Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend eine Aktuelle Stunde (Genmais in Hessen: keine Sicherheit für Landwirte und Verbraucher) – Drucks. 16/3920 –
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwei Skandale in den letzten Wochen sollten die Gentechnik-Freunde von CDU und FDP eigentlich zum Aufwachen gebracht haben, denn sie zeigen, wie wenig beherrschbar die Gentechnik ist.
Fall eins: Die Firma Syngenta baut in den USA versehentlich eine Maissorte mit einem Antibiotikamarker an, die nirgendwo zugelassen ist, bringt diese Maissorte in den Handel, liefert sie nach Europa und stellt anschließend nicht einmal das Analyseverfahren zur Verfügung, mit der die Rückverfolgbarkeit gewährleistet werden könnte. Der Deutschlandsitz der Firma Syngenta liegt in Hessen.Wir hätten erwartet,dass die Landesregierung gegen die Firma Syngenta vorgeht und ihr skandalöses Verhalten kritisiert.Aber es passiert überhaupt nichts.
Zweiter Fall: Die Firma Pioneer liefert gentechnisch verseuchtes Saatgut an hessische Bauern aus. Das wird durch Zufall bei einer Saatgutkontrolle festgestellt. Was passiert? Wiederum überhaupt nichts. Das Ministerium warnt weder die Bauern noch die Öffentlichkeit. Ich vermute, es gibt an diesem Punkt ein Schweigekomplott der Landesregierung und der Agroindustrie, die einfach den Deckel draufmachen und solche Geschichten nicht an die Öffentlichkeit bringen wollen.
Heinrich Heidel, was sagt eigentlich der Hessische Bauernverband dazu? Das betrifft ja die Bauern in Hessen sehr stark. Dann behauptet der Ministeriumssprecher noch ganz dreist, es gebe eine „unklare Rechtssituation beim Saatgut“. Das ist mitnichten der Fall, Herr Minister. Wir haben beim Saatgut eine klare Rechtslage.Wir haben nämlich eine Regelung, die die Nachweisgrenze zur Grundlage macht. Das ist die Grundlage, auf der die Firma hätte ausliefern sollen.Was an Saatgut in den Handel kam, ist schlichtweg illegal.
Warum schweigt denn der Minister, warum schweigt die CDU an diesem Punkt? Es passt schlichtweg nicht in Ihr Weltbild, dass man hier wieder feststellen muss, dass die Gentechnik nicht kontrollierbar ist, insbesondere bei einer Industrie, die meiner Meinung nach selbst ein Risikofaktor ist. Diese Regierung, die ja keine Gelegenheit auslässt, Herr Minister, sich als Lobbyist der Gentechnik in Hessen aufzuspielen, verspielt ihr Vertrauen bei den Bauern und Verbrauchern in Bezug auf eine gentechnikfreie, eine sichere Ernährung.
Was wäre denn passiert, Herr Minister, wenn in Hessen dieses Saatgut zur Aussaat gekommen wäre? 20 ha hätten damit ausgesät werden können. Das Ministerium hat dann den Bauern empfohlen, einen Antrag zu stellen und ihre Flächen als gentechnisch behandelte Felder auszuweisen. Nur, da gibt es einen kleinen Fehler, Herr Minister. Dann hätte der Anbau erst in drei Monaten stattfinden können, oder die Bauern hätten die Flächen auf eigene Kosten umpflügen müssen. All das lassen Sie geschehen. Sie lassen die Bauern als diejenigen, die den Schaden haben, im Regen stehen.
Warum fordern Sie, Herr Minister, nicht die Bauern auf, wie wir es gemacht haben, bei den Saatgutfirmen das einzufordern, was eigentlich selbstverständlich ist, nämlich dass das Saatgut gentechnikfrei sein muss, bevor es zur Aussaat kommt? Das wäre eine ganz einfache Maßnahme.Aber nein,Sie tun überhaupt nichts.Warum gehen Sie nicht gegen diese Firmen vor, wenn sie illegales Saatgut in den Handel bringen? Ich hoffe inständig, dass diese Regierung endlich kapiert, dass das von ihr so häufig kritisierte Vorgehen von Renate Künast mit dem Gentechnikgesetz der richtige Weg ist, nämlich eine konsequente Kontrolle, eine Rückverfolgbarkeit der Produkte und klare, eindeutige Haftungsregelungen sicherzustellen, damit diejenigen, die keine Gentechnik einsetzen wollen, endlich einen konsequenten Schutz haben und das Wort Koexistenz nicht eine leere Worthülse bleibt, sondern wirklich den Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft garantiert.
