Protokoll der Sitzung vom 22.11.2005

Auch die Frage,die Herr Kollege Hahn angesprochen hat, mit der eigenständigen Ermittlungskompetenz des BKA ist aus unserer Sicht hoch problematisch, weil wir überall davon reden, dass wir Doppelzuständigkeiten abbauen wollen, und genau in diesem Bereich eine neue Doppelzuständigkeit einführen, nämlich dass jetzt nicht mehr entweder ein Landeskriminalamt oder ein Bundeskriminalamt, sondern im Zweifelsfall beide gleichzeitig am selben Punkt ermitteln. Ob das wirklich der Sache dient, daran machen wir ein großes Fragezeichen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, sicher kann es nicht so sein, dass bei einem Kompromiss, der eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat braucht, am Ende alle zufrieden sind.Das ist unmöglich.Wir wären auch bereit, zu bestimmten Punkten zu sagen: Das finden wir zwar nicht gut, aber das ist in letzter Konsequenz vielleicht noch hinzunehmen. – Allerdings gibt es zwei Punkte, die wir für vollkommen irrsinnig halten. Ich sage bewusst „vollkommen irrsinnig“. Das sind genau die Punkte, an denen die Föderalismusreform im Dezember letzten Jahres gescheitert ist, weil die Bundesregierung und auch die Sozialdemokratie gesagt haben, das sei auf keinen Fall hinnehmbar. Das betrifft die Fragen der Abweichungsgesetzgebung und der Bildungskompentenz.

Ich sage das nicht, weil ich glaube, dass die Länder in Bildungsfragen weniger Zuständigkeiten haben sollten, als

sie jetzt haben. Die Kulturhoheit ist Kernbestandteil der Existenzberechtigung der Bundesländer. An dieser Kulturhoheit will und darf niemand rütteln. Aber es kann nicht sein,dass die Bildungsplanung jetzt komplett auf der Bundesebene nicht mehr irgendeine Rolle spielen darf, und es kann auch nicht sein, dass per Grundgesetz inzwischen explizit verboten wird, dass der Bund den Ländern auch nur Geld für bestimmte Aufgaben zur Verfügung stellt. Das ist und bleibt der Wahnsinn in Tüten.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Rudi Haselbach (CDU))

Denjenigen in der Sozialdemokratie, die jetzt den Kopf schütteln, sage ich: Liebe Freunde von der Sozialdemokratie, bitte schaut es euch noch einmal genau an.Auf eurem Bundesparteitag in Karlsruhe haben sicher nicht alle diese 200 Seiten komplett gelesen, bevor sie ihnen zugestimmt haben. Schaut es euch noch einmal komplett an, ich bitte euch darum. Denn eure Bundestagsabgeordneten und auch das Bundeskabinett werden am Ende vor der Frage stehen, ob diesen Grundgesetzänderungen in jedem einzelnen Artikel so zugestimmt wird oder nicht. Ich erinnere daran, dass die Bundesregierung, die bis heute Morgen amtiert hat, aus gutem Grund und mit großem Erfolg so etwas wie das Ganztagsschulprogramm aufgelegt hat, weil die Länder nicht in der Lage oder nicht in der Lage und nicht willens waren, wie z. B. die Regierung des Landes Hessen,in der Frage Ganztagsschule das, was nötig ist, auch wirklich anzustoßen. Frau Staatsministerin, dies wäre niemals zustande gekommen, wenn nicht der Bund gesagt hätte: Wir stellen dieses Geld zur Verfügung.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein solches Programm wäre nach der jetzigen Lage der Einigung nicht mehr möglich.

(Reinhard Kahl (SPD): Stimmt nicht!)

