zu Recht angesprochen.Wir müssen uns doch angesichts der Entwicklungen und der Phase,die gerade für kleine und mittlere Betriebe sehr heiß ist, auf die neuen Herausforderungen einstellen. Ich habe jetzt z. B. in dem Kredithandbuch einer Bank Folgendes gesehen. Ich sage jetzt natürlich nicht, um welche Bank es sich handelt. In dem Weißbuch für die Kreditvergabe dieser Bank steht, dass vier Sparten von vornherein von jeglicher Chance ausgeschlossen sind, einen Kredit zu erhalten. Vielleicht hat die Bank eine plausible Erklärung dafür. Da kann man sich z. B. die Gastronomie vorstellen. Wir können da aber auch andere Branchen nehmen. Ich finde es schon nicht gut, wenn das eine Bank so handhabt. Sie muss aber ihre Geschäftspolitik definieren.

Wenn aber die Wirtschaftspolitik aufgefordert ist, flankierend zu handeln, dann muss das doch bitte schön in diesen Bereichen geschehen. Es kann doch nicht sein, dass ein Metzger nur deshalb, weil er Metzger ist und eine Metzgerei betreibt, keinen Kredit mehr bekommt, weil in dem Weißbuch einer Bank zur Kreditvergabe steht, dass Metzger von der Vergabe von Krediten ausgeschlossen sind. Ich habe noch keine Antwort auf die Frage gehört,wie wir damit umgehen sollen. Wir müssen das Instrument der Bürgschaft weiterentwickeln. Herr Minister, möglicherweise müssen wir auch andere Instrumente entwickeln.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es wäre doch angetan, dass Sie uns in dieser Debatte etwas dazu sagen.

Frau Schönhut-Keil hat auch das schon angesprochen. Deswegen kann ich mich dazu kurz fassen. Unsere kleinen und mittleren Betriebe sind unterfinanziert. Sie wissen, dass Firmen in Deutschland im Schnitt eine Eigenkapitalausstattung von 8 % haben. Die Unternehmen unserer westlichen Nachbarländer sind wesentlich komfortabler ausgestattet. Daraus könnte sich ein Problem ergeben, wenn es durch die Vereinbarung Basel II zu zusätzlichen Problemen kommen sollte. Allerdings halte ich die Vereinbarung Basel II, strukturell gesehen, für richtig. Das Problem besteht aber genau darin.

Mein lieber Roland von Hunnius und mein lieber Finanzminister, Aufgabe der Förderpolitik des Landes ist es doch, sich dazu Maßnahmen zu überlegen und Instrumente dazu zu entwickeln, ohne den Haushalt zu plündern. Man muss mit Bürgschaften oder Ähnlichem, eventuell mit Varianten davon, helfen. Da muss weitergedacht werden. Da muss weiterentwickelt werden. Man muss am Markt dafür Geld generieren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Am Markt ist das Geld vorhanden. Man muss die richtigen Anlageformen und die richtigen Anlagereize schaffen. Außerdem muss man ein gewisses Maß an Sicherheit geben. Darin sehe ich unsere Aufgabe.

Herr Minister, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie dazu im Rahmen dieser Diskussion etwas sagen könnten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Denzin, danke. – Herr Riege, Sie haben für die SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Im Gegensatz zu meinem Vorredner bin ich nicht dafür, dass wir heute Abend über die jetzt von ihm angeschnittenen Probleme bei der Förderkultur des Landes und der Förderpolitik des Wirtschaftsministeriums diskutieren. Vielmehr plädiere ich sehr dafür, die Rahmenbedingungen, in denen der Gesetzentwurf zur Errichtung der Investitionsbank Hessen steht, in den Beratungen zu vertiefen, die die Ausschüsse dazu führen werden. Denn ansonsten würde vielleicht überdeckt werden, dass der vorliegende Gesetzentwurf zur Errichtung der Investitionsbank Hessen mehr Zustimmung erfahren wird, als es bisher den Anschein hat.Meine Fraktion jedenfalls wird dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen und die Änderungen mittragen. Denn der Gesetzentwurf entspricht der Logik der bisherigen Entscheidungen dieses Hauses.Ich sage das,wohl wissend, dass wir die bisherigen Entscheidungen nicht für richtig gehalten haben. Das betrifft insbesondere die Trennung in monetäre und nicht monetäre Förderung.

Die Förderkulisse insgesamt ist noch völlig unklar. Um im Bild zu bleiben: Aus den Brocken würden wir gerne ein Bild entstehen lassen. Das können wir aber sicherlich nicht um diese Uhrzeit. Deswegen glaube ich, dass wir das in den Ausschüssen vertiefend beraten müssen.

Trotzdem will ich ein paar Anmerkungen zu dem machen, was der Finanzminister zur Begründung für dieses Gesetz vorgetragen hat.Mit dem Status der rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts erhält die Investitionsbank jetzt Voraussetzungen, die andere Förderbanken in anderen Ländern auch haben

(Michael Denzin (FDP): Rheinland-Pfalz hat eine ganze andere Struktur!)

andere, nicht alle –, insbesondere die KfW, mit der die Investitionsbank sehr eng zusammenarbeitet. Wie die Landesregierung halten wir die möglichen Alternativen – Erhöhung des Eigenkapitals durch den Landeshaushalt bzw. globale oder Refinanzierungsgarantien des Landes – für nicht zielführend.Wir sprechen uns deshalb für die Lösung der Körperschaft aus. Denn wir haben bereits genügend Schattenhaushalte und Risiken, die mit unseren Haushalten verbunden sind.