Ich fordere Sie,Herr Minister,an dieser Stelle auf,morgen die Gelegenheit wahrzunehmen, im Bundesrat, wenn es um die zweite Vorlage des Gentechnikgesetzes geht, Ihre Haltung noch einmal kritisch zu überprüfen, an diesem Punkt zu revidieren, dem Gentechnikgesetz zuzustimmen und damit dem zum Ausdruck zu verhelfen,was die Mehrheit der Verbraucher und der Bauern will, nämlich eine sichere, eine gentechnikfreie Landwirtschaft und eine sichere Ernährung.Wie gesagt, an dieser Stelle noch einmal ein Appell an den Minister und die Landesregierung. Morgen haben Sie die Chance, Ihre Haltung zu revidieren. Machen Sie jetzt klare Aussagen zu den zwei Skandalen,die die Landwirtschaft und die Verbraucher in Hessen zurzeit verunsichern. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Häusling, Ihr Angriff auf die hessische Umweltpolitik ist reine Panikmache, und der Fund von gentechnisch veränderten Bestandteilen in Maissaatgut in unserem Bundesland zeigt doch – das müssen Sie anerkennen –, dass die Kontrollmechanismen des hessischen Umweltministeriums funktionieren, und es ist ein Erfolg des hessischen Umweltministers und seines Hauses, dass die Saatgutbestandteile aufgetaucht und entsprechend festgestellt worden sind.
Die Prävention funktioniert in Hessen hervorragend. – Bei den behördlichen Kontrollen von Maissaatgut wurden in zwei Fällen Anteile einer europaweit zugelassenen Maissorte gefunden. Ich betone: eine zugelassene Maissorte. So ist meines Erachtens von einem Skandal nicht zu reden. Ich gebe Ihnen zwar Recht, Herr Häusling, wenn Sie sagen, dass beim Saatgut und dessen Kontrolle Rechtsunsicherheit bestehe, aber diese Rechtsunsicherheit, Herr Häusling, ist kein hessisches Problem, sondern ein Problem, das von der rot-grünen Bundesregierung verursacht wurde.
(Beifall bei der CDU – Lachen und Zurufe von dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:Oh! – Tarek Al-Wa- zir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Etwas ganz Neues!)
Die heutigen Vorgaben – das können Sie sich gerne anhören –, wobei ich betone, dass es Vorgaben sind und keine gesetzlichen Regelungen, sehen einen Richtwert von 0,3 und 0,7 % Genverunreinigung bei herkömmlichem Mais vor. Bei Lebensmitteln – das wissen Sie doch auch – ist die Nachweisgrenze noch höher. Sie beträgt nämlich 0,9 %. Und die zwei hessischen Funde hatten einen Wert von 1,1 % und 0,35 %. Sie sehen also, dass beide Kontrollwerte dem Richtwert angenähert waren. Nimmt man nun einen Durchschnittswert, hätte man also die beiden Maisteile zusammengeschüttet und Popcorn daraus gemacht, wären beide Funde zu dem Ergebnis gekommen, dass sie sogar noch den EU-Wert für Lebensmittel unterschritten hätten. So ist das mit dem angeblichen Skandal, den Sie hier hochziehen.
Herr Kollege Häusling, Sie schlagen wirklichkeitsfremde Grenzwerte vor und leben halt in einer neuen, schönen Welt; aber das müssen Sie mit sich selbst ausmachen. Sie wissen, dass die von Ihnen vorgeschlagenen Grenzwerte nur unter geschlossenen Bedingungen, also im Labor, zu erreichen sind, aber nicht in der freien Natur. Sie machen sich also immer nur ein Thema, wo Sie genau wissen, dass dieses Thema bestehen bleibt, solange wir über grüne Gentechnik reden.
Kommen wir zu etwas viel Einfacherem. Ich sagte vorhin schon: Der Fund ist bei einer Routinekontrolle zutage getreten. Das zeigt uns, dass die Kontrollmechanismen in Hessen funktionieren. Wir setzen uns in Hessen für den Verbraucherschutz ein. Ich hätte es ehrlich und anständig gefunden, Herr Häusling, wenn Sie, statt von Skandal zu reden, hier endlich einmal gesagt hätten, dass Sie anerkennen, dass die hessische Umweltpolitik entsprechend funktioniert, also keine Skandalisierung.
