Herr Kollege Frömmrich, einen Moment bitte. – Erstens einmal ist es hier viel zu laut. Ich darf Sie noch einmal bitten, ein bisschen mehr Ruhe zu halten. Zweitens hat Herr Kollege Holler sich zu einer Zwischenfrage gemeldet. Herr Kollege Frömmrich, lassen Sie diese zu?
Nein, er hat schon geredet und konnte alles dazu beitragen. Ich würde gerne im Gesamten zu dem Antrag vortragen und warte noch auf den Beitrag des anderen Kollegen, der eventuell noch etwas zum Bereich des Innern sagt.
Meine Damen und Herren, der Antrag, den Sie hier vorgelegt haben, ist ein Paradebeispiel dafür, wie Ihnen die Realität in diesem Bundesland abhanden gekommen ist. Anstatt weiße Salbe auf die Aktivitäten der Regierung zu schmieren,sollten Sie sich mit den Problemen der inneren Sicherheit und der Justiz beschäftigen. Diese Landesregierung hat durch die „Operation düstere Zukunft“ in der inneren Sicherheit und in der Justiz einen Scherbenhaufen hinterlassen. Das ist die Realität hier in Hessen. Jetzt wollen Sie sich mit einem Jubelantrag abfeiern lassen, der fern aller Realitäten in der inneren Sicherheit ist.Wie die Realitäten aussehen, kann man sich vor Augen führen, indem man sich die aktuellen Zahlen ansieht.
In einer dpa-Meldung von heute wird gesagt, Frankfurt sei mit mehr als 18.100 erfassten Delikten pro 100.000 Einwohner, wie bereits im vergangenen Jahr, die Großstadt mit der höchsten Kriminalitätsbelastung. Meine Damen und Herren, das ist die Realität hier in Hessen und nicht das, was Sie hier als weiße Salbe verkaufen wollen.
Wenn die Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und die Justizangestellten diesen Antrag lesen, können sie zu Recht nur den Kopf schütteln. Sie haben mit der „Operation düstere Zukunft“ in beispielloser Weise Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Bereichen demotiviert. Das war kein Beitrag zu inneren Sicherheit.
Es ist doch nur den Polizistinnen und Polizisten im Lande Hessen zu verdanken, dass trotz der gestrichenen bzw. umbesetzten Stellen bei der Polizei im vergangenen Jahr mehr als die Hälfte aller Straftaten noch aufgeklärt worden ist. Das ist doch nicht das Verdienst dieser Landesregierung. Man muss sagen: Das ist trotz dieser Landesregierung im letzten Jahr gelungen.
Es ist einzig und allein der guten Arbeit der Polizei zu verdanken, die unter erschwerten Bedingungen gearbeitet hat, Herr Innenminister. Schauen wir uns doch einmal die Realitäten an. Zum dritten Mal in Folge legen Sie als Innenminister eine Kriminalstatistik vor, die steigende Zahlen aufweist. Seit drei Jahren steigen die Zahlen bei der Kriminalität in Hessen.
2002 und 2003 jeweils um 5,4 %, im Jahr 2004 um 1,7 % – jeweils im Vergleich zum Vorjahr. Das sind fast 13 %. Sie stellen sich hierhin und erzählen uns etwas von innerer Sicherheit im Lande Hessen.
Meine Damen und Herren, willkommen in der Realität. Sie sollten wirklich einmal einen Blick in die Statistiken werfen. Zugenommen hat auch die Zahl der Delikte, die das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung am meisten treffen, nämlich Gewaltdelikte. Die Zahlen für gefährliche und schwere Körperverletzung haben um 3,9 % zugenommen, für Körperverletzungen um 6,1 %. Auch bei Diebstählen hat es eine Zunahme gegeben. Diebstähle in und aus Wohnungen – das steht auch in der Statistik – beeinflussen das Sicherheitsgefühl der Menschen ganz besonders.Auch da haben wir eine Steigerung von 10,6 % zu verzeichnen. In diesem Berichtszeitraum haben Sie 400
Stellen bei der Vollzugspolizei gestrichen. Das ist die Realität,wenn es um innere Sicherheit in diesem Lande geht.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die CDU hat, anstatt normales Regierungshandeln in der Verwaltung zu betreiben – Modernisierung der Verwaltung, Ausstattung mit EDV, Vernetzung der Verwaltung, Einführung moderner Kommunikationsmittel –, den Landtag dazu genutzt, hier Lobhudelei zu betreiben. Diese Lobhudelei darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass Sie in den letzten Jahren enorme Zuwächse in der Kriminalität zu verzeichnen haben.
