Deshalb gilt der Satz: Wer will, dass in Deutschland schnell und mit konsistenten Modellen regiert wird, und wer respektiert – was in einem Landesparlament noch Konsens sein sollte, unabhängig davon, wie man politisch denkt –, dass der Einfluss der deutschen Länder erhalten bleibt, der muss wissen, nur eine CDU/CSU/FDP-Regierung ist in den nächsten Jahren in der Lage, klare Prinzipien für die Weiterentwicklung in Deutschland zu verfolgen. Das gilt nicht deshalb, weil wir das so entschieden haben,sondern deshalb,weil die Wählerinnen und Wähler in inzwischen elf deutschen Ländern entschieden haben, dass sie unter der Führung der Union bessere Bedingungen erwarten als unter sozialdemokratischen Ministerpräsidenten.
Deshalb ist auch die nächste Frage spannend. Man hört, was Frau Ypsilanti und ihre Kollegen im Bundesvorstand
der SPD und an anderer Stelle sagen.Ob man die „Linke“ nennt oder anders, ist egal, aber das ist offensichtlich eine neue Gruppierung, wenn man Herrn Müller glauben darf. Sie diskutieren, ob es nicht klüger wäre, den Bundeskanzler, den man ohnehin nicht mag, doch zurücktreten zu lassen, um möglicherweise mit Herrn Müntefering weiter zu regieren.
Mit welchem Programm wollen Sie denn regieren? Sie haben doch gerade beschlossen,die Agenda 2010 nicht mehr weiterverfolgen zu wollen.
Es ist doch die Landesvorsitzende der Sozialdemokraten – interessanterweise spricht nicht der Fraktionsvorsitzende, der würde vielleicht eine andere Rede halten –, die diesem Bundeskanzler und seinem Programm nicht mehr folgt.
(Norbert Schmitt (SPD): Mit welchem Programm wollen Sie regieren? Sagen Sie es den Leuten! Sind Sie für oder gegen eine Erhöhung der Mehrwertsteuer?)
(Norbert Schmitt (SPD): Ich bin überhaupt nicht aufgeregt! Ich will nur wissen, mit welchem Programm Sie regieren wollen!)
Sie sind Generalsekretär der SPD in Hessen. Sie stehen irgendwo zwischen der Parteivorsitzenden und dem Fraktionsvorsitzenden. Keiner weiß mehr, wo es langgeht. Aber durch dauerndes lautes Sprechen ist Ihre Position bis zum 18. September nicht zu halten. Sparen Sie Ihre Kräfte für andere Aktivitäten. Nervosität hilft Ihnen nicht.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei Abge- ordneten der FDP – Norbert Schmitt (SPD): Die Leute wissen nicht, wo es langgeht mit der CDU!)
Wenn die Bundesregierung sagt: „Wir haben sieben Jahre lang regiert, wir wissen nicht mehr weiter und bitten den Wähler um einen neuen Auftrag“, die Sozialdemokratische Partei gleichzeitig sagt: „Eigentlich können wir weiter regieren, aber mit einem anderen Programm“, und das Ergebnis der Analyse durch die Sozialdemokratischen Partei ist, dass die Tatsache, dass Sie keine Unterstützung mehr haben, an dem liegt, was Sie in den letzten Jahren gemacht haben, dann gibt es doch eine sehr vernünftige Begründung für die Frage:Warum haben Sie eigentlich in den letzten Jahren das gemacht, was Sie gemacht haben, und warum soll Ihnen irgendjemand vertrauen,dass Sie in den nächsten Jahren etwas besser machen und sich nicht nach vier Jahren wieder dafür entschuldigen, dass Sie das Falsche gemacht haben und wir wieder vier Jahre im Rückstand sind?
Demokratie funktioniert doch sehr einfach. Sie hatten eine Chance, Sie haben sie miserabel genutzt, also ver
geigt. Die Menschen leiden darunter. Jetzt werden Sie weggeschickt, und eine andere Regierung bekommt eine Chance. Dann sind Sie in der Opposition, und die anderen müssen beweisen, dass sie es besser machen. Die Bürger werden diese Chance nutzen, die ihnen die Demokratie bietet. Davon bin ich überzeugt. Ich gebe zu: Ich hoffe für Hessen darauf, dass wir unter solchen Rahmenbedingungen unsere Stärken in Zukunft wieder einsetzen können.
