Protokoll der Sitzung vom 12.07.2005

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich glaube, dass Sie mit Ihrem Antrag zur Schulinspektion die Schulen noch mehr verunsichern, als das bisher durch die Pressemitteilungen schon der Fall war.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Wir sind uns alle darüber einig, dass Schulinspektionen und -evaluationen ein Weg zur Qualitätsverbesserung sind. Das heißt für uns: Alle Schulen werden evaluiert, und alle Schulen werden inspiziert. Da ist es nicht nötig, irgendwelche durch Los herauszufinden, von denen man meint, sie würden sich aus irgendwelchen Gründen nicht freiwillig melden. Für uns ist es wesentlich wichtiger, dass die Unterstützungsstruktur hergestellt wird, damit die Schulen hinterher auch wissen, was sie mit diesen Inspektionsergebnissen anfangen sollen. Das ist sehr viel entscheidender.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich hätte auch hier eine Aussage darüber erwartet, wie die Schulen die Ergebnisse so umsetzen können, dass sie die Bildungsqualität in den Schulen verbessern können. Im Moment haben wir die Befürchtung, der Weg wird zum Ziel. Dann wäre es ein bisschen wenig, was hier auf die Beine gestellt wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Für eine Kurzintervention erteile ich dem Abg. Beuth das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man konnte von vornherein davon ausgehen, dass es in dieser Debatte zu der Auseinandersetzung kommt,die wir hier schon häufiger geführt haben. Frau Habermann, ich will Sie und die Sozialdemokraten nicht quälen. Sie haben es im Moment schon schwer genug.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Hochmut kommt vor dem Fall! – Norbert Schmitt (SPD): Der Kollege hat wohl keine Nachrichten gehört!)

Ich muss Ihnen aber schon vorhalten, was der eine oder andere, der sich in Ihren Reihen zum Bildungspolitiker aufschwingt, zu dem zu sagen hat, was Sie gerade eben zum Thema Leistung und auch zum Thema Schulform vorgetragen haben. Ich will Sie gar nicht mit dem Ausspruch Ihres Fraktionskollegen Gerhard Bökel konfrontieren, der deutlich gemacht hat, dass eine Gesellschaft durchaus Eliten braucht.

(Michael Siebel (SPD): Wie kommt man denn zu den Eliten? – Zuruf des Abg. Jürgen Walter (SPD))

Aber ich möchte Ihnen vor allen Dingen vorhalten, was Ihr Kollege Gabriel, der in Niedersachsen gerade zum Bundestagskandidaten gekürt worden ist, noch im Mai zu der Frage der Leistung zu sagen hatte. Der Kollege Gabriel war so freundlich, in Ihren Reihen darauf hinweisen, dass Leistung geradezu ein sozialdemokratischer Kampfbegriff in der Bildungspolitik werden müsse.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Michael Sie- bel und Jürgen Walter (SPD): Sitzenbleiben ist doch keine Leistung!)

Herzlichen Glückwunsch, dass diese Erkenntnis in Niedersachsen reift. In Hessen fehlt sie aber leider.

Dann kommt Gabriel zu dem Ergebnis: Wer das Prinzip der Leistung in der Schule vernachlässige, zementiere den Zustand, dass die soziale Herkunft bei der Verteilung von Bildungs- und Karrierechancen den Ausschlag gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Michael Sie- bel (SPD):Auch das hat mit Sitzenbleiben nichts zu tun! – Jürgen Walter (SPD): Unglaublich!)

Meine Damen und Herren, Recht hat er. Frau Kollegin Habermann, deswegen haben Sie hier, wie ich meine, die völlig falschen Frontstellungen gebildet.

(Michael Siebel (SPD): Das war keine Leistung, was Sie hier gebracht haben! Setzen!)

Zu der Vorhaltung, dass Herr Irmer nur auf eine Studie, auf ein Gutachten abhebt: Frau Kollegin Habermann, die Liste der Gutachten ist doch endlos.

(Michael Siebel (SPD): Auch keine Leistung von Herrn Irmer!)

Herr Kollege Beuth, bitte beachten Sie die Zeit.

(Zurufe der Abg. Norbert Schmitt und Michael Sie- bel (SPD))

Wer gestern die Zeitung lesen konnte, konnte dort lesen, dass die Bildungsforscher Klemm und Bock in Essen im Auftrag der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft festgestellt haben, dass Hessen in der Bildungspolitik wieder vorn ist.Meine Damen und Herren,insofern:Leistung hat in Hessen einen Platz. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU – Zuruf der Abg. Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Meine Damen und Herren,zur Antwort hat Frau Kollegin Habermann das Wort.

Herr Beuth, wenn wir über Leistung reden, sollten wir wahrscheinlich nicht über den Beitrag reden, den Sie gerade abgeliefert haben.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe der Abg. Mark Weinmeister und Frank Gotthardt (CDU))

Er hat nämlich gezeigt, dass die Schuldebatte kompakt doch einige Mitglieder dieses Hauses in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit überfordert. Ich habe an keiner Stelle über Leistung gesprochen.