Ich bin sehr dafür, dass wir selbstbewusste Länder haben. Ich bin sehr dafür, dass die Länder Eigenständigkeiten in ihrer Bildungspolitik haben. Aber ich habe etwas dagegen, wenn man in diesem Punkt anfängt, in eine Kleinstaaterei zurückzufallen, die am Ende dazu führt, dass ein Umzug über Landesgrenzen die Schulkarriere eines Kindes gefährden kann. Ich habe auch etwas dagegen, wenn wir am Ende in die Situation kommen, dass wir noch nicht einmal mehr eine Zuständigkeit des Bundes in der Frage haben, wo denn das Ziel einer Bildungspolitik insgesamt sein soll. Meinetwegen in Zusammenarbeit mit den Ländern, wie es bisher auch war.Aber es kann nicht sein, dass dieser Punkt komplett gestrichen wird. Ich will Ihnen auch sagen, warum.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Volker Hoff (CDU): Die Länder entscheiden, ob sie am goldenen Zügel bleiben oder nicht!)

Nein,es hat nichts mit goldenem Zügel zu tun.– Was war denn der PISA-Schock, und wie ist er ausgelöst worden? Der PISA-Schock ist doch nicht ausgelöst worden, weil ein einzelnes Land gesagt hat: „Wir untersuchen jetzt einmal etwas“, sondern der PISA-Schock ist ausgelöst worden, weil die Bundesrepublik als Ganzes im internationalen Vergleich untersucht worden ist.Am Anfang gab es sogar Länder – das wissen Sie ganz genau –, die sich an den ersten Tests noch nicht einmal beteiligen wollten, weil sie Angst vor den Ergebnissen hatten. Es ist ganz falsch, wenn man sagt, in Zukunft wird es eine Bildungskompe

tenz, zumindest in der Bildungsplanung, beim Bund nicht mehr geben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Staatsministerin, wenn ich mich daran erinnere, wie Landespolitikerinnen und Landespolitiker teilweise über die Kultusministerkonferenz geredet haben, wenn ich mich daran erinnere, dass Christian Wulff sie vor einem Jahr noch abschaffen wollte, wenn ich mich daran erinnere, wie auch Sie, bevor Sie für ein Jahr Vorsitzende dieses Gremiums waren, sich darüber beschwert haben, wie schwerfällig das Ganze ist, und mehr Eigenständigkeit gefordert haben, und wenn ich am Samstag vor einer Woche als Ergebnis der Föderalismusreform in der Zeitung lese: „Kultusministerin Wolff will Kultusministerkonferenz stärken“, dann komme ich mir wirklich vor, als wäre ich im falschen Film.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wie kann es denn sein, dass das Gremium, das für jeden CDU-Politiker immer der Ursprung allen Übels war, auf einmal die Lösung der Probleme sein soll, die man durch die Föderalismusreform selbst schafft? Meine sehr verehrten Damen und Herren, das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein zweiter Punkt, der für uns hoch problematisch ist, ist die Abweichungsgesetzgebung. Wir haben als GRÜNE lange dafür gekämpft und sind durch den Bundesrat nicht gerade unterstützt worden – ich drücke es jetzt einmal vorsichtig aus –, dass es ein einheitliches Umweltgesetzbuch auf Bundesebene gibt, weil wir glauben, dass es für die Bürgerinnen und Bürger, für die Firmen, für die Verbände, für die Anwälte, für alle, die sich mit solchen Fragen beschäftigen, sinnvoll ist, wenn alles Recht, das mit der Umweltgesetzgebung zu tun hat, in einem Umweltgesetzbuch vereinigt ist.