Ich bin an jeder Stelle hochgradig daran interessiert, dass wir eine Debatte über die Gesundheitsreform und über viele andere Fragen führen. Ich prognostiziere Ihnen aber: Sie werden sich nicht der Tatsache entziehen können, dass die Menschen im Wesentlichen über die Arbeitsplätze reden, über die Frage, wie sie eine bessere Perspektive für Beschäftigung haben. Eine bessere Perspektive für Beschäftigung muss man schaffen, indem man die Rahmenbedingungen ändert. Ich glaube in der Tat – deshalb rede ich darüber, hier und auch an anderer Stelle –, es ist notwendig, dass wir das in Offenheit und Klarheit sagen und Sie dabei gelegentlich in Erregungswallungen bringen.
In der Tat gibt es zwischen uns Unterschiede. Herr Kollege Al-Wazir, ich nenne ein Beispiel. Was haben Sie bezüglich der Kernenergie gemacht? Sie haben den Bürgerinnen und Bürgern vor fünf oder sechs Jahren gesagt, das sei eine Dinosauriertechnologie, niemand auf der Welt werde die in Zukunft verwenden, es lohne sich nicht, dort noch in Arbeitsplätze zu investieren. Raus damit, dann seien wir in Deutschland die Vorreiter. Dann sind Sie durch ein paar Länder gereist und haben für Ihre Auffassung geworben. Sie sind aber von niemandem verstanden worden. Wie ist die Situation heute? Derzeit werden auf der Welt zeitgleich mehr Kernkraftwerke errichtet als zu jedem anderen Zeitpunkt in der Geschichte.
Es besteht allerdings ein Unterschied: 80.000 Menschen, die vor zehn Jahren in Deutschland einen Arbeitsplatz in dieser Branche hatten, haben keinen Job mehr, weil wir aus dieser Technologie – und auch aus der Produktion – ausgestiegen sind.
Der zweite Unterschied ist: Die Deutschen, die in der Sicherheitstechnologie auf der ganzen Welt führend waren, verlieren ihre Autorität, verlieren die Chance, dieses Wissen zu vermarkten, und werden um sich herum unsicherere Kernkraftwerke haben, als wenn wir sie gebaut hätten. Eine tolle moralische Bilanz, die Sie in dieser Frage aufmachen können.
Diese Weltbeglückung auf einer Insel der Seligen führt nicht zu mehr Arbeitsplätzen, führt nicht zu mehr Wachstum, führt eher zu ungläubigem Staunen unserer Wettbewerber, warum wir denn unsere Chancen nicht mehr wahrnehmen.
Wir könnten auch die Geschichte der ersten Jahre der Biotechnologie erzählen. Wir können natürlich auch darüber sprechen, was Sie in den letzten Jahren in der Energiepolitik, in der Frage der Preistreiberei gemacht haben. Ich bin ausdrücklich für regenerative Energien. Das sage ich, damit es darüber keinen Streit gibt. Wir werden uns bei dem Kasseler Unternehmen auch nicht entschuldigen, sondern wir werden uns freuen,weil wir glauben,dass dieses Unternehmen mithilft, dass man aus der Photovoltaik
Herr Al-Wazir,heute steht ganz klar fest,dass man mit der Windenergie in der Bundesrepublik Deutschland keinen Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren kann. Auch das ist wahr.
Diese Windräder sind die Symbole Ihrer Ideologie. Sie wussten vom ersten Tag an, dass Sie diese Technik nicht ohne dramatische Subventionen aus den Einnahmen, die Sie über andere Technologien zur Stromerzeugung erzielen, einführen können. Mit diesen Windrädern haben Sie die ganze Republik ein Stück weit verschandelt. Das muss man einmal sagen.
Ich lade Sie herzlich dazu ein, an jedem einzelnen Ort in Deutschland mit den Menschen darüber zu diskutieren, ob sie wollen, dass in ihrer Umgebung noch mehr dieser Windräder aufgestellt werden. Lassen Sie uns das im Vogelsberg und in der Rhön besprechen. Lassen Sie uns darüber diskutieren.
Einzelne Menschen sagen: Der Staat bebuttert mich links und rechts mit Gold, wenn ich eine Windkraftanlage errichte. Warum soll ich dagegen sein? Das ist eine legalisierte Gelddruckmaschine. – Aber die anderen Menschen in der Region fragen sich: Warum müssen wir die Landschaft so verschandeln lassen, wenn es der Energiepolitik der Republik eigentlich nichts bringt? – Darüber kann man klar und offen diskutieren.
Glauben Sie deshalb bloß nicht, wir machten uns Sorgen darüber, wie wir den Wahlkampf an diesem Punkt führen müssen – obwohl Sie doch meinen, bei der Behandlung dieser Themen sozusagen der moralische Meister zu sein.