(Lebhafte Zurufe von der CDU)

Ich habe an keiner Stelle darüber gesprochen,dass die Sozialdemokraten keine schulischen Leistungen wollen. Ich habe darüber gesprochen, dass wir andere Wege sehen, um die Leistung und Qualität von Bildung in den Schulen zu verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Damit hätten Sie sich, wenn überhaupt, in einer Kurzintervention auseinander setzen sollen.Ich habe Ihnen auch zitiert, dass CDU-Politiker zu den gleichen Einschätzungen kommen wie wir und dass nur die hessische CDU so borniert ist, sofort die Rollladen herunterzulassen, wenn irgendjemand darüber redet, etwas an der Struktur dieses Schulsystems zu verändern. Das ist bedauerlich, auch für die Kinder und Jugendlichen in diesem Land.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Rednerin in der Debatte ist Frau Abg. Hinz, Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Irmer, ich war schon verblüfft, wie Sie die Leistungssteigerung in Ihrer Rede definiert haben. Meines Erachtens hat die CDU vor allen Dingen in dieser Hinsicht eine Leistungssteigerung vollbracht, dass sie erst Lehrerstellen schafft, um dann innerhalb eines Jahres ein Drittel davon wieder zu streichen und ein Schulgesetz vorzulegen, das in einer Anhörung eine solch breite Ablehnung erfährt wie noch nie ein Hessisches Schulgesetz zuvor.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Das ist es, was man unter Leistungssteigerung der CDUBildungspolitik verstehen sollte.

(Zuruf des Abg. Hans-Jürgen Irmer (CDU))

Meine Damen und Herren, die Konsequenzen dieses verfehlten Schulgesetzes müssen die Schulen, die Schülerinnen und Schüler ab dem Sommer austragen, z. B. mit der Einführung der einseitigen Schulzeitverkürzung, der G-8Bildungsgänge.

(Hans-Jürgen Irmer (CDU): Wie sieht die zweite Seite aus?)

Da gibt es bis heute übrigens übereinstimmende Proteste des Landeselternbeirats, des Hauptpersonalrats, der Lehrer und der Landesschülervertretung, weil nämlich nicht nur die Durchlässigkeit zerstört wird, sondern die Schülerinnen und Schüler einem größeren Arbeits- und Leistungsdruck ausgesetzt sind und die Schulen auf einen pädagogisch sinnvollen Ganztagsbetrieb nicht vorbereitet sind, weder pädagogisch noch räumlich. Dabei können gute Ganztagsschulen sehr wohl sinnvoll sein, können mehr Unterricht anbieten, können mehr Förderung einführen, den Unterricht rhythmisieren, den Förderunterricht integrieren, qualifizierte musische, künstlerische und sportliche Angebote machen und mit Verbänden und Jugendhilfen zusammenarbeiten.

Aber um solche Konzepte zu erarbeiten, brauchen die Schulen Zeit. Diese Zeit hatten sie nicht. Viel schlimmer noch: Sie haben bislang dafür vom Land weder Personal noch Investitionsmittel erhalten, damit sie solche Ganztagsschulen werden können. Bis heute ist noch nicht einmal klar, wie die zusätzlichen Lehrerstellen für die Einführung dieser G-8-Bildungsgänge eigentlich finanziert werden sollen. Dabei ist aber der Erfolg von Ganztagsschulen in anderen europäischen – –

(Zuruf)

Lesen Sie einmal die Antworten auf die Kleinen Anfragen,die die Ministerin herausschickt.Dann werden Sie sehen, dass es bislang keinerlei Antwort darauf gibt, wie die zusätzlichen Stellen finanziert werden.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Mark Weinmeister (CDU): Richtig lesen!)

Meine Damen und Herren, der Erfolg von Ganztagsschulen in anderen europäischen Ländern ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sie gute personelle und räumliche Bedingungen haben, um solche Konzeptionen durchzuführen. In Hessen wird ab dem neuen Jahr der Unterricht einfach ausgeweitet. Die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerrinnen und Schüler müssen das ausbaden.

Jetzt kommt auch noch der Protest der Schulträger dazu – völlig zu Recht. Nicht umsonst haben sich Schuldezernenten aus fünf Städten zusammengetan, um dem Land gemeinsam vorzuwerfen,

(Zuruf des Abg. Mark Weinmeister (CDU))

dass Sie den Ausbau der Schulen zwar beschließen, aber nicht finanzieren.Eigentlich gilt hier das Konnexitätsprinzip, nach dem Motto:Wer bestellt, bezahlt.

Als die CDU die Verfassung geändert hat, ist sie mit diesem Motto vor die Bürgerrinnen und Bürger getreten und