Die Forderung, sämtliches Saatgut in Hessen flächendeckend und lückenlos zu kontrollieren, ist allerdings utopisch. Es ist finanziell, technisch und personell nicht leistbar. Wir wollen auch keinen Überwachungsstaat, der jeden einzelnen grünen Grashalm überwacht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Tarek Al- Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Sehr gut! Deswegen sollte man darauf verzichten!)
verkennen dabei, dass die vorgefundenen gentechnisch veränderten Bestandteile von einer Maissorte stammen, die eine europaweite Zulassung für den Anbau besitzt.Sie führen weiterhin den altbekannten Kampf gegen die grüne Gentechnik mit allen Mitteln und unterstützen dabei die Innovationsverhinderungsministerin Künast in Berlin nach besten Kräften.
Meine Damen und Herren, neben einem völlig unzureichenden Gentechnikgesetz, über welches wir an dieser Stelle schon ausgiebig debattiert haben, hat Ministerin Künast Anträge zur Sicherheits- und Risikoforschung in der grünen Gentechnik gestoppt. Dies wissen Sie. Das hat sie deswegen gemacht, weil sie die eigenen Verhinderungsargumente nicht durch öffentlich geförderte Forschung widerlegt haben will.
der am Montag aussagte, dass unser Land von Weltoffenheit lebe. Zeigen auch Sie, dass Sie es mit dieser Weltoffenheit wirklich ernst meinen. Denn die grüne Gentechnik wird nun einmal weltweit angewendet. Sie ist Realität. Dies ist bei den GRÜNEN in Hessen leider heute noch nicht angekommen. Lassen Sie die Kirche im Dorf, und hören Sie endlich auf mit dem durchsichtigen Versuch der Skandalisierung. Herr Häusling, was Sie hier heute gezeigt haben, war untauglich. Sie haben deutlich den Grenzwert des Ertragbaren überschritten.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Problem an Herrn Wintermeyer ist: Er redet am Thema vorbei.
Wir streiten heute überhaupt nicht darum, ob Gentechnik gut oder schlecht ist – darüber hat er geredet –, sondern wir streiten darum, welche Freiheitsrechte die Menschen in Deutschland haben. An der Stelle will ich relativ kühl sagen: Es darf in jedem Land der Welt Gentechnik sein. Wenn die Mehrheit der Menschen in Deutschland sagt: „Wir wollen davon nichts in unserem Essen haben“, ist es ihr gutes Recht. Niemand, kein Parlamentarier, kein Unternehmen hat das Recht auf Zwangsbeglückung. An dieser Stelle müssen Sie Ihre eigene Position ein Stück weit überprüfen.
Ich verstehe Sie. Sie haben die Position, dass Sie das gut finden.Die dürfen Sie behalten,darum geht es hier gerade nicht. Aber nur, wenn Sie diese Position haben, können Sie auf die Idee kommen, dass die Frage der Grenzwerte eine Bedeutung hat. Für die Menschen, die sagen: „Wir
wollen das nicht“, heißt das: „Wir wollen null“. Die Grenzwerte haben nur damit etwas zu tun, was technisch möglich ist und was nicht. Das heißt, die Debatte, die Sie hier führen, ist aus Sicht der Unternehmen, die sagen: „Die Leute wollen null, und wir gucken einmal, dass sie es nicht merken“, akzeptabel. Aus Sicht der Verbraucher ist das nicht akzeptabel.
Deswegen kann ich meinen Beitrag ganz kurz fassen. Egal, welche Begründung die Menschen dafür haben, was sie essen wollen und was sie nicht essen wollen, ob das Kultur ist, ob das Religion ist, ob das ein Aberglaube ist – das kann Ihnen zum Teufel ganz egal sein. Die Menschen haben das Recht, darüber zu entscheiden, was sie in ihren Körper aufnehmen. Wir als Parlamentarier haben dafür zu sorgen, und die Regierung hat dafür zu sorgen, dass dieses Recht nicht eingeschränkt wird. Darum geht es hier, und darin liegt der Skandal.
Wenn Sie über die Regierung reden, ist der ganz schlichte Punkt – deswegen bin ich gespannt darauf, was der Minister sagt –: Etwas zu entdecken ist schön. Aber, wie der Herr Justizminister häufig zu sagen pflegt, eine entdeckte Tat ohne Folgen ist auch nicht gerade gut für den Lerneffekt in dieser Gesellschaft. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kollegen! „Genmais in Hessen: Keine Sicherheit für Landwirte und Verbraucher“ ist die Überschrift der Aktuellen Stunde der GRÜNEN.
Da könnte man gleich hinzufügen: in Zukunft nach Wunsch der GRÜNEN und, wie ich jetzt gehört habe, auch der SPD keine Pflanzen mehr mit Genen. – Meine Damen und Herren, jeder, der sich in der Biologie auskennt, weiß, dass es dies nicht gibt.