Aber Agenda für Arbeit heißt auch, dass wir uns um die Menschen mit niedrigem Einkommen und darum, wie wir in diesem Bereich Arbeit schaffen können, wieder kümmern. Frau Ypsilanti und Herr Al-Wazir, ich muss zugeben, dass ich immer unmittelbar dabei war. Dazu bekenne ich mich auch. Ich habe das Hartz-IV-Gesetz, das ein Kompromiss ist, nie kritisiert. Vieles hätte man meiner Meinung nach besser machen können. Aber wir haben uns zusammengerauft. Im Gegensatz zu anderen habe ich zu diesem Kompromiss immer gestanden.
Nur, wenn wir darüber diskutieren, wo die Schwächen liegen und wo die Punkte sind, bei denen wir nachgeben mussten, haben wir eine ganz absurde Situation. Überall dort, wo es um das Fordern und eine eher harte Haltung gegenüber den Arbeitnehmern ging, die sich dem möglicherweise entziehen wollen, haben wir mit den Sozialdemokraten nicht nur keine Minute lang diskutieren müssen, sondern es bestand sogar vom ersten Tag an ein Konsens darüber. Ohne Details nennen zu wollen, sage ich Ihnen, dass wir im Gegenteil ein paar Punkte sogar etwas gemildert haben.
Frau Fuhrmann, das passt nicht zu Ihrem Weltbild und Ihrem roten Schal. Bedauerlicherweise ist das aber die Wahrheit. Die Menschen leiden darunter.
Als es um das Fördern ging und darum, wie wir die im Niedriglohnbereich tätigen Menschen unterstützen, sind die Sozialdemokraten aber auf einmal in Deckung gegangen. Sie können mit Frau Düker lange darüber diskutieren. Möglicherweise hat auch sie darunter gelitten; das will ich einräumen.
Frau Ypsilanti, so einfach, wie Sie es dargestellt haben, geht es im richtigen Leben eben nicht zu. Sie sagen, Sie erwarten, dass der Lohn an jeder Stelle angemessen ist. Das erwarte ich auch. Ich erwarte, dass niemand arbeitet, ohne einen angemessenen Lohn zu erhalten. Das bedeutet aber, dass wir in einer Hochlohngesellschaft akzeptieren müssen, dass wir, wenn die wettbewerbsfähigen Arbeitsplätze ganz im Land bleiben sollen, bei den Tätigkeiten, die nur geringe Qualifikationen erfordern,wahrscheinlich nicht ohne Zuschüsse auskommen.
Das ist einfach nicht möglich. Ihre Ideologie, die darin besteht, dass Sie alle zu Akademikern machen wollen, ist schon vor Jahrzehnten gescheitert. In jeder Gesellschaft gibt es für jede Form von Arbeit Angebot und Nachfrage. Da wir Gott sei Dank einen solch hohen Wohlstand haben, gibt es in unserer Gesellschaft einen Bereich von Arbeit, in dem sich folgende Entwicklung abzeichnet: Entweder werden die Tätigkeiten nicht mehr in diesem Land ausgeübt, weil der Lohn, wenn man voll davon leben will, zu hoch ist, oder die Menschen dürfen, wenn die Tätigkeiten in unserem Land verbleiben, nicht nur zum Wettbewerbspreis bezahlt werden; denn davon können sie nicht leben.
Man kann zweierlei machen.Man kann,wie wir das seit 20 Jahren tun – im Gegensatz zu den Vereinigten Staaten, Großbritannien und Dänemark –, sagen: Das ist Schicksal, die müssen Sozialhilfe bekommen. – Man kann aber auch sagen: Kümmern wir uns gründlich um diese Menschen, und führen wir ein Modell ein, wonach es nicht mehr Lohnersatz als Sozialhilfe gibt. Der Betroffene soll dort arbeiten, er soll nur den marktgerechten Lohn bekommen, den es auch in anderen Ländern Europas gibt; aber wir sind in der Lage, etwas draufzulegen. Dann zahlen wir weniger Sozialhilfe, und der Betroffene hat einen Erwerbsarbeitsplatz, kann sich qualifizieren und zusätzliche Einkünfte erzielen. Es gibt keine Schwarzarbeit und keine frustrierten Menschen mehr. – Das alles könnte man seit Jahren machen. Von Hessen aus ist das mit dem Entwurf für ein Existenzgrundlagengesetz in den Deutschen Bundestag eingebracht worden.