Herr Kollege Holler, bevor Sie hier vorne hintreten, empfehle ich Ihnen einen Blick in die Kriminalstatistik. Damit wir das Gedächtnis ein bisschen auffrischen können, lese ich Ihnen vor, was der Innenminister als innenpolitischer Sprecher 1997 zu dem Thema Kriminalitätssteigerung gesagt hat.
Wie gesagt: Wir haben es mit einer Steigerung im letzten Jahr um 1,7 % zu tun, in den letzten Jahren um insgesamt 13 %. Jetzt lese ich Ihnen vor, was der jetzige Innenminister und ehemalige innenpolitische Sprecher sagte, und zwar als es eine Stagnation gab. Er sagte:
Eine Stagnation der Kriminalität auf erschreckend hohem Niveau sieht die hessische CDU-Landtagsfraktion nach der heute von Innenminister Bökel vorgelegten Kriminalstatistik für das Jahr 1996. „Von einer Entwarnung kann keine Rede sein. Auch hoch zufrieden kann man angesichts der vorliegenden Zahlen nicht sein“, erklärte der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Volker Bouffier.
Nachdem Sie drei Jahre in Folge solche Kriminalstatistiken mit einer Steigerung um 13 % vorgelegt haben, stellen Sie sich hierhin und reden von innerer Sicherheit im Lande Hessen. Das ist wirklich nicht normal.
(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Günter Rudolph (SPD): Unglaublich! – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Realität in Hessen sieht anders aus. Ihre Placebo-Sicherheitspolitik haben wir schon vor der Landtagswahl mitbekommen. Streifenwagen wurden gleich mehrmals überreicht, damit die Regierung mit Presseartikeln in jedem Ort in der Zeitung stand.
(Minister Volker Bouffier:War aber gut gemacht! – Günter Rudolph (SPD): Dreimal! – Zuruf des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP))
Die Streifenwagen wurden sozusagen mit den Verteilenden weitergereicht, weil sie gar nicht so viele auf einmal ausliefern konnten.
Herr Innenminister,es hat mich schon gewundert,dass Sie letzte Woche – ich glaube, es waren 15 Streifenwagen – 15 blau-silberne Streifenwagen und vier oder fünf Motorräder bei einem Termin in Frankfurt überreicht haben. Herr Innenminister, Sie haben wirklich eine Chance vertan, hier noch einmal richtig Pressearbeit im Zusammenhang mit innerer Sicherheit in Hessen zu machen.
Jetzt komme ich noch einmal zum Thema moderne Polizei, moderne Technik. Ich hatte vor ein paar Wochen das Vergnügen, das 19. Polizeirevier am Frankfurter Flughafen zu besuchen. Ich kann Ihnen nur empfehlen, sich das einmal anzugucken. Dort können Sie sehen, dass die Kabel von der Wand hängen, wie dort mit Kommunikationsmitteln von vor, wer weiß, 20 Jahren kommuniziert wird – und das an einem Weltflughafen, am Tor zu Europa, an dem Aushängeschild Deutschlands.
Herr Kollege Haselbach, ich weiß, das trifft. Aber vielleicht sollten Sie sich – ich meine, Reisen bildet, auch wenn man nur zum Frankfurter Flughafen fährt – das 19. Polizeirevier einmal anschauen. Dann werden Sie sehen, wie die Realitäten in Hessen aussehen.
Meine Damen und Herren, ich habe gehört, dass sich dort offensichtlich etwas tut. Das ist durchaus zu begrüßen. Aber auch das ist normales Regierungshandeln.
Herr Innenminister, wenn Sie immer auf die vergangenen Regierungen eingehen: Das kann man eine gewisse Zeit lang machen.
vorher mit der FDP und nun in der Alleinregierung, dann bedeutet das,dass Sie in der Tat nicht mehr auf andere Regierungen mit dem Finger weisen können, sondern dann müssen Sie mit dem Finger auf sich weisen, denn in den letzten Jahren trugen Sie die Verantwortung.
Dann machen Sie Placebo-Geschichten wie die Wachpolizei und den freiwilligen Polizeidienst. Das sind die Errungenschaften der hessischen Innen- und Sicherheitspolitik:
Ich habe einmal einen Blick in die Koch-Biografie geworfen. Dort habe ich dankenswerterweise auch ein Zitat gefunden.
Jetzt weiß ich auch,wie dieser freiwillige Polizeidienst entstanden ist. Ich zitiere aus der Koch-Biografie:
Die Jungen beschließen, „auf Patrouille zu gehen“. Mit wichtigen Mienen kreuzen sie durch die Straßen des Dorfes, werfen kontrollierende Blicke auf Häuser und auf Autos, inspizieren Baustellen und manchmal observieren sie verdächtige Unbekannte. Sie schauen, ob alles in Ordnung ist. Leider ist alles in Ordnung. In Eschborn ist immer alles in