Das ist schon seit langem ein altes Ziel von uns gewesen, das in der letzten Koalition nur schwer für uns zu erreichen war. Es ist gut, dass sich ausgerechnet die große Koalition dieses Anliegens annehmen will.Wenn Sie sich die Kriterien ansehen, die in die Abweichungsgesetzgebung übernommen werden sollen – Sie finden dort Jagd, Naturschutz, Landschaftspflege, Boden, Raumordnung,Wasser; der einzige Punkt, der nichts mit dem Umweltbereich zu tun hat, ist die Hochschulzulassung und der Hochschulabschluss –, werden Sie feststellen, dass wir in Zukunft auf Bundesebene ein einheitliches Umweltgesetzbuch haben werden, dass in Zukunft aber jedes Bundesland aufgrund der fast nur im Umweltbereich geltenden Abweichungsgesetzgebung abweichende Regelungen treffen wird. Das ist für die Umwelt schlecht, weil wir einen Wettlauf nach unten nach dem jeweils niedrigsten Standard bekommen werden. Wenn ich sehe, wer hier für Umwelt und Naturschutz zuständig ist, könnte ich sogar benennen, wer im Lande Hessen immer für jeweils den niedrigsten Standard zuständig sein wird. Es ist aber auch für den Standort Deutschland eine Katastrophe,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

denn bald wird niemand mehr wissen, welches Umweltrecht in welchem Bundesland gilt.

Wenn sich ein Unternehmer, der im Umweltbereich produziert, hier in der Gegend ansiedeln will und sich nach Grundstücken in Mainz, in Mainz-Kastel oder in Aschaf

fenburg umsieht, wird für ihn künftig nicht nur die Frage nach dem Standort ausschlaggebend sein, sondern er wird genau betrachten müssen, welches Recht in welchem Bundesland gilt. Die Einzigen, die Sie damit fördern, sind die auf Umweltrecht spezialisierten Anwaltskanzleien. Das kann nicht in Ihrem Interesse sein und auch nicht im Interesse des Standortes Deutschland sein.

(Jörg-Uwe Hahn (FDP): Die Reichensteuer kassiert das alles wieder ab!)

Deshalb wiederhole ich: Wir waren schon vor einem Jahr sehr weit in der Föderalismusreform. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, unter Punkt 2 des Antrags der Sozialdemokraten gibt es ein Problem. Dort heißt es, dass sich die neue Bundesregierung auf eine Föderalismusreform geeinigt habe.Ganz so stimmt das nicht.Fakt ist,dass ihr jetzt die Mehrheit des Bundesrates dazu gebracht habt, nicht mehr zu blockieren, was auf Bundesebene vor sich geht, weil sie jetzt sozusagen Teil der Bundesregierung ist. Der Punkt ist folgender: Wir müssen ernsthaft überlegen, was der Unterschied zu der Situation von vor einem Jahr ist. Der Unterschied ist, dass die SPD – sprich: Franz Müntefering – dem bildungspolitischen Fundamentalisten Roland Koch den Punkt geschenkt hat, nämlich dass der Bund jetzt überhaupt keine Regelungsmöglichkeiten mehr in der Bildungspolitik hat. Das kann aus unserer Sicht nicht richtig sein. Ich hoffe, dass sich viele derjenigen Bundestagsabgeordneten, die über die Grundgesetzänderung zu entscheiden haben,sehr genau überlegen werden, ob das Sinn macht.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bin guter Hoffnung, dass am Ende die Vernunft siegen wird. Edelgard Bulmahn hat in der Fraktionssitzung auf Bundesebene gesagt, wer in den Fragen Bildung und Hochschule so etwas beschließe, habe seinen Verstand an der Garderobe abgegeben. Dafür soll sie Beifallsstürme geerntet haben.

Herr Al-Wazir, bitte kommen Sie zum Schluss.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. Ich sage nur eines:Wenn die Änderung des Grundgesetzes zur Frage der Bildungsplanung am Ende die Mehrheit erreichen wird, die heute Angela Merkel erhalten hat, wird sie nicht Gesetz. Insofern sollten sich viele Abgeordnete der SPD überlegen, ob es nicht Sinn machen würde, in diesem Fall mit Nein zu stimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank,Herr Al-Wazir.– Als nächster Redner erhält der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Walter, das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Al-Wazir, ich habe ganz bewusst darauf verzichtet, direkt nach der CDU-Fraktion zu sprechen, weil mir klar war, dass der Standort ein Stück weit den Standpunkt bestimmt und ich deshalb die Möglichkeit haben werde,

