Protokoll der Sitzung vom 11.10.2005

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, das war die Erstlingsrede von Herrn Bocklet. Herzlichen Glückwunsch und willkommen im Kreis der Redner.

(Allgemeiner Beifall)

Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Rentsch.

(Beifall des Abg. Jörg-Uwe Hahn (FDP) – Norbert Schmitt (SPD): Dann streng dich mal an!)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! – Herr Schmitt, ich wusste gar nicht, dass wir uns duzen. Trotzdem vielen Dank für den Zwischenruf.

(Norbert Schmitt (SPD): Du bist der Ältere! – Heiterkeit)

Meine Damen und Herren, nachdem sich das Plenum etwas beruhigt hat, können wir wieder auf das Jugendbildungsförderungsgesetz zurückkommen, das die Ministerin uns hier vorgelegt hat. Der Kollege Bocklet hat zu Recht erwähnt, seine gute Kinderstube habe ihm verboten, vorher Kritik zu üben. Seien Sie froh, sonst hätten Sie nicht am Anfang einen so guten Applaus bekommen.Auf jeden Fall haben Sie viele Punkte ausgeführt – ich habe versucht, die verschiedenen Punkte mitzuschreiben –, über die wir diskutieren sollten.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): So schnell kannst du nicht schreiben!)

Aber, Herr Kollege Bocklet, Sie haben bei Ihrem Gesamtverriss des hier vorgelegten Gesetzentwurfs ein bisschen den Eindruck erweckt, als ob das alles Unsinn sei, was da vorliegt. Das ist nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist so, wie er vorgelegt worden ist, sicherlich eine gute Fortschreibung. Wir werden über die einzelnen Punkte diskutieren können.Aber deswegen trägt meine Fraktion den Namen „konstruktive Opposition“ und nicht Ihre Fraktion.

(Beifall bei der FDP – Petra Fuhrmann (SPD): Zu Recht den Namen „Opposition“!)

Meine Damen und Herren, was die Ministerin hier vorgelegt hat, ist ein notwendiger Entwurf, wenn man mehr Wettbewerb und Flexibilität in die Jugendbildungsförderung bekommen möchte. Fakt ist, und das haben alle Vorredner einheitlich bestätigt, dass Jugendbildungsförderung zunehmend an Bedeutung gewinnt.Was Jugendliche in ihrer Freizeit machen, wie sie mit Bildungsangeboten angesprochen werden, hat große Bedeutung, und sie hat gerade unter dem Gesichtspunkt von PISA zugenommen. Die Angebote, die die freien Träger machen und die das Land als öffentliche Hand unterstützt, tragen wesentlich dazu bei, außerschulische Bildungsarbeit zu leisten. Deshalb von dieser Stelle aus ein Lob an alle freien Träger,die das machen; denn da wird ganz hervorragende Arbeit geleistet.Es ziemt sich auch in einer solchen Debatte,einmal diejenigen anzusprechen, die die Arbeit letztendlich leisten müssen. Da gibt es viel Gutes, was bis jetzt dort stattfindet.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Rolf Müller (Gelnhausen) (CDU))

Damit sind wir direkt in der Diskussion des Gesetzentwurfs. Es gibt zahlreiche kleine freie Träger, die zurzeit mit sehr interessanten Ideen und Angeboten am Markt sind und die nicht unter eine Förderung des Landes fallen. Deshalb sagt die FDP-Fraktion zu dem Gesetzentwurf, der diese Öffnung vorsieht, das ist der richtige Weg, um mehr Wettbewerb in diesen Bereich zu bringen und diesen Closed Shop, wie es der Kollege Bellino genannt hat, aufzulösen. Das halten wir für richtig. Herr Kollege Bock

let, Sie haben das kritisiert. In einer modernen Sozialpolitik ist es nicht standesgemäß, auf eine Bestandsgarantie der Träger zu pochen, die bis jetzt Angebote erbringen. Das heißt nicht, dass sie schlechte Arbeit leisten. Aber es heißt natürlich schon, dass wir allen die Möglichkeit geben müssen, hieran zu partizipieren und ihre Angebote auf den Markt zu bringen. Frau Ministerin, deshalb wird dieser Teil des Gesetzentwurfs von uns eindeutig unterstützt werden.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist auch richtig, darauf zu schauen, wie ein Angebot angenommen wird. Herr Kollege Bocklet, es ist nicht richtig, zu sagen: Weil ein Angebot über Jahre hinweg kaum Teilnehmer findet und ein Träger damit überhaupt keine Nachfrage hat, bleiben wir bei dem bewährten Förderprinzip. – Wenn man Steuergelder ausgibt, muss man sich auch über deren Wirkung klar und sicher sein.

