Ich habe es verstanden. – Natürlich weiß ich, was die Schuleingangsstufe ist. Aber ich weiß auch, dass wir das Alter, in dem die Kinder in Eingangsklassen einzuschulen sind, im Hessischen Schulgesetz deutlich verringert haben. Sie können in die normale Eingangsstufe, die es in Hessen auch gibt, bereits mit vier Jahren eingeschult werden. Wir fangen an, die Kinder immer früher einzuschulen, was von unserem Konzept her im Prinzip auch richtig ist.
Was möchten Sie jetzt, das verpflichtende Kindergartenjahr für alle Vier- bis Sechsjährigen und/oder die verpflichtende Schuleingangsstufe für alle Fünf- bis Neunjährigen? Muss ein Kind, bevor es in die verpflichtende Eingangsstufe kommt, ein verpflichtendes Kindergartenjahr absolviert haben? Nach Ihren beiden Konzepten wäre das der Fall: Erst muss ein verpflichtendes Kindergartenjahr her, und dann erfolgt die verpflichtende Aufnahme in die Schuleingangsstufe.In Ihrem Gesetzentwurf
Bei der Schulgesetznovellierung im vergangenen Jahr wurden die gesetzlichen Möglichkeiten für diese Schuleingangsstufe festgeschrieben. Wir haben schon damals gefordert: Wenn man das gesetzlich so festlegt, muss man dazuschreiben, wie das personell, sächlich und finanziell ausgestattet werden soll. Ich muss wissen, ob Sozialpädagogen dabei sind. Ich muss wissen, wie groß die Gruppen sind. Es gibt einen Eingangsstufenversuch aus den Siebzigerjahren, eine Erfindung der damaligen sozial-liberalen Koalition, bei dem alle Kinder, die bis zum 30. Juni fünf Jahre alt geworden sind, zur Schule gehen konnten. Das erste Schuljahr wurde auf zwei Jahre verlängert. Das war ein erfolgreicher Versuch, der wie die flexible Eingangsstufe dazu geführt hat, dass Kinder in der Grundschule nicht so schnell sitzen bleiben und dass Kinder in der Grundschule ihr Wissen sehr viel besser vertiefen können. Das hat sich sehr bewährt.
Diese Eingangsstufe – wie auch die flexible Eingangsstufe – hat einen wichtigen Beitrag zur besseren Zusammenarbeit zwischen Kindergarten, Grundschule und Eltern geleistet. Dennoch halten wir unser Konzept der verpflichtenden Kinderschule für pädagogisch besser und wirkungsvoller, weil es alle Fünfjährigen umfasst und weil in der Kinderschule alle Fünfjährigen in einer Altersgruppierung sind und es keine so große Altersspreizung gibt wie im Falle der flexiblen Eingangsstufe.
Im extremsten Fall könnten Sie in der flexiblen Eingangsstufe Kinder zwischen fünf und acht Jahren haben. Wenn sie diese Stufe drei Jahre durchlaufen, haben Sie Kinder im Alter von bis zu acht Jahren. Ich halte den Altersunterschied zwischen Fünf- und Achtjährigen gerade in dieser Altersgruppe für so gravierend,dass es sehr schwierig sein wird, diese Kinder gemeinsam in einer Klasse zu fördern und dabei auch noch Erfolg zu haben.Sie müssten diese Stufe zumindest in der Anzahl der Schüler begrenzen und mit zusätzlichem Personal unterstützen.Wenn Sie 28 Kinder in einer Grundschule mit einer Lehrerin haben und die Kinder fünf bis acht Jahre alt sind,können Sie beiden Altersgruppen nicht völlig gerecht werden.
Wir haben damals bei der Beratung des Schulgesetzes in einem Änderungsantrag kritisiert, dass die Ausweitung der Eingangsstufen mehr pädagogisches und sozialpädagogisches Personal erfordert, weil andernfalls die individuelle Förderung nicht zu gewährleisten ist. Damals haben die Fraktionen von CDU und SPD den Änderungsantrag abgelehnt. Die SPD-Fraktion verliert jetzt bei der Beratung dieses Gesetzentwurfs kein Wort über die personelle Besetzung der Eingangsstufen. Das halten wir für unseriös.