die zu erwartenden freundlichen Anmerkungen der GRÜNEN zu kommentieren. Ich nehme das gern an. Unabhängig von der aktuellen Debatte würde ich mich darüber freuen, wenn die Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN hier im Hause nicht denselben Fehler begehen würden, den die Union die letzten sieben Jahre begangen hat, nämlich in relativ grundsätzlicher Ablehnung dessen, was in Berlin entschieden wird, zu argumentieren, ohne ein Stück weit darüber zu reflektieren, was möglicherweise richtig und notwendig ist. Der Debatte würde es gut tun, wenn die GRÜNEN ihre Oppositionsposition ein Stück weit mit Blick darauf relativieren würden, was für unser Land jedenfalls nicht ganz schädlich ist. Das gilt insbesondere angesichts des zeitlichen Abstands zwischen der Regierungsverantwortung der GRÜNEN und ihrer Rolle als Opposition.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage zu, auf alle Punkte einzugehen, die Herr Al-Wazir angesprochen hat. Zunächst einmal möchte ich jedoch etwas Generelles sagen. Es hat sich in diesem Hause nichts daran geändert, dass wir alle nach wie vor der Meinung sind – das betrifft auch die Fraktion der GRÜNEN –, dass eine Föderalismusreform in diesem Lande dringend notwendig ist.

Herr Walter, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Frau Kollegin Sorge?

Nein, das würde in Bereiche führen, über die wir gar nicht lange diskutieren wollen.Wir wollen doch jetzt nicht diese taktischen Debatten führen.Das werden wir in den nächsten Monaten erleben. Ich möchte vielmehr über Föderalismus reden.

Aufgrund der Notwendigkeit einer Föderalismusreform entsteht bei vielen Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck, dass das Problem in unserem Land tatsächlich der Föderalismus sei. Diesem Eindruck treten wir alle entgegen.Wir alle tun gut daran, deutlich zu machen, dass nicht der Föderalismus das Problem ist, sondern dass das System des Föderalismus in den letzten Jahren und Jahrzehnten in einer Art und Weise zur Vermischung von Kompetenzen geführt hat, die in den Augen der Bürgerinnen und Bürger nicht ganz zu Unrecht den Eindruck einer organisierten Verantwortungslosigkeit hinterlassen hat. Niemand weiß genau, wer allein für die Wahlkampfaussage zuständig ist,die getroffen wurde.Niemand weiß auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene, welcher Aussage welcher Partei Glauben geschenkt werden kann, weil irgendwie immer alle zusammensitzen und dann das passiert,was im Dezember vergangenen Jahres passiert ist:Es gibt einen Vermittlungsausschuss. Die Türen sind geschlossen. 33 Leute sitzen in diesem Raum und kommen hinter verschlossenen Türen zu einem Ergebnis.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, unser Parlamentarismus in der Bundesrepublik Deutschland weder auf Berliner noch auf Länderebene hat es verdient, dass wir dieses System des Vermittlungsausschusses für die wesentlichen Entscheidungen in unserem Lande brauchen. Deshalb war es gut und richtig, diese Reform zu vereinbaren.

(Beifall bei der SPD)