(Beifall bei der FDP)

Deshalb halten wir es für richtig, dass auch überprüft wird: Was passiert mit dem Geld, was gibt es für ein Angebot, und trifft dieses Angebot auf Nachfrage? Ich glaube nicht,dass wir nur Träger fördern,die ein FastfoodAngebot machen, wie es die GRÜNEN nennen, und dass nur ein Fastfood-Angebot zu einer großen Nachfrage führt. Ganz im Gegenteil, die vielen unkonventionellen Angebote, die wir zurzeit von den freien Trägern haben, finden gute Nachfrage. Das kann man vor Ort erleben, wenn man diese Träger besucht. Gerade das, was nicht in die Form passt, was nicht das Althergebrachte ist, wird nachgefragt. Deshalb ist diese Kritik hier unangebracht.

Meine Damen und Herren, die außerschulische Bildung ist deshalb so wichtig, weil sie einen wesentlichen Teil abdeckt, den die Schule nicht abdecken kann. Wir müssen hier darüber reden, wie wir eine Verzahnung zwischen diesen beiden Teilen erreichen. Wie können Schule und das Elternhaus auf der einen Seite und die freien Träger der außerschulischen Bildung auf der anderen Seite zusammenarbeiten? Da gibt es einiges, was wir in der nächsten Zeit besser machen können, was wir auch als öffentliche Hand besser strukturieren können.Wir haben vor einiger Zeit vorgeschlagen, mit einer Erziehungs- und Bildungspartnerschaft zwischen Eltern und der Schule auf der einen Seite, aber auch den freien Trägern auf der anderen Seite zu beginnen, gemeinsame Vereinbarungen zu treffen, wie man diese Arbeit strukturieren kann. Da ist es ganz wichtig, und das wird auch die CDU-Fraktion in diesem Haus teilen, dass wir zu einer Verzahnung kommen, einer direkten Verzahnung und einer Aufgabenteilung: Was können die freien Träger machen, was kann die Schule machen, was können die Eltern machen? Ich würde auch gern im Rahmen der Anhörung darüber diskutieren, was wir an diesem Gesetzentwurf noch verbessern können.

Ein Letztes.Frau Kollegin Eckhardt,Sie haben gesagt,das Land nehme auf ideologische Art und Weise Einfluss auf das Angebot. Der Kollege Bocklet hat das weitergeführt, durch den Vorbehalt der Rechtsverordnung würde quasi im stillen Kämmerlein Einfluss auf die freien Träger ausgeübt.Es ist die gute Aufgabe und das gute Recht des Parlaments, dies zu kontrollieren.Wäre das so, wäre das Parlament gefragt und könnte das kritisieren, was das Ministerium macht. Ich sage ganz offen, dass ich relativ wenig Angst davor habe, dass es dazu kommen sollte. Denn das Ministerium hat natürlich auch ein Interesse daran, dass

diese Arbeit ordentlich geleistet wird. Es hat ein Interesse daran, dass es qualitativ gute Angebote gibt.Warum sollte hier auf eine ideologische Politik zurückgegriffen werden? Ich glaube, das leitet fehl.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Eckhardt, die Ideologie in diesem Bereich liegt darin, ein vielfältiges Angebot an freien Trägern zu haben. Deshalb hat die CDU den Vorschlag gemacht, das Gesetz zu öffnen.Wenn das die Ideologie ist, die die CDU hat, dann hat sie an dieser Stelle auf jeden Fall unsere Unterstützung.

Meine Damen und Herren, der Gesetzentwurf wird wahrscheinlich noch an einigen Stellen verändert werden. Ich will die Diskussion gern aufnehmen.

Herr Kollege Bocklet, wir halten es auch für sinnvoll, gerade die Verzahnung zwischen Schule und außerschulischen Angeboten zu diskutieren. Das finde ich eine gute Anregung.Wir stehen auch dazu, und wir sind sehr offen, was die Frage angeht, wie wir das organisieren können.

Die zweite Frage, die Sie angesprochen haben, ist, ob wir eine schriftliche oder eine mündliche Anhörung machen. Ich glaube, dass eine schriftliche Anhörung eindeutig ausreicht. Aber wenn die Ministerin und die Union der Meinung sind, dass es auch mündlich geht, sind wir relativ offen.

Meine Damen und Herren, die FDP sieht das Gesetz nicht so kritisch wie die Kollegen. Wir werden auf jeden Fall konstruktiv in die Debatte einsteigen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, damit ist die erste Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Jugendbildungsförderungsgesetz, Drucks. 16/4508, abgeschlossen.

Der Gesetzentwurf wird zur Vorbereitung der zweiten Lesung an den Sozialpolitischen Ausschuss überwiesen.

Meine Damen und Herren, es gibt eine Vereinbarung, jetzt Tagesordnungspunkt 7 aufzurufen:

Erste Lesung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP für ein Gesetz zur Änderung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes – Drucks. 16/4523 –

Redezeit: fünf Minuten. Herr Posch, Sie haben – außer Atem – das Wort zur Einbringung.