Der Bericht zur Auswertung des Modellversuchs zur Neukonzeption der Schuleingangsstufe liegt zwar vor, ist aber im Kulturpolitischen Ausschuss auf Ihren Wunsch hin zurückgestellt worden.Wir haben ihn noch gar nicht ausgiebig besprochen. Er wird wohl aber die Grundlage für Ihre Initiative sein.
Bei dem Schulversuch haben die teilnehmenden Grundschulen zusätzliches Personal erhalten, und auch die Klassengrößen hatten im Rahmen des Schulversuchs ihre Begrenzung. Ich möchte einmal aus dem Gutachten über diese Eingangsstufenversuche vorlesen. Dort heißt es:
Insgesamt führen die Schulen aus, dass die sozialpädagogische Mitarbeit ein unverzichtbarer Bestandteil zur Gestaltung der veränderten Schuleingangsphase ist.
Alle Schulen zeigten sich überzeugt,dass die Unterstützung durch die sozialpädagogischen Kräfte von zentraler Bedeutung ist. Dazu entwickelten die Schulen entsprechende Organisationsmodelle. Innerhalb der Klasse wurde die teilweise Doppelbesetzung (Klassenlehrerin... und... Sozialpäda- goge) als entscheidende Möglichkeit zur Förderung einzelner Kinder angesehen. Nahezu alle Schulen heben hervor, dass sowohl längerfristig geplante als auch spontane Unterstützung für die Kinder hierdurch möglich wurde.
Es ist ganz dringend geboten, wenn die Eingangsstufe eine verpflichtende Einrichtung in allen Grundschulen in ganz Hessen werden soll, deutlich zu sagen, dass ein vermehrter Personaleinsatz notwendig wird. Ebenfalls sollten Sie klarstellen,wie das finanziert und gestaltet werden soll.
Wie ich bereits eingangs sagte: Dieser Gesetzentwurf trägt nicht,was er verspricht.Er trägt nicht zu mehr Chancengleichheit bei. Ich halte ihn deshalb auch nicht für sinnvoll.Wirkliche Chancengleichheit am Start gibt es nur mit dem FDP-Konzept der Kinderschule. Diesem Konzept sollten Sie sich wirklich anschließen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Henzler war so freundlich, darauf hinzuweisen, dass der Titel des Gesetzentwurfs zur Wiederherstellung der Chancengleichheit nicht halten kann, was im Gesetz am Ende drinstehen soll. Wir beraten nunmehr den dritten Gesetzentwurf zur Wiederherstellung der Chancengleichheit. Angesichts der Kürze der Zeit werde ich Ihnen die zehn oder zwölf Punkte ersparen, mit denen wir seit 1999 die Chancengleichheit der Schüler in Hessen wieder hergestellt haben. Wir können beliebig anfangen: Die Unterrichtsgarantie ist sicherlich das Highlight, die Ganztagsangebote oder die Frage, wie wir die Chancen für Hauptschülerinnen und Hauptschüler verbessert haben, zählen auch dazu. Meine Damen und Herren, der Titel, den Sie sich ausgesucht haben: „Wiederherstellung der Chancengleichheit an Hessens Schulen“, schlägt fehl.
Wir brauchen keine Nachhilfe bei der Herstellung von Chancengleichheit. Wir wollen aber den Schulgesetzentwürfen auch etwas Gutes abgewinnen.Wir können an dieser Stelle immer wieder die Chance nehmen und bilanzieren, was wir bereits erreicht haben.
Der dritte Gesetzentwurf, nachdem wir uns bereits über Schülerbeförderung und Querversetzungen unterhalten haben, birgt eine besondere Qualität. Nachdem die SPD an vorderster Front mit Musteranträgen in den Kreistagen immer wieder die Frage nach den Mehrkosten für Schulträger bei G 8 oder Ähnlichem stellt, ist hier bei der Frage nach dem Raumbedarf oder Ähnlichem überhaupt nichts über die finanzielle Seite gesagt worden. Frau Kol
Wenn wir den Bericht ernst nehmen, den Frau Kollegin Henzler vorgetragen hat, wonach die Mitarbeit von Sozialpädagogen gefordert wird, und dem Rechnung tragen wollen, müssen wir uns der Frage nähern, wie wir diesen personellen Mehrbedarf an den über 1.000 Grundschulen in Hessen decken können. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, es reicht nicht, in dem Gesetzentwurf zu den finanziellen Mehraufwendungen zu schreiben: „Entstehende Personalbedarfe müssen im Rahmen der Lehrerzuweisung erfüllt werden.“ Zu wessen Lasten soll das funktionieren? Das, was Sie uns anbieten, ist unseriös und abenteuerlich.
