Was ist die Folge? Wie wir seit der Anhörung wissen, hat sich beim zuständigen Verwaltungsgericht die Klageeingangszahl um 100 % erhöht.
Hat denn das Wort des obersten Verwaltungsrichters in Hessen, des Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Reimers, kein Gewicht?
Er hat in der Anhörung kopfschüttelnd ausgeführt, es sei für ihn „schlicht unverständlich“, dass man in Hessen das Widerspruchsverfahren abschaffen wolle.
Und dies nur, um bei den Regierungspräsidien einige A-13-Stellen zu sparen und – wie das Beispiel des Verwaltungsgerichts Ansbach zeigt –, durch teurere Richterstellen zu ersetzen.
Warum nehmen Sie die Warnung von Präsident Reimers nicht ernst? Er hat sowohl schriftlich als auch mündlich darauf verwiesen, dass das Beispiel Baden-Württemberg zur Gesetzesbegründung nicht ausreichen wird, um eine Ausnahme von der gesetzlichen Regelung des § 68 VwGO zu begründen.
Wie wir eben von Herrn Haselbach gehört haben, kommt natürlich der Einwand, das Widerspruchsverfahren würde gar nicht abgeschafft, sondern lediglich der Devolutiveffekt beseitigt – will heißen, dass in Zukunft die Ausgangsbehörde selbst über den Widerspruch entscheidet. Aber wie sagte jemand zutreffend in der Anhörung: „Wer ändert schon gern einen Bescheid, den er selbst verfasst hat?“
Durch die beabsichtigte Regelung werden im Übrigen auch Verwaltungskosten, die sonst beim Land anfallen würden, auf die kommunalen Ausgangsbehörden verlagert, was – auch dies wurde in der Anhörung angesprochen – auch im Hinblick auf die Konnexität eine große Rolle spielen könnte.
Indem dem Bürger die Überprüfungskompetenz der nächsthöheren Behörde genommen wird, wird er unter der eben dargestellten Prämisse – dass die Ausgangsbehörde wohl selten ihren Erstbescheid korrigieren wird – in ein Kosten verursachendes Verwaltungsstreitverfahren getrieben, wenn er sein Recht behalten will.
Mit der beabsichtigten Regelung dieses Gesetzentwurfs läuft die Intention des Widerspruchsverfahrens – nämlich dem Rechtsschutzbedürfnis des Bürgers zu dienen – ins Leere.
Schon allein aus diesem Grund lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab und beantragen ebenfalls die dritte Lesung.
In den Sonntagsreden wird von der Landesregierung landauf, landab betont, wie wichtig das ehrenamtliche Engagement der Bürgerinnen und Bürger für unser Gemeinwesen ist. Diese Reden scheinen diejenigen im Auge zu haben, die ohne Vergütung etwas Sinnvolles tun – z. B.
Wald und Bachläufe säubern, mit Schulfesten Geld einzunehmen, um die Schulausstattung zu verbessern, oder in einem Verein vormals öffentliche Freibäder zu betreiben. Wenn aber diese Bürgerinnen und Bürger mitreden wollen – beispielsweise in Beiräten und Ausschüssen –, so wird dies nach der geplanten Gesetzesänderung in Teilbereichen nicht mehr möglich sein. Beispielhaft nenne ich die Naturschutzbeiräte, Forstausschüsse, Fischerei- und Jagdbeiräte auf der mittleren Ebene.
Was lesen wir in der amtlichen Begründung, z. B. auf Seite 31? „Damit werden die Regierungspräsidien entlastet...“ Das heißt im Umkehrschluss: Wenn Bürgerinnen und Bürger mit ihrem Sach- und Fachverstand zur Lösung von Problemen beitragen,dann ist das eine Belastung der Verwaltung.
Dieses Menschenbild, dieses Demokratieverständnis entspricht in keinster Weise unserem Bild einer bürgernahen Verwaltung. Auch aus diesem Grunde lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die FDP-Fraktion könnte auch schon heute diesen Gesetzentwurf abschließend ablehnen. Dass die Fraktion der GRÜNEN jetzt eine dritte Lesung beantragt hat, halte ich für ein relativ eigenartiges Ritual.
Wir produzieren nur mehr Papier und verbrauchen Zeit. Unsere Meinung steht doch fest. Oder wollen die GRÜNEN bei dieser Frage noch wackeln?
Wir sind jedenfalls der Überzeugung, dass diese Art der Widerspruchsverfahren – auch wenn es zuvor ein Anhörungsverfahren gibt – nicht richtig ist. Deshalb lehnen wir diesen Gesetzentwurf ab.
Ich unterstelle einmal und sage das sehr laut: Genau das wird der Kollege Frömmrich in der nächsten Sitzungsperiode auch sagen. Deswegen ist dieses Ritual der dritten Lesung eigentlich überflüssig.
In unserer ablehnenden Auffassung fühlen wir uns letztlich auch durch ein Schreiben des Präsidenten des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19.09. bestätigt. Das ist gestern – an meinem Geburtstag, wie Sie alle wissen – hier eingegangen. Darin hat der Präsident des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs noch einmal darauf hingewie
sen, dass er die hier gewählte Art der Widerspruchsverfahren für falsch hält. Dabei hat er Bezug genommen auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu europarechtlichen Verfahrensgarantien für türkische Arbeitnehmer bei Ausweisungen.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich will uns deshalb nicht weiter die Zeit stehlen – wenn sie uns schon die GRÜNEN im Ausschuss und für eine dritte Lesung stehlen werden. Die FDP lehnt diesen Gesetzentwurf in seiner jetzigen Form schlicht und ergreifend ab.
wenn er sagt, dass eine dritte Lesung an den Positionen, die wir vielfach ausgetauscht haben, nichts ändern wird.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wenn Sie den Gesetzentwurf zurückziehen, ziehen wir unseren Antrag auf dritte Lesung zurück!)
Da das aber Ihr gutes Recht ist, nehme ich mir jetzt die Freiheit – denn wir werden wahrscheinlich auch in der dritten Lesung noch Gelegenheit haben,dazu zu sprechen –, mich mit Blick auf die Uhr sehr kurz zu fassen.
Wir haben das mehrfach miteinander ausgetauscht. Dieses Verwaltungsstrukturreformgesetz dient – wie wir glauben – dem Zweck, nicht zwingend notwendige Bürokratie abzubauen.
erfährt die gleiche Behandlung wie nahezu alles in diesem Bereich: „Im Grundsatz ist das richtig – aber bitte doch nicht in unserem Bereich!“