(Beifall bei der FDP)

Diese Vereinbarungen zulasten Dritter liebe ich.

(Heiterkeit – Tarek Al-Wazir (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Daran sind die Geschäftsführer schuld, wie immer!)

Das hat manchmal den Vorteil, dass man sich auf das beschränkt, was notwendigerweise gesagt werden muss.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei Abge- ordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege Grüttner, das kann manchmal auch in der Staatskanzlei hilfreich sein.

(Minister Stefan Grüttner: Das sehe ich auch so! – Jörg-Uwe Hahn (FDP): Zum Thema!)

Wenn Sie sich an dem orientieren, was ich gesagt habe, dann können wir das noch abkürzen, in dem Sie uns zustimmen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, zurück zur Sache. Die FDP-Fraktion ist der Auffassung, dass das Privatrundfunkgesetz in Hessen novellierungsbedürftig ist. Sie wissen, dass das Land Hessen eines der letzten Länder war, das überhaupt die Privatisierung in diesem Bereich zugelassen hat. Wir haben in der FDP eine lange Diskussion darüber gehabt, wie man das angeht, und sind zunächst zu der Überzeugung gekommen, dass wir Ihnen aus einem überfälligen Anlass heraus zunächst lediglich in einem Bereich eine Novellierung vorschlagen, die darin besteht, dass wir im Hessischen Privatrundfunkgesetz in Zukunft regionale und lokale Werbung zulassen wollen.

Der Hintergrund dieser Überlegung ist nicht neu. Denn bereits bei der Schaffung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes haben insbesondere mittelständische Unternehmen, das Handwerk und der Einzelhandel darauf hingewiesen, dass es für sie von unschätzbarem Wert wäre, wenn es nicht nur eine so genannte landesweite, sondern auch eine regionale Werbung gäbe. Dementsprechend ist in der damaligen Gesetzesdiskussion klargestellt worden, dass die damalige Regelung, die nur eine landesweite Werbung vorsah, Übergangscharakter haben sollte. Nach einer Erprobungszeit sollte geprüft werden, ob nicht eine regionale Werbung zugelassen werden sollte. Diese so genannte Revisionsklausel hat nicht zum Erfolg geführt. Der Grund lag darin, dass durch den Regierungswechsel zu Rot-Grün von dieser Revisionsmöglichkeit kein Gebrauch gemacht worden ist.

Wir sind der Auffassung, dass dies nunmehr getan werden soll, weil wir denen, die dieses Bedürfnis haben, damit Rechnung tragen.Ich mache das einmal an einem Beispiel deutlich. Heute werden mittelständische Unternehmen aus dem flachen Land gezwungen,bei den privaten Rundfunkanbietern Werbung zu einem Zeitpunkt kostengünstig in Auftrag zu geben, zu dem das den Zuhörer nicht sonderlich interessiert. Sie alle kennen verschiedene Autohändler aus dem mittel- und nordhessischen Raum, die zu späten Stunden kostengünstig landesweit Werbung verbreiten, die eigentlich gar nicht geeignet ist, landesweit verbreitet zu werden.

(Beifall bei der FDP)

Das heißt, es besteht ein Bedürfnis für diesen Personenkreis, eine solche Werbung zu ermöglichen. Dem gesamten hessischen Mittelstand würde damit eine wichtige Werbeplattform gegeben. Nun gab es immer wieder ein Argument, das seinerzeit schon vorgetragen worden ist, dass damit nämlich in den Werbemarkt zulasten anderer eingegriffen würde.

Meine Damen und Herren,ich glaube dies nicht,und zwar deswegen nicht, weil wir in einer Vielzahl von Privatrundfunkgesetzen anderer Länder mittlerweile durchaus die Möglichkeit haben, regionale Werbung zuzulassen, und diese Beeinträchtigung zulasten des Werbemarktes nicht nachweisbar ist. Dieses Argument, dem wir uns damals nicht verschlossen haben, um zu sagen: „Wir probieren es erst einmal ohne regionale Werbung aus“, zieht heute nicht mehr, weil ich insbesondere glaube, dass der Personenkreis, an den sich die Rundfunkwerbung richtet, nicht identisch ist mit dem Personenkreis, an den sich die herkömmliche Werbung in den Tageszeitungen richtet.

(Beifall bei der FDP)

Das ist eine völlig unterschiedliches Klientel. Ich verhehle nicht – das wird Ihnen genauso gegangen sein wie uns –, dass wir mit privaten Anbietern diskutiert haben. Wenn Sie sich einmal vor Augen führen, welcher Personenkreis diesen Rundfunk hört, dann ist der keineswegs identisch mit dem Werbekunden, der bei der „FAZ“ oder der „Frankfurter Rundschau“ eine Anzeige aufgibt.

(Beifall bei der FDP)