Für uns besonders wichtig sind drei Regelungen in diesem Bereich. Das ist zunächst die Sicherung der Aufgabenwahrnehmung im Einklang mit den Beihilfevorschriften der EU, § 2. Wir merken dazu aber im Einklang mit dem Vorredner, Herrn Denzin, an, dass einerseits die Fördermöglichkeiten des Landes in den verschiedenen Ministerien durch Beteiligung der Investitionsbank Hessen noch ausbaufähig sind und auf der andere Seite für uns klar werden muss, was bei der Helaba sinnvollerweise stattfindet und was in Zukunft bei der Investitionsbank stattfinden wird.

Zweitens begrüßen wir die Übergangsregelung für die Beschäftigten in den §§ 21 und 22. Der Finanzminister hat es gesagt:Es soll im Wesentlichen nur der äußere Rahmen geändert werden und nicht das Innenverhältnis.

Drittens begrüßen wir die Beibehaltung des Beirates in § 16, der zwar noch durch die Satzung zu regeln ist, von

dem wir aber annehmen, dass er wie bisher in Förderbelangen sachverständig beratend tätig werden kann. Ich habe selbst in diesem Beirat mitgearbeitet, und ich gehe davon aus, dass das auch zukünftig erwünscht ist, auch wenn man das aus dem vorliegenden Text bisher nicht ersehen kann.

Ich wiederhole mich, wenn ich darum bitte, Details zu dem vorliegenden Gesetz und vor allem den Rahmen, in dem sich die Förderbank des Landes in Zukunft bewegen wird, in den Ausschüssen vertiefend zu erörtern. Wir sind neugierig – das teile ich mit meinem Vorredner – auf die Aussagen, die das Wirtschaftsministerium dazu macht. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Riege. – Herr Williges, Sie dürfen für die CDU-Fraktion das Rederecht ausüben.

Herr Präsident – es ist nett,dass ich darf –,meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion teilt die Auffassung der SPD-Fraktion, dass die Umwandlung der IBH von der bisherigen Aktiengesellschaft in eine Anstalt des öffentlichen Rechts die notwendige und konsequente Reaktion auf die Ankündigung der Refinanzierer vom Sommer des vergangenen Jahres ist. Wir stellen fest, dass die bisherige Rechtsform der Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von 40 Millionen €, das je zur Hälfte von der Hessischen Landesbank und vom Land Hessen getragen wird, weder eine Fortführung noch eine Ausweitung der Refinanzierungsvolumina erlaubt.

Gerade dies – hier knüpfe ich an die Vorredner an – ist bei der Umwandlung der Programme hin zur Darlehensfinanzierung von existenzieller Bedeutung. Das Instrument der Wirtschaftsförderung durch Darlehen ist nach unserer festen Überzeugung nicht nur effektiver als die früher praktizierten Formen der nicht rückzahlbaren Zuschüsse, sondern die Darlehen sind die mit Abstand nachhaltigere Variante.

Um diese Strategie des Förderkredits und Beteiligungsgeschäfts wirkungsvoll fortsetzen zu können,muss die Refinanzierung zu optimalen Konditionen gesichert werden. Deshalb ist es, Frau Kollegin Schönheit-Keil – –

(Heiterkeit)

Ich bitte um Verzeihung. Schreiben Sie es der späten Stunde zu. Ich meinte natürlich die Frau künftige Beigeordnete Schönhut-Keil. – Deshalb handelt es sich bei der Entscheidung, die wir heute treffen, nicht nur um einen gewöhnlichen Mosaikstein, sondern um einen zentralen Schlüsselstein im Mosaik der hessischen Wirtschaftsförderung.

Meine Damen und Herren, durch die auf den Weg gebrachte Umwandlung der IBH wird das Land alleiniger Gewährträger der Investitionsbank,und dadurch wird,wie ich ausführte, eine günstigere Refinanzierung ermöglicht.

Lassen Sie mich in der gebotenen Kürze über die Alternativen sprechen. Möglich wäre auch eine Erhöhung des Grundkapitals, was zumindest beim Gesellschafter Land Hessen nicht unbedingt diskutiert werden sollte. Die weitere Möglichkeit wäre die Übernahme einer Garantie des Landes. Schauen wir in die anderen Bundesländer. Diese

Varianten gibt es dort. So wird beispielsweise im Saarland und in Rheinland-Pfalz die Absicherung durch eine Globalgarantie gewährleistet. Jedoch ist es in den Ländern Bayern, Thüringen und Sachsen – dort ist die Sächsische Aufbaubank GmbH vor zwei Jahren in eine Anstalt des öffentlichen Rechts umgewandelt worden – bereits gängige Praxis, was wir mit diesem Gesetz auf den Weg bringen wollen.

Gestatten Sie, dass ich noch auf einige Punkte der zugegebenermaßen außerparlamentarischen Diskussion eingehe, weil es heute nur am Rande eine Rolle spielte.Aber da ist die Frage: Ist das, was wir hier machen, mit europäischem Recht kompatibel? Die Prüfung durch die EUKommission ist nach den bisherigen Informationen positiv.Von daher steht kein Ärger zu erwarten.

Die zweite Frage betrifft eine eventuelle Befristung des Gesetzes. Die übliche Befristung auf fünf Jahre wäre an dieser Stelle kontraproduktiv, weil die Refinanzierungskredite eine Laufzeit von zehn Jahren haben und bei einer Befristung auf die Hälfte der Laufzeit die notwendige verbesserte Bonitätseinstufung nicht mehr gegeben wäre – für den Fall, dass der Kapitalmarkt bei einer Befristung überhaupt mitmachen würde, was fraglich wäre. Einsprüche der BaFin wären zu erwarten bei Förderprogrammen, die über das Jahr 2010 hinausgehen.