Auch Folgendes gehört zur Wahrheit dazu:Alle waren an der Bildung dieses Systems beteiligt. Einfacher formuliert: Es war nicht nur die große Koalition, aber ich gestehe Ihnen zu, Herr Kollege Hahn, dass die vorherige große Koalition mit die Hauptentscheidungen getroffen hat. Es hilft, sich zu vergegenwärtigen, wie es dazu gekommen ist: Die Länder wurden gelockt mit Geld, finanzieller Unterstützung und Mitwirkungsmöglichkeiten im Bundesrat. Dafür haben die Länder – nicht nur die armen Länder, sondern auch die Geberländer – relativ bereitwillig auf ihre originären Kompetenzen verzichtet.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Länderparlamente war dies das schlechteste Geschäft, denn die Länderparlamente haben dafür nichts bekommen. Im Bundesrat sitzen nicht die Parlamentarier, sondern dort sitzt die jeweilige Exekutive. Die finanzielle Unterstützung bedingt das Gängelband. Die Länder haben viele Bereiche verloren, von denen wir Landespolitiker mit Selbstbewusstsein sagen können: Dies können wir selbst regeln. Deshalb ist es gut und richtig, dass sich alle diejenigen, die dazu beigetragen haben, das System zu verunstalten, an der Reform beteiligen und das System im wahrsten Sinne des Wortes wieder in Form bringen. Ich bin sehr froh darüber, dass Herr Kollege Hahn für die FDP-Fraktion hier in dem Hause, wie auch – was viel wichtiger ist – für die FDP-Fraktion im Bundestag und in den anderen Ländern, insbesondere da, wo die FDP Regierungsverantwortung trägt, Zustimmung signalisiert hat.

Wir werden zu dieser Entflechtung nur dann kommen, wenn diejenigen, die sich momentan in der Entflechtung befinden, das sind die Landesregierungen, im Bundesrat zustimmen. Insofern ist es sehr positiv, dass Sie Ihre Zustimmung signalisiert haben.Auch die GRÜNEN werden im Bundesrat keinen Widerstand leisten.

(Zuruf: Die gibt es dort nicht mehr!)

Damit ist gewährleistet, dass diese Reform zumindest den Bundesrat ohne Probleme passieren wird.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich nun zur Koalitionsvereinbarung im Einzelnen kommen.Wir begrüßen die Einigung. Wir wollen, dass aus der Einigung der drei Parteien, wie man zunächst einmal präzise sagen muss – jetzt die Einigung der Bundesregierung –, relativ schnell Gesetzesinitiativen resultieren und dass aus diesen Gesetzesinitiativen relativ schnell geltendes Recht wird. Denn es droht, dass eine solche Einigung an der einen oder anderen Stelle immer wieder zerredet wird. Meiner Ansicht nach muss das, was jetzt vereinbart worden ist, in relativ hoher Geschwindigkeit in Gesetze umgesetzt und Wirklichkeit in unserem Lande werden.

Herr Al-Wazir und Herr Hahn haben Kritik an der Einigung geäußert. Es wäre überraschend, wenn dies nicht der Fall wäre. Auch Christdemokraten wie Sozialdemokraten haben an dieser Einigung Kritik zu äußern, weil dies nun einmal das Wesen einer Einigung ist. Eine Einigung ist eine Art Vergleich. Der Vergleich ist gekennzeichnet durch gegenseitiges Nachgeben an der einen oder anderen Stelle in einem Bereich, in dem wir nicht nur die unterschiedlichen Standpunkte zweier Parteien zu diskutieren haben, in diesem Falle zunächst einmal die von CDU und SPD auf Bundesebene,sondern – was die Sache extrem erschwert – auch unterschiedliche Sichtweisen und Interessen der jeweiligen Bundesländer. Ein Land wie Mecklenburg-Vorpommern mit einer Steuerquote von 30 % wertet die Frage der Föderalismusreform völlig

anders und muss sie völlig anders werten als ein Land wie Hessen mit einer Steuerdeckungsquote von, wie ich glaube, 78 % im letzten Haushalt.

Angesichts dieser schwierigen Ausgangssituation zu einer Einigung bzw. zu einem Vergleich zu kommen ist eine Leistung.Auch an dieser Stelle möchte ich sagen, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht alle Punkte dieser Einigung teilen. Ich werde die auch ansprechen. Wir unterstützen aber den gesamten Kompromiss. Denn dies ist die Voraussetzung dafür, dass man in einer so schwierigen Gemengelage zu einem Ergebnis kommen konnte.Wenn jeder auf seinen fundamentalen Positionen bestehen würde, würde dieses Land keinen Millimeter vorankommen.