In der vergangenen Woche hat der Kulturpolitische Ausschuss getagt. Auf der Tagesordnung dieses Ausschusses stand die Beratung eines sehr umfangreichen 38-seitigen Abschlussberichts: Schulversuch „Neukonzeptionierung der Schuleingangsstufe – 1998 bis 2004“.Wir mussten feststellen, dass die SPD kein Interesse an der Beratung dieses Berichts hatte. Ich frage Sie:Wie bereiten Sie Ihre Gesetzentwürfe vor? Das ist doch abenteuerlich. Das, was Sie hier machen, ist eine Zumutung für dieses Parlament.
Das ist eine Verballhornung der Kolleginnen und Kollegen in diesem Hause.Wenn Sie im Kulturpolitischen Ausschuss kein Interesse an einer sachlichen und inhaltlichen Debatte haben,müssen Sie sich gefallen lassen,hier so abgefertigt zu werden, wie es bereits Frau Kollegin Henzler gemacht hat und wie auch ich es mit Ihnen vorhabe.
Wir im Hessischen Landtag brauchen keine Beschäftigungstherapie mit solchen Gesetzentwürfen.Aber die Erfolge, die wir in der Grundschule bereits erreicht haben, sind so weitgehend, dass man sie zumindest kurz erwähnen muss. Wir haben uns mit dem Bereich der Kleinsten besonders viel Mühe gegeben, und ich glaube sagen zu können, wenn wir uns die IGLU-Ergebnisse ansehen, sogar mit einigermaßen ordentlichem Erfolg – ob das die Ausweitung der Stundentafel ist, ob das die Frage der qualitativen Verbesserung der Lehrerbildung ist, ob das Orientierungs-,Vergleichsarbeiten sind oder Betreuungsangebote, Gütesiegel, Fremdsprachenunterricht, oder die Vorlaufkurse, mit denen wir große Erfolge erzielt haben, und eben auch, das ist der Punkt, die frühere Einschulung.
Dazu möchte ich Ihnen Folgendes vorhalten.Im Jahr 2003 haben wir über 4.400 Kinder vorzeitig in hessische Schulen eingeschult. Im Jahr 2005 haben wir bereits ein Fünftel mehr Schüler früher – mit fünf Jahren – eingeschult, nämlich über 5.800 Schüler. Das, was wir in Gesetzen festgeschrieben haben, funktioniert.
Ich will gar nicht verhehlen, dass wir uns den Modellen, die wir zur Schuleingangsstufe zu begutachten hatten, nähern können, aber doch bitte sachlich und fachlich fundiert und nicht in dieser Form, wie Sie es in den letzten fünf Tagen versucht haben. Sie haben die sachliche Debatte im Ausschuss verweigert und uns mit einem solchen Gesetzentwurf im Plenarsaal belästigt.
Ich kann nur wiederholen, dass es abenteuerlich ist, nunmehr den dritten Gesetzentwurf zu beraten. Wir haben bereits zwei Gesetzentwürfe zur Änderung von Gesetzen beraten, die erst im Sommer in Kraft getreten sind. Hier wollen Sie nun die Änderung eines Gesetzes, das wir vor
einem Jahr im Rahmen großer Anhörungen beraten haben. Wenn Sie Ihre politische Auffassung hier darstellen wollen, können Sie entsprechende Anträge einbringen. Sie müssen aber keine Beschäftigungstherapie für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landtags durch die Beratung von Gesetzentwürfen machen.
Lassen Sie mich hier den Bildungs- und Erziehungsplan einführen, den wir in den vergangenen Monaten und Jahren sehr erfolgreich miteinander beraten haben. Die Kolleginnen und Kollegen verwenden sehr viel Hirnschmalz darauf, wie wir die Verzahnung von Kindergarten und Grundschule besser hinbekommen, gerade auch in diesem großen, wissenschaftlich begleiteten Werk. Die Erprobungsphase reicht noch bis in die Jahre 2006 und 2007. Die Ergebnisse müssen meiner Ansicht nach auch Gegenstand der Beratungen der Eingangsstufe werden.
Ich will auch noch einmal aus dem Abschlussbericht zitieren, den Sie, meine Damen und Herren der SPD, während der Ausschusssitzung, die in der letzten Woche stattgefunden hat, nicht beraten wollten. Dort heißt es unter anderem – auf Seite 16 kann das jeder nachlesen;da geht es um den Übergang vom Kindergarten zur Grundschule –:
Diese positive Entwicklung gelang jedoch nicht in allen Schulen des Schulversuchs gleichermaßen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Logistische Probleme ergaben sich für Schulen, die zugleich mit mehreren Kindergärten zusammenarbeiten müssen (...). Andere Schwierigkeiten erwuchsen zum Teil aus höchst unterschiedlichen pädagogischen Konzepten..., aus Voreingenommenheit und ungleich ausgeprägtem Kooperationsinteresse.
Den sich daraus ergebenden Fragen müssen wir uns erst einmal stellen. Ich finde, wir müssen uns erst einmal sachlich damit beschäftigen. Sie hingegen haben uns hier einfach so einen Gesetzentwurf hingeklatscht.
Ich wäre dankbar, wenn wir uns bei der Kulturpolitik in diesem Hause wieder einem vernünftigen Verfahren annähern würden. Wir sollten uns sachlich mit den Fragen auseinander setzen, die hier gestellt wurden.
Wenn uns die Berichte zur Evaluation der Versuchsprogramme vorliegen, dann müssen wir das zunächst einmal sachlich und fundiert miteinander beraten. Das sollte nicht gleich in die Form von Gesetzentwürfen gegossen werden.
Ich will nicht verhehlen, dass der Gedanke, eine Eingangsstufe einzuführen, es verdienen würde, weiterverfolgt zu werden. Allerdings sollte das sicherlich nicht auf der Basis Ihres Gesetzentwurfs geschehen. Ich will dazu sagen: Schnellschüsse auf Kosten der Kleinsten in unserem Land werden wir nicht mitmachen. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Beuth, dass Sie sich über unsere Gesetzentwürfe ärgern, haben Sie hier und bereits auch während der Ausschusssitzung sehr deutlich zur Sprache gebracht. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie sich während der Beratung des neuen Schulgesetzes im vergangenen Jahr einmal Gedanken darüber gemacht hätten,wie sehr Sie damit die hessischen Lehrer, Eltern und Schüler verärgert haben und wie Sie mit den Bildungschancen unserer Kinder umgegangen sind. Das gilt angesichts einiger Regelungen, die dadurch im Hessischen Schulgesetz aufgetaucht sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Frank-Peter Kaufmann und Mathias Wagner (Tau- nus) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))
Zweitens. Wir haben unsere Auffassung im vergangenen Jahr während der Beratung des Gesetzentwurfs deutlich gemacht. Deswegen wundert es mich, dass Sie heute davon gesprochen haben, dass man das konstruktiv beraten könnte. Das war im vergangenen Jahr nicht möglich. Ich stelle fest, dass das auch jetzt nicht möglich ist.
Aber wir nehmen uns mit den zahlreichen Initiativen – auch mit den Gesetzentwürfen –, die wir bereits zu den Themen gemacht haben, das Recht heraus, unsere Auffassung hinsichtlich dessen darzustellen, was in der hessischen Schulpolitik bewegt werden soll.
Herr Beuth, ich will noch eines zu Ihren eigentlich unmöglichen Ausführungen über das sagen, was in der letzten Ausschusssitzung geschehen ist.Wir waren uns bereits zu Beginn der Ausschusssitzung einig, dass sie um 13 Uhr abgebrochen werden soll. Aufgrund der umfangreichen Tagesordnung war nicht abzusehen,wie weit wir in der Tagesordnung kommen würden.
Nehmen Sie bitte eines zur Kenntnis: Die Abgeordneten der SPD, die im Kulturpolitischen Ausschuss sind, sind in der Lage, Berichte auch dann zu lesen, wenn sie im Ausschuss noch nicht diskutiert werden. Wir können auch dann schon daraus Rückschlüsse ziehen.